Anerkennung von Darlehen zwischen Angehörigen birgt Risiken – Bei Fehlern in der Gestaltung verweigert das Finanzamt die Zahlung

Dr. Sigrid Olbertz

Dr. Sigrid Olbertz, Master of Business Administration (Foto: Olbertz)

Nicht nur Gewerbetreibende, auch Zahnärzte möchten Steuern sparen, indem sie die vielfältigen vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten nutzen. Sehr beliebt ist dabei der Abschluss von Darlehensverträgen mit nahen Angehörigen. Richtig gestaltet, sind sie ein Instrument der Einkommensverlagerung. Passieren bei der Gestaltung jedoch Fehler, erkennt das Finanzamt die Konstellation nicht an und verweigert dem Zahnarzt den Abzug der Zinsen als Betriebsausgaben.

Eine Einkommensverlagerung durch Darlehen ist dann von Vorteil, wenn der Zahnarzt die Darlehenszinsen etwa als Betriebsausgaben bei der Ermittlung des Praxisgewinnes steuerlich geltend machen kann. Der Darlehensgeber muss die Zinsen zwar als Einkünfte versteuern, Sparerfreibetrag und Tarifvorteile führen aber zu teilweise erheblichen Steuerersparnissen. Da solche Darlehensverträge auch deshalb geschlossen werden, um steuerliche Vorteile daraus zu ziehen, unterliegen diese Verträge hinsichtlich ihrer steuerlichen Wirksamkeit einer besonders strengen Prüfung durch die Finanzverwaltung. Deshalb hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in einem umfangreichen Schreiben festgelegt, welche Kriterien für die steuerliche Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen maßgeblich sind (BMF, Schreiben vom 23. Dezember 2010, Az.: IV C 6 S2144/07/10004).

Wer genau ist alles Angehöriger?

Die Finanzverwaltung versteht unter dem Begriff „Angehöriger“ die Personen, wie sie in Paragraf 15 der Abgabenordnung aufgeführt sind. Hierzu zählen die engsten Verwandten, die „nahen Angehörigen“, also Ehegatten, Eltern, Großeltern und Kinder sowie Schwiegereltern und Schwiegerkinder. Aber auch die Geschwister, Nichten und Neffen, Schwager und Schwägerin, Onkel und Tanten, der oder die Verlobte und ehemalige Ehepartner zählen zu den Angehörigen. Das bedeutet, dass sich die strenge Überprüfung der Darlehensverträge und Zahlungen nicht nur auf den engsten Familienkreis bezieht, sondern durchaus weiter reicht.

Verträge zwischen einem Zahnarzt und seinen privaten Freunden sowie Geschäftspartnern unterliegen hingegen nicht diesen strengen Kriterien.

Die Finanzverwaltung rechnet zwar auch die oder den Verlobten eines Zahnarztes zu dessen Angehörigen, aber bei der strengen Prüfung zur steuerlichen Wirksamkeit eines Vertragsverhältnisses bleiben Verlobte in weiten Teilen außen vor. Zum einen wirkt die Angehörigeneigenschaft nur zwischen den beiden Verlobten, zum anderen werden Verträge zwischen den Verlobten, aber auch zwischen Partnern einer eingetragenen Lebensgemeinschaft, von Finanzamt einfacher anerkannt.

Hintergrund ist meist die zeitliche Abfolge, etwa bei einem Anstellungsverhältnis: Ein Zahnarzt beschäftigt einen Ehegatte bereits vor der Eheschließung beziehungsweise vor dem Verlöbnis mit einem entsprechenden Gehalt. Beanstandet nun der Fiskus das hohe Gehalt und der Zahnarzt kann nachweisen, dass er bereits vor der Eheschließung beziehungsweise vor dem Verlöbnis ein entsprechendes Gehalt gezahlt hat, kann das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug nach der Heirat nicht mehr beanstanden.

Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung

Finanzamt (Foto: Rainer Sturm, pixelio.de)

Der Darlehensvertrag muss zivilrechtlich wirksam geschlossen worden sein, um steuerlich anerkannt zu werden. Foto: Rainer Sturm / pixelio.de

Grundsätzliche Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist, dass der Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam geschlossen worden ist und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird. Zwar führen kleine Fehler nicht gleich dazu, dass die steuerliche Anerkennung versagt wird, sind die Fehler aber so gravierend, dass der Darlehensvertrag zivilrechtlich unwirksam wird, sieht der Fiskus darin ein besonderes Indiz, dass die Vertragspartner sich nicht an die vertragliche Bindung halten wollen und die steuerliche Anerkennung der Ausgaben wird versagt.

Da der Zahnarzt das Finanzamt von der Ernsthaftigkeit des Vertragsverhältnisses überzeugen muss, sollte er klare und eindeutige Vereinbarungen mit seinen Verwandten nachweisen können. Um nicht in Beweisnot zu kommen, sollten solche Verträge deshalb immer schriftlich abgefasst werden. Zudem prüft das Finanzamt sehr penibel, ob sich der Zahnarzt und die Angehörigen an die getroffenen Vereinbarungen halten. Insbesondere wird geprüft, ob der Angehörige für die erhaltenen Zahlungen eine Leistung erbracht und sich der Zahnarzt an die vereinbarten Zahlungsvereinbarungen (Zeitpunkt, Überweisung oder Barzahlung, etc.) gehalten hat. Somit bestehen bei Darlehensverträgen keine Unterschiede zu den Anforderungen an Arbeits- und Mietverträgen zwischen Angehörigen.

Es wird ebenfalls geprüft, ob die Vermögens- und Einkunftssphären der vertragschließenden Angehörigen absolut und über die gesamte Laufzeit des Darlehensvertrags getrennt bleiben. Das ist besonders bei Verträgen zwischen Eltern und Kindern wichtig. Es muss während der gesamten Vertragsdauer eine klare Abgrenzung von einer Unterhaltsgewährung oder eine verschleierten Schenkung der Kreditzinsen bestehen. Das geht sogar so weit, dass bei Darlehensverträgen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern grundsätzlich ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist. Nur dann ist die Vereinbarung zivilrechtlich wirksam, da eine klare Trennung zwischen Kindesvermögen und elterlichem Vermögen gewährleistet ist.

Dem Fremdvergleich standhalten können

Vertrag (Foto: Gerd Altmann, pixelio.de)

Vertragsinhalt und Durchführung müssen einem Fremdvergleich standhalten. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Einerseits steht es Angehörigen grundsätzlich frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander für sie möglichst steuerlich günstig zu gestalten. Andererseits ist bei einem Darlehensvertrag zwischen Angehörigen zu beachten, dass Vertragsinhalt und Durchführung einem Fremdvergleich standhalten. Das Vereinbarte muss also dem entsprechen, was fremde Dritte üblicherweise vereinbaren würden. Liegen Darlehenszinsen weit über den üblichen Konditionen, geht das Finanzamt in aller Regel davon aus, dass diese Darlehensverhältnisse steuerlich ganz oder teilweise unzulässig sind. Das Finanzamt nimmt als Vergleichsmaßstab die Vertragsgestaltungen, die zwischen Darlehensnehmern und Kritikinstituten üblich sind.

Eine besonders strenge Prüfung des Fremdvergleichs findet bei Darlehensverträgen zwischen wirtschaftlich voneinander unabhängigen Personen statt, also solchen Angehörigen, die eigene ausreichende Einkommensquellen haben um den eigenen Lebensunterhalt – gegebenenfalls einschließlich des Lebensunterhalts ihrer Familie – zu bestreiten. Wirtschaftlich abhängig sind hingegen Personen ohne eigene ausreichende Einkommensquellen, also zum Beispiel der vom Zahnarzt und dessen finanzieller Unterstützung abhängige, studierende Zahnarztsohn ohne eigenes Einkommen.

