Synergien aus unterschiedlichen zahnärztlichen Fachbereichen nutzen – Das Mehrbehandlermodell von Dr. Gunnar Vockert und ZA Andreas Clemens

Dr. Andreas Clemens, Dr. Gunnar Vockert

Haben gut lachen: Zahnarzt und Oralchirurg Andreas Clemens (links) und Kieferorthopäde Dr. Gunnar Vockert

Der Kieferorthopäde Dr. Gunnar Vockert und der Zahnarzt und Oralchirurg Andreas Clemens haben sich im Oktober 2007 in eigener Praxis in Gelnhausen niedergelassen. Dabei treffen die beiden Fachdisziplinen Oralchirurgie und Kieferorthopädie aufeinander. Eine ungewöhnliche Kombination, die die beiden Mediziner allerdings positiv betrachten. Im nachfolgenden Interview erläutert Dr. Gunnar Vockert die Hintergründe zu dieser Entscheidung sowie seine Erfahrungen, mit einem Kollegen zusammen eine Praxis zu führen.

CP: Herr Dr. Vockert, warum haben Sie sich für eine Mehrbehandlerpraxis als Praxisform entschieden?

Dr. Gunnar Vockert:Die Idee einer Fachpraxis mit den beiden zahnärztlichen Fachdisziplinen Oralchirurgie und Kieferorthopädie erschien uns besonders reizvoll. Diese Kombination gibt es in Deutschland äußerst selten und ist insbesondere an unserem Standort eine sinnvolle Ergänzung zu den vorhandenen Praxen. Ein Vorteil besteht darin, dass wir weder uns gegenseitig noch den umliegenden Praxen Konkurrenz machen, sondern – im Gegenteil – uns optimal ergänzen.

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Hierhin kommt man gern: der freundliche Empfangsbereich der Praxis

Die Gründungsphase war natürlich dadurch erschwert, dass man alle Entscheidungen zusammen treffen musste – das erforderte viel Kompromissbereitschaft. Es hatte aber auch den Vorteil, dass man sich intensiver mit der Materie befasste und dadurch einen klareren Blick für die Probleme und deren Lösungen bekam.

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Ein Behandlungsraum in freundlichem Gelb

CP: Wie haben Sie den Standort für Ihre Praxisgründung gefunden?
Vockert: Es war uns von Beginn an klar, dass wir in Gelnhausen oder der näheren Umgebung eine Praxis gründen wollten, da wir beide seit mehr als 25 Jahren hier ansässig sind. Die Praxisräume selbst haben wir erst im dritten Anlauf gefunden, nachdem bei den ersten beiden Objekten die Vermieter nicht mitgespielt haben. Der Standort ist aber auch insofern günstig, als es hier bisher keinen Oralchirurgen und nur einen Kieferorthopäden gab und die Stadt einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt mit großem Einzugsgebiet und günstiger Infrastruktur mit weiterführenden Schulen, Bahnhof, Anbindung an die Autobahn etc. darstellt.

CP: Konnten Sie bei der Gründung Ihre Vorstellungen verwirklichen?
Vockert:Diese Frage muss man relativieren: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man sich zuerst einmal über den Platzbedarf klar werden muss. So gesehen, sollten sich die Vorstellungen anfangs auf grundlegende Dinge, wie Anzahl der Behandlungszimmer und -stühle, Labor ja oder nein, Anzahl und Größe der übrigen Räume, beschränken. Viele Dinge hängen sehr stark von der Gebäudestruktur ab, so dass man erst dann sinnvoll planen und weitere Vorstellungen entwickeln kann, wenn man ein – von der Größe her – geeignetes Objekt gefunden hat. Man sollte also unbedingt flexibel sein, was die Erwartungen angeht, sonst kann man leicht enttäuscht werden.

