Erfolgreiche Praxisführung aus Sicht erfahrener Praxisinhaber – Ergebnisse eines Interviews

1. Ziele und Strategien
Wie definieren Praxen Erfolg?

Quelle: Thorben Wengert; pixelio.de

In vielen Fällen ist „Spaß an der Arbeit“ ein wichtiger persönlicher Indikator für Erfolg. Foto: Thorben Wengert / pixelio.de

Am Anfang der Interviews stand die Frage danach, wie die Interviewpartner Praxiserfolg definieren. Bemerkenswert ist, dass in vielen Fällen „Spaß an der Arbeit“ als ein wichtiger persönlicher Indikator für Erfolg genannt wurde. In nahezu allen Gesprächen nahm jedoch auch der finanzielle Erfolg einen hohen Stellenwert ein. Eine erfolgreiche Praxistätigkeit wurde häufig auch darin gesehen, Zufriedenheit bei Patienten, Mitarbeitern und Behandlern zu erzeugen.
Zufriedenheit bei Patienten bezieht sich zum einen auf das Behandlungsergebnis, zum anderen auf den allgemeinen zwischenmenschlichen Umgang zwischen Patienten, dem behandelnden Zahnarzt und dem Praxispersonal. Zufriedenheit bei der Belegschaft drückt sich meistens in der Weise aus, dass das Arbeitsklima, das Verhältnis zum Chef und mit den anderen Kollegen als positiv bezeichnet werden. Langfristig betrachtet kann eine Zahnarztpraxis nur dann erfolgreich sein, wenn sie in der Lage ist, die dafür notwendigen Kompetenzen aufzubauen. Eine Praxisstrategie übernimmt dabei die Aufgabe, den einzuschlagenden Weg für die Zukunftssicherung festzulegen.
Zur Praxisstrategie gehören
der Aufbau strategischer Wettbewerbsvorteile, die die Zahnarztpraxis von anderen Praxen unterscheiden
eine mittel- und langfristige Zielsetzung
die Festlegung der Art der gewünschten Patienten bzw. Patientenzielgruppen sowie
die Auswahl und Konzentration auf bestimmte Behandlungsgebiete oder Behandlungsschwerpunkte

 

Spezialisierung auf einen Behandlungsschwerpunkt – Ja oder Nein?

Quelle: Gerd Altmann, pixelio.de

Die Gestaltung des Behandlungsspektrums ist eineder wichtigsten Entscheidungen für Praxisgründer. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Eine der wichtigsten Entscheidungen von Praxisgründern ist die Gestaltung des Behandlungsspektrums. Als verstärkend für die Bedeutung dieser Frage in der heutigen Zeit kristallisierte sich – von Nuancen einmal abgesehen – in den durchgeführten Interviews folgende Grundtendenz heraus: Gesundheitspolitische Veränderungen wirken sich in den letzten Jahren immer stärker auf die Einnahmen der Zahnärzte aus. Befragte Praxen haben dies bereits zu spüren bekommen. Art und Umfang der Leistungsvergütungen werden von den Gesetzlichen Krankenversicherungen zunehmend reglementiert und eingeschränkt. Dies hat zur Folge, dass Patienten sich häufig für eine kostengünstigere Behandlung entscheiden, wenn sie nicht über die nötigen finanziellen Mittel für eine Zuzahlung verfügen. Praxisinhaber stehen hier vor der Herausforderung, die daraus resultierenden Einkommensverluste auszugleichen. Daraus resultiert aber auch die Chance, mehr Privatleistungen anzubieten, um auf diese Weise den wirtschaftlichen Erfolg der Praxis zu sichern. Patienten sind im Allgemeinen eher bereit, mehr Geld auszugeben, wenn sie die Sicherheit und das Gefühl haben, dafür auch eine hochwertige Behandlungsleistung und eine besondere Behandlungsqualität zu erhalten. Die Spezialisierung auf bestimmte Behandlungsgebiete kann dazu beitragen, dass Patienten ihren Zahnarzt auf diesen Gebieten als besonders kompetent betrachten. Eine Spezialisierung erfordert jedoch das Vorhandensein einer entsprechenden Patientenklientel. Gerade zu Beginn der Selbstständigkeit kann man häufig nicht auf eine solche Klientel zurückgreifen. Bei einer Praxisübernahme ist der Patientenstamm zunächst vorgegeben. In diesem Fall ist es einfacher, die in dieser Praxis bestehenden Behandlungsgebiete abzudecken und Schritt für Schritt die geplante Spezialisierung umzusetzen. Ein weiterer Grund, zu Beginn erst einmal allgemein tätig zu sein, ist die Tatsache, dass eine Spezialisierung eine intensive Fortbildung erfordert, die während der Assistenzzeit unter anderem aus finanziellen Gründen weniger durchführbar ist. Viele Interviewpartner raten deshalb davon ab, bei der Erstniederlassung eine Spezialisierung erzwingen zu wollen. Dennoch betrachten es die meisten als wichtig, bereits bei der Gründung eine spätere Spezialisierung im Hinterkopf zu haben. Dies ist auch deswegen wichtig, weil Entscheidungen bezüglich Räumlichkeiten und Ausstattung je nach Schwerpunkt anders ausfallen können und im Nachhinein nur schwer revidierbar sind (z. B. ein Extraraum für ein Praxislabor, weil man sich langfristig auf Prothetik spezialisieren will oder weitere Behandlungsräume für Prophylaxe).

 

Die Qual der Wahl oder: für welches Fachgebiet entscheide ich mich?

