Betriebsübergang, Praxis-/Laborkauf

Wird eine Zahnarztpraxis verkauft, haben Verkäufer und Käufer die Regelung des Paragraf 613a BGB zum Betriebsübergang zu berücksichtigen. Diese Regelung dient dazu, den sozialen Besitzstand der Arbeitnehmer zu erhalten und ihnen einen lückenlosen Bestandsschutz zu gewähren. Sowohl bei der Praxisübernahme beziehungsweise -übergabe als auch bei der nicht unüblichen Laborveräußerung bzw. des Laborkaufs spielen die Regelungen des Betriebsüberganges (Paragraf 613 a BGB) eine beachtenswerte Rolle. Ein Betriebsübergang gemäß Paragraf 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB liegt vor, wenn ein Betrieb oder ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht.

1. Rechtsfolgen

Die aus arbeitsrechtlicher Sicht wesentliche Rechtsfolge eines Betriebsübergangs durch Rechtsgeschäft im Sinne des Paragraf 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB ist, dass der andere bzw. neue Inhaber „in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis“ eintritt. Die „Rechte und Pflichten“ bestimmen sich entweder nach den bestehenden Arbeitsverhältnissen zugrundeliegenden schriftlichen Arbeitsverträgen oder aber, sollten schriftliche Arbeitsverträge fehlen, nach den gesetzlichen Regelungen. Mit dem Betriebsübergang tritt folglich ein Wechsel in der Arbeitgeberrolle ein. Entscheidend ist die Vorschrift des Paragraf 613 a BGB folglich primär für den Käufer einer Zahnarztpraxis oder eines Labors, da dieser mit dem Erwerb des Betriebes von jetzt auf gleich in die Arbeitgeberrolle des vormaligen Praxis- bzw. Zahnlaborbetreibers schlüpft. Denn bildlich gesprochen zieht der ursprüngliche Arbeitgeber seine Schuhe aus, lässt diese stehen und der Praxiserwerber bzw. Laborerwerber tritt mit Erwerb in die Fußstapfen des Veräußerers. Für das betroffene Praxis- bzw. Laborpersonal stellt sich der Betriebsübergang letztlich wie ein Automatismus dar, denn § 613 a BGB sieht nicht vor, dass die Mitarbeiter dem Betriebsübergang zustimmen müssen. Allerdings räumt § 613 a Abs. 6 BGB jedem einzelnen Arbeitnehmer das Recht zum Widerspruch gegen den Betriebsübergang ein.

2. Informationspflicht

Arbeitnehmern gelangt der Betriebsübergang deshalb zur Kenntnis, da der bisherige Arbeitgeber gemäß § 613 a Abs. 5 BGB oder aber der zukünftig neue Arbeitgeber die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Betriebsübergang über diesen zu informieren hat.40 Im Einzelnen sind dabei folgende Punkte relevant:

• der Zeitpunkt oder der geplante Zeitpunkt des Übergangs,

• der Grund für den Übergang,

• die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer,

• die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

3. Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers

Das Widerspruchsrecht kann jeder einzelne Arbeitnehmer innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung über den Betriebsübergang schriftlich gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder aber dem zukünftigen bzw. durch Betriebsübergang bereits neuen Arbeitgeber erklären. Die Rechtsfolge des Widerspruchs durch einen Arbeitnehmer ist, dass das zwischen ihm und dem alten Arbeitgeber bestehende Arbeitsverhältnis nicht auf den neuen Praxisinhaber beziehungsweise Laborinhaber übergeht. Vielmehr bleibt der ursprüngliche Arbeitgeber der Arbeitgeber des widersprechenden Arbeitnehmers. Der ursprüngliche Praxisinhaber sieht sich folglich plötzlich einer Situation ausgesetzt, in der er zwar keine Zahnarztpraxis mehr hat, aber immer noch arbeitsvertraglich an einen Arbeitnehmer gebunden ist. Diese vertragliche Bindung kann der Praxisinhaber durch Ausspruch und unter Einhaltung der arbeitsvertraglich bzw. gesetzlich geltenden Kündigungsfrist kündigen. Die Folge aus einer solchen Situation kann demnach sein, dass der Praxisinhaber zur Fortzahlung der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verpflichtet ist.

