Zahnärzte machen Mut zur Selbstständigkeit – Sieger im bundesweiten Ideenwettbewerb „Vorbilder 2012“ überzeugen mit Praxismodellen und Lebensentwürfen

Wettbewerb Vorbilder Preisträgerin

So sehen Vorbilder aus: Die Jurymitglieder Dr. Daniel von Lennep, ZA, und Thomas Thiel von Pluradent gratulieren Dr. Gerlinde Schulte-Brochterbeck zu ihrem Sieg beim bundesweiten Wettbewerb „Vorbilder 2012“. (Foto: DZW)

Ist eine Praxisgründung für junge Zahnmediziner heute noch erstrebenswert? Drei ganz unterschiedliche Zahnärzte sagen: unbedingt! Sie sind die Preisträger von „Vorbilder 2012“, die beim Deutschen Zahnärztetag in Frankfurt öffentlich ausgezeichnet wurden. Den bundesweiten Wettbewerb hatten die Zahnärztliche Abrechnungsgenossenschaft (ZA), Pluradent und die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) vor einem Jahr ins Leben gerufen.

„Die Geschichten der Preisträger setzen ein Signal der Ermutigung“, sagt ZA-Vorstand Dr. med. dent. Daniel von Lennep. „Denn eine eigene Praxis zu gründen bedeutet hohe Investitionen in schwierigen Zeiten, viel Bürokratie und dazu den Spagat zwischen Beruf und Familie. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.“ Im Bündnis mit Pluradent und der apoBank hatten die Düsseldorfer Abrechnungsexperten zum Wettbewerb aufgerufen. Mit persönlichen Erfahrungen sollten etablierte Kolleginnen und Kollegen zeigen, „wie erfolgreich und zufrieden man in einer selbstbestimmten Tätigkeit als Zahnarzt sein kann“ sagt Volker Hellwich, Zahnarzt und Vorstandsvorsitzender der ZA. „Die Resonanz war toll, die Erfolgsstorys haben uns begeistert“, freut sich Hellwich. So sei es der Jury nicht leicht gefallen, aus den mehr als 20 Teilnehmern die drei Sieger zu küren. Denen winkten Preise im Gesamtwert von mehr als 10.000 Euro, dazu eine Einladung zum Deutschen Zahnärztetag inklusive Anreise und Hotelübernachtungen.

Dr. Gerlinde Schulte-Brochterbeck aus Halle/Westfalen ging als glückliche Siegerin aus dem Wettbewerb hervor. „Sie hat mit hohem persönlichen Einsatz eine bilderbuchmäßige Praxisgründung geleistet und damit die Top-Note der Jury verdient“, hebt Thomas Thiel (Pluradent) hervor. Vor der Gründung hatte sie etliche Kollegen befragt und dann die Selbständigkeit minuziös vorbereitet. Ihre Praxis wurde mit viel familiärer Eigenleistung optisch und technisch bis ins kleinste Detail durchgestaltet, dank des ausgefeilten Businessplans war sie bereits nach einem Jahr in den schwarzen Zahlen. Insbesondere jungen Kolleginnen rät Schulte-Brochterbeck, fest an sich selbst zu glauben. „Die zahnmedizinische Ausbildung in Deutschland ist super. Und mit Fleiß kann jeder die Selbständigkeit bewältigen.“ Die Preisträgerin erhält einen elexxion-Laser im Wert von 6.500 Euro.

Über den zweiten Platz und 2.000 Euro Preisgeld freut sich Dr. Jörg Maubach aus Krefeld, der mit einem ungewöhnlichen Nischenkonzept überzeugte. Mitten in der geplanten Erweiterung zu einer Gemeinschaftspraxis entdeckte er seine wirklichen Ziele: selbstbestimmt eine Einzelpraxis zu betreiben, Spezialisierung auf CMD, Nähe zum Patienten. In einem radikalen Schwenk verkleinerte er seine Praxis und perfektionierte seine Kostenstruktur. Zugleich gründete er ein Therapeutennetzwerk für CMD-Therapie. „Dr. Maubach zeigt, wie man seinen ganz persönlichen Weg gehen kann und sich mit Spezialisierungen als Einzelpraxis im Markt behaupten kann“, betont Gerrit Altenburg (apoBank). „Auch aus Rentabilitätsgesichtspunkten hat sich sein Modell bestens bewährt.“ Für Maubach ist Authentizität der Schlüssel zum Erfolg. „Ich mache, was ich wirklich kann, und gebe ab, was Kollegen besser können. Das hat mich zufriedener gemacht und mir sehr viele neue Patienten gebracht.“

