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Zehn Schritte zur Strategieentwicklung

Praxismarketing mit System [1]Dieser Artikel ist mit freundlicher Genehmigung entnommen aus dem Fachbuch: Praxismarketing mit System (zfv 2008) [2]

Wir haben gesehen, dass erfolgreiche Praxen und Unternehmen vor allem strategisch vorgehen, das heißt, planvoll und ausgerichtet an wesentlichen Eckpunkten: stärken- und bedarfsorientiert, auf der Suche nach der Einzigartigkeit, die man ausbauen kann. Und wie kann dieser Weg für Ihre Praxis aussehen?

Darauf wollen wir im Folgenden einen Blick werfen. Die zehn Schritte Ihrer Strategieentwicklung können auf folgenden Stufen basieren:

Erkunden Sie Ihre Unternehmensvision

Seien Sie visionär. Werfen Sie den Blick in die Zukunft, 5 oder 10 Jahre voraus. Wo sehen Sie sich und Ihre Praxis? Wovon wird Ihre Zahnmedizin getragen sein? Wovon wird sie heute getragen? Viele Ihrer Kollegen können diese Frage nicht beantworten. Aber auch Qualitätsmanagement fragt nach einem Leitbild für Ihre Praxis und danach, wie Sie dieses konkret leben. Warten Sie auf den Auditor.

Das können tragende Begriffe für Visionen sein:

Leitbilder oder Visionen, diese Begriffe werden gern synonym gebraucht, müssen natürlich auch transportiert werden, damit nicht nur Sie, sondern alle im Team diesen Gedanken nach außen tragen können. Entscheidend ist jedoch die Frage: Wie viel von dem Image, das Sie gern hätten, kommt tatsächlich bei Ihren Patienten an? Hierfür wieder ein Praxisbeispiel: Wir führten eine Imageanalyse bei einem Kieferorthopäden durch, der sich Sorgen um sein Bild in der Öffentlichkeit machte wegen der rückläufigen Neupatientenzahlen. Instrument hierfür war (natürlich) eine Patientenbefragung. Das Ergebnis war in Kürze „gefühlskalter Abzocker mit unfreundlichem Personal“. Dieses Ergebnis entsprach selbstredend nicht seiner Vision, die von Qualität und Nachhaltigkeit erfüllt war. Man sieht daran, dass Denken nicht gleich Handeln und nicht gleich Empfinden bei den Kunden ist (siehe Abb. 1).

 Abb.  1: Checkliste Unternehmensvision [3]

Abb. 1: Checkliste Unternehmensvision

Erkunden Sie Ihr strategisches Umfeld

Betrachten Sie den Gesundheitsmarkt. Erspüren Sie die Veränderungen, von denen Sie in der Vergangenheit immer so überrascht worden sind, zum Beispiel Festkostenzuschuss und den Wegfall der Bedarfsplanung. Lesen Sie die Kammer- und KZV-Mitteilungen. Haben Sie Ihr Ohr an der Lokalpolitik. Seien Sie offen für Wirtschaftsfragen. Fragen Sie sich nach der Relevanz der Informationen für Ihre Praxis, wenn Werke von bedeutenden Arbeitgebern geschlossen oder eröffnet werden oder die Straßen gesperrt oder Frequenzbringer wie Supermärkte gebaut werden. Wer ist um Sie herum auch an Ihrer Zielgruppe interessiert? Wo arbeiten die Menschen, wo verbringen sie ihre Freizeit, womit beschäftigen sie sich, wo treffen sie sich? Das sind die Fragen, die Sie als Praxisinhaber interessieren sollten. Die meisten Erfolgskonzepte basieren auf Netzwerken, auf dem Zusammenschluss von Interessengemeinschaften. Gehen Sie in die Politik. Engagieren Sie sich in der Gemeinde. Besuchen Sie die Versammlungen und Veranstaltungen der Schulen Ihrer Kinder. Gehen Sie in die Sport-, Gesangs-, Karnevals- und Sonstwas-Vereine und bringen Sie sich dort ein. Haben Sie Ihr Ohr am Puls der Zeit und am Volk. Igeln Sie sich nicht ein.