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Nachdem wir geeignete Räumlichkeiten gefunden hatten – zwei Etagen, 340 Quadratmeter mit Dachschrägen! –, war es an der Zeit, sich mit einem Innenarchitekten zusammenzusetzen und eine Praxisplanung zu erstellen, die die besonderen Bedürfnisse einer kieferorthopädischen und einer oralchirurgischen Praxis berücksichtigte.

So musste beispielsweise ein kieferorthopädischer Behandlungsraum geschaffen werden, in dem mehrere Stühle nebeneinander angeordnet werden konnten, sowie ein spezieller Eingriffsraum für zahnärztliche Operationen mit Arzt- und Patientenschleuse.

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Professioneller Behandlungsbereich

In unserem Fall wurde diese Aufgabe von der Firma Pluradent übernommen, was den Vorteil hatte, dass auch die Installationsplanung sowie die spätere Bauleitung in einer Hand lagen. Aufgrund der Erfahrung und Weitsicht der Berater von Pluradent konnten wir dann letzten Endes auch in diesem, von der Architektur her schwierigen Objekt unsere Vorstellungen verwirklichen.

CP: Welche Schwerpunkte beinhaltet Ihr Praxiskonzept/was ist das Besondere an Ihrer Praxis?

Vockert: Wir verstehen uns vornehmlich als Überweiserpraxis, da wir nun einmal die beiden zahnärztlichen Fachdisziplinen Kieferorthopädie und Oralchirurgie unter einem Dach vereinen. Wir übernehmen die Behandlungsaufgaben, die die hauszahnärztlichen Kollegen nicht erfüllen können oder wollen. Dadurch erstreckt sich unser Patientengut über sämtliche Altersgruppen und Bevölkerungsschichten.

CP: Verraten Sie uns Ihr Erfolgsgeheimnis?

Vockert: Es ist noch zu früh, um von wirtschaftlichem Erfolg zu sprechen, da wir erst seit einem halben Jahr arbeiten. Ein Erfolg war es allerdings, die Praxis, so wie sie heute dasteht, zu realisieren. Wir sind aber auch mit der wirtschaftlichen Entwicklung bisher sehr zufrieden und hoffen, dass es in diesem Stil weitergeht.

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Beruhigende Stimmung in der Wartezone

Einen großen Anteil daran dürfte unsere Medienpräsenz haben: Wir inserieren regelmäßig in regionalen Zeitungen, sind im Internet vertreten und hatten nach einem Monat einen Tag der offenen Tür, über den auch in der Lokalpresse berichtet wurde. Der wichtigste Faktor ist jedoch unserer Meinung nach eine gute Mund-zu-Mund-Propaganda.

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Die Wohlfühlatmosphäre zieht sich durch alle Räume

CP: Wie groß ist Ihr Team?

Vockert: Wir beschäftigen derzeit drei Mitarbeiterinnen in Vollzeit und eine Teilzeitkraft. Eine Dame ist nur für Rezeptionstätigkeit und Abrechnung zuständig, die anderen werden je nach Bedarf in allen anderen Bereichen eingesetzt. Aufgrund des großen Behandlungsspektrums ist bei uns auch das Assistieren nie langweilig.

CP: Wie motivieren Sie Ihr Team?

Vockert: Mit dem Motto „Nur gemeinsam sind wir stark!“

CP: Hat die Organisation von Anfang an funktioniert?

Vockert: Das dürfte wohl bei keiner Neugründung der Fall sein. Man sieht sich mit einer Fülle von Aufgaben jeglicher Art konfrontiert, mit denen man als Assistent nie etwas zu tun hatte und die nun aber bewältigt werden müssen, beispielsweise Personalmanagement oder Buchhaltung. Gleichzeitig wächst man an seinen Aufgaben.

Zum Glück bekommt man von vielen Seiten Hilfestellung, zum Beispiel vom Dental-Depot, vom Steuerberater, von den EDV-Firmen etc. Das Wichtigste aber ist, dass man innerbetrieblich miteinander kommuniziert; nur so können Probleme aufgedeckt und gelöst werden. Unser Vorteil ist, dass wir uns die Arbeit teilen können. Trotzdem ist es wichtig, so viel wie möglich zu delegieren, damit der Hauptteil der persönlichen Arbeitszeit für die Patientenbehandlung zur Verfügung stehen kann.