Dritter wurde Diplom-Stomatologe Andreas Paschold aus Rudolstadt, Thüringen. Bis zur Wende war er in einer Betriebspoliklinik beschäftigt. Dann wurde er arbeitslos. Als einzige Chance sah Paschold die Selbständigkeit. Nur hatte er nicht die geringsten Kenntnisse über Praxisführung und GOZ. Mit Abrechnungskursen machte er sich fit und begann in einer kleinen Wohnung zu praktizieren. Schnell ging es bergauf. Seine Frau stieg in die Verwaltung ein. Heute arbeitet seine Tochter als Zahnärztin mit. Die Familien-Gemeinschaftspraxis ist mit modernster Technik versehen und verzeichnet einen steten Zufluss neuer Patienten. „Er hat mit dem Rücken zur Wand, mit Sinn fürs Machbare und einem Gespür für das Richtige eine mustergültige Praxis aufgebaut“, würdigt Dr. Daniel von Lennep, Vorstand der ZA den Preisträger. Paschold ist überzeugt: „Man sollte schon während des Studiums die betriebswirtschaftlichen Grundlagen erlernen. Nur als Selbstständiger hat man diese wunderbaren Entfaltungsmöglichkeiten im Traumberuf Zahnarzt.“

 

Die Preisträger

1. Platz: Dr. Gerlinde Schulte-Brochterbeck
Nie von anderen abhängig sein – mit diesem klaren Ziel vor Augen gründete Dr. Gerlinde Schulte-Brochterbeck ihre eigene Zahnarztpraxis. Als reine Privatpraxis ist sie dabei zahnmedizinisch frei von Wirtschaftlichkeitszwängen und kann den Patienten die jeweils beste Behandlung angedeihen lassen. Angefangen hat alles mit zwei Zimmern und vier Teilzeit-Mitarbeitern im westfälischen Halle. Die Räumlichkeiten liegen in der Fußgängerzone, im Erdgeschoss: gut erreichbar und barrierefrei. „Mein Bauchgefühl hat einfach gestimmt und auch mein Mann hat mich bestärkt, da habe ich zugegriffen“, beschreibt die Zahnärztin ihre Gefühlslage beim ersten Schritt Richtung Selbstständigkeit. Die Neugestaltung ihrer Praxis bezeichnet die erfolgreiche Gründerin selbst als Mammutprojekt – und ging es generalstabsmäßig an. Unzählige Erfahrungsberichte von Kolleginnen und Kollegen holte sie ein; vom robusten Bodenbelag über Edelstahl-Wasserleitungen bis hin zu Kostenkalkulationsfallen ließ sie keinen Aspekt der Praxisplanung unberücksichtigt. Aus den Fehlern der anderen konnte sie lernen und machte so von Anfang an fast alles richtig. Heute ist ihre Praxis ein Musterbeispiel an Patienten- und Angestelltenfreundlichkeit. Die perfekte Rezeption, ein indirektes Beleuchtungskonzept und Deckenbilder machen die Räume zur Wohlfühloase. Mit einem detaillierten Businessplan, akribischer Recherche nach dem jeweils niedrigsten Angebot und der unschätzbaren Hilfe ihrer Familie gelang Schulte-Brochterbeck ein Bilderbuchstart in die Selbstständigkeit. Heute leitet sie ein Team von drei Vollzeitkräften, zwei Teilzeitkräften und einer Auszubildenden.

