Erfolgreiche Praxisführung aus Sicht erfahrener Praxisinhaber – Ergebnisse eines Interviews

4. Prozesse

Quelle: Gerd Altmann, pixelio.de

Delegation ist wichtig für einen reibungslosen Prozess. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Allgemein bezeichnet man alle zusammenhängenden, aufeinander abgestimmten und zielorientierten Tätigkeiten als Prozess. Für eine reibungslose Prozessorganisation sind die Delegation von Tätigkeiten, die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen sowie der Umgang mit Fehlern wichtige Merkmale.

 

Zahnbehandlung als qualitativ hochwertige Leistung am Patienten
Eine Zahnbehandlung ist kein auf Lager gefertigtes Produkt, das man sehen und anfassen kann, sondern eine zahnmedizinische Leistung. Genau aus diesem Grund ist es für die Patienten sehr schwierig, dessen Qualität im Vorfeld zu beurteilen. Bei Dienstleistungen zählt nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Prozess. Übertragen auf die Zahnarztpraxis spielen aus Sicht der Interviewpartner folgende Schlüsselthemen eine Rolle: Delegation von Tätigkeiten, Entscheidungsbefugnisse der Mitarbeiter und Einführung einer Fehler-Lern- Kultur. Ziel jedes Praxisinhabers sollte es also sein, eine hohe Servicequalität zu gewährleisten und seine Prozesse optimal zu gestalten.

 

Delegation von Tätigkeiten

Quelle: Claudia Hautumm, pixelio.de

Chefs müssen delegieren können. Foto: Claudia Hautumm / pixelio.de

Übereinstimmung herrschte bei den befragten Praxisinhabern darüber, dass der Zahnarzt Arbeiten, die er vom rechtlichen Standpunkt her nicht selbst machen muss, an sein Personal delegieren sollte. Da der Zahnarzt für seine zahnmedizinische Behandlung bezahlt wird, ist seine Zeit zu kostbar, sie mit nicht Wert schöpfenden
Tätigkeiten zu verbringen. In der Zeit, in der seine Mitarbeiter andere, unterstützende Aufgaben erledigen, kann er weitere abrechenbare Behandlungen durchführen. Zu den delegierbaren Aufgaben im zahnmedizinischen Bereich gehören Prophylaxe, die „Vorarbeit“ von Behandlungen (z. B. Abdrücke, Kofferdam legen etc.), aber auch teilweise die Patientenberatung. Außerdem sind alle organisatorischen Aufgaben, die den Praxisbetrieb betreffen, in die Hände der Mitarbeiter zu legen. Patientenempfang und Terminorganisation, Röntgen und Abrechnung werden in den meisten interviewten Praxen gern dem Personal überlassen. Voraussetzung dafür ist selbstverständlich, dass die Mitarbeiter entsprechend geschult sind und die rechtlichen Vorschriften eingehalten werden.

Zwischen den einzelnen Kammerbezirken variieren die Delegationsrichtlinien leicht. Der Zahnarzt sollte sich aus diesem Grund bei seiner zuständigen Zahnärztekammer informieren. Kommunikation und Abstimmung untereinander sind das A und O von Delegation. Deswegen sollten regelmäßig Teambesprechungen abgehalten, Zielkontrollen durchgeführt (s. auch Abschnitt 1, Ziele und Strategie) und bei auftretenden Problemen Lösungen diskutiert werden. Was die Patientenberatung angeht, herrscht geteilte Meinung. Einige Interviewpartner wollen das Patienteninformationsgespräch nicht aus der Hand geben, damit den Patienten auch konkrete, fachspezifische Fragen beantwortet werden können. Außerdem kann die intensive, persönliche Betreuung durch den Zahnarzt einen besonders positiven Eindruck der „Exklusivität“ und Wertschätzung gegenüber dem Patienten hinterlassen. Andererseits gibt es viele Praxisinhaber, die die Patientenberatung komplett delegieren. Das hat den Vorteil, dass der Zahnarzt sich vollkommen auf die Behandlung konzentrieren kann. Bedenken hinsichtlich der Kompetenz des Personals bestehen dabei nicht. Schließlich – so die Auffassung der Interviewpartner – müssen die Mitarbeiter die Behandlung nicht durchführen, sondern „nur“ erklären können. In der gewonnenen Zeit kann der Zahnarzt sich auf solche Tätigkeiten konzentrieren, die unmittelbar einnahmeorientiert sind.
Am häufigsten findet sich in den Praxen der Interviewpartner folgende Aufteilung: jeder Praxismitarbeiter – ob Zahnarzt oder Helferin – übernimmt für seinen Arbeitsbereich auch die Beratung. So übernimmt z. B. die Prophylaxehelferin die Beratung für Professionelle Zahnreinigung und die Abrechnungshelferin die Erstellung und Erläuterung der Heil- und Kostenpläne. Die Beratung zu verschiedenen Behandlungen übernimmt in den meisten Fällen der Zahnarzt selbst, zumindest bei komplexeren Behandlungen, vor allem auch bei Tätigkeitsschwerpunkten. Selbst diejenigen Interviewpartner, die ansonsten keinerlei Tätigkeiten delegieren, waren sich darüber einig, dass der finanzielle Teil der Patientenberatung in jedem Fall von Angestellten übernommen wird. Zum einen kommt die Meinung der Mitarbeiter beim Patienten möglicherweise objektiver an, weil sie nicht ihre eigene Leistung „anpreisen“. Zum anderen wird der Behandler davon entlastet, sich in jedem Einzelfall mit den konkreten Preisen zu beschäftigen. Folgend sind nochmals alle delegierbaren Tätigkeiten aufgelistet, die in den geführten Interviews genannt wurden:

