- Chance Praxis - http://www.chance-praxis.de -

Erkennen, therapieren, betreuen – Konzept zur Betreuung von parodontal erkrankten Patienten

Der Bereich der Parodontologie rückt immer mehr in das Zentrum der zahnmedizinischen Versorgung. Das Alarmierendste ist wohl die Tatsache, dass Parodontitis heute als Volkskrankheit gilt. Da stellt sich die Frage, weshalb Parodontalerkrankungen bei Patienten so selten berücksichtigt werden. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die Diagnose in den Zahnarztpraxen. Da die Parodontologie an den deutschen Universitäten bisher eher stiefmütterlich behandelt wird, müssen sich viele Zahnärzte in diesem Bereich erst noch postgradual nachbilden.

Durch das Versäumnis, fachgemäß mit Parodontitis umzugehen, wird in den Zahnarztpraxen deutschlandweit unbewusst viel Geld verschenkt – ganz abgesehen davon, welche Folgen für den Patienten entstehen. Es gilt allerdings, sich nicht nur mit dem Krankheitsbild an sich auseinanderzusetzen, sondern ein klares Konzept bezüglich der Erkennung, Behandlung und Nachsorge von erkrankten Patienten zu haben. Ohne systematische Zahnbett-Therapie gibt es keine erfolgreiche Parodontalbehandlung.

Kontrolluntersuchung
Zu Beginn kommt der Patient ganz regulär zum Routine-Checkup (Kontrolluntersuchung). Hier werden die Zähne, der Zahnhalteapparat sowie ein intraoraler Befund aufgenommen. Gängiges und erfolgreiches Verfahren ist hier die Anwendung des Parodontalen Screening Indexes. Zunächst wird der Kiefer in Sextanten eingeteilt. Im Anschluss misst eine Parodontalsonde in jedem Sextanten die Sondierungstiefe. Diese ist die Grundlage für die darauf folgende Einteilung in fünf verschiedene Codes von 0 für „Gesund“ bis 4 für „Schwere Parodontitis“. Liegen zweimal der Code 3 oder einmal der Code 4 vor, gilt eine Parodontitis als diagnostiziert und muss laut Bundeszahnärztekammer behandelt werden. Weiterhin sollten noch Befunde über den Furkationsbefall und die Zahnlockerung erhoben werden.

Aufklärung über die systematische Zahnbetttherapie
Wurde bei einem Patienten Parodontitis diagnostiziert, gilt es, ihn ausführlich mit dem Krankheitsbild vertraut zu machen und ihm das weitere Vorgehen während der systematischen Zahnbetttherapie darzulegen. Zu Beginn ist es dabei unerlässlich, dass der behandelnde Arzt selbst in aller Deutlichkeit darlegt, dass ein erfolgreiches Ergebnis der Therapie nur unter Mitarbeit des Patienten erreicht wird. Hierzu gehören die Einhaltung der Termine ebenso wie die häusliche Mundhygiene. Anschließend erfolgt die Aufklärung über den detaillierten Ablauf der Therapiesitzungen durch eine Assistenz. Der Patient ist darüber aufzuklären, wie viele Termine die systematische Zahnbetttherapie insgesamt beinhaltet, welchen persönlichen Nutzen der Patient aus der Behandlung zieht und wie hoch sein finanzieller Eigenanteil sein wird. Dieser bezieht sich auf die insgesamt zehn Sitzungen während der Vorbehandlung, der Hauptbehandlung und der Rehabilitation und wird nacheinander abgerechnet.

Vorbehandlungen
Nun beginnt die Vorbehandlung. Der erkrankte Zahnhalteapparat wird in insgesamt drei Sitzungen auf die Haupttherapie vorbereitet. Hierbei werden zunächst die Schwachstellen per Anfärben sichtbar gemacht. Im Anschluss folgt die sub- und supragingivale Belagsentfernung sowie eine Zungenreinigung. Das Biofilmmanagement mittels Pulverwasserstrahlgerät und Glycinpulver zur Bakterienreduktion in den Zahntaschen ist ein zentraler Bestandteil. Weiterhin findet in der ersten Therapiesitzung eine Mundhygieneinstruktion des Patienten statt. Der Erfolg der verbesserten Reinigung wird in den folgenden Therapiesitzungen routinemäßig überprüft. Am Tag der letzten Vorbehandlungssitzung erfolgt separat eine Statusaufnahme mittels der Befundaufnahme der Taschentiefen, der Sondierungsblutung sowie des Furkationsbefalls. Hierauf folgt die Einreichung des Plans zur Zuschussfestsetzung bei der gesetzlichen Krankenkasse. Weiterhin wird geprüft, ob der Patient das gewünschte Ziel der Vorbehandlung erreicht hat.