Ein Fallbeispiel aus der Praxis:

In einem sehr ländlichen Raum traf ich einmal einen Kollegen, der seine Praxis aus Potenzialgründen von der kleineren in die größere Nachbargemeinde verlegt hatte. Ich wollte ihn besuchen, fand ihn aber nicht, weil er sich hinter der örtlichen Volksbank im wahrsten Sinne des Wortes versteckte: sein Schild hing an der Rückseite des Gebäudes. Er kannte auch kaum jemanden im Ort, und umgekehrt war es genauso. Aber ohne eine „Mindestverdrahtung“ mit dem Standort kann keine Praxis funktionieren (siehe Abb. 2).

Abb.  2: Checkliste strategisches Umfeld [4]

Abb. 2: Checkliste strategisches Umfeld

Analysieren Sie Ihre Mitbewerber

Jetzt wird es schwierig. Was wissen Sie über Ihre Kollegen? Wie gut sind Sie im Dialog? Wie intensiv stimmen Sie Ihre Vorgehensweisen miteinander ab? Üblich sind Berührungsängste. Ja nichts preisgeben. Das ist auch in der Regel in Ordnung. Sinnvoll ist es sicher, sich von Zeit zu Zeit über Preise zu verständigen, um sich nicht gegenseitig aus dem Markt zu hebeln. Aber es ist vielleicht sinnvoll, über die wesentlichen Fakten der Kollegen informiert zu sein.

 

 

 

 

 

 

Man nennt das Benchmarking. Sich an der Konkurrenz ausrichten. Es kann sinnvoll sein, zehn, fünfzehn, zwanzig Kernkriterien zusammenzustellen und sich zu überlegen, wie gut der Kollege und Sie selbst diesen Kriterien gerecht werden. Sie erhalten ein schönes Profil, in dem Sie Ihre Nische erkennen. Wenn Sie selbst nichts wissen über Ihre Kollegen, weil der Austausch nicht so intensiv ist, und Sie selbst nicht in Erscheinung treten wollen, dann schicken Sie Ihre Kinder, Freunde, Freundinnen, Mitarbeiterinnen, wen auch immer in die Praxen. Seien Sie investigativ (siehe Abb. 3).

 Abbildung 3: Checkliste Konkurrenz [5]

Abbildung 3: Checkliste Konkurrenz

Zielgruppen

Schauen Sie sich nun Ihre Patienten an. Wie sind die strukturiert? Wie sieht ihre Alterspyramide aus? Wo liegen da die Schwerpunkte? Was machen Ihre Patienten beruflich? Gibt es wichtige Arbeitgeber, mit denen Sie in Kontakt treten können? Oder Vereine? Oder sind da vielleicht gemeinsame Symptome, die sich anbieten? Zum Beispiel die Blechblasmusiker, die allesamt wegen der hohen Vibrationen Probleme mit ihren Kronen und Brücken bekommen, also konzentrierte sich unsere norddeutsche Kundin auf diese Zielgruppe mit dem Angebot von Implantaten. Oder die Kollegin, die in ihrer Praxis eine zunehmende Zahl von HIV-Positiven ausmachte und sich fortan überlegte, wie sie dieser Zielgruppe helfen konnte: durch Spezialsprechstunden, durch die Einbindung von Psychologen, durch extrem hohe Hygienebedingungen, durch die Initiierung von Selbsthilfegruppen, durch gezielte Veranstaltungen wie Vernissagen mit HIV-positiven Künstlern etc. Das Gute an erkennbaren Zielgruppen ist: Sie wissen, wo Sie hingehen müssen, um Ihre Patienten zu finden. Sie wissen, wie und wohin Sie werben müssen. Im Saarland betreue ich zur Zeit einen syrischen Gründer, und der sucht natürlich seine Patienten im islamischen Umfeld, und tatsächlich gibt es da eine Moschee in der näheren Umgebung und ein türkisches Café mit Wasserpfeifen, und was liegt näher, als dahin zu gehen und ins Gespräch zu kommen und für die Praxis die Trommel zu rühren. Oder nehmen Sie die Kinderzahnärztin: Für sie ist es mit der erworbenen Expertise natürlich noch leichter, in Schulen und Kindergärten zu kommen, sie betreibt aber auch ein enges Netzwerk mit Kinderärzten und anderen Zielgruppeninhabern.