Eine weniger strenge Prüfung des Fremdvergleichs findet jedoch nur dann Anwendung, wenn dem Zahnarztsohn (im Beispielsfall der Darlehnsnehmer) kein eigenes Guthaben zur Finanzierung des Studiums zur Verfügung steht. Verzichtet er im Rahmen eines „familiären“ Steuergestaltungsmodells darauf, eigenes Guthaben für das Studium einzusetzen, um durch ein Darlehen innerhalb der Familie seine Steuerlast zu senken, verweigert das Finanzamt die steuerliche Anerkennung.

Darlehensvertrag mit volljährigen und wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen

Geld (Foto: Sara Hegewald, pixelio.de)

Darlehensverträge zwischen Zahnarzt und volljährigen, wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen gehören zu den einfacheren Verträgen. Foto: Sara Hegewald / pixelio.de

Leiht sich ein Zahnarzt Geld von einem volljährigen und von ihm wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen, stellt das Finanzamt die folgenden, weitaus geringeren Mindestanforderungen an einen Darlehensvertrag:

  • Die Höhe des Darlehensbetrags muss genannt sein.
  • Die vereinbarte Laufzeit des Darlehens muss aus dem Vertrag ersichtlich sein.
  • Es muss festgelegt sein, wann die Zinsen fällig sind (monatlich, vierteljährlich, jährlich).
  • Die Höhe des Zinssatzes muss angegeben werden und dieser muss einem Fremdvergleich standhalten.

Die Schriftform ist zwar nicht zwingend vorgesehen, aber wegen der Nachweispflicht gegenüber dem Finanzamt dringend zu empfehlen. Die übrigen Vertragsinhalte können sich auch aus der tatsächlichen Durchführung des Vertrags ergeben. Darlehensverträge zwischen einem Zahnarzt und einem volljährigen und wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen wird das Finanzamt also selbst dann anerkennen, wenn der Vertrag nicht in allen Punkten einem Fremdvergleich standhält oder aber nicht sämtliche Vertragsinhalte schriftlich geregelt wurden.

Praxishinweis: Geregelt ist diese weniger strenge Prüfung der Darlehensgewährung unter anderem, wenn die Darlehensmittel zur Herstellung und Anschaffung von Vermögensgegenständen dienen und ansonsten bei einem fremden Dritten hätten aufgenommen werden müssen. Die steuerliche Anerkennung bei einem Bau- oder Anschaffungsdarlehen ist in solchen Fällen üblich, auch wenn die Tilgungsmodalitäten nicht abschließend geregelt oder der Rückzahlungsanspruch nicht entsprechend besichert ist.

Darlehensvertrag mit wirtschaftlich abhängigen Angehörigen

Vater und Sohn (Foto: Peter Smola, pixelio.de)

Bei Darlehensverträgen mit minderjährigen Kindern sollten immer mehrere schriftliche Angebote von Banken eingeholt werden! Foto: Peter Smola / pixelio.de

Schließt ein Zahnarzt Darlehensverträge mit seinen minderjährigen Kindern, für die er noch Unterhalt leisten muss, oder mit seinem Ehepartner, müssen schon mehrere Voraussetzungen erfüllt sein, damit das Finanzamt das Darlehensverhältnis als steuerlich wirksam akzeptiert. Auf folgende Merkmale achtet das Finanzamt:

