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„CAD/CAM oder nicht CAD/CAM – das ist hier die Frage!“

Ein Leitfaden für eine tragfähige Investitionsentscheidung

Patientennutzen und Marketing verbinden sich bei CAD/CAM. Foto: Fotolia/YakobchukOlena [1]

Patientennutzen und Marketing verbinden sich bei CAD/CAM.
Foto: Fotolia/YakobchukOlena

Bei jeder Investition stellt sich die Frage nach ihrer Wirtschaftlichkeit. Dabei kann man verschiedene Kennzahlen betrachten. Eine davon ist der Gewinn. Hier betrachtet man die möglichen Gewinneffekte der nächsten Jahre. Eine andere Kennzahl ist die Amortisation –man möchte wissen, wann man das investierte Kapital wieder erwirtschaftet hat –, eine weitere ist die Rentabilität im Vergleich zu einer alternativen Investition. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, eine Investition zu bewerten. Neben diesen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen werden auch oft steuerliche Argumente herangezogen, um eine Investition zu rechtfertigen. Aber dazu später.

Marketing als allgemein strategische Gesamtkonzeption

Letztlich sind alle diese Bewertungen zweitrangig. Die steuerliche Bewertung sollte sogar noch später ansetzen. Die wesentliche Frage bei einer Investition in eine neue Technologie ist die des Marketings. Und zwar Marketing nicht verkürzt als Werbung verstanden, sondern als die allgemein strategische Gesamtkonzeption der Praxis.
Konkret: Man stellt sich die Frage nach dem eigenen Auftritt auf dem Markt. Denn auch in der Zahnarztpraxis ist Differenzierung wichtig – wie fällt man potenziellen Patienten auf? Am Markt gibt es viele Anbieter, die nahezu vergleichbare Leistungen anbieten. Für die Kunden – die Patienten – sind diese oft schwer auseinanderzuhalten. Die deutliche Differenzierung der zahnärztlichen Leistungen hilft hier sehr.

5 wichtige Entscheidungshilfen zu CAD/CAM

• CAD/CAM hilft, sich am Markt zu positionieren.
• CAD/CAM bietet einen leicht verständlichen Nutzen für die Patienten.
• Eine vollständige Kostenanalyse führt zu einer fundierten Entscheidung.
• Die Investition benötigt eine kluge und nachhaltige steuerliche Gestaltung durch den Steuerberater.
• Folgeinvestitionen sind möglich.

Patientennutzen und Signale an den Markt sind investitionsentscheidend

Ein CAD/CAM-System ist eine sehr gute und für Patienten leicht zu verstehende Technologie – ein probates Mittel, das Signal der innovativen und modernen Zahnheilkunde an den Markt zu senden. Denn auch Patienten merken, ob digital und damit ohne Abdrücke gearbeitet wird, Kronen, Inlays etc. eventuell sogar direkt in der Praxis hergestellt werden und schnell angepasst werden können. Nicht die Technikpassion des Zahnarztes, sondern der Patientennutzen und das Signal an den Markt sind investitionsentscheidend.

Wirtschaftliche Betrachtung

Ist die Entscheidung aus Sicht des Praxismarketings getroffen, folgt die wirtschaftliche Betrachtung:

Wichtige Punkte vor der Investition
Möchte man anhand der erwirtschafteten Erträge eine Vergleichsrechnung erstellen, sind diese schnell aus der Praxissoftware ermittelt. Interessanter könnte aber eine Differenzbetrachtung zu den jetzigen Kosten sein. Deshalb kann man auch anders vorgehen und die Sicht auf die mögliche Ersparnis im Vergleich zur Situation vor der Investition lenken.

Vollständige Kostenanalyse führt zur fundierten 
Entscheidung

Man setzt hierzu die Kosten für das Fremdlabor als Ertrag ein, die man voraussichtlich mit der neuen Technologie sparen wird. Der Ertrag besteht dann aus den ersparten Kosten. Denen gegenüber stehen die anfallenden Kosten. Bei den vielen Angeboten von CAD/CAM-Systemen sind die Zahlungsströme nicht nur ertragsseitig, sondern auch kostenseitig unterschiedlich. Je nach geplanter Investition ist es entscheidend, ob es sich auch um Installations- mit Wartungsverträgen und damit um längerfristige Verträge handelt, die hohe Fixkosten bedeuten können, also mengenunabhängig Kosten verursachen. Auch die Vertragsbestandteile zur Softwarepflege oder auch Schulungskosten sind zu berücksichtigen. Nur eine vollständige Kostenanalyse führt zu einer fundierten Entscheidung.

