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Erfolgreiche Praxisführung aus Sicht erfahrener Praxisinhaber – Ergebnisse eines Interviews

Einleitung

Erfolgreiche Gründung und Übernahme einer Zahnarztpraxis [1]

Erfolgreiche Gründung und Übernahme einer Zahnarztpraxis

In den Beiträgen des vorliegenden Buches werden ausgewählte Themen, die für eine Praxisgründung grundlegend sind, von verschiedenen Fachleuten kompetent behandelt. Daneben wollten wir aber auch wissen, welche Tipps und Hinweise erfahrene Praxisinhaber jungen Praxisgründern gerne geben würden, wenn sie danach gefragt werden. Aus diesem Grund haben wir in 21 erfolgreichen Zahnarztpraxen anhand eines strukturierten Fragebogens Interviews durchgeführt. Gesprächspartner waren ausschließlich Praxisinhaber, die selbst eine Praxisgründung miterlebt haben. Die Interviewfragen bezogen sich auf alle Bereiche der Praxisführung.
Bei der Auswahl der Zahnarztpraxen wurde darauf geachtet, dass insgesamt alle zahnmedizinischen Behandlungsgebiete abgedeckt werden. Jede Praxis sollte mindestens einen Behandlungsschwerpunkt haben. Ein weiteres Auswahlkriterium bestand darin, dass die Zahnarztpraxis über ein Marketingkonzept verfügt bzw. Marketingmaßnahmen aktiv plant und umsetzt. Die Auswahl der Zahnarztpraxen ist nicht repräsentativ. Deshalb wird auf eine Häufigkeitsverteilung der Antworten verzichtet. Die Fragen wurden allen Interviewpartnern zwar einheitlich gestellt, die Gespräche verliefen je nach Interessen und Schwerpunkten der Interviewpartner jedoch höchst unterschiedlich. Es gab keine standardisierten Antwortvorgaben. Zum besseren Verständnis der Zusammenhänge und zur Erleichterung des Leseflusses werden die Antworten zusammenfassend wiedergegeben.

Zu Beginn eines neuen Themas sind einleitend jeweils einige grundsätzliche Überlegungen vorangestellt. Sie geben – wenn auch nur in sehr kurzer Form – eine Begründung, warum das Thema Gegenstand der Interviews war.
Die Gespräche fanden insgesamt in einer eher lockeren Atmosphäre statt. Wichtig für die Auswahl der Interviewpartner erschien den Verfassern neben den genannten Kriterien ihre Bereitschaft, sich ein bis zwei Stunden Zeit zu nehmen, um ihre Erfahrungen Praxisgründern mitzuteilen. Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal recht herzlich dafür bedanken.

1. Ziele und Strategien
Wie definieren Praxen Erfolg?

Quelle: Thorben Wengert; pixelio.de [2]

In vielen Fällen ist „Spaß an der Arbeit“ ein wichtiger persönlicher Indikator für Erfolg. Foto: Thorben Wengert / pixelio.de [3]

Am Anfang der Interviews stand die Frage danach, wie die Interviewpartner Praxiserfolg definieren. Bemerkenswert ist, dass in vielen Fällen „Spaß an der Arbeit“ als ein wichtiger persönlicher Indikator für Erfolg genannt wurde. In nahezu allen Gesprächen nahm jedoch auch der finanzielle Erfolg einen hohen Stellenwert ein. Eine erfolgreiche Praxistätigkeit wurde häufig auch darin gesehen, Zufriedenheit bei Patienten, Mitarbeitern und Behandlern zu erzeugen.
Zufriedenheit bei Patienten bezieht sich zum einen auf das Behandlungsergebnis, zum anderen auf den allgemeinen zwischenmenschlichen Umgang zwischen Patienten, dem behandelnden Zahnarzt und dem Praxispersonal. Zufriedenheit bei der Belegschaft drückt sich meistens in der Weise aus, dass das Arbeitsklima, das Verhältnis zum Chef und mit den anderen Kollegen als positiv bezeichnet werden. Langfristig betrachtet kann eine Zahnarztpraxis nur dann erfolgreich sein, wenn sie in der Lage ist, die dafür notwendigen Kompetenzen aufzubauen. Eine Praxisstrategie übernimmt dabei die Aufgabe, den einzuschlagenden Weg für die Zukunftssicherung festzulegen.
Zur Praxisstrategie gehören
der Aufbau strategischer Wettbewerbsvorteile, die die Zahnarztpraxis von anderen Praxen unterscheiden
eine mittel- und langfristige Zielsetzung
die Festlegung der Art der gewünschten Patienten bzw. Patientenzielgruppen sowie
die Auswahl und Konzentration auf bestimmte Behandlungsgebiete oder Behandlungsschwerpunkte

 

Spezialisierung auf einen Behandlungsschwerpunkt – Ja oder Nein?

Quelle: Gerd Altmann, pixelio.de [4]

Die Gestaltung des Behandlungsspektrums ist eineder wichtigsten Entscheidungen für Praxisgründer. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [3]

Eine der wichtigsten Entscheidungen von Praxisgründern ist die Gestaltung des Behandlungsspektrums. Als verstärkend für die Bedeutung dieser Frage in der heutigen Zeit kristallisierte sich – von Nuancen einmal abgesehen – in den durchgeführten Interviews folgende Grundtendenz heraus: Gesundheitspolitische Veränderungen wirken sich in den letzten Jahren immer stärker auf die Einnahmen der Zahnärzte aus. Befragte Praxen haben dies bereits zu spüren bekommen. Art und Umfang der Leistungsvergütungen werden von den Gesetzlichen Krankenversicherungen zunehmend reglementiert und eingeschränkt. Dies hat zur Folge, dass Patienten sich häufig für eine kostengünstigere Behandlung entscheiden, wenn sie nicht über die nötigen finanziellen Mittel für eine Zuzahlung verfügen. Praxisinhaber stehen hier vor der Herausforderung, die daraus resultierenden Einkommensverluste auszugleichen. Daraus resultiert aber auch die Chance, mehr Privatleistungen anzubieten, um auf diese Weise den wirtschaftlichen Erfolg der Praxis zu sichern. Patienten sind im Allgemeinen eher bereit, mehr Geld auszugeben, wenn sie die Sicherheit und das Gefühl haben, dafür auch eine hochwertige Behandlungsleistung und eine besondere Behandlungsqualität zu erhalten. Die Spezialisierung auf bestimmte Behandlungsgebiete kann dazu beitragen, dass Patienten ihren Zahnarzt auf diesen Gebieten als besonders kompetent betrachten. Eine Spezialisierung erfordert jedoch das Vorhandensein einer entsprechenden Patientenklientel. Gerade zu Beginn der Selbstständigkeit kann man häufig nicht auf eine solche Klientel zurückgreifen. Bei einer Praxisübernahme ist der Patientenstamm zunächst vorgegeben. In diesem Fall ist es einfacher, die in dieser Praxis bestehenden Behandlungsgebiete abzudecken und Schritt für Schritt die geplante Spezialisierung umzusetzen. Ein weiterer Grund, zu Beginn erst einmal allgemein tätig zu sein, ist die Tatsache, dass eine Spezialisierung eine intensive Fortbildung erfordert, die während der Assistenzzeit unter anderem aus finanziellen Gründen weniger durchführbar ist. Viele Interviewpartner raten deshalb davon ab, bei der Erstniederlassung eine Spezialisierung erzwingen zu wollen. Dennoch betrachten es die meisten als wichtig, bereits bei der Gründung eine spätere Spezialisierung im Hinterkopf zu haben. Dies ist auch deswegen wichtig, weil Entscheidungen bezüglich Räumlichkeiten und Ausstattung je nach Schwerpunkt anders ausfallen können und im Nachhinein nur schwer revidierbar sind (z. B. ein Extraraum für ein Praxislabor, weil man sich langfristig auf Prothetik spezialisieren will oder weitere Behandlungsräume für Prophylaxe).

 

Die Qual der Wahl oder: für welches Fachgebiet entscheide ich mich?

