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Rechtliche Aspekte der Kooperation von Zahnärzten untereinander und mit anderen Heilberufen

Schnieder, RA Karl-Heinz [1]

Dr. Karl-Heinz Schnieder

Für die unterschiedlichen Kooperationsformen gelten unterschiedliche Regelungen und Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Abrechnungsfragen, Personal­angelegenheiten, Gewinnverteilungsfragen und datenschutzrechtliche Gesichtspunkte. Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über die wichtigsten Kooperationsmöglichkeiten.

Kooperation von Zahnärzten und Angehörigen anderer Heilberufe
Eine interdisziplinäre Kooperation zwischen Zahnärzten und Angehörigen anderer Heilberufe ist gemäß Paragraf 17 der Mus­terberufsordnung für Zahnärzte (MBO-Z) zulässig. Sie ist insbesondere dann sinnvoll, wenn hierdurch Qualität und Ergebnisse der Behandlung von Krankheiten, deren Ursache verschiedenen medizinischen Fachgebieten zuzuordnen ist, verbessert werden können. Ein Beispiel hierfür ist die Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD-Erkrankung), die häufig aufgrund mehrerer Faktoren wie beispielsweise Kieferfehlstellungen und psychische Belas­tungen (Stress und Ähnliches) entsteht und deren erfolgreiche Behandlung neben der umfassenden zahnmedizinischen und kieferorthopädischen Versorgung oftmals auch einer physiotherapeutischen Versorgung sowie einer psychologischen Betreuung bedarf. Die Kooperation von Zahnärzten mit Physiotherapeuten oder anderen Ärzten, die eine entsprechende Spezialisierung haben, kann daher durchaus sinnvoll sein.

Die Praxisgemeinschaft von Zahnärzten und Heilberuflern
Als Kooperationsform zwischen Zahnärzten und Angehörigen anderer Heilberufe beziehungsweise Ärzten anderer Fachrichtungen kommt ebenfalls die Praxisgemeinschaft in Betracht. Eine Kooperation in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft ist dagegen nicht zulässig, da diese
eine „gemeinsame“ Berufsaus-übung voraussetzt. Eine solche ist aber aufgrund der unterschied­lichen Berufe beziehungsweise der unterschiedlichen Fachrichtungen nicht möglich.

Umfassende Versorgung vor Ort
Für die Kooperation in Form einer Praxisgemeinschaft gelten im Wesentlichen die obigen Ausführungen zur Praxisgemeinschaft von Zahnärzten untereinander. Der Zahnarzt und der Heilberufler nutzen in der Regel die gleichen Räumlichkeiten und teilen sich – soweit möglich – das Personal. Hierdurch können Einsparungen erzielt werden. Benötigt ein Patient neben der zahnmedizinischen eine weitere, beispielsweise physiotherapeutische Behandlung, so kann vor Ort eine umfassende medizinische Versorgung angeboten werden.

Besonderheiten der Kooperation
Gemäß Paragraf 17 Abs. 1 MBO-Z ist zu gewährleisten, dass Zahnarzt und Heilberufler ihren Beruf jeweils eigenverantwortlich, fachlich unabhängig und freiberuflich ausüben. Die berufliche Tätigkeit von Zahnarzt und Heilberufler muss räumlich, organisatorisch sowie für den Patienten erkennbar voneinander getrennt sein. Zudem ist unbedingt darauf zu achten, dass sich der Zahnarzt bei sämtlichen Therapieentscheidungen und somit auch bei der Empfehlung zum Aufsuchen eines weiteren Arztes/Heilberuflers ausschließlich am Interesse und an der Gesundheit des Patienten orientiert. Der Patient darf in seinem Recht auf freie Arztwahl, das selbstverständlich auch im Hinblick auf Angehörige sonstiger Heilberufe gilt, nicht unsachlich beeinflusst werden.

