Businessplan: Der richtige Kurs für die Praxis

Ich gründe eine Praxis – diesen Wunsch haben viele junge Zahnmediziner. Aber taugt mein Praxiskonzept überhaupt? Und wie überzeuge ich die Bank davon? Eine Anleitung.

Ein gut ausgearbeiteter Businessplan bietet Orientierung und unterstützt Gründer, ihre Praxis auszurichten und langfristig auf Kurs zu halten. Foto: Fotolia/contrastwerkstatt

Ein gut ausgearbeiteter Businessplan bietet Orientierung und unterstützt Gründer, ihre Praxis auszurichten und langfristig auf Kurs zu halten. Foto: Fotolia/contrastwerkstatt

Wer eine Zahnarztpraxis gründen oder übernehmen will, braucht Kapital und kommt nicht darum herum, für Bank oder Kreditgeber einen Businessplan zu verfassen. Viele betrachten das als eine lästige Pflichtaufgabe, beschränken ihren Plan auf das reine Zahlenwerk und lassen ihn danach auf Nimmerwiedersehen in den Tiefen einer Schublade verschwinden. Schade eigentlich, denn ein gut ausgearbeiteter Businessplan kann Ihnen vom Start weg Orientierung bieten und unterstützt Sie, Ihre Praxis und alles, was dazugehört, auszurichten und langfristig auf Kurs zu halten. Damit Sie im Berufsalltag Ihre Ziele nicht aus dem Blick verlieren und auch damit zurechtkommen, wenn mal etwas aus dem Ruder läuft. Hier erfahren Sie, was jenseits der Finanzen noch zum Businessplan gehören kann – nicht für die Bank, sondern für Sie persönlich und Ihr Praxisteam.

Der Klassiker für die Bank
Ungefähr seit der Jahrtausendwende ist es üblich, dass Banken oder andere Kapitalgeber von Zahnärzten bei Praxisgründung oder -übernahme einen Businessplan verlangen. Ohne Fremdkapital lässt sich eine eigene Praxis in der Regel nicht finanzieren, also beißt man in den sauren Apfel und schreibt das Zahlenwerk zusammen – in der Hoffnung, dass es der Bank überzeugend erscheint und sie das nötige Kapital zur Verfügung stellt.

Der klassische Businessplan enthält Angaben zur Investitionsplanung, eine betriebswirtschaftliche Analyse, eine Umsatzplanung für die ersten drei bis fünf Jahre und Standortzahlen, zum Beispiel über die Kaufkraft in Ihrer Region und wie viele Einwohner auf einen Zahnarzt kommen.

Einfach die Zahlen des Vorgängers prolongieren: Vorsicht!

In den meisten Businessplänen werden einfach die Zahlen des Praxisvorgängers mit Auf- oder Abschlägen über einen gewissen Zeitraum prolongiert oder Vergleiche zu Durchschnittswerten bereits niedergelassener Zahnärzte hergestellt. Letztlich dienen diese Zahlen zur Beruhigung und vor allem dazu, beim Kreditgeber ein Gefühl von Sicherheit zu erzeugen. Wie es tatsächlich kommen wird, weiß keiner, denn das Leben ist bekanntlich immer für eine Überraschung gut.

Der erweiterte Plan für die Praxis
Wie man einen Businessplan für die Bank am besten gestaltet, ist in vielen Ratgebern nachzulesen. Aber nur wenige weisen darauf hin, dass dieser Plan nicht nur für die Kapitalgeber gedacht ist, sondern in erster Linie für den Unternehmensgründer selbst. Als Zahnarzt sind Sie der „Kapitän“ in Ihrer Praxis. Wer außer Ihnen soll vorgeben, wo die Reise hingeht, welcher Kurs einzuschlagen ist? Wer heuert die Mannschaft an und hält sie zusammen, wenn unterwegs die rauen Winde des Alltags blasen? Wer entscheidet, welche Passagiere, sprich Patienten, an Bord genommen werden? Und nicht zuletzt wünscht sich der Kapitän auch ein Privatleben, Hobbys oder Nachwuchs. Wie steht es um die Work-Life-Balance? Wie kann man Beruf und Familie unter einen Hut bringen – und dennoch ein gutes Praxisergebnis erreichen?