Praxistipp: Um nicht der Gefahr eines weiterhin fortbestehenden Arbeitsverhältnisses zu einem Arbeitnehmer ausgesetzt zu sein, der Widerspruch gegen einen Betriebsübergang eingelegt hat, empfiehlt es sich, vor Übergabe der Praxis eine Personalliste zu erstellen, in der unter anderem die Kündigungsfristen aufgelistet werden. Die Informationspflicht gemäß § 613 a Abs. 5 BGB sollte spätestens einen Monat vor Beginn der längsten Kündigungsfrist erfolgen, sodass eine alt-arbeitgeberseitige Kündigung nach Ausspruch des Widerspruchs erklärt werden kann und das Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs sein Ende findet. Damit verhindert der Praxisveräußerer unnötige Gehaltszahlungen an einen widersprechenden Arbeitnehmer.

4. Kündigungsverbot „wegen“ des Betriebsübergangs

Da der ursprüngliche Arbeitgeber oder der Übernehmer der Zahnarztpraxis oder des Zahnlabors gemäß § 613 a Abs. 5 Ziffer 3 BGB unter anderem die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs mitteilen muss, sind die Arbeitnehmer auch darüber zu informieren, dass „wegen“ des Betriebsübergangs/ Praxisverkaufs/Laborverkaufs Kündigungen unzulässig sind. Eine entsprechende Regelung sieht § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB ausdrücklich vor:

Paragraf 613 a Abs. 4 BGB

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

Losgelöst vom Betriebsübergang steht daher sowohl dem ursprünglichen Arbeitgeber sowie dem Praxisübernehmer bzw. Laborübernehmer das Recht zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen aus anderen Gründen zu.

Praxistipp: Paragraf 613a Abs. 5 BGB sieht vor, dass die Unterrichtung der Arbeitnehmer in Textform erfolgt. Insofern sieht Paragraf 126b BGB vor, dass die Aufklärung in einer Urkunde oder auf andere, zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneter Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden.

5. Haftung des Erwerbers/Übernehmers

Der Erwerber tritt in die Fußstapfen des ursprünglichen Arbeitgebers. Das bedeutet gleichzeitig, dass er in die Pflichten, mithin auch in die Vergütungspflichten aus dem bestehenden Arbeitsvertrag mit dem vormaligen Arbeitgeber, als neuer Arbeitgeber vollumfänglich eintritt. Hier bestehen erhebliche Risiken zu Ungunsten des Praxis-/Laborerwerbers, da dieser sicherstellen muss, dass sämtliche vor dem Erwerb entstandenen bzw. fällig gewordenen Ansprüche durch den Arbeitgeber ausgeglichen worden sind. Lässt sich dies im Rahmen einer Praxisübernahme nicht zweifelsfrei klären, so sei jedem Praxiserwerber bzw. Laborerwerber geraten, im Rahmen des Praxisübernahmevertrages eine Rückstellung zu vereinbaren, die dazu dient, etwaige vor Praxisübergabe bzw. Laborübergabe entstandene oder fällig gewordene Ansprüche auszugleichen. Die Rückstellung kann sodann nach Ablauf einer Sicherheitsfrist von 12 Monaten entweder als Kaufpreis nachgezahlt oder aber als überflüssig gewordene Kaution an den Praxisveräußerer/ Laborveräußerer erstattet werden.

