Werberecht 3.0 – auf der sicheren Seite bei Social Media, Verlosungen, Groupon und Co.

RA Dr. Karl-Heinz Schnieder

RA Dr. Karl-Heinz Schnieder

Der Trend lässt sich klar erkennen: Was vor Jahren berufsrechtlich noch strikt verboten war, kann heute erlaubt sein. Die Liberalisierung des zahnärztlichen Werberechts hat auch dazu geführt, dass Grenzen durch die Rechtsprechung teils neu gezogen werden müssen. Nach wie vor gibt es Grenzen, auch wenn sich diese verschoben haben. Der Preis der hinzugewonnenen Freiheiten und Möglichkeiten ist vielerorts Unsicherheit. Um der eigenen Praxis eine starke Position am Markt zu verschaffen, sich gleichzeitig jedoch nicht auf „juristisches Glatteis“ zu begeben, erfordert es mehr denn je eine Auseinandersetzung mit den Entwicklungen der letzten Jahre. Dazu soll der folgende Artikel einen Beitrag liefern.

Social Media
Facebook und Twitter haben mittlerweile einen festen Platz auch in der Außendarstellung von Zahnarztpraxen eingenommen. Mag diese Art der Werbung vor einiger Zeit lediglich jüngere Patienten angesprochen haben, erreicht man dort heute oftmals auch eine hohe Zahl von Patienten mittleren Alters. Die Werbewirksamkeit sozialer Netzwerke darf daher nicht unterschätzt werden. Es gibt jedoch einige Rahmenbedingungen, die es einzuhalten gilt, da andernfalls Abmahnungen, Klagen sowie berufsrechtliche Sanktionen drohen. Grenzen gesetzt werden der Nutzung von Facebook und Co. insbesondere durch die Berufsordnung für Zahnärzte (BOZ), das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und das Telemediengesetz (TMG). Jeder Auftritt eines Zahnarztes auf seiner Praxishomepage oder in einem sozialen Netzwerk erfordert die Einhaltung bestimmter Informationspflichten. Dies bedeutet vor allem die in Paragraf 5 TMG geregelte Pflicht, ein Impressum einzurichten. Dieses muss von jeder Seite des Auftritts aus erreichbar sein und als Mindestangaben Namen und Adresse des Zahnarztes, die zuständige Zahnärztekammer und die gesetzliche Berufsbezeichnung enthalten, außerdem einen Hinweis auf die BOZ als geltendes Berufsrecht und wo diese abgerufen werden kann.
Inhaltlich wird die Gestaltung vor allem von Paragraf 21 Absatz 1 BOZ vorgegeben, nach dem insbesondere anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung verboten ist und der Zahnarzt auch in die Pflicht genommen wird, solcher Werbung durch Dritte für ihn entgegenzuwirken. Der Internetauftritt darf nicht reklamehaft erscheinen. So dürfen zum Beispiel keine Sonderangebote beworben werden, ein Vergleich mit konkurrierenden Kollegen angestellt oder gar eine Erfolgsgarantie übernommen werden. Vielmehr muss sich die Darstellung darauf beschränken, etwa die Tätigkeitsfelder anzugeben und die eigene Praxis und das Team vorzustellen. Der Zahnarzt darf sich zwar persönlich vorstellen und auch Angaben zu seinem Privatleben machen. Dies darf jedoch nicht im Vordergrund des Internetauftritts stehen. Das Heilmittelwerbegesetz ist vor allem insoweit zu beachten, als ein Patientengästebuch, etwa für Danksagungen, nicht zulässig ist und die Texte keine Angstgefühle schüren dürfen.
Als beliebtes Mittel, den Bekanntheitsgrad der eigenen Praxis zu erhöhen, gilt die bei Facebook als „Like“-Button bekannte Funktion, die auch auf die eigene Praxishomepage eingebunden werden kann. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, denn außer einer Verlinkung mit der eigenen Facebook-Seite werden durch die Nutzung der Funktion auch Daten an Facebook übermittelt. Es ist daher eine Datenschutzerklärung nach Paragraf 13 Absatz 1 TMG einzubinden, mit der über die Funktion des „Like-Buttons“ aufgeklärt wird.
In technischer Hinsicht sollte zudem unterbunden werden, dass automatisch Daten an Facebook übermittelt werden. Dafür wird im Internet ein kostenloses Programm zur Verfügung gestellt, welches sicherstellt, dass ein Datenaustausch tatsächlich nur stattfindet, wenn der betreffende Besucher der Praxishomepage den „Like-Button“ betätigt.