Natürlich ist der klassische Businessplan sehr wichtig. Zusammen mit einer fundierten Ausbildung ist er die Eintrittskarte zur eigenen Praxis. Aber bei all dem, was nach der eigentlichen Gründung kommt, hilft er Ihnen nicht wirklich weiter. Das liegt daran, dass er meist nichts über die Themen enthält, die Ihre tägliche Arbeit in und vor allem an der Praxis ausmachen:

  • Wie soll Ihre Praxis aussehen?
  • Welches Leitbild, welche Unternehmensphilosophie soll Ihre Praxis prägen?
  • Wie soll Ihr Konzept aussehen?
  • Welche Patienten wollen Sie behandeln?
  • Wie wird in Ihrer Praxis kommuniziert? Welcher Teamgeist soll dort herrschen?
  • Wie werden Prozesse erarbeitet, getestet und verbessert?
  • Welche kurz- und langfristigen Ziele setzen Sie sich?
  • Wer überwacht Ihre Umsatzplanung?
  • Welche Maßnahmen ergreifen Sie bei welchen Abweichungen vom Umsatzplan?

Ein Schiff, das ohne Ziel aus dem Hafen fährt, wird planlos auf den Weltmeeren herumirren und vielleicht mit einer nörgelnden Crew und unzufriedenen Passagieren irgendwo anlanden, wo keiner wirklich hin wollte. Wenn das Ziel klar ist, kann der Kapitän die passende Route wählen, die Reise in Etappen planen und dafür sorgen, dass eine passende Mannschaft und Ausrüstung in ausreichender Zahl und Qualität vorhanden sind.

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So profitieren Existenzgründer von öffentlichen FördermittelnZahnärzte, die sich selbstständig machen, eine eigene Praxis gründen oder eine bestehende Praxis übernehmen möchten, können Fördermittel in Anspruch nehmen. Diese Programme von Bund und Ländern können Sie zur Praxisfinanzierung nutzen.

Wie Ihre Praxis ganz konkret laufen soll, wie sie sich ausrichten und entwickeln soll, all das lässt der klassische Businessplan unbeantwortet, selbst wenn er unterm Strich den Preis nennt, den das Ganze kostet. Es geht nicht darum, den klassischen Plan aufzugeben, sondern ihn so zu erweitern, dass Sie wirklich etwas davon haben. Denn im Mittelpunkt Ihrer Arbeit sollen Ihre Patienten stehen, deshalb sind Sie Zahnarzt geworden – nicht, um einer Bank möglichst viel Sicherheit bei der Kreditrückführung zu geben. Mit den folgenden Ergänzungen wird der Businessplan zu einer echten Unterstützung bei Aufbau und Etablierung Ihrer Praxis:

  • Vision

Eine Vision beschreibt die langfristigen und grundsätzlichen Ziele Ihrer Praxis. Dabei geht es nicht vorrangig darum, wie viele Mitarbeiter oder welchen Umsatz Sie in drei oder fünf Jahren haben wollen, sondern um die Frage: Welchen Nutzen wollen Sie Ihren Patienten bieten? Welche Ziele setzen Sie sich? Was unterscheidet Ihre Praxis von anderen?

Eine Vision ist ein möglichst umfassendes Leitbild, an dem Sie und Ihre Mitarbeiter sich orientieren und ausrichten und das Ihnen in der konkreten Planung einen roten Faden bietet. Zum Beispiel: „Wir sind für die Gesundheit der Zähne in unserer Stadt verantwortlich.“

  • Werte und Führungsprinzipien

Ebenso entscheidend ist die Frage nach den Werten und Ihren Führungsprinzipien. Eine funktionierende Praxis benötigt ein einheitliches Ziel und verbindliche Verhaltensregeln, wie dieses erreicht wird.

  • Eindeutige Zielgruppe, klarer Schwerpunkt

Welche Patienten möchten Sie behandeln? Kinder, Senioren, oder sind Sie der Experte für Endodontie oder Implatologie?

  • Exakter Nutzen/Bekanntheit für ein Spezialgebiet

Welchen klaren, überzeugenden und unterscheidbaren Wert bietet Ihre Praxis Ihren Patienten? Was können Sie besser als andere? Wofür steht Ihre Praxis? Für flexible Termine, für freundlichen Service, für besonders günstige und hochwertige Arbeiten, für ganzheitliche Zahnheilkunde, für optimale Vorsorge?

  • Regelmäßige Umsatzanalyse

Eine regelmäßige betriebswirtschaftliche Analyse Ihrer Einnahmen und Ausgaben nach der Niederlassung ist sehr wichtig. Diese Maßnahme macht Abweichungen zu Ihrem ursprünglichen Businessplan sichtbar, sodass Sie entsprechende Schritte auf der Umsatz- oder Kostenseite einleiten können.