„Ein CAD/CAM-System ist eine sehr gute und für Patienten leicht zu verstehende Technologie – ein probates Mittel, das Signal der innovativen und modernen Zahnheilkunde an den Markt zu senden.“

Vorgehensweise

So geht man am besten vor: Man rechnet Fremdlaborkosten abzüglich des Materialeinsatzes und des Arbeitseinsatzes (nur den Arbeitseinsatz, der gegenüber der früheren Situation mehr anfällt) und erhält den Deckungsbeitrag. Der Deckungsbeitrag ist der Betrag, der nach Abzug der variablen, also der mengenabhängigen Kosten verbleibt. Von diesem Deckungsbeitrag muss man die Kosten für die Geräte, die Leasingrate oder Abschreibung plus Zinsen abziehen. Somit ergeben sich die sogenannten Fixkosten. Man erhält dann den Betrag, den man gegenüber den Fremdlaborkosten spart, sofern er kein negatives Vorzeichen hat.

Positiver Betrag zeigt wirtschaftliche erfolgreiche Investition 

Wenn sich alle Zahlen auf einen Monat beziehen, dann erhält man nun den Überschuss pro Monat. Diesen auf ein Jahr hochgerechnet, zeigt schnell den zusätzlichen Gewinn pro Jahr bei einer Investition in die neue Technologie im Vergleich zu den Fremdlaborkosten. Natürlich muss man diesen Wert dann noch um die persönliche Steuer reduzieren, um wirklich zu sehen, was „am Ende dabei herauskommt“. Aber jeglicher positiver Betrag zeigt schon, dass man mit der eigenen Investition wirtschaftlich erfolgreicher steht als mit der Fremdherstellung.

Achten muss man bei dieser Rechnung auf die Vergleichbarkeit dahingehend, dass, wenn man die anteiligen Personalkosten mitrechnet, auch die Personalkosten hinzuzurechnen sind, die man sonst für den Abdruck kalkuliert hat, damit beide Optionen vergleichbar bleiben.

Wirtschaftlichkeitsrechnung von den  Positionen her sehr individuell

Ein nachträglicher Check ist also sinnvoll: Sind wirklich alle Kosten bei beiden Optionen berücksichtigt? Natürlich müssen auch Kosten für die Rohlinge, die Nachbereitungszeit für Präparate, also die Kosten für die Präzisionsarbeiten oder Ähnliches berücksichtigt werden. Auch ist es möglich, mit einem Fräszentrum zusammenzuarbeiten. Dies ist vielleicht sogar eine gute Option für den Start, bevor man zu viele Ressourcen in der Praxis bindet und sich zugleich auch noch vermehrt Haftungsfragen aufbürdet. Die Wirtschaftlichkeitsrechnung ist vom Grundsatz immer gleich, jedoch von den einzelnen Positionen her sehr individuell.

Kluge steuerliche Gestaltung

Wenn die wirtschaftliche Betrachtung neben der Marketingentscheidung „grünes Licht“ für die Investition zeigt, steht die steuerliche Gestaltung an. Vorbemerkt sei aber, dass die hier angeführten steuerlichen Darlegungen allgemeiner Natur sind und keine konkreten Gestaltungshinweise enthalten können. Diese konkreten Gestaltungshinweise gibt Ihnen Ihr Steuerberater, den Sie auf alle Fälle in Ihre Investitionsplanung einbeziehen sollten. Eine wirtschaftlich sinnvolle Investition benötigt eine kluge und nachhaltige steuerliche Gestaltung durch Ihren Steuerberater, der Ihre Situation kennt und Sie diesbezüglich beraten darf.
Ein wesentlicher steuerlichen Punkt ist die Option eines möglichen Investitionsabzugsbetrags der geplanten Investition, das heißt, die voraussichtlichen Anschaffungskosten könnte man schon vor der Anschaffung teilweise abschreiben.

Steuerstundung durch Vorverlagerung des Abschreibungspotenzials

Mit dieser Vorverlagerung des Abschreibungspotenzials erreicht man eine Steuerstundung, die zu Zins- und Liquiditätsvorteilen führt. Auch eine Sonderabschreibung ist zu diskutieren. Beide Optionen haben einen günstigen Progressionseffekt, sind aber bei Freiberuflern an einen Jahresgewinn von bis zu 100 T Euro gekoppelt, sofern man diesen Gewinn mithilfe einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, was die meisten Zahnärzte machen.
Aber Vorsicht: Wenn man Sonderabschreibungen oder den Investitionsabzugsbetrag nutzt, dann müssen die Investitionen natürlich auch umgesetzt werden. Sollte das nicht in einem Zeitraum von drei Jahren getan werden, muss die ursprüngliche Steuerersparnis zurückgezahlt werden – und zwar mit Zinsen.

Achtung: Umsatzsteuer!