Häufig ergeben sich ungeahnte Ansprüche dann, wenn ein Praxisübergang/Laborübergang nicht zum Jahresende erfolgt. Denn nicht selten gibt es nicht niedergeschriebene Provisions-/Vergütungsmodelle, die erst am Ende des Jahres bzw. mit dem ersten Gehalt im neuen Jahr zu einer Abgeltung gelangen. Hier helfen dann auch die in Arbeitsverträgen häufig vorzufindenden Verfallsklauseln nicht weiter, da die Fälligkeit erst zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem der Praxisübernehmer/ Laborübernehmer bereits neuer Arbeitgeber ist und die Verfallsfrist regelmäßig noch nicht abgelaufen ist. Zudem sind Verfallsklauseln nur selten in Arbeitsverträgen vorzufinden, da diese vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mit Vorsicht zu genießen sind.

Formulierungsvorschlag:

1. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit diesem in Verbindung stehen, sind innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind verfallen.

2. Lehnt die andere Partei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt der Anspruch, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

3. Der Ausschluss nach Absatz 1 und 2 gilt nicht, soweit ein Anspruch auf Haftung wegen Vorsatz beruht.

6. Teilbetriebsübergang am Beispiel eines Zahnlabors

Nicht immer ist ein Betriebsübergang zweifelsfrei als ein solcher im Sinne des § 613 a BGB einzustufen. Veräußert etwa eine Zahnarztpraxis das zu ihrem Betrieb gehörende Zahnlabor, stellt sich die Frage, ob es sich hier tatsächlich um einen „Betriebs-Übergang“ handelt. Das Gesetz sieht vor, dass nicht zwingend ein ganzer Betrieb auf einen Dritten übergehen muss, sondern dass auch Betriebsteile reichen, um die Anforderungen an einen Betriebsübergang nach § 613a BGB zu erfüllen. Ob es sich letztendlich um einen Betriebsteil handelt oder gar um eine kleinere Einheit, die wiederum nicht von § 613a BGB erfasst ist, gilt es, an Hand der durch das Bundesarbeitsgericht für einen Betriebsübergang als entscheidend eingestuften Gesichtspunkten festzustellen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich immer dann um einen Betriebsübergang bzw. einen Betriebsteil, der übergeht, wenn es sich um eine Summe materieller und immaterieller Betriebsmittel handelt, mit denen der Erwerber den Betriebszweck weiter verfolgen kann, den auch der Veräußerer zuvor mit den übertragenen materiellen sowie immateriellen Mitteln betrieben hat. Veräußert also ein Praxisinhaber das bisher zu seiner Zahnarztpraxis gehörende Zahnlabor, indem er lediglich die Einrichtung und die Arbeitsmittel an einen Dritten verkauft, und betreibt daraufhin mit eben diesen Mitteln wiederum ein Zahnlabor, dann handelt es sich um einen Betriebsübergang. Anders ist die Situation zu beurteilen, wenn eine Laboreinrichtung zum Beispiel an einen Laborausstatter erfolgt, der die Gegenstände sodann einzeln an seine Kunden weiterveräußert.

7. Voraussetzungen eines Betriebsübergangs

Die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs im Sinne von Paragraf 613a BGB sind grundsätzlich folgende: 1. Gegenstand der Übertragung muss eine arbeitstechnische Organisation sein, die eine Einheit bildet, mit der ein Betriebszweck durch den Erwerber fortgesetzt werden kann, den auch schon der Veräußerer verfolgt hat, und mithin die Summe aller materiellen sowie immateriellen Betriebsmittel darstellt.

2. Die Veräußerung muss mittels eines Rechtsgeschäfts erfolgen. Unter dem Begriff des Rechtsgeschäfts fallen unter anderen der Verkauf, die Vermietung, die Verpachtung, die Schenkung, aber auch die Überführung in eine Gesellschaft sowie die Erteilung eines Nießbrauchs, d. h., die Stellung, mittels derer ein Nießbrauchberechtigter sämtliche Früchte aus einer Zahnarztpraxis oder einem Zahnlabor ziehen kann.