  • Laufender betriebswirtschaftlicher Vergleich

Anhand der betriebswirtschaftlichen Daten, die regelmäßig zum Beispiel im KZBV-Jahrbuch veröffentlicht werden, können Sie Ihre Praxis mit anderen Praxen gleicher Größe vergleichen. Das gibt Ihnen Hinweise auf Optimierungsmöglichkeiten oder zeigt auf, in welchen Bereichen Ihre Praxis bereits zu den Besten gehört.

  • Permanente Optimierung

Eine Zahnarztpraxis ist ein lebendiger Organismus, der sich wie alles Lebendige kontinuierlich verändert. Viele Veränderungen werden von außen angestoßen, und Sie sind gezwungen, darauf zu reagieren – zum Beispiel neue Gesetze oder Verordnungen, vielleicht auch neue Behandlungsmethoden oder technische Möglichkeiten. Sie können beständig etwas verbessern. Und auch die Konkurrenz schläft nicht. Die meisten Ideen entstehen bei der täglichen Arbeit, werden durch Berater oder Depots angeregt. Ziele verändern sich. Was ursprünglich in Ihrem Businessplan formuliert war, steht nach ein paar Jahren vielleicht gar nicht mehr so stark im Vordergrund. Neue Themen sind auf der Tagesordnung, es haben sich andere Wege aufgetan als erwartet.

Wie sorgen Sie dafür, dass neue Anforderungen und Ideen kontinuierlich in Ihre Praxis einfließen? Wer kümmert sich darum? Etablieren Sie ein Vorschlagswesen, damit Ihre Mitarbeiter Ideen einbringen können? Wie gestalten Sie Klärungs- und Entscheidungsprozesse? Wer prüft die Erfolge? Und schließlich sollen Erfolge auch gewürdigt und gefeiert werden – wer behält auch das im Blick?

  • Persönliche Entwicklung

Als Chef einer Zahnarztpraxis sind Sie in vielerlei Hinsicht gefordert. Neben Ihrer zahnärztlichen Expertise brauchen Sie Fähigkeiten und Kompetenzen in den Bereichen Unternehmensleitung, Management, Mitarbeiterführung und -motivation, Kommunikation, Zeit- und Krisenmanagement. Sie werden permanent dazulernen – gut, wenn Sie das auch ganz gezielt betreiben. Ihre persönliche Entwicklung als Führungskraft ist der Dreh- und Angelpunkt Ihrer Praxis. Wenn ein Chef sich allerdings nicht bewegt, kann es auch passieren, dass er selbst zum Bremser wird, der eine Weiterentwicklung behindert. Die Anforderungen ändern sich permanent, und manchmal ist es nötig, sich von außen Unterstützung zu holen für bestimmte Themen. Knüpfen Sie sich ein Netzwerk, auf das Sie bei Bedarf zurückgreifen können.

Ein Plan für die Bank, ein Plan für Sie

Meine Empfehlung ist, den klassischen Businessplan, der hauptsächlich aus Zahlen besteht und auf die Genehmigung eines Kredits abzielt, um die oben genannten Punkte zu erweitern. Wobei die Bank sich nach wie vor mit der klassischen Version zufriedengibt. Alles, was darüber hinausgeht, formulieren Sie für Ihre interne Arbeit, das muss die Bank nicht wissen. Mit diesen Ergänzungen schaffen Sie die Grundlage für eine langfristige gesunde Entwicklung Ihrer Praxis. Um grundlegende Punkte wie Leitbild, Visionen und auch die konkrete Umsetzung für sich zu klären, kann es sinnvoll sein, auf professionelle Unterstützung zurückzugreifen. Gründungsberater helfen Ihnen, für sich zu klären, wo die Reise hingehen soll und wie Sie das Schiff auf Kurs halten, damit die Fahrt für Mitarbeiter, Patienten und natürlich auch für Sie zum Erfolg wird. Damit Ihr Beruf Sie mit Freude und Zufriedenheit erfüllt.
Thomas Jans, Ulm

Zu unserem Autor:

Thomas Jans (Foto: Jans)

Thomas Jans (Foto: Jans)

Thomas Jans, zertifizierter Ärzte- und Zahnärzteberater, diplomierter Bankbetriebswirt, Certified Financial Planner CFP, begleitet Zahnärzte in Bayern und Baden-Württemberg in die eigene Praxis und unterstützt bei der Erstellung des klassischen Businessplans sowie den sinnvollen Erweiterungen. Dabei legt er besonderen Wert darauf, Praxis und private Lebensplanung ganzheitlich in den Blick zu nehmen.

Kontakt:
Web: www.zsh.de | www.praxisgruendungen.de
E-Mail: tj@praxisgruendungen.de

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