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Korrekte Arbeitsverträge – strategische und gezielte Mitarbeiterführung

RA Jens Pätzold [1]

RA Jens Pätzold ist Fachanwalt für Medizinrecht und Partner der Kanzlei Lyck & Pätzold Medizinanwälte in Bad Homburg, Mainz und Darmstadt. Er konzentriert sich auf die Beratung medizinischer Leistungserbringer und berät bundesweit Ärzte und Zahnärzte, speziell im niedergelassenen Bereich. Ein Beratungsschwerpunkt ist das ärztliche Werbe- und Berufsrecht. Zudem betreut er (Zahn-) Arztpraxen bei der strategischen Optimierung des Unternehmens, der Gestaltung von Praxisübergabeverträgen sowie Arzthaftung für Ärzte.

Zwar verfügen viele Praxen über eine gute Patientenorientierung. Sie haben aber noch nicht erkannt, dass sie neben ihren externen Kunden auch interne Kunden haben, und zwar ihre Mitarbeiter. Obwohl dieser Grundsatz allgemein bekannt sein sollte, beschäftigen viele Zahnarztpraxen Mitarbeiter, ohne dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Und in Praxen, in denen schriftliche Arbeitsverträge vorhanden sind, basieren diese häufig auf hoffnungslos veralteten Formularen, die noch dazu in den wenigsten Fällen den Besonderheiten einer Zahnarztpraxis angepasst wurden. Eine strategische und gezielte Mitarbeiterführung ist auf Basis solcher Verträge nicht möglich.

Indem Zahnärzte das Thema „Mitarbeiterführung“ häufig nur stiefmütterlich behandeln, lassen sie einen Großteil des Potenzials ihrer Praxis ungenutzt. Ein Forschungsprojekt, das 2007 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Auftrag gegeben wurde (Unternehmenskultur, Arbeitsqualität und Mitarbeiterengagement in den Unternehmen in Deutschland), hat sehr eindrücklich nachgewiesen, dass eine konsequente Mitarbeiterorientierung nicht nur das Betriebsklima verbessert, sondern auch unmittelbare ökonomische Folgen hat. Während in erfolgreichen Unternehmen 34 Prozent aktiv-engagierte und 14 Prozent akut-unzufriedene Mitarbeiter beschäftigt waren, sank in den weniger erfolgreichen Unternehmen der Anteil der aktiv-engagierten Mitarbeiter auf 24 Prozent, während die akut-unzufriedenen hier 21 Prozent stellten.
Eine vermeintliche Binsenweisheit erfährt damit ihre wissenschaftliche Bestätigung: Unternehmen mit höher engagierten Mitarbeitern erzielen signifikant häufiger betriebswirtschaftliche Erfolge als Unternehmen, in denen die Mitarbeiter wenig engagiert sind und keine Bereitschaft zur Identifikation mitbringen. Doch die Studie geht über diese allgemeine Feststellung hinaus. Sie kommt unter Berücksichtigung aller genannten Faktoren zu dem Schluss, dass die verschiedenen Aspekte der Unternehmenskultur in Kombination bis zu 31 Prozent des finanziellen Unternehmenserfolgs erklären können.
Erfolgreiche Praxen haben dies erkannt und sehen bereits heute im Engagement ihrer Mitarbeiter auch den wichtigsten Wettbewerbsfaktor. Der Einfluss des Personals auf den Praxiserfolg sollte für jeden Praxisinhaber ein ausreichender Anreiz sein, um sich intensiver als je zuvor mit dem Thema Mitarbeiterführung und dem Arbeitsrecht, das die Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterführung setzt, zu beschäftigen. Grundvoraussetzung ist aber zunächst einmal ein schriftlicher und der aktuellen Rechtsprechung gerecht werdender Arbeitsvertrag. Denn nur dieser schafft klare Verhältnisse.

Die Rechte und Pflichten vertraglich regeln

Quelle: Thorben Wengert, pixelio.de [2]

Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist am besten. Foto: Thorben Wengert / pixelio.de [3]