Quelle: R.K by s.media; pixelio.de [5]

Die Bedeutung standortbezogener Faktoren spielt keine so entscheidende Rolle. Foto: R.K by s.media / pixelio.de [3]

Schaut man sich einmal an, welche Kriterien bei den interviewten Zahnärzten ausschlaggebend für die Wahl ihres Behandlungsschwerpunktes waren, lässt sich durchweg feststellen, dass die Entscheidungen eher emotionaler Natur waren. Persönliches Interesse, Spaß an bestimmten Behandlungen und besonderes Talent sind die am häufigsten ausschlaggebenden Faktoren. Der Bedeutung standortbezogener Faktoren wurde zwar in den Interviews zugestimmt, jedoch spielten diese bei der Auswahl der Schwerpunkte nicht die entscheidende Rolle. Es herrscht eine einheitliche Meinung darüber, dass spezielle Tätigkeitsbereiche überall kommuniziert werden können. Patienten kann man auch gewinnen, wenn sie nicht in unmittelbarer Umgebung wohnen. Gerade Patienten, die einen Spezialisten aufsuchen, nehmen auch weitere Anfahrtswege in Kauf. Einen nicht unbedeutenden Einfluss für die Auswahl eines Behandlungsschwerpunktes hat nach Ansicht vieler Interviewpartner die Assistenzzeit. Oft kommt man als Assistenzarzt mit Tätigkeitsbereichen des Chefs in Berührung, lernt sie kennen und lässt sich von ihnen begeistern. Trotzdem sollte man einige rationale Überlegungen anstellen, wozu besonders auch die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsgebiete zählt. Es ist sicher nicht damit getan, sich aus rein persönlichen Präferenzen zu spezialisieren, wenn man dann am Existenzminimum leben muss.
Als Fazit aus den Interviews kann festgehalten werden, dass bei der Auswahl des Behandlungsschwerpunktes keine rein finanziellen Überlegungen im Vordergrund stehen sollten, sondern auf ein ausgeglichenes Verhältnis von emotionalen und rationalen Gründen zu achten ist. Spezialisierungen entwickeln sich manchmal im Laufe der Zeit, z. B. aufgrund veränderter Patientenbedürfnisse oder bestehender Abhängigkeiten zu anderen Behandlungsgebieten.
Beispiel: Ein Zahnarzt mit dem Schwerpunkt Prothetik ist unzufrieden mit den Implantaten, die andere Zahnärzte setzen. Als Konsequenz davon entschließt er sich für eine Fortbildung in Implantologie, um auch die Vorarbeit für die Prothetik leisten zu können und somit die – aus seiner Sicht – besten Voraussetzungen zu schaffen.

 

Mögliche Zielsetzungen für die Zahnarztpraxis

Quelle: Michael Kopatz, pixelio.de [6]

Das Ziel beschreibt den Zustand, den man herstellen möchte. Foto: Michael Kopatz / pixelio.de [3]

Das Ziel beschreibt den Zustand, den man herstellen möchte, die Strategie ist der Weg dorthin. Es sollten sowohl Praxisziele als auch Behandlungsziele formuliert werden. Viele Interviewpartner bestätigten, dass es wichtig ist, alle Praxismitarbeiter über die Ziele in Kenntnis zu setzen. Motivierend für die Beschäftigten ist außerdem, sie in die Entscheidungsfindung einzubeziehen, denn so haben sie das Gefühl, dass auch sie etwas bewirken können und zum Praxiserfolg beitragen. Es hat sich herausgestellt, dass es am besten ist, die Ziele in Abstimmung mit dem Personal schriftlich festzuhalten und sie allen zu jeder Zeit zugänglich zu machen – zum Beispiel im Sozialraum. Des Weiteren ist es sinnvoll, Ziele in ihrer zeitlichen Realisierung voneinander abzugrenzen.
Große Ziele sollten auf kurzfristige Teilziele herunter gebrochen werden. Für die Mitarbeiter ist es einfacher, kleinere Etappenziele vor Augen zu haben, deren Umsetzung sich konkreter gestaltet. Dadurch steigt die Motivation, sich für die Erreichung der Ziele einzusetzen.

Beispiel: Ein Praxisinhaber entscheidet sich für einen neuen Behandlungsschwerpunkt „Endodontie“. Hinsichtlich der Personalentwicklung kann ein kurzfristiges Ziel darin bestehen, die Qualifikation und den Ausbildungs- bzw. Fortbildungsbedarf der Angestellten festzustellen. Ein mittelfristiges Ziel kann sein, die Mitarbeiter zu qualifizieren und zu entsprechenden Schulungen zu schicken. Ein langfristiges Ziel kann darin bestehen, einen weiteren erfahrenen Endodontologen einzustellen. Um eine Zahnarztpraxis erfolgreich zu führen, sollte immer auch ein Ziel darin bestehen, sich von der Konkurrenz abzuheben, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben. Ein Wettbewerbsvorteil – so der Eindruck der interviewten Praxisinhaber – muss nicht zwingend im zahnmedizinischen Bereich vorhanden sein, sondern kann in anderen Bereichen des Praxisablaufs geschaffen werden, z. B. in der Serviceorientierung der Praxis. Aus Erfahrung ist es wichtig, für sich selbst und für die Mitarbeiter zu formulieren, was man und wie man es umsetzen möchte, sich von anderen Zahnarztpraxen zu unterscheiden. Nachfolgend sind einige Praxisziele, die uns in den Interviews genannt wurden, aufgeführt:

Finanzielle Ziele, Stundensatz
Aufrechterhaltung eines hohen Qualitätsstandards

Quelle: Gerd Altmann, pixelio.de [7]

Ziele sollen nicht nur festgelegt, sondern auch erreicht werden. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [3]

• Steigerung des Qualitätsniveaus durch Weiterbildung E Aufnahme eines neuen Behandlungsschwerpunkts, entweder in eigener Tätigkeit oder durch Einstellung eines spezialisierten Zahnarztes
• Praxiserweiterung, Einstellung eines weiteren Zahnarztes oder Praxismitarbeiters
Angebot einer für jeden Patienten individuellen und optimalen Behandlung
• Steigerung der Patientenzahl oder der Anzahl der Behandlungen.

Das Festlegen von Zielen allein reicht nicht aus. Es muss auch geklärt und mit dem Team besprochen werden, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Empfehlenswert sind regelmäßige Erfolgskontrollen, damit bei den Angestellten der Anreiz vorhanden ist, sich an der Umsetzung zu beteiligen, sich zu engagieren. Bei der überwiegenden Mehrheit der befragten Praxen finden hierzu regelmäßige Teamsitzungen statt, in denen besprochen wird, welche primären Praxisziele erreicht wurden und welche Ziele im Einzelnen jede Mitarbeiterin erreicht hat. Hat man sich einmal auf bestimmte Ziele oder eine Strategie festgelegt, heißt dies nicht, dass man seine Entscheidungen nicht mehr modifizieren darf. Bei regelmäßigen Zielkontrollen sollten natürlich Veränderungen des Umfelds oder veränderte politische Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, um Strategien gegebenenfalls anzupassen. Die Wichtigkeit dieses Aspekts wurde von den Interviewpartnern besonders betont.

Entscheidung Eigen- oder Fremdlabor

Quelle: Ulrich Helmke, pixelio.de [8]

Lieber ein eigenes Labor oder Zusammenarbeit mit Fremdlaboren? Foto: Ulrich Helmke / pixelio.de [3]

In der Gründungsphase steht auch die Entscheidung an, ob man in der Praxis ein eigenes Labor einrichten oder mit Fremdlaboren zusammenarbeiten soll. Dazu kristallisierten sich bei den Befragten unterschiedliche Ansichten heraus. Befürworter eines praxisinternen Labors führten den besonderen Servicegedanken an: Nachbesserungen an Prothesen können direkt in der Praxis durchgeführt werden, der Patient muss nicht noch einmal wiederkommen. Außerdem profitiert man bei der Planung des Zahnersatzes davon, dass der Zahntechniker vor Ort ist. Dieser kann bei der Behandlungsplanung und -entscheidung mitwirken. Daneben spielt bei vielen auch der betriebswirtschaftliche Aspekt eine Rolle. Dadurch, dass die Laborleistungen vor Ort für die Praxis geleistet werden, sind sie auch abrechenbar. Gerade aus wirtschaftlichen Gründen hatten einige Praxen erhebliche Einwände gegen ein Eigenlabor. Angestellte Zahntechniker stellen Fixkosten dar, die auch in Leerlaufzeiten anfallen. Kurz nach der Praxisgründung ist die Wahrscheinlichkeit jedoch eher gering, dass das Labor ausgelastet ist. Außerdem ist für ein Labor viel Platz erforderlich. Die Entscheidung für ein Praxislabor oder die Kooperation mit Fremdlaboren hängt außerdem vom Tätigkeitsschwerpunkt ab, woraus sich die Häufigkeit und der Umfang der benötigten Laborleistungen ergeben. Bei manchen Schwerpunkten erübrigt sich sogar die Zusammenarbeit mit einem zahntechnischen Labor.
Als Fazit aus den Interviews kann festgehalten werden, dass es sich gerade aufgrund der hohen laufenden Kosten nicht anbietet, bei der Niederlassung ein eigenes Labor einzurichten. Größere Arbeiten sollten immer in Zusammenarbeit mit Dentallaboren durchgeführt werden, allerdings kann es je nach Schwerpunkt sinnvoll sein, ein kleines praxisinternes Labor zu haben, in dem einfachere Arbeiten und Nachbesserungen verrichtet werden können.

