Dr. Christoph von Eichel-Streiber und seine Frau, Dr. Romy von Eichel-Streiber, haben 2015 eine Praxis in Kirchzarten übernommen. Welche Erfahrungen sie dabei gemacht haben, berichten sie im Interview mit CP-Redakteurin Monia Geitz.
Monia Geitz: Wann und wo haben Sie beide sich kennengelernt?
Dr. Romy von Eichel-Streiber: Ganz klassisch im Studium. Christoph war drei Semester vor mir, und auf einer Zahniparty hat es dann gefunkt.
MG: Was haben Sie in der Zeit zwischen Studium/Approbation und Selbstständigkeit gemacht?
Dr. Christoph von Eichel-Streiber: Ich habe meine Assistenzarztzeit in einer Praxis in Freiburg absolviert und anschließend als angestellter Zahnarzt in Müllheim gearbeitet. Nebenbei habe ich natürlich noch meine Promotion beendet.
RvES: Nach meinem Examen habe ich Christophs Assistenzstelle übernommen und bin danach in Kirchzarten in die Praxis eingestiegen, die wir 2015 dann auch übernommen haben.
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MG: Wann entwickelte sich der Wunsch, gemeinsam eine Praxis zu gründen?
CvES: Das lag nahe, da wir beide gut zusammenarbeiten können und die Gelegenheit sich einfach bot. Wir hatten aber auch im Vorfeld schon immer mal wieder über dieses Vorhaben gesprochen.
MG: Hatten Sie schon einen bestimmten Standort im Blick?
RvES: Unser Standort in Kirchzarten hat sich durch Zufall ergeben, da mein damaliger Chef seine Praxis gerne abgeben wollte. Da war die Chance da und die Bedingungen waren einfach zu gut.
MG: Wie ergab es sich, dass Sie die Praxis übernommen hatten? Halten Sie das für einfacher als eine Gründung?
CvES: Der Start ist sicher einfacher bei einer Übernahme, da ein Patientenstamm vorhanden ist. Wir hatten da viel Glück, da unser Vorgänger bis zum Schluss seiner Tätigkeit voll gearbeitet hat und wir einen fließenden Übergang hatten. Somit war unser Bestellbuch von Anfang an gut gefüllt.
MG: Preis, Goodwill … bei einer Praxisübernahme fallen viele Kriterien an. Wie haben Sie die Verhandlungen bei der Praxisabgabe empfunden? Konnten Sie sich schnell mit dem Abgeber einigen?
RvES: Einige Diskussionspunkte gab es da schon. Aber die Schätzung der Praxis durch ein Depot hat uns allen eine gute Verhandlungsgrundlage geboten. Somit sind wir relativ zügig auf einen gemeinsamen Nenner gekommen.
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MG: Mussten Sie Veränderungen an der Praxis vornehmen, um sie so zu gestalten, wie Sie sich Ihre Traumpraxis vorgestellt haben – optisch, aber auch in Bezug auf (neue) Geräte oder digitale Workflows?
CvES: Ja, wir haben schon einiges verändert. In den ersten sechs Wochen blieb die Praxis auch geschlossen, und wir haben vor allem das äußere Erscheinungsbild dem heutigen Zeitgeist und unseren Stil durch recht umfangreiche Baumaßnahmen angepasst – hell und freundlich, und zugleich modern und gemütlich sollte es sein. Die Behandlungsräume waren zwar soweit auf einem ganz guten Stand, aber auch da haben wir das Interieur etwas angepasst. Das Ergebnis gefiel sowohl uns als auch den Patienten. Das bisher noch benutzte Karteikartensytem haben wir von Anfang an durch die Verwendung einer Abrechnungssoftware ersetzt.
MG: Wie haben Sie Ihr Team gefunden? Haben Sie Mitarbeiter aus der vorigen Praxis übernommen?
RvES: Wir hatten auch hier großes Glück und haben das komplette Team übernommen und lediglich durch drei neue Mitarbeiter ergänzt. Alle Helferinnen sind sehr kompetent und motiviert. Vor allem ein harmonisches Miteinander und gutes Arbeitsklima ist uns allen wichtig. So etwas wie „Zickenterror“ gibt es bei uns nicht. Alle arbeiten sehr umsichtig und helfen sich gegenseitig, wenn es mal eng wird.
MG: Und wie sah es mit den Patienten aus? Ist der Patientenstamm treu geblieben, oder hat sich die Klientel verändert?