  • Die Höhe des Darlehensbetrags muss genannt sein.
  • Die vereinbarte Laufzeit des Darlehens muss aus dem Vertrag ersichtlich sein.
  • Es muss festgelegt sein, wann die Zinsen fällig sind (monatlich, viertel.ährlich, jährlich).
  • Die Höhe des Zinssatzes muss angegeben werden und dieser muss einem Fremdvergleich standhalten.
  • Die Rückzahlungsmodalitäten, also Tilgungszeitpunkt und Tilgungshöhe, müssen vertraglich festgelegt sein.
  • Läuft das Darlehen länger als vier Jahre, muss der Rückzahlungsanspruch ausreichend besichert sein. Dabei muss es sich um Sicherheiten handeln, die bei vergleichbaren Darlehen banküblich gefordert werden. Die Besicherung kann durch eine Hypothek, Grundschuld, Bankbürgschaften, Sicherungsübereignung von Wirtschaftsgütern, Forderungsabtretungen, und so weiter erfolgen.
  • Schließt der Zahnarzt einen Darlehensvertrag mit seinen minderjährigen Kindern, ist zwingend ein Ergänzungspfleger hinzuzuziehen.
  • Die Zinserträge müssen in die Vermögenssphäre des minderjährigen Kindes fließen und dort verbleiben. Das Finanzamt geht von einem Gestaltungsmissbrauch aus, wenn Eltern das Geld regelmäßig abheben und es für diverse Anschaffungen beziehungsweise zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwenden.

Praxishinweis: Damit der Darlehensvertrag mit dem nahen Angehörigen einem Fremdvergleich standhält, sollte der Zahnarzt sich bei mehreren Banken und/oder Kreditvermittlern schriftliche Angebote über die benötigte Geldsumme unterbreiten lassen. Er kann sich anschließend das Angebot mit den günstigsten Konditionen – also mit dem höchsten Zinssatz – heraussuchen. Das Finanzamt muss dann diesen Zinssatz auch bei dem Vertrag zwischen dem Zahnarzt und seinem nahen Angehörigen anerkennen. Ebenso sollte sich der Zahnarzt schriftlich bestätigen lassen, welche banküblichen Sicherheiten für das Darlehen erbracht werden müssen. Die Sicherheit muss er dann auch im Darlehensvertrag mit seinem nahen Angehörigen vereinbaren.

Kombination von Schenkung und Kredit

Macht ein Zahnarzt ein Geldgeschenk an einen Angehörigen davon abhängig, dass der Empfänger den Betrag als Darlehen wieder zurückzahlen muss, wird diese Vereinbarung steuerlich nicht anerkannt. Nach Ansicht des Finanzamts handelt es sich dabei weder um eine Schenkung noch um eine Kreditgewährung. Schließlich kann der Empfänger der Schenkung nicht alleine und unbeschränkt über die Geldmittel verfügen, da er sie nur verwenden darf, um sie als Darlehen an den Zahnarzt zurückzuzahlen. Der Zahnarzt kann dann die Schuldzinsen weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten steuerlich geltend machen.

Geldgeschenk (Foto: Gerd Altmann, pixelio.de)

Bei Geldgeschenken immer auf entsprechende Nachweise achten – der Fiskus fragt nach! Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Der Fiskus geht in folgenden Fällen von einer Abhängigkeit zwischen Schenkung und Darlehen aus:

  • Die Vereinbarungen von Schenkung und Darlehen erfolgen in ein- und derselben Urkunde.
  • Sind Schenkung und Darlehensgewährung in unterschiedlichen Urkunden geregelt, darf der Geldrückfluss nicht innerhalb kurzer Zeit stattfinden. Eine „Schamgrenze“ zwischen Geldzufluss und Darlehensgewährung von mindestens drei Monaten ist einzuhalten.
  • Die Schenkung erfolgte unter der Auflage, das geschenkte Geld wieder als Darlehen zur Verfügung stellen zu müssen.

Praxishinweis: Zur steuerlichen Anerkennung reicht eine nur vorübergehende oder formale Vermögensverschiebung nicht aus. Das Finanzamt achtet hier besonders darauf, dass der Schenkende tatsächlich und endgültig auf den Vermögenswert verzichtet und der Empfänger der Schenkung entsprechend bereichert ist. Als Beweis sollte der Zahnarzt entsprechende Zahlungsnachweise, Überweisungsträger und/oder Kontoauszüge dem Finanzamt vorlegen können.
Dr. Sigrid Olbertz, MBA, Sprockhövel-Haßlinghausen, Jürgen Stolz, Dipl.-Finanzwirt, Steuerberater, Moers

 

This page as PDF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*