Das Abc der Medizinprodukteaufbereitung – Iris Wälter-Bergob über einen integralen Bestandteil eines umfassenden Infektionsschutzes

Im Rahmen der gesetzlichen Anforderungen an die Praxishygiene kommt der Medizinprodukteaufbereitung besondere Bedeutung zu. Sie wird von den zuständigen Behörden streng überprüft – zum Beispiel bei Praxisbegehungen. Denn mit Krankheitserregern kontaminierte Medizinprodukte sind ein erhebliches Infektionsrisiko für Patienten und Praxisteam.

Das RKI unterteilt Medizinprodukte in die Risikoklassen A-B-C und differenziert nach „unkritischen“, „semikritischen“ und „kritischen“ Medizinprodukten. Unkritische Medizinprodukte kommen lediglich mit intakter Haut in Berührung. Semikritische Medizinprodukte kommen mit Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut in Kontakt, während kritische Medizinprodukte Haut oder Schleimhaut durchdringen und mit Blut, inneren Geweben oder Organen in Berührung kommen.

Für jede Gruppe empfiehlt das RKI ein geeignetes Aufbereitungsverfahren, das entweder maschinell oder manuell sein kann – bei Instrumenten der Klasse „semikritisch A+B“ ist beides möglich, bei der Klasse „kritisch A+B“ ebenfalls, wobei die Leitlinie zur Validierung der manuellen Reinigung und Desinfektion der Deutschen Gesellschaft für Sterilgutverordnung e.V. hier eine maschinelle Aufbereitung empfiehlt.

Abb. 1: Vorreinigung der InstrumenteAbb. 1: Vorreinigung der Instrumente
Abb. 1: Vorreinigung der Instrumente
Abb. 2: Chemische Reinigung und DesinfektionAbb. 2: Chemische Reinigung und Desinfektion
Abb. 2: Chemische Reinigung und DesinfektionFotos: Dürr Dental

 

Vorgehensweise maschinelle Aufbereitung:

  • semikritisch A: Reinigung und Desinfektion im Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG)
  • semikritisch B: Reinigung und Desinfektion im RDG. Wird nur eine maschinelle Reinigung ohne Desinfektion durchgeführt, ist eine abschließende thermische Dampfsterilisation erforderlich.
  • kritisch A und B: Nach Reinigung und Desinfektion im RDG ist eine Dampfsterilisation im Autoklaven unerlässlich. Die Sterilisation wird verpackt durchgeführt, wenn die Instrumente anschließend steril zur Anwendung kommen oder alternativ gelagert werden sollen.

Vorgehensweise manuelle Aufbereitung von Instrumenten der Klasse semikritisch A oder B:

  • Vorreinigung
  • Reinigung im Tauchbad oder Ultraschallbad (Wanne 1)
  • Sichtprüfung
  • abschließende Desinfektion im Tauchbad (Wanne 2) oder Dampfsterilisation (wobei die Dampfsterilisation bei Instrumenten der Klasse semikritisch B verpflichtend ist)

Vorgehensweise manuelle Aufbereitung von semikritischen Übertragungsinstrumenten:

  • Außenreinigung und -desinfektion mit Flächendesinfektionsmittel
  • Sprühverfahren: Reinigungsspray und Desinfektionsspray, sofern nach Herstellerangaben als alleinige Maßnahme zur Desinfektion zugelassen oder abschließende Dampfsterilisation

Dass neben der maschinellen Reinigung- und Desinfektion unter bestimmten Voraussetzungen auch manuelle Verfahren zulässig, sinnvoll und sicher sind, bestätigt das RKI in der Novellierung seiner Empfehlung. So müssen beispielsweise semikritische Instrumente der Gruppe A+B, die nicht die Haut durchdringen, bei der Anwendung auch nicht unbedingt steril sein. Ziel ist es aber, sie so zu reinigen und zu desinfizieren, dass Krankheitserreger zuverlässig abgetötet werden.

Die Medizinproduktebetreiberverordnung fordert daher: „Ein Aufbereitungsverfahren ist mit geeigneten validierten Verfahren durchzuführen, sodass gewährleistet ist, dass der erfolgreiche Abschluss eines jeden Verfahrens nachvollziehbar ist (Paragraf 14 Satz 1, Paragraf 37 Absatz 5 MPG in Verbindung mit Paragraf 4 Absatz 2 MPBetreibV).

Die Validierung fungiert als dokumentierter Nachweis für eine lückenlose Aufbereitungskette. Aber welche Verfahren sind validierbar – nur maschinelle Verfahren oder auch manuelle? Diese Frage sorgte in den vergangenen Jahren in Fachkreisen für viel Diskussionsstoff. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) sagte hierzu in einer Stellungnahme vom 14. Dezember 2010: „Das immer wieder angeführte Argument, dass manuelle Verfahren nicht validierbar seien, ist nicht haltbar, denn auch bei maschinellen Verfahren sind viele manuelle Schritte erforderlich.“ In der Tat spielt der „Faktor Mensch“ auch bei der maschinellen Aufbereitung eine zentrale Rolle, so wie an jeder Stelle der Hygienekette, wodurch Fehler nicht auszuschließen sind.