Selbstverständlich ist es dem Zahnarzt nicht gestattet, für die Zuweisung und Vermittlung von Patienten ein Entgelt zu fordern oder sich andere Vorteile versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Ein entsprechendes Verbot ist in Paragraf 2 Absatz 8 MBO-Z normiert.

Arbeitskreise und Arbeitsgemeinschaften
Eine gemeinsame Berufsaus-übung von Zahnärzten und Ärzten anderer Fachrichtungen beziehungsweise anderen Heilberuflern in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft ist – wie bereits erörtert – rechtlich nicht möglich. Eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Ange­hörigen verschiedener medizi­nischer Berufsgruppen kann aber beispielsweise in Form von Arbeitskreisen und Arbeitsgemeinschaften erfolgen. So bietet sich für Zahnärzte, spezialisierte Haus­ärzte und Physiotherapeuten beispielsweise ein Arbeitskreis mit dem Schwerpunkt „Kopferkrankungen“ an. Ziel des Arbeitskreises oder der Arbeitsgemeinschaft sollte ein intensiver interdiszipli­närer fachlicher Austausch zum Zwecke einer umfassenden und bestmöglichen Behandlung der Patienten sein.

Kooperation von Zahn­ärzten und Dentallaboren
Der Betrieb von Dentallaboren durch niedergelassene Zahnärzte kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen. So können niedergelassene Zahnärzte Laborleistungen durch ein eigenes Praxislabor erbringen, sie können sich mit anderen Zahnärzten zu einer Praxislaborgemeinschaft zusammenschließen oder sich an gewerblichen Laboren beteiligen.

Eigenes Praxislabor
Der selbstständig tätige Zahnarzt kann mit entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern ein eigenes Praxislabor betreiben. In dem Labor dürfen dann allerdings nur zahntechnische Leistungen für die eigenen Patienten erbracht werden, nicht aber für andere Ärzte. Der Zahnarzt kann dem Patienten die tatsächlichen angemessenen Kosten der erbrachten Laborleistungen in Rechnung stellen.

Praxislaborgemeinschaft
Auch die Praxislaborgemeinschaft ist eine Unterform der Praxisgemeinschaft. Sie bezeichnet einen Zusammenschluss von Zahn­ärzten gleicher oder verschiedener Fachrichtungen zur gemeinsamen Nutzung von Laboreinrichtungen und Personal innerhalb oder außerhalb der eigenen Praxisräume zwecks Erbringung der in der eigenen Praxis anfallenden Laboratoriumsuntersuchungen. Es handelt sich insoweit um einen zahnärztlichen Hilfsbetrieb. Der Betrieb einer Laborgemeinschaft ist ebenso wie die Apparategemeinschaft betriebswirtschaftlich motiviert. Durch die höhere Auslastung und die Teilung der Kosten kann eine Kos­tenminimierung erreicht werden. Die Laborgemeinschaft ist gegen­über der Kassenzahnärztlichen Vereinigung anzeigepflichtig.

Beteiligung am gewerblichen Labor
Die Beteiligung von Zahnärzten an gewerblichen Laboren ist grundsätzlich möglich, aber nicht ganz unproblematisch, wenn das Labor auch Leistungen für die Praxis des beteiligten Zahnarztes selbst erbringt. Gemäß Paragraf 9 GOZ darf der Zahnarzt dem Patienten die tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen zwar in Rechnung stellen. Nicht zulässig ist aber die Erzielung von Gewinnen des Zahnarztes durch die Erbringung zahntechnischer Leis­tungen. Auch einen Verstoß gegen berufsrechtliche Vorschriften gilt es zu vermeiden. So sind Zuweisungen gegen Entgelt ge­mäß Paragraf 2 Absatz 7 MBO-Z verboten.