2. Bedeutung des Umfeldes und allgemeiner Marktentwicklungen für die Gestaltung des Praxis-Leistungsangebotes

Quelle: Rainer Sturm, pixelio.de [9]

Neben den Patienten sind auch Forschung und Entwicklung zu beachten. Foto: Rainer Sturm / pixelio.de [3]

Zur Gestaltung eines optimalen Leistungsangebotes ist es unerlässlich, den Markt zu betrachten. Neben der Zielgruppe – den Patienten – spielen auch Entwicklungen von Forschung und Industrie eine große Rolle.

Umgang mit Trends und Innovationen
Der medizinisch-technische Markt entwickelt sich rasant. Täglich wird viel Neues von der Industrie auf den Markt gebracht. Die Interviews haben gezeigt, dass die meisten Behandler nicht sofort jedem Trend zugeneigt sind. Zum Teil resultiert das auch aus persönlichen Erfahrungen in der Vergangenheit, so dass man „aus Fehlern gelernt hat“. Viele Praxisinhaber prüfen deshalb im Voraus sehr genau, ob z. B. neue Instrumente oder Behandlungstrends für die eigene Praxis geeignet sind. Es empfiehlt sich, zunächst eine kritische Abwägung der Neuigkeiten und zumindest eine Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen. Viele Praxisinhaber warten, bis die Errungenschaften erprobt und wissenschaftlich abgesichert sind. Eventuelle Probearbeiten oder ein kollegialer Austausch von Informationen und Erfahrungen während Fortbildungen oder Arbeitskreisen helfen oftmals bei der Entscheidungsfindung. So lassen sich unnötige Kosten, Zeitverlust und nicht zuletzt Lagerhaltungsprobleme vermeiden. Bei Neuanschaffungen empfiehlt es sich, zunächst mit einer kleinen Menge anzufangen oder größere Anschaffungen erst dann zu tätigen, wenn sich eine Behandlungsmethode bewährt hat. Besonderes Augenmerk ist nach Aussage vieler Interviewpartner darauf zu legen, dass die Neuerungen zum Behandlungs- und Praxiskonzept passen. Wichtig ist auch, wie sich die Patientenbedürfnisse entwickeln. Andererseits sollte man bei anerkannt sinnvollen und fortschrittlichen Technologie- oder Therapieentwicklungen durchaus auch den Mut haben, früh zu reagieren. Als Beispiele wurden von Interviewpartnern das Digitale Röntgen, die Intraoralkamera oder bestimmte Naturheilverfahren angeführt. Anhand der durchgeführten Interviews kristallisierten sich – nach Bedeutung und Häufigkeit sortiert – folgende Informationsquellen über Entwicklungen oder Innovationen in der Zahnmedizin heraus:

Mögliche Risiken für die Praxis

Quelle: Gerd Altmann, Torsten Henning, pixelio.de [10]

Auch mit Risiken muss man umgehen können. Foto: Gerd Altmann, Torsten Henning / pixelio.de [3]

Welche Risiken können in der Zahnarztpraxis auftreten und wie kann man damit umgehen? Bei dieser Frage herrschte – von Nuancen abgesehen – übereinstimmend die folgende Meinung: Um geeignete Gegenmaßnahmen für eine Risiko-Minimierung zu treffen, ist es wichtig, die gefährdenden Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen. Durch eine geeignete Strategieentwicklung werden unternehmerische Risiken gesenkt und der wirtschaftliche Praxiserfolg langfristig gesichert. Generell besteht in der Freiberuflichkeit immer ein gewisses Risiko. In den Interviews hat sich herauskristallisiert, dass die straffe Ausgabenpolitik der gesetzlichen Krankenkassen und der stetig steigende Kostendruck, mit dem Zahnärzte zu kämpfen haben, die größten Gefährdungen für die Zahnarztpraxis darstellen. Äußere Gegebenheiten wie die Vorgaben der Gesundheitspolitik haben Auswirkungen auf die Praxisgestaltung.

Ein Großteil der Befragten vermutet, dass die GOZ-Novellierung schlechtere Einnahmen und Unwirtschaftlichkeit mit sich bringen wird. Sollte dies zur Folge haben, dass Praxisinhaber Personal einsparen müssen, kann dies zu einem verhängnisvollen Kreislauf führen: Aus Zeitmangel können sie sich oft nicht auf zahnmedizinische Aufgaben konzentrieren, der Behandlungsfluss wird gestört. Die Patientenberatung wird in dem Fall vernachlässigt, wodurch sich wiederum die Akzeptanz und Bereitschaft für Privatleistungen verringert. Die Bereitschaft des Zahnarztes, seine Praxis aus dem markt- und dienstleistungsorientierten Blickwinkel zu betrachten, ist nach Ansicht vieler Interviewpartner in Zukunft für den wirtschaftlichen Erfolg der Praxis ausschlaggebend.

Gerade vor dem Hintergrund der Folgen der Gesundheitsreformen und der strukturellen Veränderungen der letzten Jahre muss der Arzt als Praxisinhaber immer mehr unternehmerisch denken und selbstständig handeln. Die fachliche Kompetenz des Zahnarztes muss dabei mit professionellem und systematischem Praxismarketing und Konkurrenzdenken verbunden werden.
So ist es erstrebenswert, das „Kassendenken“ der Patienten zu verändern und die Bereitwilligkeit für Zuzahlungen zu erhöhen. Da die Kassenleistungen nicht kostendeckend sind, gibt es gute Gründe für eine Spezialisierung des Zahnarztes oder für das Angebot von Behandlungsschwerpunkten. Die Patienten werden dadurch eher von der Höherwertigkeit der Behandlungsleistung überzeugt.

3. Controlling

Quelle: Gerd Altmann, pixelio.de [11]

Controlling ist unerlässlich. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [3]

Als systematisches Steuerungs- und Kontrollinstrument ist ein betriebswirtschaftliches Controlling für eine erfolgreiche Unternehmensführung unumstritten. Controlling beinhaltet dabei nicht nur eine Betrachtung von Zahlen, sondern bezieht auch die Prozesse ein, die im Rahmen der Leistungserstellung wichtig sind. Fragt man Zahnärzte nach einer Definition für Praxiserfolg, so werden neben subjektiven Komponenten – wie die Zufriedenheit von Behandlern, Patienten und Mitarbeitern sowie Spaß an der Arbeit – immer auch der finanzielle Erfolg genannt. Finanzieller Erfolg ist aber nur festzustellen, wenn er gemessen werden kann. Controlling und eine betriebswirtschaftliche Kostenanalyse halten viele Zahnärzte zwar für erforderlich, möchten sich aber nicht damit belasten. Doch es hat sich gezeigt, dass sich die Einführung eines betriebswirtschaftlichen Kennzahlensystems durchaus lohnt.
Der erste Schritt, ein Praxiscontrolling einzuführen, ist schon damit getan, Ziele zu definieren (s. Abschnitt 1). Diese Ziele werden dann in Geldwert ausgedrückt, also in Umsatz-, Gewinn- und Liquiditätsprognosen übersetzt (Planzahlen). Um zu wissen, wie viele verschiedene Behandlungen nötig sind, um rentabel zu sein, sollte man alle anfallenden Kosten auflisten. Die meisten Interviewpartner halten eine direkte Kostenzuordnung durchaus für sinnvoll. Der Zahnarzt ist kein professionell geschulter Betriebswirt; trotzdem sollte er sich nach Ansicht vieler Interviewpartner die Mühe machen, ein Kennzahlensystem einzuführen – oder jemanden anderen damit zu betrauen. Viele freuen sich deswegen darüber, einen kompetenten Steuerberater an ihrer Seite zu haben. Eine betriebswirtschaftliche Kostenanalyse ist ein elementarer Bestandteil in Qualitätsmanagement- Systemen, die viele bereits in ihrer Praxis implementiert haben (s. Abschnitt 4, Prozesse/QM). Im Regelfall bedienen sich Praxisinhaber – wie sich in der Befragung gezeigt hat – der Kostenanalyse-Tools, die in der gängigen Praxis Software integriert sind.

 

Quelle: Benjamin Klack, pixelio.de [12]

Der Stundensatz gehört zu den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Foto: Benjamin Klack / pixelio.de [3]

Für den Zahnarzt sinnvolle betriebswirtschaftliche Kennzahlen sind beispielsweise Umsatzrendite, Stundenumsatz oder Personalkostenquote. Wie oben schon erwähnt, sind solche Auswertungsmöglichkeiten bereits in den meisten Computerprogrammen enthalten. Insbesondere eignen sich auch Vergleichsanalysen zwischen verschiedenen Quartalen oder Jahren wie z. B. Patienten-Neuzugänge, abgerechnete Privatleistungen, Anzahl bestimmter Behandlungen etc. Das macht natürlich erst Sinn, wenn schon Vergleichswerte vorhanden sind. Regelmäßige Kontrollen von Planzahlen mit den wirklich realisierten Zahlen sind ein Muss (Soll/Ist Abgleich), um Abweichungen und die Gründe dafür zu ermitteln und rechtzeitig gegenzusteuern. Um festzustellen, ob eine bestimmte Behandlung rentabel ist, halten es viele Interviewpartner für wichtig, auszurechnen, wie viel eine einzelne Behandlung insgesamt kostet. Einzubeziehen sind dabei das Zahnarzthonorar und die Kosten für Materialien, Personal und Labor. Viele der befragten Praxen gehen so vor, dass sie sich im Vorwege Gedanken darüber machen, wie hoch der Stundensatz sein muss, um wirtschaftlich zu sein. Eine minutengenaue Bewertung wird nur in äußerst seltenen Fällen durchgeführt. Wer sich mit diesen Zahlen beschäftigt, weiß auch, wie viel „Pufferzone“ beispielsweise für die Patientenberatung vorhanden ist. Patientenberatung ist zunächst einmal eine defizitäre Situation, die man aber in der Gesamtplanung berücksichtigen sollte. Schließlich kann ein erfolgreich durchgeführtes Beratungsgespräch entsprechende Einnahmen nach sich ziehen. Viele Praxisinhaber gaben an, darauf zu achten, dass die Behandlungen einen ausgeglichenen Mix aus lukrativen und weniger lukrativen Behandlungen darstellen. Auf diesem Weg bleibt das Gesamtspektrum finanziell attraktiv.