Quelle: R.K by s.media; pixelio.de

Die Bedeutung standortbezogener Faktoren spielt keine so entscheidende Rolle. Foto: R.K by s.media / pixelio.de

Schaut man sich einmal an, welche Kriterien bei den interviewten Zahnärzten ausschlaggebend für die Wahl ihres Behandlungsschwerpunktes waren, lässt sich durchweg feststellen, dass die Entscheidungen eher emotionaler Natur waren. Persönliches Interesse, Spaß an bestimmten Behandlungen und besonderes Talent sind die am häufigsten ausschlaggebenden Faktoren. Der Bedeutung standortbezogener Faktoren wurde zwar in den Interviews zugestimmt, jedoch spielten diese bei der Auswahl der Schwerpunkte nicht die entscheidende Rolle. Es herrscht eine einheitliche Meinung darüber, dass spezielle Tätigkeitsbereiche überall kommuniziert werden können. Patienten kann man auch gewinnen, wenn sie nicht in unmittelbarer Umgebung wohnen. Gerade Patienten, die einen Spezialisten aufsuchen, nehmen auch weitere Anfahrtswege in Kauf. Einen nicht unbedeutenden Einfluss für die Auswahl eines Behandlungsschwerpunktes hat nach Ansicht vieler Interviewpartner die Assistenzzeit. Oft kommt man als Assistenzarzt mit Tätigkeitsbereichen des Chefs in Berührung, lernt sie kennen und lässt sich von ihnen begeistern. Trotzdem sollte man einige rationale Überlegungen anstellen, wozu besonders auch die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsgebiete zählt. Es ist sicher nicht damit getan, sich aus rein persönlichen Präferenzen zu spezialisieren, wenn man dann am Existenzminimum leben muss.
Als Fazit aus den Interviews kann festgehalten werden, dass bei der Auswahl des Behandlungsschwerpunktes keine rein finanziellen Überlegungen im Vordergrund stehen sollten, sondern auf ein ausgeglichenes Verhältnis von emotionalen und rationalen Gründen zu achten ist. Spezialisierungen entwickeln sich manchmal im Laufe der Zeit, z. B. aufgrund veränderter Patientenbedürfnisse oder bestehender Abhängigkeiten zu anderen Behandlungsgebieten.
Beispiel: Ein Zahnarzt mit dem Schwerpunkt Prothetik ist unzufrieden mit den Implantaten, die andere Zahnärzte setzen. Als Konsequenz davon entschließt er sich für eine Fortbildung in Implantologie, um auch die Vorarbeit für die Prothetik leisten zu können und somit die – aus seiner Sicht – besten Voraussetzungen zu schaffen.

 

Mögliche Zielsetzungen für die Zahnarztpraxis

Quelle: Michael Kopatz, pixelio.de

Das Ziel beschreibt den Zustand, den man herstellen möchte. Foto: Michael Kopatz / pixelio.de

Das Ziel beschreibt den Zustand, den man herstellen möchte, die Strategie ist der Weg dorthin. Es sollten sowohl Praxisziele als auch Behandlungsziele formuliert werden. Viele Interviewpartner bestätigten, dass es wichtig ist, alle Praxismitarbeiter über die Ziele in Kenntnis zu setzen. Motivierend für die Beschäftigten ist außerdem, sie in die Entscheidungsfindung einzubeziehen, denn so haben sie das Gefühl, dass auch sie etwas bewirken können und zum Praxiserfolg beitragen. Es hat sich herausgestellt, dass es am besten ist, die Ziele in Abstimmung mit dem Personal schriftlich festzuhalten und sie allen zu jeder Zeit zugänglich zu machen – zum Beispiel im Sozialraum. Des Weiteren ist es sinnvoll, Ziele in ihrer zeitlichen Realisierung voneinander abzugrenzen.
Große Ziele sollten auf kurzfristige Teilziele herunter gebrochen werden. Für die Mitarbeiter ist es einfacher, kleinere Etappenziele vor Augen zu haben, deren Umsetzung sich konkreter gestaltet. Dadurch steigt die Motivation, sich für die Erreichung der Ziele einzusetzen.

Beispiel: Ein Praxisinhaber entscheidet sich für einen neuen Behandlungsschwerpunkt „Endodontie“. Hinsichtlich der Personalentwicklung kann ein kurzfristiges Ziel darin bestehen, die Qualifikation und den Ausbildungs- bzw. Fortbildungsbedarf der Angestellten festzustellen. Ein mittelfristiges Ziel kann sein, die Mitarbeiter zu qualifizieren und zu entsprechenden Schulungen zu schicken. Ein langfristiges Ziel kann darin bestehen, einen weiteren erfahrenen Endodontologen einzustellen. Um eine Zahnarztpraxis erfolgreich zu führen, sollte immer auch ein Ziel darin bestehen, sich von der Konkurrenz abzuheben, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben. Ein Wettbewerbsvorteil – so der Eindruck der interviewten Praxisinhaber – muss nicht zwingend im zahnmedizinischen Bereich vorhanden sein, sondern kann in anderen Bereichen des Praxisablaufs geschaffen werden, z. B. in der Serviceorientierung der Praxis. Aus Erfahrung ist es wichtig, für sich selbst und für die Mitarbeiter zu formulieren, was man und wie man es umsetzen möchte, sich von anderen Zahnarztpraxen zu unterscheiden. Nachfolgend sind einige Praxisziele, die uns in den Interviews genannt wurden, aufgeführt:

This page as PDF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*