Unzulässige Beeinflussung der zahnärztlichen Unabhängigkeit – Urteil des BGH vom 23. Februar 2012
Die Beteiligung an einem gewerblichen Labor darf die ärztliche Unabhängigkeit in keiner Weise beeinträchtigen. Eine unsachliche Einflussnahme auf die ärztliche Unabhängigkeit nahm der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Kooperationsvereinbarung zwischen Zahnärzten und einem Dentallabor an, in der sich die Zahnärzte verpflichtet hatten, das Dental­labor mit sämtlichen bei der Behandlung ihrer Patienten anfallenden Dentallaborleistungen zu beauftragen und die Zahnärzte gleich­zeitig aufgrund gesellschaftsrechtlicher Regelungen am Gewinn des Dentallabors beteiligt waren (BGH, Urteil v. 23. Februar 2012, Az.: I ZR 231/10). Von der verpflichtenden Auftrags­erteilung ausgenommen waren lediglich Dentallaborleistungen, bei denen die Patienten aktiv die Auswahl des Labors bestimmen wollten. Der Bundesgerichtshof sah in der Kooperationsvereinbarung eine unsachliche Einfluss­nahme auf die zahnärztliche Therapiefreiheit und erachtete die gesamte Vereinbarung daher als nichtig.

Verbot der Gegenleistung: Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass Ärzte im Hinblick auf das geltende Berufsrecht verpflichtet sind, sich bei der Entscheidung da­rüber, an wen sie Patienten ver­weisen, allein am Patienteninte-resse zu orientieren und nicht da­ran, ob sie für die Überweisung eine Gegenleistung in Form eines wirtschaftlichen Vorteils erhalten.

Vereinbarter Patientenvorbehalt nicht ausreichend: Die Ausnahme der Bezugsverpflichtung für Patienten, die selbst aktiv die Auswahl des Labors bestimmen wollen, genügte dem Bundesgerichtshof zur Wahrung der Patienteninteressen vorliegend nicht. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass Zahnärzte insbesondere auch die Interessen solcher Patienten im Blick haben müssen, die keine „Vorstellung zur Auswahl eines Labors äußern und folglich auf die Unabhängigkeit des zuweisenden Zahnarztes vertrauen“.

Gesamtnichtigkeit: Im vorliegenden Fall resultierte der wirtschaftliche Vorteil der Zahnärzte nicht unmittelbar aus der mit dem Dentallabor getroffenen Kooperationsvereinbarung, sondern aus einer komplizierten, wenig transparenten gesellschaftsrechtlichen Gewinnbeteiligungsregelung. Das Berufungsgericht hatte insoweit die Ansicht vertreten, dass nur die Gewinnbeteiligungsvereinbarung nichtig sei, aber nicht der eigentliche Kooperationsvertrag zwischen den Zahnärzten und dem Dentallabor. Dieser Auffassung folgte der Bundesgerichtshof allerdings nicht. Es beurteilte den Kooperationsvertrag und die Gewinnbeteiligungsvereinbarung als einheitliches Rechtsgeschäft, so dass die Nichtigkeit letzterer auf den Kooperationsvertrag durchschlage.

Fazit: Zahnärzte sollten vor dem Eingehen derartiger Kooperations­verträge unbedingt Abstand nehmen. Eine Beteiligung des Zahnarztes an einem gewerblichen Labor ist nach derzeit herrschender Meinung zulässig, wenn die Gewinnbeteiligung auf Grundlage seiner prozentualen Beteiligung erfolgt. Nicht zulässig ist dagegen eine Gewinnbeteiligung des Zahnarztes auf Basis seiner eingebrachten Umsätze.

Zusammenfassung
Die verschiedenen Modelle der Zusammenarbeit bieten ein breites Spektrum an Möglichkeiten für die gemeinsame Berufsausübung mit Kollegen und/oder Angehörigen anderer Heilberufe. Die Wahl der Kooperationsform sollte allerdings gründlich überlegt sein. Jede Kooperationsform bietet Besonderheiten und ist an bestimm­te Voraussetzungen geknüpft. Welche Kooperation die beste oder sinnvollste ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern richtet sich nach den Vorstellungen und Zielen der Beteiligten im konkreten Einzelfall.

Dr. Karl-Heinz Schnieder, Münster