4. Prozesse

Quelle: Gerd Altmann, pixelio.de [13]

Delegation ist wichtig für einen reibungslosen Prozess. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [3]

Allgemein bezeichnet man alle zusammenhängenden, aufeinander abgestimmten und zielorientierten Tätigkeiten als Prozess. Für eine reibungslose Prozessorganisation sind die Delegation von Tätigkeiten, die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen sowie der Umgang mit Fehlern wichtige Merkmale.

 

Zahnbehandlung als qualitativ hochwertige Leistung am Patienten
Eine Zahnbehandlung ist kein auf Lager gefertigtes Produkt, das man sehen und anfassen kann, sondern eine zahnmedizinische Leistung. Genau aus diesem Grund ist es für die Patienten sehr schwierig, dessen Qualität im Vorfeld zu beurteilen. Bei Dienstleistungen zählt nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Prozess. Übertragen auf die Zahnarztpraxis spielen aus Sicht der Interviewpartner folgende Schlüsselthemen eine Rolle: Delegation von Tätigkeiten, Entscheidungsbefugnisse der Mitarbeiter und Einführung einer Fehler-Lern- Kultur. Ziel jedes Praxisinhabers sollte es also sein, eine hohe Servicequalität zu gewährleisten und seine Prozesse optimal zu gestalten.

 

Delegation von Tätigkeiten

Quelle: Claudia Hautumm, pixelio.de [14]

Chefs müssen delegieren können. Foto: Claudia Hautumm / pixelio.de [3]

Übereinstimmung herrschte bei den befragten Praxisinhabern darüber, dass der Zahnarzt Arbeiten, die er vom rechtlichen Standpunkt her nicht selbst machen muss, an sein Personal delegieren sollte. Da der Zahnarzt für seine zahnmedizinische Behandlung bezahlt wird, ist seine Zeit zu kostbar, sie mit nicht Wert schöpfenden
Tätigkeiten zu verbringen. In der Zeit, in der seine Mitarbeiter andere, unterstützende Aufgaben erledigen, kann er weitere abrechenbare Behandlungen durchführen. Zu den delegierbaren Aufgaben im zahnmedizinischen Bereich gehören Prophylaxe, die „Vorarbeit“ von Behandlungen (z. B. Abdrücke, Kofferdam legen etc.), aber auch teilweise die Patientenberatung. Außerdem sind alle organisatorischen Aufgaben, die den Praxisbetrieb betreffen, in die Hände der Mitarbeiter zu legen. Patientenempfang und Terminorganisation, Röntgen und Abrechnung werden in den meisten interviewten Praxen gern dem Personal überlassen. Voraussetzung dafür ist selbstverständlich, dass die Mitarbeiter entsprechend geschult sind und die rechtlichen Vorschriften eingehalten werden.

Zwischen den einzelnen Kammerbezirken variieren die Delegationsrichtlinien leicht. Der Zahnarzt sollte sich aus diesem Grund bei seiner zuständigen Zahnärztekammer informieren. Kommunikation und Abstimmung untereinander sind das A und O von Delegation. Deswegen sollten regelmäßig Teambesprechungen abgehalten, Zielkontrollen durchgeführt (s. auch Abschnitt 1, Ziele und Strategie) und bei auftretenden Problemen Lösungen diskutiert werden. Was die Patientenberatung angeht, herrscht geteilte Meinung. Einige Interviewpartner wollen das Patienteninformationsgespräch nicht aus der Hand geben, damit den Patienten auch konkrete, fachspezifische Fragen beantwortet werden können. Außerdem kann die intensive, persönliche Betreuung durch den Zahnarzt einen besonders positiven Eindruck der „Exklusivität“ und Wertschätzung gegenüber dem Patienten hinterlassen. Andererseits gibt es viele Praxisinhaber, die die Patientenberatung komplett delegieren. Das hat den Vorteil, dass der Zahnarzt sich vollkommen auf die Behandlung konzentrieren kann. Bedenken hinsichtlich der Kompetenz des Personals bestehen dabei nicht. Schließlich – so die Auffassung der Interviewpartner – müssen die Mitarbeiter die Behandlung nicht durchführen, sondern „nur“ erklären können. In der gewonnenen Zeit kann der Zahnarzt sich auf solche Tätigkeiten konzentrieren, die unmittelbar einnahmeorientiert sind.
Am häufigsten findet sich in den Praxen der Interviewpartner folgende Aufteilung: jeder Praxismitarbeiter – ob Zahnarzt oder Helferin – übernimmt für seinen Arbeitsbereich auch die Beratung. So übernimmt z. B. die Prophylaxehelferin die Beratung für Professionelle Zahnreinigung und die Abrechnungshelferin die Erstellung und Erläuterung der Heil- und Kostenpläne. Die Beratung zu verschiedenen Behandlungen übernimmt in den meisten Fällen der Zahnarzt selbst, zumindest bei komplexeren Behandlungen, vor allem auch bei Tätigkeitsschwerpunkten. Selbst diejenigen Interviewpartner, die ansonsten keinerlei Tätigkeiten delegieren, waren sich darüber einig, dass der finanzielle Teil der Patientenberatung in jedem Fall von Angestellten übernommen wird. Zum einen kommt die Meinung der Mitarbeiter beim Patienten möglicherweise objektiver an, weil sie nicht ihre eigene Leistung „anpreisen“. Zum anderen wird der Behandler davon entlastet, sich in jedem Einzelfall mit den konkreten Preisen zu beschäftigen. Folgend sind nochmals alle delegierbaren Tätigkeiten aufgelistet, die in den geführten Interviews genannt wurden:

Entscheidungsbefugnisse der Mitarbeiter

Quelle: Gerd Altmann, pixelio.de [15]

Die Zuständigkeiten müssen klar verteilt sein. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [3]

Wichtig bei Delegation ist, dass die Zuständigkeiten klar verteilt sind, so dass alle Aufgaben erledigt werden und jeder weiß, was davon in seinen Arbeitsbereich fällt. Die befragten Praxisinhaber haben gute Erfahrungen damit gemacht, verschiedene Teams zu bilden, die sich jeweils um einen Bereich kümmern. In kleineren Praxen, in denen eine Mehrzahl von Teams nicht möglich ist, werden Tätigkeitsbereiche jeweils einer Arbeitskraft zugeordnet. Beispielsweise sind in vielen Praxen eine Verantwortliche für den Einkauf und eine Mitarbeiterin für den Prophylaxebereich bestimmt worden. Damit die Praxisabläufe gemäß den Richtlinien für das Qualitätsmanagement erfolgen, gibt es außerdem oft eine QM-Beauftragte.
Vielen Praxisinhabern erscheint es wichtig, den Mitarbeitern einen gewissen Handlungsrahmen zu überlassen, in dem sie sich bewegen dürfen. Das schließt nicht aus, dass sie bestimmte Vorgaben haben sollten, an die sie sich halten müssen. Trotzdem herrscht im Allgemeinen die Auffassung, dass die Beschäftigten motivierter arbeiten, wenn man ihnen gewisse Entscheidungsbefugnisse gewährt und ihnen so Verantwortung überträgt. In der Praxis hat sich ein Vollmachtenkatalog bewährt, in dem die Entscheidungsbefugnisse der Mitarbeiter eindeutig definiert sind. Ein solcher Katalog gibt dem Personal Sicherheit und Einheitlichkeit bezüglich einzelner Arbeitsschritte. Entscheidungen, bei denen es um Einnahmen und Kosten geht (z. B. im Einkauf oder in der Abrechnung), werden meist so gehandhabt, dass die Zustimmung bzw. der Rat des Zahnarztes erst bei größeren Beträgen eingeholt werden muss. Generell sollte man für jeden Arbeitsbereich detaillierte Stellenbeschreibungen verfassen. In der Praxis haben sich detaillierte Stellenbeschreibungen für jeden Arbeitsbereich bewährt. Da die Prozessgestaltung zu den Aufgaben der QM-Beauftragten gehört, übernimmt diese in der Regel die Feinabstimmung der Stellenbeschreibungen.

