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Gemeinschaftspraxis: Vorsicht vor Scheinselbstständigkeit

Beabsichtigen zwei Zahnärzte auf Basis eines Vertrags über eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis gleichberechtigt zusammenzuarbeiten, wollen beide Ärzte in der Regel auch selbstständig tätig sein. Je nach Ausgestaltung des Vertrags kann sich aber trotzdem daraus ergeben, dass ein Arzt der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Wer kein wirtschaftliches Risiko trägt, dem kann ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis testiert werden. (Foto: Shutterstock/Goran Bogicevic)

Wer kein wirtschaftliches Risiko trägt, dem kann ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis testiert werden. (Foto: Shutterstock/Goran Bogicevic)

Auf eine entsprechende Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. November 2016 (Az.: L 5 R 1176/15) weist die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.

Der Zahnarzt praktizierte gemeinsam mit einer Kollegin in einer Praxis. Die beiden Ärzte hatten hierfür eine Gemeinschaft bürgerlichen Rechts gegründet und einen „Gesellschaftsvertrag“ abgeschlossen. Dieser legte unter anderem fest, dass die Ärztin 30 Prozent ihrer Honorare erhielt. Den übrigen Überschuss aus den Einnahmen erhielt ihr Partner, nachdem er von diesen Einnahmen sämtliche Praxisausgaben beglichen hatte. Dazu gehörten unter anderem die Miete, der Unterhalt der Praxis – die Praxiseinrichtung gehörte allein dem Zahnarzt – und die Personalkosten. Die beiden Vertragspartner legten fest, dass sie gleichberechtigt und einander nicht weisungsbefugt seien.

Sozialversicherungsträger fordert mehr als 13.000 Euro Rückzahlung

Im Rahmen einer Betriebsprüfung forderte der zuständige Sozialversicherungsträger den Arzt dennoch auf, für die Ärztin rückwirkend Sozialabgaben von mehr als 13.000 Euro zu zahlen, da sie abhängig beschäftigt sei.

Abhängiges Beschäftigungsverhältnis testiert

Die Klage des Arztes blieb erfolglos. Das Gericht sah ebenfalls ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und nannte hierfür mehrere Kriterien. So trage die Zahnärztin kein wirtschaftliches Risiko und sei auch nicht am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis beteiligt. Hinsichtlich der Sprechzeiten und der Urlaubsplanung müsse sie sich mit dem Zahnarzt und dem übrigen Praxispersonal absprechen. Erkranke sie länger als sechs Wochen, habe ihr Kollege die Befugnis, zulasten ihres Gewinnanteils einen Vertreter einzustellen. Umgekehrt gelte diese Regelung jedoch nicht.

Die Richter wiesen auch darauf hin, dass es typisch sei für „höhere Dienste“, dass die Ärztin keine (Fach-) Weisungen erhalte. Die Freiheit des selbstständigen Unternehmers zeige sich darin jedoch nicht.

Weitere Informationen gibt es unter www.dav-medizinrecht.de [1].