  • Organisation,Verwaltung
  • Hygiene
  • Qualitätsmanagement
  • Abrechnung
  • Patientenbetreuung an der Rezeption
  • Materialverwaltung/Einkauf
  • Prophylaxe
  • Behandlungsvorbereitung
  • begleitende Behandlungen (z. B. nach Präparation)
  • Röntgen
  • Beratung über Behandlung
  • Beratung in finanzieller Hinsicht (Kostenvoranschläge)
  • Erstellung von Heil- und Kostenplänen
  • Erstellung von Stellenbeschreibungen

Entscheidungsbefugnisse der Mitarbeiter

Quelle: Gerd Altmann, pixelio.de

Die Zuständigkeiten müssen klar verteilt sein. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Wichtig bei Delegation ist, dass die Zuständigkeiten klar verteilt sind, so dass alle Aufgaben erledigt werden und jeder weiß, was davon in seinen Arbeitsbereich fällt. Die befragten Praxisinhaber haben gute Erfahrungen damit gemacht, verschiedene Teams zu bilden, die sich jeweils um einen Bereich kümmern. In kleineren Praxen, in denen eine Mehrzahl von Teams nicht möglich ist, werden Tätigkeitsbereiche jeweils einer Arbeitskraft zugeordnet. Beispielsweise sind in vielen Praxen eine Verantwortliche für den Einkauf und eine Mitarbeiterin für den Prophylaxebereich bestimmt worden. Damit die Praxisabläufe gemäß den Richtlinien für das Qualitätsmanagement erfolgen, gibt es außerdem oft eine QM-Beauftragte.
Vielen Praxisinhabern erscheint es wichtig, den Mitarbeitern einen gewissen Handlungsrahmen zu überlassen, in dem sie sich bewegen dürfen. Das schließt nicht aus, dass sie bestimmte Vorgaben haben sollten, an die sie sich halten müssen. Trotzdem herrscht im Allgemeinen die Auffassung, dass die Beschäftigten motivierter arbeiten, wenn man ihnen gewisse Entscheidungsbefugnisse gewährt und ihnen so Verantwortung überträgt. In der Praxis hat sich ein Vollmachtenkatalog bewährt, in dem die Entscheidungsbefugnisse der Mitarbeiter eindeutig definiert sind. Ein solcher Katalog gibt dem Personal Sicherheit und Einheitlichkeit bezüglich einzelner Arbeitsschritte. Entscheidungen, bei denen es um Einnahmen und Kosten geht (z. B. im Einkauf oder in der Abrechnung), werden meist so gehandhabt, dass die Zustimmung bzw. der Rat des Zahnarztes erst bei größeren Beträgen eingeholt werden muss. Generell sollte man für jeden Arbeitsbereich detaillierte Stellenbeschreibungen verfassen. In der Praxis haben sich detaillierte Stellenbeschreibungen für jeden Arbeitsbereich bewährt. Da die Prozessgestaltung zu den Aufgaben der QM-Beauftragten gehört, übernimmt diese in der Regel die Feinabstimmung der Stellenbeschreibungen.

Einführung einer Fehler-Lern-Kultur

Quelle: _Angela Parszyk, pixelio.de

Fehler sollten offen angesprochen werden. Foto: Angela Parszyk / pixelio.de

Der Umgang mit Fehlern spielt eine entscheidende Rolle im Prozess. Fehler sollten nicht vertuscht, sondern offen angesprochen werden – allerdings nicht in einem belehrenden, strafenden Ton. Dabei können Ablaufpläne für wichtige Aufgaben und Prozesse – z. B. eine implantologische Behandlung – eine hilfreiche Unterstützung sein. Die Ablaufpläne werden im Vorwege mit den beteiligten Mitarbeitern besprochen. Treten während eines Prozesses Abweichungen auf oder beschweren sich z. B. Patienten über zu lange Wartezeiten, lässt sich anhand der Ablaufpläne besser nachvollziehen, an welcher Stelle ein Fehler aufgetreten ist. Passiert ein Fehler während einer Behandlung, ist es wichtig, das Problem sofort anzusprechen. Wenn dies nicht möglich ist, empfiehlt es sich, direkt danach ein kurzes Feedback zu geben. Betont wurde von den Interviewpartnern, dass es wichtig ist, sein Team nicht in Anwesenheit von Patienten zu kritisieren. Je nachdem, ob es sich um einen Fehler handelt, der einer bestimmten Mitarbeiterin passiert oder ob es sich um ein allgemeines Problem handelt, sollte man entweder ein persönliches Gespräch unter vier Augen führen oder eine Teambesprechung abhalten. Besprechungen im Team haben den Vorteil, dass verschiedene Personen Input geben und es so mehr Varianten zur Problemlösung und zukünftigen Fehlervermeidung gibt.

This page as PDF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*