Einführung einer Fehler-Lern-Kultur

Quelle: _Angela Parszyk, pixelio.de [16]

Fehler sollten offen angesprochen werden. Foto: Angela Parszyk / pixelio.de [3]

Der Umgang mit Fehlern spielt eine entscheidende Rolle im Prozess. Fehler sollten nicht vertuscht, sondern offen angesprochen werden – allerdings nicht in einem belehrenden, strafenden Ton. Dabei können Ablaufpläne für wichtige Aufgaben und Prozesse – z. B. eine implantologische Behandlung – eine hilfreiche Unterstützung sein. Die Ablaufpläne werden im Vorwege mit den beteiligten Mitarbeitern besprochen. Treten während eines Prozesses Abweichungen auf oder beschweren sich z. B. Patienten über zu lange Wartezeiten, lässt sich anhand der Ablaufpläne besser nachvollziehen, an welcher Stelle ein Fehler aufgetreten ist. Passiert ein Fehler während einer Behandlung, ist es wichtig, das Problem sofort anzusprechen. Wenn dies nicht möglich ist, empfiehlt es sich, direkt danach ein kurzes Feedback zu geben. Betont wurde von den Interviewpartnern, dass es wichtig ist, sein Team nicht in Anwesenheit von Patienten zu kritisieren. Je nachdem, ob es sich um einen Fehler handelt, der einer bestimmten Mitarbeiterin passiert oder ob es sich um ein allgemeines Problem handelt, sollte man entweder ein persönliches Gespräch unter vier Augen führen oder eine Teambesprechung abhalten. Besprechungen im Team haben den Vorteil, dass verschiedene Personen Input geben und es so mehr Varianten zur Problemlösung und zukünftigen Fehlervermeidung gibt.

5. Marketing

Quelle: Gerd Altmann, pixelio.de [17]

Auch die Außendarstellung will gekonnt sein. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [3]

Um erfolgreich zu sein, muss eine Zahnarztpraxis aus der Sicht ihrer vorhandenen oder potenziellen Patienten attraktiv sein. Die Gründe, warum Patienten eine Zahnarztpraxis aufsuchen, sind vielfältiger Natur. Angefangen bei der örtlichen Lage und Nähe zum Wohnort, über eine Empfehlung aus der Familie oder des Nachbarn, über einen Eintrag in den „Gelben Seiten“, einer Suche im Internet nach einem Spezialisten, einer Anzeige im Wochenblatt oder durch die Überweisung und Empfehlung durch einen anderen Arzt oder Zahnarzt: in jedem der genannten Gründe ist es Voraussetzung, dass die Praxis in den Wahrnehmungsbereich des Patienten gekommen ist. Will man diesen Prozess nicht dem Zufall überlassen oder strebt man nach Ausbau des Patientenstammes, ist ein systematisch geplantes Marketingkonzept hilfreich. Das Vorhandensein eines guten Marketingkonzeptes und seine wirtschaftliche und wirksame – d. h. erfolgreiche – Umsetzung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung und Erreichung der Praxisstrategie bzw. der Praxiszielsetzungen. Aus den genannten Gründen wurden den Interviewpartnern verschiedene Fragen über ihre Marketingaktivitäten gestellt. Weitgehende Übereinstimmung gab es in der Einschätzung der Interviewpartner, dass es heutzutage nicht mehr ausreicht, sich als Zahnarzt in eigener Praxis niederzulassen und darauf zu warten, dass die Patienten von alleine kommen. Viele Praxen haben das bereits erkannt und machen auf verschiedenen Wegen und Weisen auf sich aufmerksam – mit Erfolg! Die Marketingaktivitäten waren in den interviewten Zahnarztpraxen durchaus unterschiedlich. Im Folgenden werden beliebte und aus der Erfahrung erfolgreiche Marketingmaßnahmen vorgestellt. Es zeigte sich, dass diese von ihrer grundsätzlichen Ausrichtung her unabhängig vom verfolgten Leistungsspektrum oder Tätigkeitsschwerpunkt der Zahnarztpraxen vorzufinden sind.

 

Corporate Identity

Quelle: Gesa Zimmermann, pixelio.de [18]

Die CI beschreibt die Identität der Praxis. Foto: Gesa Zimmermann / pixelio.de [3]

Die Corporate Identity beschreibt die Identität der Praxis und ist die Grundvoraussetzung für erfolgreiches Marketing. Sie stellt sich intern und extern dar durch Corporate Communicaton, Corporate Behaviour und Corporate Design. In der Corporate Communication warden die Grundsätze der Corporate Identity angewandt, d. h., alle Instrumente der Kommunikationspolitik sind einheitlich. Das Corporate Behaviour betrifft die Mitarbeiter der Zahnarztpraxis und beinhaltet gewisse Grundregeln, z. B. wie man sich gegenüber Patienten verhält. Im Corporate Design wird die Corporate Identity gestaltet, also optisch dargestellt. Corporate Identity bedeutet eine konsequente Einheitlichkeit auf allen Ebenen, ist also um Konsistenz von Handlungen, Äußerungen und Erscheinungsbild bemüht. Sie dient als Identifikationsmöglichkeit für die Mitarbeiter, als Schaffung eines Images in der Öffentlichkeit und als Grundlage für Marketingmaßnahmen. Für viele Praxisinhaber sind ein Corporate Design und ein Praxislogo selbstverständlich, um ihren Wiedererkennungswert zu steigern. Die darin enthaltenen Farben passen idealerweise zur Praxisphilosophie und tauchen immer wieder auf. Das Praxisschild sollte das Design und die Farben des Logos wieder aufnehmen und zudem den Tätigkeitsschwerpunkt enthalten. Wartezimmerposter eignen sich gut dazu, das Leistungsangebot der Praxis vorzustellen. Visitenkarten, Praxisbroschüren oder Briefpapier mit Logo gehören heute zur Geschäftsausstattung vieler Zahnarztpraxen. Handelt es sich um eine Praxisgemeinschaft, werden häufig auch Flyer für einzelne Behandler entworfen, in denen die Zahnärzte sich mit eigenem Foto und ihren Behandlungsschwerpunkten vorstellen.
Corporate Identity spiegelt sich auch in der Praxiskleidung wider, die es mittlerweile in zeitgemäßen Farben und Schnitten gibt. Sinnvoll ist, die Kleidung nach einem bestimmten Konzept zu wählen. So finden sich in einigen Praxen z. B. einheitliche Outfits für verschiedene Personenkreise wie Zahnärzte, Mitarbeiter an der Rezeption, in der Assistenz oder in der Prophylaxe. Andernorts trägt das Praxispersonal einheitliche Kleidung in den für die Praxis typischen Farben. Jeder Mitarbeiter sollte außerdem ein Namensschild mit seiner korrekten Berufsbezeichnung tragen. Sie können sich auf diese Weise den Patienten schon nonverbal vorstellen. Eine Anrede mit dem Namen begünstigt das Entstehen einer persönlichen und angenehmen Gesprächsatmosphäre. Kleine Give-aways für Patienten (z. B. Lippenpflegestifte, Pfefferminz-Bonbons, Taschen, Malbücher etc.) sollten selbstverständlich auch mit dem Praxislogo bedruckt sein. Wer weiß, in welche Hände solche Präsente gelangen und wer auf diesem Weg auf die Praxis aufmerksam wird!

Direktmarketing

Quelle: Gaby Stein, pixelio.de [19]

Guten Angeboten kann man selten widerstehen. Foto: Gaby Stein / pixelio.de [3]

Eine gute Behandlung und der persönliche Kontakt zwischen Patienten und Praxisteam gelten nach wie vor als wichtigste Faktoren für den Praxiserfolg. Daneben gibt es weitere Möglichkeiten, sich mit unterstützenden Mitteln direkt an vorhandene oder zukünftige Patienten zu wenden. Ziel ist die unmittelbare Informationsvermittlung und Kontaktaufnahme. Dem angesprochenen Empfängerkreis sollte dabei immer die Möglichkeit geboten werden, durch Angabe einer Kontaktadresse oder persönlichen Ansprechpartners mit der Praxis in Verbindung zu treten. Für viele Praxisinhaber sind Praxisbroschüren und Visitenkarten mit Praxislogo unverzichtbarer Bestandteil ihres Marketingkonzeptes. Die Praxisbroschüren sollten Informationen über das Behandlungsspektrum, die Praxisphilosophie sowie Kontaktdaten und Anfahrtsskizze enthalten.
In öffentlichen Einrichtungen (z. B.Volkshochschulen oder Sportvereinen) und ortsansässigen Geschäften und Unternehmen (z. B. Bankfilialen, Krankenversicherungen) kann man nachfragen, ob man Praxisbroschüren und Visitenkarten auslegen darf. Um seine Praxis vorzustellen oder zu bestimmten Veranstaltungen einzuladen, bietet sich die Möglichkeit, Mailings an potenzielle Patienten, Überweiser (Zahnärzte oder Allgemein- und Fachärzte) im näheren Umkreis oder mögliche Kooperationspartner (z. B. Kindergärten oder Seniorenheime) zu versenden. Ein etwas außergewöhnlicher, aber erfolgreicher Weg der Patientenansprache ist die Werbung auf einem Einkaufswagen im Supermarkt vor Ort oder eine Bannerwerbung in einem Sportzentrum – z. B. in einer Eissporthalle. Bestehende Patienten kann man durch halbjährliche oder jährliche Rundschreiben über Neuigkeiten in der Praxis informieren.