CvES: Der Großteil der alten Patienten ist uns treu geblieben. Vor allem durch den neuen Behandlungsschwerpunkt Endodontie mittels OP-Mikroskop haben wir aber auch neue Patienten dazugewinnen können.
MG: Welche Hürden und Hindernisse mussten Sie überwinden?
CvES: Um ehrlich zu sein, nicht viele. Natürlich muss man sich als junges Zahnärztepaar vor allem bei den älteren Patienten erst behaupten und manchmal auch die neueren Behandlungsmethoden gegenüber der alten Schiene erst etablieren. Die meisten Patienten sind jedoch offen für Neues und fanden schnell Vertrauen zu uns.
MG: Wie sieht es mit der Work-Life-Balance in der Übernahmephase aus? Gab es da noch eine? Und wie sieht es jetzt aus?
RvES: Anfangs mussten wir uns schon erst organisieren und einen guten Rhythmus finden. Da gab es schon auch den ein oder anderen langen Abend im Büro. Doch wir haben schon zu Beginn versucht, uns unsere Freiräume zu schaffen, da eine ausreichende Regeneration wichtig für unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit ist. Das muss dann nicht immer gleich eine große Auszeit sein, sondern da reichen auch schon Spaziergänge mit unserem Golden Retriever im schönen Giersberggebiet oder kleine Ausflüge in den Schwarzwald mit dem Mountainbike.
Mittlerweile habe ich einen Großteil der Organisation übernommen und dafür ein wenig meiner Behandlungszeit geopfert. Doch so hat bei uns jeder seinen Aufgabenbereich, und wir können uns gut ergänzen.
MG: Businessplan, BWL-Kenntnisse, Bankbesuche – wie haben Sie all die Tätigkeiten empfunden, die mit der medizinischen Seite eines Zahnarztes nichts zu tun haben?
RvES: Das ist oft natürlich Neuland gewesen und hat schon auch viel Zeit in Anspruch genommen. Wir haben jedoch einen guten Finanzberater und einen guten Steuerberater an unserer Seite, die uns in all diesen Fragen immer gut beraten und unterstützen.
MG: Hohe Ausgaben, lange rote Zahlen – hat Ihnen das schlaflose Nächte bereitet?
CvES: Wir sind da beide zum Glück vom Gemüt her eher entspannt und zuversichtlich und machen uns nicht so viele Sorgen. Unser Plan war von Anfang an gut kalkuliert, die Voraussetzungen waren günstig, die Ziele realistisch gesteckt. Für uns ist bisher alles ganz gut aufgegangen. Und seine Sorgen kann man zu zweit natürlich anders verarbeiten, als wenn man die ganze Verantwortung allein trägt.
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MG: Wie haben Sie Ihre Schwerpunkte verteilt? Wie ergänzen Sie sich – auch in menschlicher Hinsicht?
CvES: Generell kümmert sich Romy neben ihrer eigentlichen zahnärztlichen Tätigkeit um alle organisatorischen Belange der Praxis. Sie hat da einfach ein besseres Händchen als ich und behält den Überblick. Außerdem bereiten Themen wie Mitarbeiterführung, Praxismanagement, etc. ihr sogar noch Freude. Mein Interessenschwerpunkt liegt da doch eher in der Patientenbetreuung und natürlich in der zahnärztlichen Behandlung. Wenn ich im Wurzelkanal verschwinden kann, bin ich ganz in meinem Element. Über die zahlreichen neuen Verordnungen und Vorschriften würde ich mich nur zu sehr aufregen. So ergänzen wir uns auch in diesen Dingen sehr gut. Außerdem haben unsere angestellten Damen zu meiner Frau natürlich einen etwas anderen Zugang als zu mir. So können auch bestimmte Themen auf einer ganz anderen Ebene besprochen werden.
MG: Welche Vorteile bringt die Zusammenarbeit mit dem Partner?
RvES: Ganz klar – die Verlässlichkeit. Ich weiß einfach hundertprozentig, dass ich mich in allen Bereichen immer auf Christoph verlassen kann. Wir verfolgen beide die gleichen Ziele, haben die gleichen Vorstellungen und Wünsche, sodass wir quasi immer am gleichen Strang ziehen.
MG: Diskutieren Sie nach Arbeitsschluss auch privat Patientenfälle weiter oder schmieden neue Ideen für die Praxis?
RvES: Letzteres tun wir sehr gern, da die Praxis unser gemeinsames Herzensprojekt ist. Patientenfälle versuchen wir möglichst nur in der Praxis zu besprechen und nicht mit nach Hause zu nehmen.
MG: Sie haben noch eine Zahnärztin angestellt. Wie kam es dazu?