2. Platz: Dr. Jörg Maubach
„Heute mache ich wirklich nur das, was ich kann und was mir Spaß macht!“ Um das sagen zu können, musste Dr. Jörg Maubach einen radikalen Weg einschlagen. Nur Gemeinschaftspraxen haben eine Zukunft? Falsch! In seiner kleinen, gemütlichen, auf CMD-Patienten spezialisierten Praxis behandelt und wirtschaftet der Krefelder ganz allein. „Die Erkenntnis, dass ich das große, schnelle Rad einer Gemeinschaftspraxis nicht drehen möchte und stattdessen eine gezielte, professionelle Spezialisierung und die Zeit und Nähe zum Patienten mein Ding sind, hat allerdings ein paar Jahre gedauert“, erinnert sich der Zahnarzt. Nach seinem Examen und der anschließenden Assistenzzeit in der MKG-Chirurgie Dortmund arbeitete er zunächst in der Praxis seines Vaters. Nach dessen Eintritt in den Ruhestand vergrößerte Maubach die Praxis räumlich und personell. Es sollte eine Gemeinschaftspraxis werden. Ganz konkrete Entwürfe standen schon im Raum, als plötzlich die Einsicht kam: So würde er seine Ziele nicht erreichen. „ Also schlug ich einen ganz anderen Weg ein. Ich verkleinerte meine Praxis! Und zwar im Ganzen.“ Weniger Räume und Mitarbeiter, mehr Individualität und Eigenverantwortlichkeit. Die Gestaltung der Räumlichkeiten, die Steuererklärung, die Personal- und Finanzbuchhaltung übernimmt er selbst und fährt gut damit. Eingebunden in ein großes Therapeutennetzwerk für CMD-Patienten mit Physiotherapeuten, Osteopathen, Logopäden, Ergotherapeuten, Kieferorthopädin, MKG-Chirurg, Psychologen, Anästhesistin, Orthopäden, Feldenkrais-Therapeutin, HNO und Optiker hat er jetzt eine Gemeinschaftspraxis „außer Haus“. Und kann zu Hause so walten, wie er will. Das Ergebnis? Zufriedene Patienten, finanzieller Erfolg und ein glücklicher Arzt.

3. Platz: Andreas Paschold
Familie – das ist der große Mittelpunkt im Leben von Andreas Paschold. Nach Wiedervereinigung und Vaterzeit stand der Diplom-Stomatologe arbeitslos mit dem Rücken zur Wand. „Meine einzige Chance war, mich selbstständig zu machen.“ Völlig unvorbereitet startet er in dieses Abenteuer. „Alles war im Umbruch, es gab keine Infrastruktur, nicht mal ein Telefon hatten wir“, beschreibt der Thüringer die Anfänge. Vor der Wende hatte er in einer Betriebspoliklinik gearbeitet, die ihre Angestellten weder mit Abrechnungen noch mit Personalführung belastete. So waren die Anforderungen als eigenständiger Praxisinhaber erst einmal ein Schock für den dreifachen Vater. „Wir kannten nicht einmal das System der KZV-Abrechnung, geschweige denn die Abrechnung nach GOZ“, erinnert er sich. Abendkurse und ständige private Weiterbildung sorgen dafür, dass sich Paschold in dem neuen geschäftlichen Umfeld langsam aber sicher heimisch fühlte. Das Konzept stimmt – gemeinsam mit ehemaligen Mitarbeitern baut er eine Praxis mit flachen Hierarchien und freundschaftlicher Atmosphäre auf. „Kommunikation ist bei uns das A und O.“ Der Ausbau zur familiären Gemeinschaftspraxis macht das Unternehmen zukunftsfähig: „Meine älteste Tochter kümmert sich beispielsweise ums Qualitätsmanagement und unsere Webseite“. Patienten schätzen besonders die langen Öffnungszeiten und die modernen Behandlungsmethoden. Heute hätte der diplomierte Stomatologie keine Bedenken mehr, sich selbstständig zu machen: „Ich entscheide selbst über die sinnvollste Behandlung, über die eingesetzten Materialien, wann ich Urlaub mache, welche Investitionen ich tätige und was überhaupt in meiner Praxis passiert.“ Ein Leben als Angestellter könne er sich gar nicht mehr vorstellen – nur selbstbestimmtes Arbeiten mache glücklich.

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