Auch eine umsatzsteuerliche Konsequenz gilt es zu beachten: Die Leistungen eines Zahnarztes sind umsatzsteuerpflichtig, aber sofern sie primär zahnärztlich sind, das heißt, die zahnärztliche Heilkunde betreffen, sind sie umsatzsteuerbefreit. Dies ist eine wichtige Unterscheidung, geht man doch landläufig davon aus, dass Zahnärzte mit der Umsatzsteuer „nichts“ zu tun haben. Denn in diesem Punkt ist es anders.
Deutlich wird dies bei der Investition eines CAD/CAM inklusive einer Schleifeinheit. Wenn man die Daten nur aufnimmt und dann an ein externes Labor weitersendet, ändert sich zum bisherigen Praxisbetrieb nichts, wenn man nicht zusätzlich ein Eigenlabor besitzt. Wenn man aber mit einer Schleifeinheit arbeitet und damit ein Eigenlabor betreibt, das nicht von der Umsatzsteuer befreit ist, ist zwar für die berechneten Leistungen die Umsatzsteuer gegenüber den Patienten auszuweisen, aber dafür kann auch die für CAD/CAM und Schleifeinheit gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückgefordert werden. Voraussetzung ist natürlich, dass die CAD/CAM ausschließlich für die Erstellung des Zahnersatzes genutzt wird.

Finanzierung – eigene und fremde Mittel

Eine weitere Frage ist die der Finanzierung. Grundsätzlich können Investitionen aus eigenen Mitteln oder mit fremden Mitteln finanziert werden. Dies hängt natürlich zunächst von der eigenen Mittelausstattung ab. Bei einer Fremdfinanzierung durch ein Darlehen können die Zinsen als Zinsaufwendungen von der Steuer abgesetzt werden. Die Tilgungen des Darlehens nicht, da die Anschaffungskosten über die Abschreibungen als Aufwand steuerlich berücksichtigt werden. Somit ist zunächst der Gesamtbetrag „geflossen“ und wird in den Folgejahren (oder mit Investitionsabzugsbetrag auch schon im voraus) steuerlich angesetzt.

Anders ist es natürlich beim Leasing. Die laufenden Leasingraten werden direkt als Aufwand gewinnmindernd gebucht und somit haben die Zahlungen in gleicher Höhe direkt eine steuerliche Auswirkung.

Den Liquiditätsplan der Praxis berücksichtigen 

Eventuelle Mietsonderzahlungen sind bei Einnahmen-Überschuss-Rechnung gegebenenfalls sofort abziehbar. Die Entscheidung zur Finanzierung ist nur unter der Berücksichtigung des gesamten Liquiditätsplans der Praxis zu beurteilen – zumal es bei Leasingverträgen auch noch Unterschiede gibt, die man beachten muss. Aber auch bei der Finanzierung ist es wichtig, keine Entscheidung allein nach steuerlichen Gesichtspunkten zu treffen, sondern immer einen gesamten Liquiditätsplan der Praxis zu erstellen, der mindestens die geplante Nutzungsdauer (mindestens die Abschreibungsdauer von acht Jahren) beschreibt. Diesen Plan sollte man dann mit dem Steuerberater besprechen.

Fazit
Zusammenfassend bleibt die CAD/CAM-Investition eine Frage des Marketings. Soll die eigene Praxis als moderne Praxis wahrgenommen werden, die aktuelle Technologien anbietet und nutzt? Ist diese Technologie und das damit verbundene Image ein effektives Merkmal der Differenzierung auf dem lokalen „Zahnarztmarkt“?
Wesentlich ist auch, dass man nach einer positiven Entscheidung mit dem technologischen Fortschritt schritthalten muss, denn nichts ist schlimmer als veraltete Technologie in der Praxis. Folgeinvestitionen sind also zu berücksichtigen.

Handelt es sich zunächst um eine Marketingentscheidung, muss die Investitionsrechnung auf einer soliden, längerfristigen Liquiditäts- und Wirtschaftlichkeitsrechnung fundieren. In diese Wirtschaftlichkeitsrechnung sollten dann auch die Hinweise des Steuerberaters zur steuerlichen Gestaltung mit eingebracht werden. Dann liegt eine Entscheidungsgrundlage vor, die die gesamte Praxis und alle möglichen Bereiche beinhaltet. Mithilfe dieser Grundlage wird eine Entscheidung für oder gegen eine CAD/CAM-Investition sicherlich tragfähig und belastbar sein.
Dipl.-Volkswirt Karl Alexander Mandl, Köln, Dipl.-Finanzwirt Holger W. Langewiesche, Leverkusen

Zu unseren Autoren

Dipl.-Volkswirt Karl Alexander Mandl [2]

Dipl.-Volkswirt Karl Alexander Mandl

 Dipl.-Volkswirt Karl Alexander Mandel, Unternehmensberater, Köln

Holger Langenwiesche [3]

Holger Langenwiesche

Holger W. Langewiesche, Dipl.-Finanzwirt, Steuerberater, ProTax überörtliche Steuerberatungssozietät, Leverkusen