So holen Sie das Beste aus Ihren Mitarbeitern heraus

Teams unterliegen einer ganz eigenen Dynamik und Teamstruktur. Für die Praxisleitung heißt das: sich niemals der trügerischen Hoffnung hingeben, dass das Team von alleine läuft. Ohne Führung wird aus einem leistungsfähigen Team schnell eine träge Gruppe, die mehr eigene Interessen als die Interessen der Praxis verfolgt.

Sybille David

Sybille David

Bestehende Teams übernehmen
Bei der Praxisübernahme werden häufig bestehende Teams übernommen. Einmal ist das in vielen Übernahmeverträgen so geregelt und dient dem Mitarbeiterschutz, andererseits erhofft sich die neue Praxisleitung dank des eingespielten Teams Vorteile in den Abläufen und im Patientenmanagement.

Doch hier lauern bereits die ersten Tücken. Eingespielte Teams haben oft über viele Jahre gut funktioniert und ihre eigene Teamkultur entwickelt. Dies meist sogar unbewusst. Solange alles wie gewohnt läuft, ist das auch erfolgreich. Mit der Praxisübernahme entsteht jedoch eine völlig neue Situation. Es weht ein neue Wind: Die Zusammensetzung des Teams wird verändert und angestammte Positionen in Frage gestellt. Während einige Teammitglieder auf Veränderungen überaus positiv und neugierig reagieren, schotten sich andere Teammitglieder regelrecht ab. Für diese Mitarbeiter stellt sich die Frage: „Warum soll sich nun alles ändern? Es hat doch vorher auch so gut geklappt.“ So entsteht eine Abwehrreaktion, die schnell zu einer Blockade dringend notwendiger Innovationen und Veränderungsprozesse bei der Praxisübernahme führen kann. Hier einige Tipps, wie man das Team in die Praxisübernahme aktiv einbeziehen kann:

• Stellen Sie sich dem Team rechtzeitig vor und lassen Sie es an Ihren Visionen und Vorstellungen teilhaben. Am besten, Sie bereiten dafür sogar eine kleine Präsentation vor, das beeindruckt und erhöht die Bereitschaft mitzumachen.
• Wenn möglich, sollte der Praxisabgeber für den frischen Wind, der mit der neuen Praxisleitung weht, Werbung beim gesamten Team machen.
• Kritisieren Sie die bisherige Praxisführung nicht, auch wenn Sie bereits wissen, dass Sie vieles anders machen werden.
• Sprechen Sie eine klare Sprache! Das heißt, machen Sie keine vagen Versprechungen oder benutzen Sie keine schwammigen Formulierungen. Sie dürfen ruhig von „Ich stelle mir vor“ beziehungsweise „Ich erwarte von Ihnen“ sprechen, aber verwenden Sie auch Worte wie „gemeinsam“, „Perspektive“, „Zukunft“, „Freude an der Zusammenarbeit“, „persönliche Entwicklung des Einzelnen“ etc.
• Suchen Sie das Gespräch mit jeder einzelnen Mitarbeiterin. Vieraugengespräche zeugen von einer mitarbeiterorientierten Praxiskultur, beweisen Wertschätzung, Interesse und Respekt. Bereiten Sie die Einzelgespräche gut vor, verwenden Sie einen Gesprächsleitfaden und überlegen Sie gut, was Sie wirklich wissen müssen, um eine künftige Zusammenarbeit erfolgreich zu machen.
• Bestimmen Sie eine Probezeit, in der Sie die einzelnen Mitarbeiter auf menschliche und fachliche Qualifikationen analysieren. So können Sie nach einer angemessenen Frist entscheiden, mit wem Sie weitermachen können und wollen.

Zusammenstellung eines neuen Teams
Für jeden Praxisgründer stellt sich die Frage nach dem idealen Team. Man nimmt schon mal gerne eine gute Helferin aus der Ausbildungspraxis mit. Aber Achtung: Hier lauern ein paar Fallstricke, die es zu umgehen gilt. Die Super-Abrechnungshelferin aus der vorherigen Praxis entpuppt sich allzu oft als blanke Enttäuschung. Nicht etwa, weil sie nichts von ihrem Job versteht, sondern weil sie genau so gut war, wie es in der anderen Praxis nötig war.

Bei der Neugründung einer Praxis wünscht sich die Praxisleitung kreative Abrechnungsprozesse, genau abgestimmt auf die eigenen Behandlungsarten – und das natürlich juristisch einwandfrei, richtlinienkonform und schnell. Doch die Top-Abrechnungsspezialistin versagt. Warum? Weil sie jahrelang auf die Abrechnungsgepflogenheiten ihres vorherigen Chefs eingespielt war, dessen Eigenheiten kannte und somit fast blind abrechnen konnte. Vielleicht hat Ihr Kollege ihr auch viele Freiheiten gelassen, sodass sie die Abrechnungsqualität selbst bestimmt hat. Sie als Praxisgründer wiederum möchten Einblicke in alle Bereiche der Praxis, auch in die Abrechnung. Und unter einer guten Abrechnung stellen Sie sich möglicherweise etwas ganz anderes vor als Ihre Mitarbeiterin.

Tipp:
• Weisen Sie Ihre Abrechnungsmitarbeiterin in Ihre Behandlungsweise ein. Nur wenn sie weiß, wie Sie behandeln, kann sie richtig abrechnen.
Besuchen Sie anfänglich einige Abrechnungskurse gemeinsam beziehungsweise leisten Sie sich einen Abrechnungscoach, der Sie auf den neuesten Stand der Dinge bringt und Ihnen hilft, Ihre Behandlungen rechtssicher abzurechnen.
• Schaffen Sie sich ein Nachschlagewerk an, in dem Sie selbst alle Antworten auf Ihre Abrechnungsfragen erhalten.

Du oder Sie?
Bei der Mitnahme von Mitarbeitern aus der vorherigen Praxis stellt sich häufig noch ein Problem dar. Häufig duzt sich der junge Zahnarzt beziehungsweise die junge Zahnärztin mit dem Team. Wenn Sie nun selbst Praxisinhaber werden, kann das durchaus die Zusammenarbeit erschweren – muss es jedoch nicht.

Stellen Sie klar, dass das Duzen im Team keinerlei besondere Freiheiten für den einzelnen bedeutet. Sie sind Chef, egal, ob mit „Du“ oder „Sie“. Wenn dies allen klar ist, wird es weniger Irritationen in der Zusammenarbeit geben. Kommen neue Mitarbeiter zum Team hinzu, können Sie hier durchaus beim förmlichen „Sie“ bleiben, auch wenn die Mannschaft dann zweigeteilt ist.

Übrigens kann man nach den aktuellen Umgangsformen ein Duz-Angebot auch ablehnen. Auch kann man ein einmal ausgesprochenes „Du“ wieder zurücknehmen – allerdings ist dann zu befürchten, dass dies vom Team eher als eigenartig wahrgenommen wird und die Teamkultur nicht beflügelt.

Teamkodex
Insbesondere in großen Praxen hat es sich bewährt, einen Teamkodex einzuführen, in dem das Team sich selbst Umgangsformen auferlegt. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas ungewöhnlich, hat in vielen Praxen jedoch schon dafür gesorgt, dass man in kritischen Situationen, in Teamsitzungen und immer dann, wenn es unterschiedliche Meinungen gibt, dennoch einen wertschätzenden und respektvollen Umgangston pflegt.

Sybille David, Groß-Gerau

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