Befragen Sie Ihre Patienten

Natürlich ist es hilfreich, mehr über die Bedürfnisse Ihrer Patienten zu erfahren, wenn Sie sich auf Ihre Zielgruppe besser einstellen wollen. Sie sparen sich viel Zeit und Mühe, wenn Sie Ihre Leistungen bedarfsgerecht gestalten. Ihre Senioren werden im Zweifel wenig Interesse an Spätsprechstunden haben, und mit Veneers werden Sie Jugendliche ebenfalls kaum da abholen, wo sie stehen. Es macht auch wenig Sinn, in einer gut funktionierenden Bestellpraxis mit extrem kurzen und verlässlichen Wartezeiten ein breites Zeitschriftensortiment vorzuhalten. Um genauer zu erfahren, was Ihre Patienten von Ihnen erwarten und halten, führt eigentlich kein Weg um eine Patientenbefragung herum. Wenn Sie Qualitätsmanagement in Ihrer Praxis ernst nehmen, sollten Sie da nicht einfach aus der lästigen Pflicht eine gewinnbringende Kür machen? Fragen Sie Ihre Patienten, was ihnen an der Praxis gefällt und was nicht, wie sie das Team und den Behandler empfinden, was sie von den Sprechstunden und vom Telefonservice halten, wie die Kommunikation in der Praxis gefällt, was am Wartezimmer und der Einrichtung verändert werden sollte, fragen Sie auch, was am Leistungsspektrum der Praxis noch fehlt und wofür die Patienten zuzahlungsbereit sind, und wenn ja, in welchem Rahmen. Wenn Sie mutig sind, lassen Sie sich auch von Ihren Patienten benchmarken, d. h., im Vergleich zu anderen Praxen einordnen. Oder Sie nehmen an großen Umfragen mit anderen Praxen teil und vergleichen sich so mit Ihren Kollegen. Auf der Basis einer gründlichen Patientenbefragung, die man übrigens auch mit ehemaligen Patienten machen kann, wird es Ihnen gelingen, Ihre Praxis noch besser am Markt auszurichten. Hier sehen Sie einige gute Beispiele für Fragestellungen, die zielführend sein können:

 Abb. 4: Checkliste Patienten [6]

Abb. 4: Checkliste Patienten

Sie finden hier eine ganze Reihe von Fragen, die Sie sich natürlich auch selbst stellen können oder noch besser Ihrem Team: Sie werden feststellen, dass es in der Regel eine starke Diskrepanz zwischen Eigen- und Fremdbild gibt („Die wissen doch gar nicht, was gut für sie ist“). Aber was ist richtig und was ist wichtig? Das Dienstleistungsverständnis von Zahnärzten und insbesondere ihrer MitarbeiterInnen ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Bei einer so starken und weiter zunehmenden privaten Beteiligung der Patienten an Ihrer Vergütung ist es ihr gutes Recht, auch Bedürfnisse anzumelden und deren Erfüllung zu erwarten. Gern erarbeite ich mit Zahnärzten und deren Teams ihren Wunschpatienten. Auffallend häufig ist dieser gutverdienend und selbstverständlich zuzahlungsbereit, pünktlich und verlässlich, mit hoher Compliance ausgerüstet, große Familie im Schlepptau, intelligent und verständig, aber kein Lehrer, nicht zwingend, aber gern privat versichert. Das wünsche ich Ihnen auch, aber das Leben ist leider anders. Diese Patienten sind in der Regel schon irgendwo anders untergekommen. Dazu müssen Sie Ihre erst machen. Bis dahin müssen Sie mit Ihren so auskommen, wie sie sind. Aber das geht. Eines der häufigsten Argumente bei der Umstellung der Praxis auf DARs und IP ist:

„Das geht bei meinen Patienten nicht, weil ich auf dem Land oder in der Stadt oder wo auch immer bin und weil die hier am Chiemsee oder in der Oberpfalz oder wo auch immer kein Geld haben. Ist ja nicht Berlin hier.“

Das höre ich auch in München. Aber es geht überall. Wenn Sie die Bedürfnisse Ihrer Patienten kennen, können Sie mit ihnen auch arbeiten. Jedes erfolgreiche Verkaufsgespräch basiert darauf, die Erwartungen des Kunden zu erspüren und das passende Angebot damit zu verzahnen. Das kann man lernen. Und das ist die Kernbotschaft: Richte dich an den Bedürfnissen Deiner Patienten aus und werde erfolgreich.

Welche Stärken und Eigenschaften prägen mich als Zahnarzt?

Aber womit werde ich erfolgreich? Verbiegen Sie sich nicht. Forschen Sie nach Ihren herausragenden Stärken und ihren Schokoladenseiten. Vielleicht finden Sie den CMD-Schwerpunkt lächerlich, darauf kann man keine Praxis aufbauen, und mit HIV-Positiven wollen Sie eh nichts am Hut haben, aber da wird etwas sein, wo Sie sich richtig wohl fühlen, sagen können, das ist mein Ding, da macht mir keiner was vor. Und hier finden Sie einige Kriterien, wie Sie sich abprüfen können:

Sie sehen, das Erarbeiten eines eigenen Profils bietet ausreichend Möglichkeiten, den eigenen Typ zu finden und zu definieren. Aber das sind ja nur die weichen Seiten der Praxis, so wie Sie da draußen wahrgenommen werden. Da ist ja noch mehr: Was soll Ihre Praxis eigentlich leisten? Wäre sicher schön, wenn sich das mit den Bedürfnissen Ihrer Patienten decken würde, aber das werden Sie in der Form nicht gesagt bekommen. Gut wäre es auch, wenn Ihr Spektrum sich von denen der Kollegen unterscheiden würde. Aber wie sieht es denn konkret aus?

Hier finden Sie ein profanes Beispiel, das einmal für eine Praxisbroschüre aufbereitet wurde, um es Patienten näher zu bringen. Ist auch nur einer von vielen denkbaren Ansätzen, Ihre Praxis wird vermutlich anders aussehen. Welche Schwerpunkte gibt es bei Ihnen? Was machen Sie besonders gut? Was machen Sie gar nicht oder nicht gern? Soll das so bleiben oder wollen bzw. müssen Sie da etwas verändern?

Das sind einige Beispiele für Formulierungen von Behandlungskonzepten. Prüfen Sie für sich selbst: Wie können Sie sich hier wieder erkennen? Oder können Sie ganz andere Formulierungen für Ihre Praxis finden? Wenn Ihnen das nicht so ohne weiteres gelingt, ist das nicht schlimm. Das geht den meisten anderen auch so. Aber wenn Sie erst einmal so weit sind, dann wird vieles leichter. Zum Beispiel über Ihre Praxis zu sprechen oder zu schreiben: Dafür steht meine Praxis, das kann ich, da bin ich eine Koryphäe, und wenn die Menschen da ein Problem haben, kommen Sie am besten zu mir und meinem Team, da wird Ihnen geholfen. Oder wenn es darum geht, neue Mitarbeiterinnen für die Praxis zu gewinnen und ins Team einzugliedern. Da ist es sicher leichter, die Spreu vom Weizen zu trennen, wenn man mit klaren Profilen aufwarten kann. Wie schön wäre es dann für Ihre neue Helferin, wenn sie sich in klare Strukturen eingliedern könnte und genau wüsste, was ihr Beitrag zum großen Ganzen ist! Schauen Sie aber auch auf die andere Seite: Was steht Ihnen im Weg? Gibt es unübersehbare Schwächen? Was sollten Sie besser delegieren? Oder wie können Sie anders in der Praxis kooperieren? Zum Beispiel im Verkauf? Die Hälfte aller Praxisinhaber wälzen die Verantwortung für das Führen von Verkaufsgesprächen mit Patienten auf die Stuhlassistenz ab, zumal wenn es um IP/PZR etc. geht (siehe Abb. 5).