CvES: Frau Dr. Volz ist schon seit vielen Jahren Teil des Teams gewesen, und wir schätzen sie sehr. Da war die Übernahme keine Frage.
MG: Drei Behandler und mehrere Mitarbeiter erfordern schon eine gute Praxisorganisation. Wie bekommen Sie diese in den Griff? Welche Tools (Software, Terminplanungssystem etc.) nutzen Sie?
CvES: Wir haben natürlich unsere Vorstellungen wie unsere Praxis laufen soll, sowohl bezüglich der Patientenbetreuung, Terminvergabe etc. als auch im Bereich Mitarbeiter. Wir versuchen, diese Ziele konsequent durchzusetzen. Eine große Hilfe ist uns dabei die Abrechnungssoftware Charly XL von Solutio. Die Dokumentation der einzelnen Behandlungen ist damit schnell, sicher und nachvollziehbar durchzuführen. Auch das integrierte Bestellbuch erlaubt uns eine wirklich effiziente Terminvergabe. Das Programm lässt sich leicht und verständlich bedienen, wenn man sich anfangs Zeit nimmt, sich ausführlich damit zu beschäftigen.
MG: Ist es Ihnen schwergefallen, neben dem medizinischen Teil auch noch den unternehmerischen Part sowie den Part des Chefs von mehreren Angestellten auszuüben?
RvES: Natürlich muss man in die Rolle des Chefs erst hineinwachsen. Unser Team hat es uns da leichtgemacht und unterstützt uns, wo es nur kann. Dennoch mussten auch wir Mitarbeiterführung und Praxismanagement erst lernen. Das geht zum Teil zwar auch durch ein gutes Gespür für die Bedürfnisse der Angestellten, aber auch durch Fortbildungen zu diesen Themen und letztlich durch tägliches „learning by doing“.
MG: Wie ist die Zahnarztdichte in Kirchzarten? Müssen Sie viel Marketing betreiben? Wie machen Sie sich von anderen Praxen unterscheidbar?
CvES: Auf ca. 1.000 bis 1.500 Einwohner kommt in Kirchzarten ein Zahnarzt. Somit ist schon eine gewisse Konkurrenz vorhanden. Allerdings sind fast alle Praxen gut etabliert, und jeder hat seine Nische und seine langjährig gewachsene Patientenklientel.
Marketing in dem Sinne haben wir bisher eher wenig betrieben. Natürlich besitzen wir eine übersichtliche und ansprechende Homepage, und auch in den lokalen Zeitungen sind zu besonderen Anlässen wie dem Tag der Zahngesundheit Annoncen geschaltet. Viel geht bei uns aber über Mundpropaganda und Empfehlungen durch Patienten, die sich bei uns gut aufgehoben fühlen.
Gegenüber den anderen Kollegen unterscheiden wir uns vor allem noch durch die Behandlung mit dem OP-Mikroskop. Das ist im Dreisamtal unser Alleinstellungsmerkmal.
MG: Erinnern Sie sich noch, wie Sie sich an Ihrem ersten Tag in der eigenen Praxis gefühlt haben?
RvES: Ein bisschen nervös waren wir anfangs schon, denn nun war man plötzlich für alles selbst verantwortlich. Doch die Übernahme war gut vorbereitet, sodass wir einen super Start in die Selbstständigkeit hatten.
MG: Sie haben die Praxis 2015 übernommen. Wenn Sie zurückschauen, wie ist Ihr Fazit? Würden Sie alles noch einmal genauso machen?
CvES: Unser Fazit nach fast zweieinhalb Jahren: alles super! Wir würden alles genauso wieder machen.
RvES (lacht): Vielleicht würde ich den Kursus zum Thema Praxis- und Mitarbeiterführung im Vorfeld belegen und nicht erst im zweiten Jahr …
MG: Und wo sehen Sie sich 2020, also in weiteren zweieinhalb Jahren? Was ist Ihr Ziel?
CvES: Unser größtes Ziel ist es, unser mitarbeiterfreundliches und harmonisches Betriebsklima aufrechtzuerhalten. Denn nur so macht die tägliche Arbeit Spaß. Und nur zufriedene Mitarbeiter sind gute Mitarbeiter. Außerdem wirkt sich das auch positiv auf das Arbeitsklima während der Patientenbehandlung aus. Oft werden wir für unsere freundliche, aufmerksame und menschliche Art von unseren Patienten gelobt, bei der auch mal Zeit für ein privates Wort bleibt. Das freut uns natürlich besonders und macht uns auch stolz.