Einigkeit besteht immerhin darüber, dass manuelle Reinigungs- und Desinfektionsverfahren nach weitgehend standardisierten Arbeitsabläufen durchgeführt werden müssen. Um eine detaillierte Arbeitsanweisung erstellen zu können, müssen Praxen die Herstellerangaben der verwendeten Mittel genau beachten, beispielsweise zu Konzentration, Einwirkzeit, Standzeit und Temperatur. Problematisch ist in dieser Hinsicht, dass viele Hersteller keine Empfehlungen zur maschinellen Aufbereitung veröffentlichen. Einige schließen die maschinelle Aufbereitung sogar aus, andere ändern ihre Aufbereitungshinweise häufig. Aufgrund dessen vertritt das Bundeszahnärzteblatt die Auffassung, es sei sinnvoll, zusätzlich zu der maschinellen Aufbereitung auf standardisierte manuelle Aufbereitungsmethoden zurückzugreifen (BZB 5/2011, S. 37ff).

Anwender sollten bei der Wahl ihrer Medizinprodukte auch darauf achten, dass sie hochwertige und vor allem voll viruzide Präparate verwenden, zu denen klare Herstellerangaben vorliegen, so wie dies beispielsweise bei Produkten aus System-Hygiene von Dürr Dental (Bietigheim-Bissingen) der Fall ist.

Schritt für Schritt zum Erfolg
Für alle Arten der Aufbereitung von Medizinprodukten gilt immer eine festgelegte Hygienekette, die folgende Prozessschritte umfasst:

  1. Vorbehandeln, Sammeln, Vorreinigen und Zerlegen
  2. Reinigung, Desinfektion, Spülung und Trocknung
  3. Prüfung auf Sauberkeit und Unversehrtheit
  4. Pflege und Instandsetzung
  • Funktionsprüfung
  • Kennzeichnung
  • Verpacken
  • Sterilisation

Die Basis aller Aufbereitungsprozesse bildet die fachliche Kompetenz des Praxisteams. Dies bedeutet, dass nur Personen mit der Instrumentenaufbereitung betraut werden dürfen, die über die notwendigen praktischen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen ( Paragraf 4, Satz 3, MPBetreibV).

Im Hinblick auf die eingesetzten Reinigungs- und Desinfektionsmittel sollten nur materialverträgliche Präparate zum Einsatz kommen. Laut Richtlinie „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde – Anforderungen an die Hygiene“ des RKI müssen diese nachweislich bakterizid, fungizid und voll viruzid sein. Als wichtiger Qualitätshinweis gilt die Zertifizierung durch den Verbund für Angewandte Hygiene (VAH), auf der auch die Produkte der Dürr System-Hygiene gelistet sind.

Die Frage, ob eine Aufbereitung immer maschinell erfolgen sollte oder ob in bestimmten Fällen auch ein manuelles Verfahren ausreichend ist, kann an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden. Letztlich muss jeder Praxischef entscheiden, welches Aufbereitungsverfahren für das jeweilige Instrument das richtige ist. Die maschinelle Aufbereitung gilt allgemein als zuverlässiger, rechtssicherer, besser standardisiert, gut reproduzierbar, weniger personalintensiv und nicht so aufwendig im Hinblick auf den Umfang der Arbeitsanweisungen. Die manuelle Aufbereitung ist dagegen auf den ersten Blick das günstigere Verfahren, dafür aber zeit- und personalintensiver. Nichtdestotrotz ist sie für die Aufbereitung bestimmter Medizinprodukte nach wie vor zulässig und sicher. Bedacht werden muss aber: Viele Instrumente können aufgrund ihrer Beschaffenheit manuell nur schwer aufbereitet werden (beispielsweise enge Hohlkörper).

Gibt es Zweifel darüber, in welche Risikoklasse ein Instrument eingeordnet werden muss, empfiehlt es sich, immer die höhere Risikostufe zu wählen, um auf der sicheren Seite zu sein. Ebenso sind qualitativ hochwertige Reinigungs- und Desinfektionsmittel sowie gut geschultes Personal Erfolgsfaktoren für eine sichere Instrumentenaufbereitung.
Iris Wälter-Bergob, Meschede

Iris Welter Bergob

Iris Welter Bergob

„Die Anwendung solcher Medizinprodukte setzt daher eine vorhergehende Aufbereitung voraus, an welche exakt definierte Anforderungen zu stellen sind“, erklärt das Robert-Koch-Institut (RKI), Berlin, in seiner im Herbst 2012 novellierten Empfehlung „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“. Die Neufassung ist verbindlich und ersetzt die bisherige Version aus dem Jahr 2001. Auch die für Zahnärzte rechtlich bindende Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV) verweist in Sachen Instrumentenhygiene auf das RKI: Nach Paragraf 4 (1) MPBetreibV ist der Praxisinhaber dazu verpflichtet, „Personen oder Einrichtungen mit der Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Aufbereitung von Medizinprodukten zu beauftragen, die über die Sachkenntnis und die erforderlichen Mittel zur ordnungsgemäßen Ausführung verfügen“. Der Gesetzgeber geht von einer ordnungsgemäßen Aufbereitung aus, wenn die Empfehlungen des RKI beachtet werden.

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