Medikamententrägerschiene
In der ersten Vorbehandlungssitzung empfiehlt es sich, Abdrücke des Ober- und Unterkiefers zur Anfertigung einer Medikamententrägerschiene zu machen und diese dem Patienten in der zweiten Sitzung auszuhändigen. Die Integration einer solchen Schiene in die Parodontalbehandlung ist im Allgemeinen zwar umstritten, die Erfahrung zeigt aber, dass eine erhebliche Steigerung der Motivation beim Patienten erreicht wird.

Mikrobiologischer Test
In der zweiten Sitzung der Vorbehandlung sollte ein mikrobiologischer Test erfolgen. Hierbei werden die pathogenen Bakterien ermittelt, um anschließend eine entsprechende Antibiotikatherapie zu verordnen. Der mikrobiologische Test ist zwar nicht ganz unumstritten und gehört nicht standardmäßig zur Parodontalbehandlung. Erfahrungsgemäß bietet er sich jedoch vor allem an, um den Patienten die Dringlichkeit und Wichtigkeit der Behandlung deutlich zu machen.

Lasergestützte Parodontitisbehandlung
Die lasergestützte Parodontitisbehandlung gehört heute nicht grundlos standardmäßig zur modernen Zahnheilkunde. So kann sie nicht nur überzeugende Behandlungsergebnisse vorweisen, sondern zeichnet sich auch als besonders schonendes Verfahren aus. Gegenüber den herkömmlichen Methoden wird durch den Einsatz des Lasers eine 100-prozentige Keimabtötung erreicht, es kann von der Einnahme des belastenden Antibiotikums abgesehen werden und der Laser erreicht auch Stellen, welche anatomisch ansonsten eher schwer zugänglich sind.

Haupttherapie
Die Ergebnisse werden mit dem Patienten besprochen, und bei einer erfolgreichen Vorbehandlung beginnt der zweite Schritt der systematischen Zahnbett-Therapie: die Haupttherapie. Diese besteht wiederum aus drei Sitzungen. Die Hauptbehandlungen werden in einem engmaschigen Rhythmus abgehalten. In der Regel beträgt die Dauer hierfür insgesamt eine Woche. In der Hauptbehandlung findet die eigentliche Kürettage statt. Dabei wird zunächst mittels Deep Scaling die Wurzeloberfläche von Konkrementen befreit und im Anschluss das entzündete Gewebe aus der Zahnfleischtasche entfernt. Dieser Eingriff erfolgt zunächst an dem ersten und vierten Quadrant, in der zweiten Sitzung der Haupttherapie am zweiten und dritten. Die letzte Sitzung der Haupttherapie dient der Nachkontrolle.

Reevaluation
Nach etwa sechs bis acht Wochen findet die Reevaluation statt. Hier findet wieder eine Statusaufnahme durch den Zahnarzt mittels der bereits aufgeführten Befunde statt. Verläuft die Heilung nun nicht so erfolgreich wie erhofft, kann der Patient nicht in die Abheilphase entlassen werden. Hingegen werden weitere Maßnahmen in Betracht gezogen.

Rehabilitation
Verlief die systematische Zahnbetttherapie bis hierher erfolgreich, beginnt die Rehabilitation. Nach rund sechs bis acht Wochen findet hierbei die erste von zwei Therapiesitzungen statt. Zentrale Bestandteile sind die Kontrolle der parodontalen Struktur, die Nachreinigung sowie die Remotivation.

Erhaltungstherapie
Aus diesem Grund folgt auf die Rehabilitation direkt die Erhaltungstherapie. Ziel ist es, die Situation langfristig stabil zu halten. Deshalb sollte der Patient vierteljährlich in die Praxis bestellt werden, um eine Plaquekontrolle durchzuführen, harte und weiche Beläge zu entfernen und ihn zu remotivieren. Auch das Biofilmmanagement ist hier wieder zentral. Des Weiteren empfiehlt es sich, einmal jährlich den aktuellen Status aufzunehmen.
Bianca Beck, Meisenheim

 


Biance Beck / Foto: Beck [1]

Biance Beck (Foto: Beck)

Bianca Beck ist Geschäftsführerin der Beck+Co. – Agentur für Marketing, Coaching, Training in Meisenheim (www.beckundco.info [2]).

Sie ist ausgebildete Zahnmedizinische Fachassistentin, Praxismanagerin und Kommunikationstrainerin und verfügt über mehrjährige Erfahrung sowohl in leitender Position in Zahnarztpraxen als auch als Praxistrainerin in Arzt- und Zahnarztpraxen.