Klassische Mediawerbung

Quelle: Uta Herbert, pixelio.de [20]

Anzeigen in der klassischen Zeitung wirken. Foto: Uta Herbert / pixelio.de [3]

Zur klassischen Mediawerbung zählen Anzeigen in der lokalen Presse sowie Radio- und Fernsehspots in lokalen Sendern. Zur Wirkung kommt diese Art der Werbung erst, wenn sie regelmäßig wiederholt wird und über verschiedene Informationswege gestreut wird. Eine einmalige Anzeige erzeugt im Regelfall keine lang anhaltende Wirkung. Viele Interviewpartner empfehlen, diese Medien bereits vor der Niederlassung bzw. kurz nach der Praxiseröffnung verstärkt zu nutzen, um in kurzen Abständen auf die Praxiseröffnung hinzuweisen. Danach sollten regelmäßig weitere Anzeigen geschaltet werden, um nicht vergessen zu werden bzw. sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Wichtig dabei ist, immer auf die einzelnen Schwerpunkte aufmerksam zu machen, denn diese sind ein entscheidendes Kriterium, sich in der Öffentlichkeit zu positionieren. Auch Stadtpläne, Telefonbücher und die Gelben Seiten sind für Anzeigen beliebt. Je nach Budget und Aufwand eignen sich auch lokale Radio- und Fernsehsender für Werbung, besonders wenn man auf eine spezielle Veranstaltung hinweisen möchte.

Internet

Quelle: R_K_B_by_berlin-pics, pixelio.de [21]

Viele Patienten informieren sich im Internet. Foto: R_K_B_by_berlin-pics / pixelio.de [3]

Laut einer Online-Studie (ARD/ZDF) aus dem Jahre 2007 über die Internetnutzung in Deutschland nutzen 62,7 % der Bevölkerung das Internet. Bei den 20- bis 29-Jährigen beträgt der Anteil 94,3 %, aber auch 64,2 % der über 50-Jährigen surfen im Internet (und das entspricht immerhin 6,1 Mio. Menschen) – Tendenz steigend. Die Konsequenz liegt nahe: im Internet vertreten zu sein, ist bereits jetzt ein Muss und wird in den kommenden Jahren eine noch größere Bedeutung bekommen. Viele Menschen suchen also auch im Internet nach Ärzten (www.ard-zdf-onlinestudio.de). Alle Interviewpartner verfügen über eine Praxishomepage. Es wundert somit nicht, dass die Notwendigkeit einer Homepage von fast allen Interviewpartnern ausdrücklich bejaht wurde. Um die Möglichkeiten und Vorteile eines eigenen Internetauftrittes voll ausschöpfen zu können, ist dringend anzuraten, sie zügig – am Besten schon vor der Eröffnung der Praxis – zu planen und in die Finanzierung einzubinden.
Ausgangspunkt für die Gestaltung der Homepage ist die Corporate Identity. Wie die Praxisbroschüre sollte sie möglichst viele Informationen über das Behandlungsspektrum, die Praxis und das Team enthalten. Fotos des Teams und der Einrichtung der Praxis bereiten potenzielle Patienten auf ihren Besuch vor und vermitteln einen kompetenten, netten und persönlichen Eindruck. Originelle Domains (= Name der Homepage), die mit dem Beruf zu tun haben, prägen sich außerdem gut ein.

Wichtig ist – das wurde in den Gesprächen immer wieder betont –, dass die Website ständig gepflegt und aktualisiert wird. Kollegen bzw. Kooperationspartner könnte man bitten, auf ihrer Website verlinkt zu werden; das erhöht die Erreichbarkeit möglicher Patienten. Im Gegenzug nimmt man auch ihre Links auf (gegenseitige Verlinkung). Um überhaupt im Internet gefunden zu werden, sollte man sich Gedanken darüber machen, mit welchen Suchbegriffen die Praxis gefunden werden möchte bzw. welche Suchwörter potenzielle Patienten in die Suchmaske eingeben würden. Neben dem Ort sind hier vor allem Tätigkeitsschwerpunkte oder besondere Behandlungsfähigkeiten von Bedeutung. Außerdem sollte man sich in diversen Webverzeichnissen auflisten lassen. Patientenverständliche Texte und aussagekräftige Bilder sind entscheidende Qualitätsmerkmale einer guten Homepage. Es wird deutlich, dass ziemlich viele Einzelheiten beachtet werden müssen. Neben fundieren Erfahrungen im zahnmedizinischen Bereich sollte ein umfangreiches Know-how in Web-Design vorhanden sein. Daher sollte man die Gestaltung seiner Homepage am besten einem Fachmann überlassen, der diese Kriterien erfüllt.

Veranstaltungen

Quelle: Rainer Sturm, pixelio.de [22]

Auf Veranstaltungen kommt man mit Patienten ins Gespräch. Foto: Rainer Sturm / pixelio.de [3]

Veranstaltungen bieten eine gute Möglichkeit, vorhandene oder zukünftige Patienten persönlich mit dem Praxispersonal oder der Praxis selbst in Berührung zu bringen. Das persönliche Erlebnis bewirkt bei Patienten einen nachhaltigen Erinnerungseffekt. Eine Praxiseröffnung bietet eine gute Gelegenheit, eine Führung durch die Praxis zu veranstalten. Je nachdem, welche Veranstaltungen im Umfeld stattfinden, lassen sie sich auch integrieren. Im Rahmen eines Stadtfests beispielsweise kann man eine Tombola, einen „Tag der offenen Tür“ oder diverse andere Aktionen anbieten. Gerade in ungezwungener und angstfreier Atmosphäre ist die Kontaktfreude größer und das Kennenlernen fällt umso leichter. Informationsveranstaltungen in der Zahnarztpraxis für Patienten bzw. Besucher, die es einmal werden sollen, bieten eine gute Möglichkeit, mit Interessenten in Kontakt zu treten. Einladungen für Kollegen, Überweiser und Labors dienen dazu, mögliche Kooperationspartner kennen zu lernen und etwaige Konkurrenzängste abzubauen. Ziel dieser Maßnahmen ist es immer, Menschen in der eigenen Praxis anzusprechen, damit diese sie kennen lernen und begeistert werden.
Von erfahrenen Zahnärzten als sinnvoll angesehen werden auch regionale Fachveranstaltungen, bei denen man sich mit einem Stand beteiligen kann. Zeitaufwändig, aber innovativ wäre z. B. auch eine Radiosendung, in der ein Zahnarzt Fragen von Anrufern zu einem bestimmten Thema beantwortet. Eine Nachfrage beim lokalen Radiosender lohnt sich auf jeden Fall, vielleicht ist sogar eine solche Sendung zufällig geplant.

Public Relations

Quelle: Paul-Georg Meister, pixelio.de [23]

Mit PR lässt sich die Bekanntheit der Praxis steigern. Foto: Paul-Georg Meister / pixelio.de [3]

Public Relations (PR) oder auch Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet den Aufbau und die Pflege der öffentlichen Beziehungen mit dem Ziel, durch die Nutzung von Multiplikatoren den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern. Ziel einer professionellen PR-Arbeit ist es, durch eine eigene positive Darstellung in der Öffentlichkeit zu erreichen, dass andere als Multiplikatoren über die Praxis reden. Wenn unabhängige Dritte über die Praxis schreiben, erhöht das die Glaubwürdigkeit und verbessert das Image. Viele Zahnärzte haben bereits erfahren, was eine positive „Mund-zu-Mund-Propaganda“ bewirken kann. Viele der befragten Praxen nutzen diese Möglichkeit, um auf sich aufmerksam zu machen. Bei der Praxiseröffnung oder verschiedenen Veranstaltungen wie z. B. Tagen der offenen Tür kann man im Vorfeld Journalisten der Lokalpresse oder lokaler Rundfunk- und Fernsehsender einladen, die im Anschluss über den Event berichten. Solche Aktionen sorgen für Aufmerksamkeit und sind dennoch kostengünstig.