Verlosungsaktionen
Gerade für Praxisneugründer scheint es attraktiv, zum Kennenlernen eine Verlosungsaktion zu starten. In der vergangenen Zeit sind einige interessante Entscheidungen zu solchen Werbeaktionen von Zahnärzten ergangen. Gerade im Bereich der Professionellen Zahnreinigung, aber auch des Bleachings wurden die Grenzen zahnärztlicher Werbemöglichkeiten zuletzt neu definiert. Das Bundesverfassungsgericht hat mit zwei Beschlüssen (Az.: 1 BVR 233/10 und 1 BVR 235/10) zunächst grundlegend festgestellt, dass auch der Zahnarzt mit der gesellschaftlichen Entwicklung seine Werbemethoden verändern darf und nicht auf diejenigen Möglichkeiten beschränkt bleibt, die bislang als üblich und angemessen anerkannt waren. Eine Grenze sei aber dort zu ziehen, wo schützenswerte Gemeinwohlbelange dies verlangten. Diese Ausführungen erfolgten im Kontext einer Entscheidung zur Verlosung einer Professionellen Zahnreinigung und eines Bleachings.
Das Gericht stellte dazu fest, dass eine Verlosung zumindest im Hinblick auf die Professionelle Zahnreinigung nicht per se berufswidrig, unter bestimmten Umständen also möglich sei, da mit dieser Leistung keine nennenswerten gesundheitlichen Risiken verbunden seien. Andersrum wird daraus aber deutlich, dass andere als gesundheitlich risikolose Leistungen keinesfalls Gegenstand einer Verlosungsaktion sein können. Auch bleibt zu beachten, dass sich eine Verlosung in jedem Fall nur auf Einzelaktionen beziehen, da andernfalls auch eine Umgehung der Gebührenordnung (GOZ) zu befürchten wäre.

Sonderangebote
Für Aufmerksamkeit sorgte auch das sogenannte Groupon-Urteil des Kammergerichts Berlin (Az.: 5 U 88/12). Dort ging es um auf www.groupon.de angebotene „Deals“, bei denen etwa Titanium-Implantate mit Zirkoniumoxid-Krone oder Professionelle Zahnreinigungen zu einem Festpreis angeboten worden sind. Das Kammergericht erkannte in dieser Form der Patientengewinnung einen Verstoß gegen zahnärztliches Gebührenrecht, Berufs- und Wettbewerbsrecht. Ein Verstoß liegt bereits darin, wenn durch den Angebotspreis die Mindestgebühren bei 1,0-fachem Gebührensatz nach der GOZ unterschritten werden. Weiterhin verstößt es gegen die GOZ, wenn für eine zahnärztliche Leistung ein Pauschalpreis ausgewiesen wird, da abweichende Vereinbarungen nach der GOZ lediglich in Bezug auf den Steigerungssatz möglich sind, nicht aber in Bezug auf die grundsätzliche Systematik der Abrechnung.

Gutscheine
Entsprechende Probleme treten auf, wenn mit Gutscheinen geworben wird. In einem kürzlich ergangenen Urteil des Landgerichts Oldenburg (Az.: 5 O 1233/13) wurden die beklagten Zahnärzte zur Unterlassung verurteilt, die mit einem Partnergutschein für zwei Personen geworben hatten, bei dessen Vorlage diese eine Professionelle Zahnreinigung zum Festpreis von 69,90 Euro und optional ein anschließendes Zahnbleaching für 250 Euro erhalten sollten. Da Festpreise und Rabatte auf zahnärztliche Leistungen nicht möglich sind, sind entsprechende Gutscheinaktionen nicht realisierbar.

Fazit
Festzuhalten ist, dass die Art und Weise der Außendarstellung von Zahnarztpraxen in den vergangenen Jahren in Bezug auf die Form der Darstellung erheblich an Freiheit gewonnen hat. Inhaltlich sind jedoch weiterhin die rechtlichen Vorgaben zu beachten. Dies gilt vor allem deshalb, da neben den Zahnärztekammern verstärkt auch Wettbewerbsverbände das zahnärztliche Werbeverhalten ins Visier genommen haben. Es lohnt sich daher, sein Werbekonzept vorab auf die rechtlichen Fallstricke überprüfen zu lassen.
RA Dr. Karl-Heinz Schnieder, Münster

 

Zu unserem Autor:
Rechtsanwalt Dr. Karl-Heinz Schnieder, Münster, ist seit 20 Jahren als Rechtsanwalt niedergelassen und Partner und Mitinhaber der kwm, Kanzlei für Wirtschaft und Medizin mit Niederlassungen in Münster, Berlin, Hamburg, Bielefeld, Essen und Hannover. Der Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Sozialrecht sowie seit 2013 auch Mediator war vor seiner Niederlassung auch zwei Jahre Referatsleiter Recht bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.

Dr. Schnieder ist Lehrbeauftragter der Universität Münster und der SRH Hamm und unter anderem Mitglied der Netzwerkpartnerschaft Neue Versorgungsstrukturen der Apo-Bank und Initiator und Entwickler der Netzwerkinitiative „Gesundheitsregion-Stadt e.V.“ mit zurzeit elf gegründeten Gesundheitsregionen.

Er ist zudem Autor zahlreicher Fachbeiträge, unter anderem zum Patientenrechtegesetz (erschienen im zfv, Herne), sowie Zahnarztrecht, Praxishandbuch für Zahnmediziner (erschienen im Springer Verlag).

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