 Abb.  5: Checkliste persönliches Profil [7]

Abb. 5: Checkliste persönliches Profil

Bestimmung der geeigneten Positionierung

Sie wissen jetzt schon sehr viel über Ihre Praxis, Ihr Umfeld, Ihre Patienten. Jetzt gilt es, alles miteinander in Einklang zu bringen. Zu sagen:

 

 

 

 

Schön, wenn das auf einen passenden Bedarf trifft! Sonst geht es Ihnen wie dem Thüringer, der im Rheingau Fuß fassen wollte und dort nicht zuletzt wegen seiner Erscheinung nach acht Jahren verzweifelter Versuche seine Akquisitionsbemühungen in die Nachbarortschaften verlegt und dort auch mit dem Schwerpunkt OP auftritt (wegen des Mundschutzes!). Manchmal braucht es so einen radikalen Wechsel (siehe Abb. 6).

 Abb.  6: Checkliste Positionierung [8]

Abb. 6: Checkliste Positionierung

Welche Zielformulierung passt zu mir?

Hier werden Sie noch einmal ein bisschen tiefer einsteigen müssen. Für QM ist das Thema Zielfindung aber unabdingbar. Und wenn Sie Ihren Mitarbeiterinnen klare Vorgaben machen wollen, kommen Sie um die nachfolgenden Fragen nicht umhin. Wenn Sie sich für eine Fokussierung auf Kernschwerpunkte entschieden haben, werden Ihnen Ziele helfen, Ihre Entscheidungen zu bewerten. Ihr Banker wird eh beeindruckt sein und ggf. Ihre Zinsen anpassen. Ziele können eher am Geld oder am Drumherum orientiert sein. Sie können beschreiben, welches Wachstum Sie erreichen wollen oder welches Niveau Sie halten wollen. Vielleicht wollen Sie sogar etwas senken? Weiche Ziele sind eher atmosphärischer Natur, vielleicht mit Mengenvorgaben versehen, auf jeden Fall mehr als Absichtserklärungen. Dabei müssen Ziele natürlich auch noch erreichbar sein, d. h., sie dürfen nicht demotivieren durch Überforderung oder noch schlimmer „kein Problem“ sein. Sie müssen anspornend sein, und das ist ein schmaler Grat. Und sie müssen moralisch vertretbar sein. Und messbar in Zahlen mit überschaubarem Aufwand, kein Riesenrad muss gedreht werden (siehe Abb. 7).

Abbildung 7: Checkliste Ziele [9]

Abbildung 7: Checkliste Ziele

Wie unterscheidet sich Ihr Service von Ihren Konkurrenten?

Wenn ich die Leistungsprofile der letzten 20 Praxen vergleiche, die ich von ihren Inhabern präsentiert bekommen habe, dann gibt es da schon erhebliches Übereinstimmungspotenzial. Da mag es mal Ausreißer geben (CEREC, Eigenlabor, Implantate, intraorale Kamera, OP-Mikroskop), aber das Grundkonzept bleibt doch weitestgehend gleich (PZR, DAR, langfristige Zahnerhaltung im Vordergrund). Unterscheidungen werden dann eher über die Serviceaspekte erreicht. Welche zusätzlichen Dienstleistungen biete ich meinen Patienten an, zum Beispiel

 

 

Im Fränkischen habe ich eine Kundin, die lässt ihre Patienten vor oder nach der Behandlung nackenmassieren. Für kleines Geld. Das kommt gut. Suchen Sie nach den Zusatzdienstleistungen, die Ihre Praxis noch attraktiver machen.

