Zahnarztpraxen gibt es in Großstädten, Städtchen und selbst in Dörfern en masse. Zahnmedizinstudenten laufen ebenso daran vorbei wie jeder andere Passant – ohne darüber nachzudenken, dass sie vielleicht genau so eine Praxis selbst einmal leiten werden. Und ihnen wird zu diesem Zeitpunkt genauso wenig klar sein, wie viel harte Arbeit dahintersteckt.
Zu viel muss im Studium bewältigt werden mit scheinbar nicht enden wollenden Prüfungen, Präparierkursen, Aufwachsübungen und Anatomie-Testaten – vom Bimssteinstaub der Prothesen-Poliermaschine in den Atemwegen ganz zu schweigen. Der Gedanke „Das kommt irgendwann später alles einmal auf mich zu – aber jetzt noch nicht“ ist verständlich unter dem Druck, dass erst einmal das Studium geschafft werden will.
Doch auf einmal sind dann die Zeiten passé, als unser angehender Zahnmediziner vom eigenen Handy auf dem Nachhauseweg von der Zahnklinik Patienten mit zahlreichen bittenden und bettelnden Telefonaten zum Erscheinen für die doch so examensnotwendige Teleskoparbeit bewegen musste. Früher oder später wird es ihm ergehen wie bei seiner ersten Assistenz bei der Osteotomie eines desaströsen dritten Molaren. Ihm wird klar, ich muss nicht nur vertrackte Fälle selber lösen, ich muss demnächst auch eine Praxis leiten.
Er wird in nicht allzu weiter Ferne das Sagen haben, eigene Regeln aufstellen, eigenes Personal haben, das er anweisen muss – und entscheiden, ob er die Rezeption eher in Glas oder Holz halten möchte. Auch wird er niemals wieder eine Prophylaxesitzung selbst durchführen müssen – es sei denn, er findet Gefallen daran.
Er oder sie wird Chef einer eigenen Praxis sein. Gefühlt liegt dieses Ziel zwar noch in weiter Ferne, aber es ist nie zu früh, sich über sein persönliches Praxiskonzept Gedanken zu machen.
Wer sich rechtzeitig ausgiebig informiert und umhört, erfährt auch viel und kann Kontakte knüpfen. Denn Aspekte wie Praxisführung, Finanzplan, Patientenpflege, Internetpräsenz und Behandlungsschwerpunkt werden leider nicht in den Seminarräumen der Universitäten gelehrt. Man muss wohl oder übel selber tätig werden, um irgendwann die Praxis seiner Träume am Ort seiner Träume und mit den ausgestellten Kunstobjekten seiner Träume sein Eigen nennen zu können.
Es gibt zwar leider (noch) kein Handbuch „Wie eröffne ich meine Zahnarztpraxis“, aber hier sind ein paar simple Tipps, die als ausbaufähiger Leitfaden dienen können:
- Erstens, wähle deinen Standort mit Bedacht, denn hier wirst du höchstwahrscheinlich die nächsten 30 bis 40 Jahre gebunden sein.
- Zweitens, schaffe dir ein Netzwerk mit ortsansässigen Kollegen, Studiengruppen, Dentallaboren und Dentalmarktvertretern. Gute Kontakte und der Austausch mit Kollegen sind förderlich und wichtig.
- Drittens, kümmere dich rechtzeitig um Personal und darum, es zu schulen und Kompetenzbereiche festzulegen. Ein gutes Praxisteam ist das A und O eines erfolgreich funktionierenden Betriebs.
- Viertens, am Anfang sollte die Prämisse „Keep it simple“ beim Praxisinventar und allen weiteren Anschaffungen Vorrang haben. Die Basis muss solide und gut sein, aber nicht durch überhöhte Wünsche und Vorstellungen dem Budget zur Last fallen. Veränderungen kommen dann mit der Zeit, und die Praxis wird ohne Risiko Stück für Stück zur Traumpraxis werden.
Dies sind sicher nur ein paar Aspekte, denn der Aufbau eines reibungslos funktionierenden Praxisbetriebs ist so vielschichtig, dass das Thema genügend Unterrichtsstunden für einen eigenen Kurs innerhalb des Studiums füllen würde – das wäre übrigens mal eine Anregung für die zahnmedizinischen Fakultäten und die Zahnärztekammern. Somit ist dies ein mehr als guter Grund dafür, sich lieber früher als später mit der Thematik zu beschäftigen, denn der Weg zur eigenen Traumpraxis ist lang genug.
Dr. A. Watson