3. Wird eine Zahnarztpraxis oder aber ein Zahnlabor aus einer Insolvenz herausgekauft, so ergibt sich die Besonderheit, dass § 613a BGB nur noch eingeschränkt gilt. Dann sieht Paragraf 613a Abs. 4 BGB vor, dass Kündigungen „wegen“ des Betriebsüberganges nicht ausgesprochen werden dürfen und Paragraf 128 InsoO regelt, dass notwendige Betriebsänderungen vom Erwerber nach dem Erwerb durchgeführt werden können. Ebenso ist der Insolvenzverwalter berechtigt, die betriebswirtschaftlich notwendigen Maßnahmen vor einer Veräußerung einer Zahnarztpraxis oder eines Zahnlabors während der Insolvenz zu veranlassen und Arbeitsverhältnisse zu kündigen. Die Insolvenzordnung stellt nämlich die Vermutung an, dass gerade auf Grund der Insolvenz die Reduzierung der Mitarbeiterzahl eine betriebsbedingte, notwendige Maßnahme und mithin einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellt.

8. Mustertext

Unterrichtung des Arbeitnehmers gemäß § 613 a Abs. 5 BGB

Betriebsübergang wegen Praxis-/Laborveräußerung an Herrn Dr. …

Sehr geehrte/r Herr/Frau …, in vorbezeichneter Angelegenheit zeigen wir an, dass wir unsere Zahnarztpraxis/ unser Zahnlabor zum … 2011 an Herrn Dr. … im Rahmen einer Praxisveräußerung verkaufen werden. Grund für die Praxisveräußerung ist unser Entschluss, unsere zahnärztliche Tätigkeit am aktuellen Standort nach dem … (Veräußerungsdatum) nicht fortzuführen.

Wir weisen Sie darauf hin, dass die Praxisveräußerung dazu führt, dass der Praxiserwerber, Herr Dr. …, an unsere Stelle tritt und damit Ihr neuer Arbeitgeber wird. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wird sich für Sie nichts ändern, da Herr Dr. … vollumfänglich in Ihren Arbeitsvertrag und mithin in unsere Vergütungsverpflichtungen Ihnen gegenüber einsteigt. Insbesondere bleibt Ihnen auch Ihre Betriebszugehörigkeit zu unserer Zahnarztpraxis erhalten.

Wegen des Betriebsübergangs/Praxisveräußerung wird es zu keinen Kündigungen kommen. Ob es vor oder nach Betriebsübergang zu Kündigungen aus anderen Gründen kommen wird, kann derzeit nicht gesagt werden.

Wir weisen Sie nachdrücklich darauf hin, dass Ihnen gemäß Paragraf 613a Abs. 6 BGB ein Widerspruchsrecht gegen den Betriebsübergang zusteht. Ihren Widerspruch gegen den Betriebsübergang können Sie gegenüber uns als Ihren aktuellen Arbeitgebern, aber auch gegenüber Herrn Dr. … als Ihrem zukünftigen Arbeitgeber erheben. Wir weisen darauf hin, dass im Falle eines Widerspruchs das Arbeitsverhältnis durch Herrn Dr. … nicht fortgesetzt wird, sondern mit uns fortbesteht. In diesem Fall sehen wir uns gezwungen, das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen.

Anmerkung: Auf Grund des Betriebsüberganges ist eine Kündigung des bisherigen Arbeitgebers oder des Praxiserwerbers „wegen“ des Betriebsüberganges unwirksam.

 

………………………………………………………..

Unterschrift Arbeitgeber

 

9. Schließung der Praxis, des (Eigen-)Zahnlabors

Vom Verkauf einer Praxis oder eines praxiseigenen Zahnlabors ist die Schließung der gesamten Praxis oder auch nur des praxiseigenen Zahnlabors zu unterscheiden.