Arbeiten Sie daran, wie Sie Ihren Patienten das Warten in der Praxis so kurz und angenehm wie möglich gestalten können. Kurz ist billiger, da muss man nicht so viel ins Ambiente investieren oder in Unterhaltung. Das wiederum bedingt eine exakte Behandlungsplanung und eine sinnvolle Taktung Ihrer Termine. Und wie macht man das? QM kann hilfreich sein, vor allem eingespielte Standards und natürlich eine gute Erziehung Ihrer Patienten. Versuchen Sie, Ihren Patienten binnen einer oder zwei Wochen neue Termine anbieten zu können. Mit Puffern bekommt man das hin. Verabschieden Sie sich von dem Glauben, lange Wartezeiten auf Termine sprechen für eine hohe Nachfrage und damit für Ihre Qualität. Wenn die Patienten schon in der Praxis warten müssen, machen Sie es Ihnen angenehm. Lassen Sie einen Kamin prasseln. Öffnen Sie die Dachterrasse. Wechseln Sie das Musikprogramm. Lassen Sie Videos auf Flachbildschirmen laufen. Stellen Sie Bildbände in die Bibliothek. Oder einen Flipper oder einen Kicker, wenn Platz ist. Wenn Sie in der Großstadt praktizieren, geben Sie den Patienten Pieper mit, damit sie einkaufen gehen können. Lassen Sie Ihre volljährigen Söhne den Valet-Parking-Service gestalten, damit der Wagen des Patienten nach der Extraktion gewaschen vor der Praxis steht.

Stimmen Sie Ihr Personal für den Wechsel ein

Zum Glück müssen Sie das alles nicht allein machen. Dafür haben Sie ja Personal. Aber gutes Personal ist ja heutzutage so schwer zu bekommen, hört man durch alle Schichten. Neulich war ich bei einem sehr erfolgreichen KFO, der mit 1,1 Mio. Umsatz min. 600 T€ Ertrag erzielt. Dafür beschäftigt er 15 Köpfe und arbeitet selbst von 6 Uhr morgens bis 22 Uhr abends. Von den 15 Kräften tauscht er jedes Jahr im Schnitt 6 aus. Er ist sehr unzufrieden mit der Situation, weil er sich auf niemanden verlassen kann, die machen alle was sie wollen und gehen abends schon um 18 Uhr nach Hause. Und es wird immer schwerer, neue Kräfte zu finden, die dort arbeiten wollen, obwohl er doch schon übertariflich bezahlt. Rund 10 % über Tarif. Kann sein, dass das in keinem Verhältnis steht zu seinem eigenen Ertrag, der rund 200 % über der Fachgruppe liegt, und dass die Leute das mitbekommen? Wenn Angestellte merken, dass der Erfolg des Unternehmens auch von ihrem eigenen Beitrag abhängt, muss man nach guten Wegen zur Aufrechterhaltung der Motivation suchen, und da führt an Geld leider oft kein Weg vorbei. Klar geht es auch anders: mit Führungsverantwortung in größeren Praxen, durch Teambildung, mit Spezialaufgaben, mit Weiterbildung und Qualifizierung für höhere Aufgaben, mit Umsatzverantwortung und Koppelung der Bezahlung daran, z. B. für PZR oder verkaufte Frontzahnverblendungen, durch Schaffung von einem wahren Teamgefühl durch gemeinsame Urlaubsreisen, Ausflüge, Veranstaltungen und vieles mehr. Grundbedingung für eine funktionierende Praxis ist ein tatsächlich zusammenarbeitendes Team. Erst dann können Sie Geld und Zeit investieren in Schulungen zum Thema „richtiges Telefonieren“, Kommunikationstrainings mit Ihren Helferinnen besuchen, um einen Teil der Verkaufsgespräche von ihnen führen zu lassen, DAISY-Schulungen absolvieren lassen, um die GOZ Spielräume noch besser auszunutzen, QM- und Organisationsseminare besuchen lassen, um die Praxis besser funktionieren zu lassen, immer wieder zu schauen, wer eigentlich an welchem Platz der Praxis am besten aufgehoben ist, um ihn/sie den Fähigkeiten entsprechend optimal einzusetzen. Das ist ein Prozess, der Sie durchgehend in Atem halten wird (siehe Abb. 8).

