Vertragsgestaltung in (zahn-)ärztlichen Kooperationen – darauf müssen Sie achten

Dr. Karl-Heinz Schnieder

Dr. Karl-Heinz Schnieder

In der zahnmedizinischen Ausbildung erhalten die angehenden Zahnärztinnen und Zahnärzte lediglich einen sehr rudimentären Einblick in das Thema „Recht“. Vor dem Beginn der Tätigkeit als Zahnarzt steht aber immer der Abschluss eines Vertrags. Wer entsprechend dem eindeutigen Trend als angestellter Zahnarzt seine Karriere beginnt, unterschreibt einen Arbeitsvertrag. Wer in einer Kooperationsform tätig wird, schließt mit einem oder mehreren Partnern einen Vertrag über den Betrieb einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) oder einer Gemeinschaftspraxis. Die Gründung solcher Kooperationsformen bedeutet zugleich auch die Gründung einer Gesellschaft. In den meisten Fällen handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Grundsätzliches

Quelle: Gerd Altmann, Shapes, AllSilhouettes.com; pixelio.de

Jeder Partner muss über ein Stimmrecht verfügen. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Für die Anfertigung solcher Verträge gilt der altbewährte Grundsatz: „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“ Gut beraten ist nur, wer sich nicht auf seine eigene Kreativität oder Formularverträge verlässt, sondern qualifizierte rechtliche Beratung in Anspruch nimmt. Ein Gesellschaftsvertrag muss sämtliche Aspekte der jeweiligen Situation und der beteiligten Partner berücksichtigen. Ein Formularvertrag kann dies ebenso wenig gewährleisten wie eine „Eigenkreation“. Wer hier Kosten einsparen möchte, spart am falschen Ende.

Dieser Beitrag soll angehende und bereits etablierte Zahnärzte für ausgewählte Fragestellungen sensibilisieren, die es zu berücksichtigen gilt. Anhand der folgenden Aspekte können auch bestehende Verträge auf deren Qualität und Aktualität untersucht werden.

 

Beteiligung der Partner an Entscheidungsbildung und Gewinnverteilung
Für die Neuzulassung einer BAG verlangen die Zulassungsausschüsse zunehmend die Beteiligung aller Partner an der Entscheidungsbildung sowie am Gewinn. So muss jeder Partner über ein Stimmrecht verfügen, welches seiner Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft entspricht. Von größerer Bedeutung ist jedoch, dass einige Zulassungsausschüsse auch eine prozentuale Beteiligung am Gesamtgewinn der BAG verlangen. Diese soll mindestens bei 5 Prozent liegen.

Hier zeichnet sich ein Trend ab, der im Widerspruch zur aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung steht. Immer mehr einzelne Zahnärzte treten als Investoren auf und beteiligen ihre Partner, die zumeist nicht am Kapital der Gesellschaft beteiligt sind, nur an deren eigenem Umsatz. Um dies weiterhin zu gewährleisten und trotzdem die begehrte Zulassung der BAG zu erhalten, müssen die Verträge entsprechende Formulierungen enthalten. Hier ist die Erfahrung des fachkundigen Juristen gefragt, der die Wünsche der Partner rechtlich umsetzt und Kontakt zu den Zulassungsgremien unterhält. Es stehen verschiedene – zulassungsrechtlich abgesicherte – Varianten zur Verfügung.

Probezeit
In der Regel gilt, dass derjenige Partner, der die BAG kündigt, auch aus ihr ausscheidet und den Praxisstandort verlassen muss. Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass dies dem bereits länger am Praxisstandort tätigen Kollegen (der zumeist auch der „Investor“ ist) zumindest in der Anfangszeit nicht zuzumuten ist, sollte eine Probezeit vereinbart werden. Innerhalb dieser Probezeit hat der „Seniorpartner“ das Recht, trotz selbst ausgesprochener Kündigung am Praxisstandort und in der BAG zu verbleiben. Nach einschlägiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist eine solche Regelung zulässig. Sie darf jedoch maximal für einen Zeitraum von drei Jahren vereinbart werden. Die Vereinbarung einer unbefristeten Herauskündigungsmöglichkeit zu Lasten des jüngeren Partners im Sinne einer fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses ist unwirksam.

Kündigungsfrist und Kündigungsfolgen
Gemäß Paragraf 723 Absatz 1 Satz 1 BGB kann eine GbR ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Um die Nachfolge- und die Ausscheidensvereinbarung vorzubereiten, sollte jedoch eine Kündigungsfrist von mindestens zwei, besser drei Quartalen vereinbart werden. Ist eine ausreichend lange Kündigungsfrist vereinbart, kann von der sonst üblichen Regelung abgewichen werden, dass eine Kündigung nur zum Jahresende möglich ist.

Besonderes Augenmerk ist auf die Kündigungsfolgen zu richten. Häufig enthalten Verträge die „Berechtigung“ des verbleibenden Partners, die Gesellschaftsanteile des ausscheidenden Partners zu übernehmen und entsprechend zu verwerten und nachzubesetzen. Dies stellt sich de facto jedoch eher als Verpflichtung dar. Die Anzahl der Zahnärzte, die bereit sind, sich selbstständig zu machen, verringert sich. Dementsprechend ist im Einzelfall zu entscheiden, wer das wirtschaftliche Risiko der Verwertung der Gesellschaftsanteile des Ausscheidenden tragen soll.

Problematisch ist auch die Formulierung einer Konkurrenzklausel. Ein ausgeschiedener Partner soll (nach Erhalt einer Ausgleichszahlung für seinen Goodwill-Anteil) in einem bestimmten Zeitraum nach der Trennung nicht in der Nähe der ehemals gemeinsamen Praxis tätig werden dürfen. Ältere Verträge sehen hier teilweise noch Fristen von fünf Jahren und Entfernungen von zehn oder zwanzig Kilometern vor. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH unzulässig. Während in zeitlicher Hinsicht eine geltungserhaltende Reduzierung auf zwei Jahre stattfindet, kann ein zu groß gewählter Radius zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel führen. Welcher Radius noch zulässig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in einem BAG-Vertrag sehr viele Aspekte zu berücksichtigen sind. Die Endversion eines Vertrags ist immer vom Einzelfall abhängig. Alle neuralgischen Punkte zu nennen, ist an dieser Stelle nicht möglich. Es bleibt also bei der Empfehlung, zur Überprüfung eines vorhandenen oder zur Erstellung eines neuen Vertrags einen entsprechend spezialisierten Rechtsanwalt zu konsultieren. Nur, wer sich im Hinblick auf die vertragliche Gestaltung ausreichend absichert, kann sich auf das Wesentliche konzentrieren: die Arbeit am Patienten.
RA Dr. Karl-Heinz Schnieder, Münster, Berlin, Hamburg, Bielefeld

Zu unserem Autor:
Dr. Karl-Heinz Schnieder war zwei lang Jahre Referatsleiter Recht bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe und ist seit 16 Jahren niedergelassener Rechtsanwalt und Partner und Mitinhaber der kwm, Kanzlei für Wirtschaft und Medizin, Münster, Berlin, Hamburg und Bielefeld. Er ist Fachanwalt für Medizinrecht sowie für Sozialrecht und ist seit seiner Promotion als Lehrbeauftragter der Universität Münster tätig.
Dr. Schnieder ist unter anderem Mitglied der Netzwerkpartnerschaft Neue Versorgungsstrukturen der Deutschen Apotheker- und Ärztebank sowie Initiator und Gründer der Gesundheitsregionen Münster, Ruhrgebiet, Osnabrück/Emsland, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Rheinland und Hamburg.

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