a) Fortbestehen der Arbeitsverhältnisse, Erfordernis der Kündigung

Mit der Schließung einer Praxis und/oder eines Zahnlabors fällt die Beschäftigungsmöglichkeit der in den verschiedenen Bereichen angestellten Mitarbeiter weg. Die Beschäftigungsverhältnisse gehen mangels Fortführung des bisherigen Betriebszweckes auch auf keinen Nachfolger über. Die zugrundeliegenden Arbeitsverhältnisse erlöschen dennoch nicht automatisch mit dem Tag, an dem die Praxis und/oder das Zahnlabor geschlossen wird. Auch stellt der Entschluss zum Einstellen der zahnärztlichen Tätigkeit oder das tatsächliche Einstellen der Betriebstätigkeiten keine arbeitgeberseitige Kündigung dar. Dafür mangelt es bereits an der erforderlichen Schriftform der Kündigung (§§ 623, 126 BGB). Entschließt sich der Praxisinhaber, den Praxis- und/oder den Laborbetrieb zu einem bestimmten Zeitpunkt einzustellen, so ist er in dieser Entscheidung dennoch grundsätzlich frei. Er hat jedoch die aus dem Arbeitsvertrag oder aus dem eventuell geltenden Tarifvertrag sich ergebenden, individuellen Kündigungsfristen zu beachten. Auch muss er die formellen Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung berücksichtigen. Die Kündigungen müssen demzufolge schriftlich erfolgen und dem betreffenden Arbeitnehmer zugehen. Hat sich der Praxisinhaber zu einer kurzfristigen Schließung des Praxisbetriebes entschlossen und ist er bereit, sämtliche Mitarbeiter von der Erbringung ihrer arbeitsvertraglichen Leistungspflichten freizustellen und sie gleichzeitig bis zum Ablauf der jeweiligen Kündigungsfristen entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen weiter zu bezahlen, so kann er bei Beachtung der formellen Kündigungsvoraussetzungen (schriftliche Kündigung und Zugang der Kündigung) den Betrieb vorzeitig stilllegen.

b) Schließung Eigenlabor, Besonderheiten

Bei praxiseigenen Laboren, so genannten Eigenlaboren, handelt es sich um einen Betriebsteil des Gesamtbetriebes „Zahnarztpraxis“. Das Eigenlabor wird als Betriebsteil bezeichnet, weil es sich um eine Teileinheit des Betriebs Zahnarztpraxis handelt, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teilzweck erfüllt (BAG Urteil vom 27.10.2005 – 8 AZR 45/05). Das gilt auch für Eigenlabore, die nur eine untergeordnete Hilfsfunktion übernehmen. Das ist bei den meisten Eigenlaboren der Fall, da die Zahnarztpraxis an sich auch ohne das Eigenlabor auskommen könnte und zahlreiche Möglichkeiten bestehen, sich am freien Markt anderer Zahnlabore zu bedienen.

Hat sich ein Praxisbetreiber entschlossen, zwar seine Zahnarztpraxis weiter zu betreiben, nicht jedoch das von ihm gleichzeitig betriebene Eigenlabor, dann gilt auch hier, dass die Arbeitsverträge der im Zahnlabor beschäftigten Techniker, Helfer und vielleicht auch Zahnärzte nicht automatisch mit dem bloßen Entschluss, das Labor zu schließen, oder aber mit der tatsächlichen Schließung des Labors enden. Auch hier ist der Praxisinhaber vielmehr gehalten, die Arbeitsverhältnisse unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfristen schriftlich zu kündigen und dafür Sorge zu tragen, dass die Kündigungen den entsprechenden Mitarbeitern zugehen. Anderenfalls bestehen die Arbeitsverhältnisse zu unveränderten Bedingungen fort, womit auch die Verpflichtung des Praxisinhabers einhergeht, die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, auch wenn wegen der Schließung des Labors keine Arbeiten mehr verrichtet werden können.

Eine praktische Herausforderung für den Praxisinhaber bei der Schließung eines Eigenlabors ergibt sich regelmäßig daraus, dass die tatsächliche Einstellung der Arbeiten und die tatsächliche Schließung des Labors zeitlich dem Ausspruch der Kündigungen nachfolgen. Die von der Schließung des Labors betroffenen Arbeitnehmer können daher häufig innerhalb mit der ab Zugang der Kündigung laufenden 3-Wochen-Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht beurteilen, ob tatsächlich eine Schließung erfolgt oder aber ob die Schließung lediglich ein vorgeschobener Grund ihres Arbeitgebers ist. Das Resultat wird sein, dass sich die im Labor beschäftigten Arbeitnehmer vorsorglich zur Klage entschließen werden, um die 3-Wochen-Frist einzuhalten. Die Folge ist, dass der Arbeitgeber sich vor dem Arbeitsgericht rechtfertigen muss.