Wichtig dabei ist, dass die Ansprache der Presse gut vorbereitet ist. Es muss sichergestellt werden, dass die Medien genau diejenigen Inhalte über die Praxis erfahren, die sie im Anschluss verbreiten sollen. Auf diese Weise dienen sie als Multiplikatoren. Auch ohne besonderen Anlass, stattdessen zu einem bestimmten Thema – wie z. B. einer neuen Behandlungsmethode – kann man in Zusammenarbeit mit ortsansässigen Zeitungen einen Artikel oder eine Artikelreihe veröffentlichen. Dabei sollte auf jeden Fall ein Bezug zum Leistungsspektrum oder Behandlungsschwerpunkt der Praxis vorhanden sein, damit die Verbindung zur Spezialisierung der Praxis klar erkennbar für den Leser herausgestellt wird. So hat z. B. eine der befragten Praxen es zum Anlass genommen, bei Einstellung einer neuen Mitarbeiterin die lokale Zeitung einzuladen und einen redaktionellen Beitrag schreiben zu lassen. Als besonderen Service kann man eine kostenlose Sprechstunde anbieten, in der interessierten Anrufern allgemeine Fragen zu bestimmten Themen oder Behandlungen beantwortet werden. Eine Hörer-Telefonstunde bietet ebenfalls eine gute Möglichkeit, die Zahnarztpraxis publik zu machen und interessierte Zuhörer im regionalen Umfeld anzusprechen.

Aktives Sponsoring verbessert das Image, ist also gleichzeitig Werbung für die Praxis. So unterstützen beispielsweise einige Praxen verschiedene Sportvereine und werden dafür ausdrücklich erwähnt oder mit ihrem Logo abgebildet. Auch gemeinnützige Organisationen oder Spendenaktionen für gemeinnützige Zwecke eignen sich sehr gut dazu, sich ins Gespräch zu bringen und dadurch den eigenen guten Ruf weiter auszubauen.

Patientenbindungsmaßnahmen

Quelle: Martin Schemm, pixelio.de [24]

Gute Patientenbeziehungen sind wichtig für den Erfolg. Foto: Martin Schemm / pixelio.de [3]

Eine wichtige Säule einer erfolgreichen Zahnarztpraxis ist die Beziehung zum Patienten. Patientenzufriedenheit stellt sich ein, wenn die durch den Patienten wahrgenommene Leistung mit dessen Erwartungen an das angebotene Leistungsspektrum übereinstimmt. Patientenzufriedenheit ist von Bedeutung, weil sie letztlich einen positiven Effekt auf den Marktwert einer Zahnarztpraxis ausübt. Patientenorientierung entfaltet allerdings erst dann ihre Wirkung, wenn sie im Bewusstsein des Praxisteams fest verankert ist. Die Interviewpartner vertraten nahezu einheitlich die Ansicht, dass eine qualitativ hochwertige zahnmedizinische Behandlung eine Basiserwartung ihrer Patienten ist. Patienten betrachten es heutzutage als selbstverständlich, von ihrem Zahnarzt eine Behandlung auf professionellem Niveau zu erhalten. Das Fehlen der selbstverständlichen Dienstleistung dagegen – also einer gelungenen Behandlung, nach der der Patient schmerzfrei und mit dem Ergebnis zufrieden ist – würde das Qualitätsempfinden so negativ beeinträchtigen, dass auch eine kostenlose Zahnreinigung die Zufriedenheit des Patienten nicht mehr wiederherstellen würde.

Weit verbreitet war bei den Interviewpartnern die Auffassung, dass es für ihre Patienten eher schwierig ist, die medizinische Qualität einer Zahnbehandlung zu beurteilen. Zahnbehandlung ist kein „Produkt“ wie jedes andere, das man sofort sehen kann und dessen Qualitätsbeurteilung durch die Patienten im Vorhinein ohne weiteres möglich ist. Daraus resultiert, dass das Vertrauen in die Kompetenz des Behandlers, das Umfeld der Behandlung, das Ambiente der Praxis und das Verhalten des Praxispersonals an Bedeutung gewinnen. Wenn ihre „Basiserwartungen“ erfüllt werden, bilden sich Patienten ihre Meinung über die Kompetenz und Professionalität der Praxis auch aufgrund anderer, für sie offensichtlich wahrnehmbarer Faktoren heraus.

Art und Umfang zusätzlicher Patientenbindungsmaßnahmen sind in den befragten Praxen recht unterschiedlich. Zumeist kommen ein oder zwei der nachfolgend genannten Möglichkeiten vor. Die folgenden Beispiele sind nicht als abschließende Aufzählung zu verstehen. Eine gute Möglichkeit, über ein Gespräch die persönliche Bindung des Patienten zur Praxis zu stärken, bietet sich bereits im Zusammenhang mit dem Anamnesegespräch. Die Frage nach den nächsten Urlaubs- oder Wochenendplänen kann schnell zu einem Gespräch über persönliche Hobbys des Patienten führen. Wird der Patient beim nächsten Termin auf seinen Urlaub oder sein Hobby angesprochen, empfindet er Wertschätzung und fühlt sich persönlich ernst genommen.

 

Quelle: R_K_B_by_berlin-pics, pixelio.de [25]

Ein persönlicher Anruf nach einer langen Behandlung stärkt die Patientenbindung. Foto: R_K_B_by_berlin-pics / pixelio.de [3]

Eine nachhaltige Patientenbindung kann erzeugt werden, wenn sich der Behandler am Tag nach einer langen oder schwierigen Behandlung (z. B. Implantation) beim Patienten durch einen persönlichen Anruf nach dessen Befinden erkundigt.

Nicht selten bieten heutzutage Praxen Ihren Patienten auch eine kostenlose Professionelle Zahnreinigung – als besonderen Service nach schwierigen oder teuren Behandlungen in einem Folgetermin. Allgemeine Serviceangebote oder Aufmerksamkeiten können darin bestehen, Erfrischungsgetränke im Wartezimmer anzubieten. Positiv hervorheben kann sich die Praxis auch durch die Bewirtung von Begleitpersonen bei länger andauernden Behandlungen, durch einen Fahrdienst und Abholservice zur Behandlung (bei älteren Patienten) oder z. B. durch eine Erstattung von Parkgebühren. Ein Kind, das bei einer Behandlung gut mitgemacht hat, freut sich bestimmt über einen Gutschein für zwei Kugeln Eis in der nächstgelegenen Eisdiele.
Auch die Gestaltung der Umgebung ist laut der befragten Praxisinhaber Bestandteil eines guten Services. Im Wartezimmer kann man mit Hilfe beruhigender Musik, Videofilmen oder etwa einem Aquarium eine angenehme Atmosphäre schaffen. Am Behandlungsstuhl sind bei längeren Behandlungen Massagematten und Soundkissen beliebt. Dort, wo es aus Gründen der Sicherheit nicht unbedingt geboten ist, sollten Negativformulierungen auf internen Praxisschildern vermieden werden. Alles, was in unnötiger Weise negativ formuliert ist, wirkt für Patienten restriktiv und schafft womöglich eine distanzierte Atmosphäre.
Anstelle von Türschildern mit der Aufschrift „Nicht eintreten“ oder „Eintritt verboten“ sollten eher erklärende Aufschriften wie „Privatbereich“ oder Hinweise wie „Behandlungsraum“ verwendet werden Sind innerhalb des Praxisteams besondere Sprachkenntnisse vorhanden, so sollten diese in der Praxisbroschüre oder auf der Homepage herausgestellt werden, um sie anzubieten und im Bedarfsfalle nutzen zu können. Ein ausgefeiltes Recall-System ist in den meisten Praxen selbstverständlich, sei es in Form von Briefen, Postkarten, Emails oder Anrufen. Viele Zahnärzte verschicken zu Weihnachten und Geburtstagen Glückwunschkarten oder kleine Geschenke.

6. Kooperationen

Quelle: Gerd Altmann, pixelio.de [26]

Kooperationen können erfolgreich machen. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [3]

Kooperationen im Markt sind wesentlicher Bestandteil einer erfolgreichen Marketingstrategie. Kooperationspartner können Lieferanten, Vertriebspartner oder Interessen gruppen sein, welche zur Kundengruppe gehören oder über einen Zugang zum gewünschten Kundenkreis verfügen. Auch Wettbewerber können sich in Teilbereichen unterstützen, wenn sie gegenseitig davon profitieren und sich ansonsten nicht in einem „ruinösen“ Konkurrenzkampf befinden. Kooperationspartner können bei der Vermarktung des eigenen Unternehmens direkt oder indirekt behilflich sein.

