Umstrittene GOZ – das ändert sich künftig

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Neues bei der GOZ – das ändert sich 2012. Foto: Thorben Wengert / pixelio.de

Der Bundesrat hat die erste Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) seit 1988 verabschiedet. Herausgekommen ist eine umstrittene Novelle. Die Bundesregierung hält die mit der neuen GOZ verbundene Honorarsteigerung von 6 Prozent für angemessen. (Gesetzesbegründung: „Eine Kostensteigerung über den angenommenen Wert von 6 Prozent hinaus wäre nicht sachgerecht.“) Naturgemäß empfinden die Privatversicherer den Honorarzuwachs als zu hoch und zu teuer. Die Zahnärzte hingegen verweisen auf einen fehlenden Inflationsausgleich, gestiegene Kosten und neue (auch teurere) Behandlungsmöglichkeiten. Vor diesem Hintergrund halten sie den Honorarzuwachs für zu gering.

Die prozentuale Erhöhung entspricht ca. 345 Millionen Euro jährlich. Verteilt auf knapp 70.000 derzeit in Deutschland aktive Zahnärzte bedeutet dies einen individuellen jährlichen Einkommenszuwachs von rund 5.000 Euro. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich allerdings, dass sich die errechnete Steigerung auf das Jahr 2008 bezieht. Durch die in den Jahren 2009 bis 2011 allein inflationsbedingt eingetretene Kostensteigerung ist der Honorarzuwachs daher bereits weitestgehend aufgezehrt.

Dennoch hat der Gesetzgeber beschlossen, dass die Bundesregierung die Auswirkungen der neuen GOZ überprüfen und dem Bundesrat darüber bis zur Mitte des Jahres 2015 berichten wird. Tritt tatsächlich eine höhere Steigerung als die geplanten 6 Prozent ein, ist mit einer Verringerung der Abrechnungsmöglichkeiten zu rechnen.

 

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Paragraf 2: Abweichende Vereinbarung

Zukünftig dürfen keine abweichende Punktzahl und kein abweichender Punktwert vereinbart werden. Nur noch der Steigerungssatz kann demzufolge erhöht werden. Zudem dürfen Notfall- und akute Schmerzbehandlungen nicht vom Abschluss einer Vergütungsvereinbarung abhängig gemacht werden.

Paragraf 10: Fälligkeit und Abrechnung der Vergütung, Rechnung

Die in Paragraf 10 Absatz 1 GOZ geregelte Rechnungsstellung erfährt eine gravierende Änderung. War bislang die zahnärztliche Vergütung fällig, wenn eine „der GOZ entsprechende Rechnung“ erteilt worden ist, muss ab dem 1. Juli 2012 ein bestimmtes Rechnungsformular verwendet werden. Es befindet sich in der Anlage zur neuen GOZ und muss unverändert benutzt werden. Bereits jetzt müssen also die Umstellung der EDV sowie die Einarbeitung des Praxispersonals erfolgen, damit im Sommer nächsten Jahres ein reibungsloser Übergang zum neuen Formular erreicht werden kann.

Paragraf 12: Überprüfung

Der neu eingefügte Paragraf 12 berechtigt und verpflichtet die Bundesregierung zur Überprüfung der Auswirkungen der GOZ. Gegebenenfalls wird der Honorarzuwachs im Jahr 2015 nach unten korrigiert.

Keine Öffnungsklausel

Die heftig umstrittene Öffnungsklausel hat keinen Eingang in das Gesetz gefunden. Die privaten Krankenversicherer haben dadurch weiterhin keine Möglichkeit, die festgesetzten Gebührensätze zu unterschreiten.

 

Die wichtigsten Änderungen im Gebührenverzeichnis:

 

Neue Ziffer 1040: Professionelle Zahnreinigung

Die Professionelle Zahnreinigung bekommt eine eigene Gebührenziffer. Es dürfen 28 Punkte pro Zahn abgerechnet werden, was bei einem 2,5-fachen Satz 3,60 Euro pro Zahn entspricht.

Schmelz- und dentinadhäsive Seitenzahnfüllung

Die Schmelz- und dentinadhäsiven Seitenzahnfüllungen erhalten ebenfalls eigene Gebührenziffern. Die Analogabrechnung nach Ziffern 215 bis 217 erübrigt sich dadurch.

Provisorisches Inlay und Wundverschlussplastik

Auch das provisorische Inlay (aus Ziffer 219 werden Ziffern 2190, 2195 und 2197) sowie die Wundverschlussplastik (Ziffer 3100) bekommen eine eigene Gebührenziffer.

Neben den beispielhaft erwähnten Änderungen sind noch viele weitere Gebührenziffern hinzugefügt, ergänzt oder gestrichen worden. Es empfiehlt sich die Lektüre einer Synopse sowie die Einarbeitung und Schulung des (mit der Abrechnung betrauten) Praxispersonals. Die berechnete Verbesserung des Honorars um 6 Prozent wird nicht durch eine Erhöhung des Punktwerts erzielt, sondern durch die Höherbewertung einzelner Leistungen. Um den bestmöglichen Honorarzuwachs zu erreichen, sind daher detaillierte Kenntnisse des neuen Gebührenverzeichnisses erforderlich.

Verfassungsbeschwerde gegen die neue GOZ ist in Vorbereitung

Zwar ist das Gesetzgebungsverfahren inzwischen abgeschlossen. Die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der neuen GOZ steht jedoch noch an. Der Justiziar des Bundesverbands der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa (BDIZ) bereitet derzeit eine Verfassungsbeschwerde vor. Ob dies allerdings langfristig zu der gewünschten Novellierung der GOZ führen wird, darf bezweifelt werden.

RA Dr. Karl-Heinz Schnieder, Münster, RA Felix Ismar, Hamburg

Zu unseren Autoren

RA Dr. Karl-Heinz Schnieder

RA Dr. Karl-Heinz Schnieder

RA Dr. Karl-Heinz Schnieder

Rechtsanwalt Dr. Karl-Heinz Schnieder war zwei Jahre lang Referatsleiter Recht bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe und ist seit 16 Jahren niedergelassener Rechtsanwalt und Partner und Mitinhaber der kwm, Kanzlei für Wirtschaft und Medizin, Münster, Berlin, Hamburg und Bielefeld. Er ist Fachanwalt für Medizinrecht sowie für Sozialrecht und ist seit seiner Promotion als Lehrbeauftragter der Universität Münster tätig. Dr. Schnieder ist unter anderem Mitglied der Netzwerkpartnerschaft Neue Versorgungsstrukturen der Deutschen Apotheker- und Ärztebank sowie Initiator und Gründer der Gesundheitsregionen Münster, Ruhrgebiet, Osnabrück/Emsland, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Rheinland und Hamburg.

 

 

 

 

RA Felix Ismar

RA Felix Ismar

RA Felix Ismar

Rechtsanwalt Felix Ismar ist seit 2009 zur Anwaltschaft bei der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg zugelassen. Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt im Medizinrecht und Gesundheitsrecht.

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