Hat das Labor auch zum Zeitpunkt des Gütetermins oder des Kammertermins seine Tätigkeit noch nicht (vollständig) eingestellt, dann ist es für den Arbeitgeber zwingend erforderlich, zu belegen, dass eine Schließung des Labors noch erfolgen wird.

Im Einzelnen muss der Arbeitgeber belegen,

• dass er zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigungen den festen, unumstößlichen Entschluss gefasst hatte, das Eigenlabor zu einem bestimmten Zeitpunkt zu schließen,

• dass zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigungen bereits begonnen worden war, die beabsichtigte Stilllegung umzusetzen, so dass die Stilllegung zum Zeitpunkt der Kündigungen bereits „greifbare Formen“ angenommen hatte, die tatsächlich zur Schließung des anvisierten Schließungszeitpunktes führen werden.

• Der Praxisinhaber muss daher nachvollziehbar darlegen können, dass er zum Zeitpunkt der Kündigungen bereits Dispositionen über die bisher verwendeten Arbeitsmaterialien, Räumlichkeiten und auch die bisher erledigten Aufträge getroffen hat.

Demnach ist es beispielsweise erforderlich, dass der Praxisinhaber darlegen kann, woher er den bisher selbst hergestellten Zahnersatz bekommt. Zum Beleg seiner diesbezüglichen Dispositionen kann ausreichend sein, wenn er konkrete Angebote externer Labore vorlegen kann.

Sofern der Praxisinhaber belegen kann, dass die bisherige Laboreinrichtung bereits verkauft oder ein Angebot für eine Entrümpelung eingeholt wurde, so kann das die Disposition über das Arbeitsmaterial belegen. Pläne eines Architekten für den Umbau der bisherigen Laborräumlichkeiten in eine erweiterte Zahnarztpraxis könnten ein Beleg für die Disposition über die Laborräumlichkeiten sein.

Das Gesamtbild, das ein Praxisinhaber folglich darlegen muss, muss also erkennen lassen, dass die getroffene unternehmerische Entscheidung, nämlich die dauerhafte Stilllegung des Eigenlabors, organisatorisch umsetzbar ist und damit bereits begonnen wurde, als die Kündigungen ausgesprochen wurden.

• Der Praxisinhaber muss schließlich darlegen können, dass mit der Schließung des Eigenlabors die Beschäftigungsmöglichkeiten der bisher dort angestellten Mitarbeiter wegfallen und dass eine anderweitige Weiterbeschäftigung nicht möglich ist. Sollte es in der Zahnarztpraxis Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten geben, so hätte der Praxisinhaber zusätzlich eine Sozialauswahl (s. o.) durchzuführen. Eine Weiterbeschäftigung ergibt sich regelmäßig bei im Labor beschäftigten Zahnärzten.

Praxistipp: Der Entschluss, ein Eigenlabor zu schließen und der Ausspruch der damit verbundenen Kündigungen einerseits und die tatsächliche Einstellung der labortechnischen Arbeiten andererseits fallen beinahe regelmäßig auseinander. Der Arbeitgeber ist daher im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung gezwungen, ein zukünftiges Geschehen glaubhaft darzulegen. Da dies nur mit einer akribischen Vorbereitung erfolgreich gelingen wird, sollte für eine Laborschließung ausreichend Vorlaufzeit eingeplant werden. Unterschrift Arbeitgeber

RA Jens Pätzold

aus: Arbeitsrecht für Zahnärzte (zfv 2008)

Vorschaubild: Monia Geitz

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