Zusammenarbeit mit Überweisern
Eine durchdachte Marketingstrategie für die Zahnarztpraxis sollte mögliche Kooperationspartner einbeziehen. Neben dem Knüpfen neuer Kontakte ist es dabei wichtig, bestehende Kontakte systematisch zu pflegen. Eine gute Zusammenarbeit mit Überweisern ist für viele unserer Interviewpartner ein wichtiger Bestandteil ihrer Praxisstrategie. Ihre Empfehlung an Praxisgründer lautet, sich noch vor der Eröffnung oder Übernahme persönlich bei Zahnarztkollegen oder Fachärzten im Umkreis vorzustellen. Gerade wenn man sich spezialisieren will, ist die Unterstützung möglicher Überweiser hilfreich, weil es eine Weile dauert, bis man sich ein bestimmtes Renommee aufgebaut hat. Überweiser stellen für den spezialisierten Zahnarzt eine wichtige Gruppe von Kooperationspartnern dar. Bei bestimmten Tätigkeitsschwerpunkten besteht sogar eine gewisse Abhängigkeit von Überweisern. Hat man sich beispielsweise auf die Fachrichtung Endodontie spezialisiert, ist es sehr schwierig, einen Patientenstamm aufzubauen, ohne auf Überweisungen zurückgreifen zu können. Gerade in der Anfangsphase, wenn sich der gute Ruf nicht schon „von allein“ bzw. durch Mund-zu-Mund-Propaganda herumgesprochen hat, kann die gezielte Ansprache möglicher Überweiser helfen.

Praxisgründer befinden sich oftmals in der Situation, von nahe gelegenen, „eingesessenen“ Zahnarztpraxen als Konkurrenten angesehen zu werden. Dies ist aber kein Grund gegen eine Zusammenarbeit mit potenziellen Überweisern, sondern spricht viel mehr dafür, die Zusammenarbeit von Beginn an richtig zu planen und anzugehen. Wichtig ist dabei die richtige Wahl der Kooperationspartner. Zu möglichen Überweisern gehören allgemein tätige Zahnärzte, die ein breites Spektrum an Behandlungsleistungen abdecken, ohne sich spezialisiert zu haben. Sie sind vielleicht sogar auf einen nahe gelegenen Spezialisten – z. B. Implantologen, Kieferorthopäden oder Endodontologen – angewiesen, um ihren Patienten weiterzuhelfen. Auch spezialisierte Zahnärzte können sich gegenseitig unterstützen.

Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit eines auf Prothetik spezialisierten Zahnarztes mit einem Implantologen, sofern Erstgenannter die Implantate nicht selber setzt. Auf diese Weise kann man seinen Patienten jederzeit jede Behandlung offerieren und hat so eindeutige Wettbewerbsvorteile gegenüber dem Zahnarzt, der keine Patienten überweist. In diesem Zusammenhang lassen sich auch Informationsveranstaltungen durchführen, die gemeinsam mit dem Kooperationspartner geplant und umgesetzt werden. Unter erfahrenen Praktikern gilt ein „ungeschriebenes Gesetz“, wonach überwiesene Patienten immer an den Überweiser zurück überwiesen werden sollten, wenn die Spezialbehandlung abgeschlossen ist. So zollt man einerseits seinem überweisenden Kollegen Respekt und stellt die Weichen für eine weiterführende Zusammenarbeit. Andererseits erhöht die Rücküberweisung die Chance, weitere Kooperationspartner und damit Patienten zu gewinnen. Der Überweiser verliert dadurch die mögliche Befürchtung, Patienten abzugeben. Hier spricht sich eine gute kollegiale Zusammenarbeit wahrscheinlich eher herum als ein egoistisches und kurzfristiges Streben nach Gewinnmaximierung. Auch wenn es im Einzelfall medizinisch nicht unbedingt geboten ist, trägt eine zwischenzeitliche Rücksprache oder ein Abschlussbericht an den Überweiser mit großer Wahrscheinlichkeit
dazu bei, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen.

Weitere mögliche Kooperationspartner sind Zahnärzte, die auf einem anderen – evtl. ergänzenden – Behandlungsgebiet spezialisiert sind, sowie Allgemeinärzte und Fachärzte. So können beispielsweise Hals-, Nasen- und Ohrenärzte sehr gut mit Kieferorthopäden kooperieren. Pädiater sind mögliche Kooperationspartner für Kieferorthopäden oder Zahnärzte, die sich mit Kinderzahnheilkunde beschäftigen. Hat man sich auf Ganzheitliche Zahnmedizin fokussiert, sind neben Naturheilkundlern auch Orthopäden und Physiotherapeuten geeignete Kooperationspartner. Für das Gebiet der zahnärztlichen Prophylaxe gibt es viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Die Gruppe der Menschen, die Prophylaxe benötigen, kann in einigen Regionen größer sein als die für andere zahnmedizinische Behandlungsgebiete. Gerade unter dem Aspekt, Patienten eine „Rundum“ Versorgung anzubieten, ist eine Zusammenarbeit mit spezialisierten Zahnärzten sowie Allgemein- und Fachärzten durchaus empfehlenswert. Regelmäßige Besuche von Zahnärzte-Stammtischen und Veranstaltungen, Einladungen zum Essen etc. können zum Austausch und zur Pflege eines freundschaftlichen bzw. kollegialen Verhältnisses genutzt werden. Empfehlenswert ist es auch, in der eigenen Praxis Vortragsveranstaltungen zu Spezialthemen oder neuen Behandlungsmethoden für Kollegen durchzuführen. Einen Zahnarztkollegen unentgeltlich zu behandeln, gilt bei vielen Interviewpartnern als selbstverständlich.

Weitere Kooperationspartnerschaften

Die zahnärztliche Behandlung ist eine zwischenmenschliche und von Vertrauen abhängige Tätigkeit. Daher hängt die Patientenzufriedenheit und der Praxiserfolg primär von den dort Beschäftigten ab. Deshalb hat die quantitative und qualitative Personalwahl eine große Signifikanz. Mit einem unzufriedenen Praxisteam leidet die Qualität der Patientenbehandlung und dadurch die Patientenzufriedenheit.

Mitarbeitermotivation
Im Laufe der durchgeführten Interviews wurde schnell klar, dass der Praxisgründer in der Regel selten von Anfang an Hinweise dafür hat, wie er die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter gewinnen und behalten kann. In der überwiegenden Zahl der Praxen ist ein motiviertes Team jedoch eine wesentliche Komponente für den Erfolg jeder zeitgemäßen Zahnarztpraxis. Ohne effizient arbeitende Mitarbeiter kommt heute kaum eine Praxis aus. Schließlich werden immer bedeutendere Tätigkeiten von diesen übernommen: Organisation, Abrechnung, Praxismanagement, Praxismarketing, Patientenberatung und -betreuung und mehr.

Auch zählen neben fachlichem Wissen vor allem Teamfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Serviceorientierung und eine hohe soziale Kompetenz. Ein freundliches Gesicht am Empfang und eine nette Begrüßung für die Patienten sind wichtige Faktoren für die Patientengewinnung und -bindung. Personalgespräche mit allen in der Praxis Beschäftigten und interne Fortbildungen sind wichtige Werkzeuge der Personalführung, werden jedoch von vielen Interviewpartnern als nicht ausreichend für die Mitarbeitermotivation betrachtet. Um das Leistungs- und Arbeitspotenzial des Personals zu erhöhen, wurde eine konsequente Gleichberechtigung zwischen Behandlern und Mitarbeitern empfohlen – sei es bei der Ausstattung des Aufenthaltsraumes, bei dem Outfit oder bei dem Zurverfügungstellen von Visitenkarten.
Großer Wert wird auf einen höflichen Umgang miteinander und auf eine familiäre Atmosphäre in der Praxis gelegt. Viele Interviewpartner bestätigten, dass der Respekt für die Mitarbeiter, ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte und Anerkennung sehr wichtig für die Motivation des Personals sind. Die durchgeführten Interviews haben ergeben, dass nicht nur Flexibilität und eine großzügige Honorierung, sondern auch Lob, persönliche Zuwendung und ein respektvoller und liebevoller Umgang miteinander viel zur Mitarbeitermotivation beitragen. So muss der ganze Praxisalltag von einem „Geben und Nehmen“ geprägt sein, wo der Arbeitgeber Flexibilität und Einsatz seitens der Mitarbeiter und das Personal Vertrauen und Verständnis vom Praxisinhaber erwarten kann.
Finanzielle Anreize wie etwa ein Bonus- oder Prämiensystem, Umsatzbeteiligung, prozentuelle Beteiligungen an Einsparungen beim Einkauf, Gehaltserhöhungen sind auch nicht zu vergessen. Ein Praxisinhaber beispielsweise stellt manchen Mitarbeitern sogar einen Firmenwagen zur Verfügung (je nachdem, wie lange sie schon dabei sind und wie nötig sie es haben, z. B. wenn ihr Auto gerade kaputt gegangen ist). Grundlegende Veränderungen und wichtige Entscheidungen, die die Praxis betreffen, sollten nach Ansicht vieler Interviewpartner mit dem Personal besprochen werden. Es wurde von vielen Befragten berichtet, dass sie ihre Mitarbeiter direkt darauf ansprechen, ob sie einen „neuen Weg“ mit dem ganzen Team mitgehen wollen. Der Gegenwert für die Beschäftigten ist die „erfolgreiche Praxis“ und ein sicherer Arbeitsplatz.