CP: Wie bewältigen Sie die für Sie neuen Verwaltungsaufgaben?

Vockert: Wie schon erwähnt, nutzen wir nach Möglichkeit alle Quellen, die uns Hilfestellung geben können. Darüber hinaus lassen wir die Privatliquidation von einem Rechenzentrum erledigen; das erspart Zeit und Ärger.
Wirtschaftlich gesehen sind wir natürlich noch nicht dort, wo wir hinwollen, aber das ist nach einem halben Jahr auch nicht überraschend. Man muss sich als Neugründer darüber bewusst sein, dass man, wenn man zu Beginn eines Quartals angefangen hat, das erste Geld von der KZV im Prinzip erst nach einem halben Jahr bekommt. In dieser Zeit müssen aber natürlich sämtliche Betriebskosten bezahlt werden, so dass man relativ schnell einige zehntausend Euro Minus auf seinem Praxiskonto verbuchen kann. Dementsprechend groß muss der Betriebsmittelkredit dimensioniert sein.

CP: Haben Sie eine Praxisphilosphie?

Vockert: Für uns steht nach wie vor der Patient im Vordergrund. Qualitätsmanagement fängt beim Behandler und seiner Leistung als Arzt an. Es nützt nichts, eine tolle Praxis zu haben, die allen Anforderungen gegenwärtiger QM-Systeme genügt, wenn die Behandlungsqualität nicht stimmt. Denn das merkt auch der Patient. Andererseits sind Patienten, die sehen, dass das Preis-Leistungsverhältnis in Ordnung ist, auch bereit, etwas für die Qualität dazu zu bezahlen.

CP: Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Vockert: An erster Stelle wollen wir natürlich wirtschaftlich auf einen grünen Zweig kommen und die Praxis noch etwas erweitern, um eines Tages auch Weiterbildungsassistenten beschäftigen zu können. Darüber hinaus jedoch versuchen wir, auch unter schwierigen gesundheitspolitischen und volkswirtschaftlichen Bedingungen, unseren Patienten eine möglichst optimale und dennoch bezahlbare Versorgung zu bieten und dabei den Spaß an der Arbeit nicht zu verlieren.

CP: Herzlichen Dank für das Interview!

 

Dr. Gunnar Vockert – Kieferorthopäde

• Studium der Zahnmedizin an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main

• Staatsexamen Juni 1999

• Vorbereitungsassistent in allgemeinzahnärztlicher Praxis von 2000 bis 2001 in Wölfersheim/Friedberg

• Weiterbildungsassistent für Kieferorthopädie von 2001 bis 2002 in kieferorthopädischer Praxis in Wiesbaden

• Weiterbildungsassistent für Kieferorthopädie und wissenschaftlicher Mitarbeiter von 2002 bis 2007 an der Universitätszahnklinik Köln

• Fachzahnarztprüfung November 2005

• Promotion Juni 2006

• seit Oktober 2007 in eigener Praxis niedergelassen

 

ZA Andreas Clemens – Zahnarzt, Oralchirurgie

• Ausbildung zum Reserveoffizier der deutschen Bundeswehr von 1990 bis 1992

• Studium der Zahnmedizin an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main

• Staatsexamen Juni 1999

• Vorbereitungsassistent 1999 bis 2002

• Weiterbildungsassistent für Oralchirurgie von 2003 bis 2006

• Master Degree of the Esola Laser Academy 2005

• Fachzahnarztprüfung März 2006

• seit Oktober 2007 in Gelnhausen in eigener Praxis niedergelassen

• Tätigkeitsschwerpunkte: Endodontie (2004), Laserzahnmedizin (2005), Implantologie (2008)

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