Abb.  8: Checkliste Personal [10]

Abb. 8: Checkliste Personal

Visualisieren Sie Ihre Praxis mit allen Eigenschaften

Sie mögen eine todschicke Praxis mit herausragenden Erfolgen am Patienten betreiben, aber das nützt Ihnen nichts, wenn niemand davon erfährt. Und wenn Sie eine unterdurchschnittliche Rezidivquote bei Ihren Gingivitispatienten aufweisen, wird das im Zweifel da draußen niemanden interessieren. Die Kunst besteht darin, Ihre zahnmedizinischen Botschaften so zu verpacken, dass sie Ihre potenziellen Patienten erstens erreichen und zweitens auch verstehen. Im Vordergrund Ihrer Marketingbotschaft sollte daher nicht der wissenschaftliche Anspruch oder Ihre gute Ausbildung oder Ihre hohe Qualität stehen, die setzen nämlich Ihre Patienten voraus. Wenn Sie die nicht hätten, dürften Sie die Praxis nicht betreiben. Patienten müssen vor allem eine Chance bekommen, Sie von anderen zu unterscheiden. Und das gelingt mit ganz simplen Mitteln, schon über ein Logo oder einen Slogan. Ein norddeutscher Kollege, der am Theaterwall seine Praxis betreibt, verwendet den Slogan „Vorhang auf für schöne Zähne“. Sie sehen, die Fachlichkeit ist hier gänzlich unwichtig. Es zählt die Unterscheidbarkeit. Wenn Sie einmal so etwas wie eine Einheitlichkeit gefunden haben, Farben, Schriften, Logo, Formate, sollten Sie diese Linie beibehalten. Nichts wirkt schlimmer als die oft anzutreffende Beliebigkeit von Visitenkarten, Terminkärtchen, CEREC-Broschüren vom Hersteller und ähnlichem, die untereinander nicht zusammenpassen wollen. Geben Sie sich mit Hilfe einer Agentur eine eigene Linie, die man an Ihrem Praxisschild, Ihrer Kleidung, Ihren Giveaways, Ihrer Fahrzeugbeschriftung, der Omnibusbeschriftung immer wieder ablesen kann. Nutzen Sie die Möglichkeiten, um Ihre Patienten in verständlicher Form über Ihre Praxis und Ihre wunderbaren Leistungen zu informieren. Entwickeln Sie Ihre eigene Praxisbroschüre, die Sie überall dort deponieren können, wo Ihre potenziellen Patienten auf Sie aufmerksam werden können. Bei anderen Fachrichtungen, bei Heilhilfsberufen, in kosmetischen Einrichtungen und wo auch immer. Seien Sie präsent in der Öffentlichkeit. Lassen Sie sich sehen, im Alpenverein, in den Sportvereinen, in den Karnevalsgesellschaften, werden Sie Prinzenpaar oder Schützenkönigin. Treten Sie öffentlich auf. Referieren Sie über Keramikinlays und die Verträglichkeit von Kunststoff und die Gefährdung des Zahnfleischs in der Schwangerschaft. Sie sind der Experte dafür, und Ihre Patienten wissen das auch und dürfen das von Ihnen erwarten. Sponsern Sie den City Halbmarathon Ihrer Gemeinde. Laufen Sie mit. Behandeln Sie die chinesische Spitzenspielerin Ihres örtlichen Tischtennis-Vereins an ihrem Weisheitszahn kurz vor dem entscheidenden Spiel der Liga und lancieren Sie die Information an die Tageszeitung Ihrer Stadt.
Thomas Hopf