Ein ausführlicher Arbeitsvertrag ist für alle Beteiligten, Arbeitgeber und auch für den Arbeitnehmer vorteilhaft. Denn wenn die Rechte und Pflichten vertraglich klar geregelt sind, vermeidet dies bereits im Vorfeld manche Meinungsverschiedenheit und unnötige streitige Auseinandersetzung. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag bietet zudem die Möglichkeit, zuvor definierte Ziele und Aufgaben mit einer leistungsgerechten Entlohnung zu verbinden. Häufig wirkt sich die Einführung eines solchen Systems sehr positiv auf die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen einer Praxis aus. Denn wenn jeder Mitarbeiter seine Entlohnung selbst mitgestalten kann, fördert dies die Motivation und den Ehrgeiz der Mitarbeiter. Zudem bietet ein leistungsbezogenes Entlohnungssystem die Möglichkeit, Personalgespräche zu strukturieren und sie nicht mehr dem Zufall zu überlassen. Nach Einführung eines solchen Systems dienen nämlich die Berwertungskriterien des Systems zugleich als Leitfaden für das Personalgespräch, das auf diese Weise sehr viel effizienter und spezifischer geführt werden kann, als dies sonst üblicherweise der Fall ist.
Voraussetzung für ein solches System ist jedoch, dass Sie überhaupt über schriftliche und aktuelle Arbeitsverträge verfügen. Je nachdem, ob der Arbeitsvertrag für eine Auszubildende, eine Helferin oder einen angestellten Zahnarzt oder eine angestellte Zahnärztin gelten soll, bedarf es unterschiedlicher Regelungen.
Beispielsweise kann es im Einzelfall Sinn machen, in einem Arbeitsvertrag mit einem angestellten Zahnarzt ein Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, durch dass sich der angestellte Zahnarzt verpflichtet, zum Beispiel für einen Zeitraum von zwei Jahren, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht für eine andere Praxis tätig zu sein, die mit der bisherigen in Wettbewerb steht. Zu beachten ist allerdings, dass eine solche Klausel bei Angestellten, nur dann wirksam ist, wenn hierfür eine Entschädigung von mindestens 50 Prozent der Bezüge gewährt wird. Ist eine solche Entschädigung im Vertrag nicht vorgesehen, braucht sich der angestellte Zahnarzt an das Wettbewerbsverbot nicht zu halten.

Verträge mit Auszubildenden
Soweit Sie Auszubildende beschäftigen, ist darauf zu achten, dass die Auszubildende und der Arbeitgeber mit dem Bestehen der Abschlussprüfung das Ziel der Ausbildung erreicht haben. Weitere Verpflichtungen haben Sie als Arbeitgeber grundsätzlich nicht. Beschäftigen Sie Ihre Auszubildenden nach Bestehen der Abschlussprüfung jedoch weiter – und sei es auch nur für eine Stunde –, dann begründen Sie damit einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Wenn Sie sich also von einer Auszubildenden trennen wollen, achten Sie darauf, dass diese nach bestandener Abschlussprüfung nicht bei Ihnen weiter arbeitet.
Wollen Sie sie weiter beschäftigen, schließen Sie mit ihr einen Arbeitsvertrag. Und obwohl Sie die Auszubildende bereits während der Ausbildungszeit beschäftigt haben, können Sie nun auch eine neue Probezeit mit ihr vereinbaren. Dies ist durchaus auch ratsam, weil Sie die Mitarbeiterin bislang nur in der Ausbildungssituation kennen gelernt haben, nicht aber im „normalen“ Berufsalltag.

Anstellung von Zahnärzten
Seit 2007 ist es zulässig, Zahnärzte anzustellen. Insbesondere für jüngere Zahnärzte und Zahnärztinnen ist es attraktiv, zunächst einmal als Angestellter tätig zu sein. Häufig besteht auch kein eigner Wunsch nach einer Selbstständigkeit. Was jedoch ist bei der Anstellung eines Zahnarztes zu beachten?
Durch die Regelungen aus dem SGB V, dem Bundesmantelvertrag für Zahnärzte und die Zulassungsordnung für Zahnärzte ist die Anstellung von Zahnärzten über das allgemeine Arbeitsrecht hinaus reglementiert. So ist im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte bestimmt, dass ein Zahnarzt maximal zwei vollzeitbeschäftigte oder bis zu vier teilzeitbeschäftigte Zahnärzte anstellen darf. Dabei ist auch eine Mischform zwischen voll- und teilzeitbeschäftigten möglich.
Darüber hinaus muss die Anstellung des Zahnarztes durch den Zulassungsausschuss der kassenzahnärztlichen Vereinigung genehmigt werden. Dem Ausschuss ist neben den Unterlagen, die auch für die Zahnarztregistereintragung erforderlich sind, ein schriftlicher Arbeitsvertrag vorzulegen.

Elementare Punkte im Arbeitsvertrag

Unabhängig davon, ob Sie einen Zahnarzt, eine Zahnärztin, eine Helferin oder eine Auszubildende anstellen, sollte jeder Arbeitsvertrag die elementaren Punkte abdecken, wie Beginn und Ende des Arbeitsvertrags, Kündigungsfristen, Urlaub, Vergütung, Arbeitszeit, Überstundenregelung sowie gegebenenfalls ein Wettbewerbsverbot. Darüber hinaus sollte ein Vertrag, der die Anstellung eines Zahnarztes zum Gegenstand hat, die folgenden Bestimmungen enthalten:
• Da die Anstellung der Genehmigung des Zulassungsausschusses bedarf, sollte der Vertragsschluss unter dem Vorbehalt der Genehmigung geschlossen werden. Hierdurch wird der Arbeitsvertrag von der Genehmigung abhängig gemacht. Wird die Genehmigung nicht erteilt, so kommt der Arbeitsvertrag nicht zustande.
• Ebenso sollte eine Regelung für den Fall aufgenommen werden, dass die Genehmigung später wieder zurückgenommen wird. Für diesen Fall könnte zum Beispiel eine kurzfristige Kündigungsmöglichkeit eingeräumt werden.

Bereits diese wenigen Beispiele machen deutlich, dass sich durch den strategischen und zielgerichteten Einsatz der zahlreichen arbeitsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten eine Amortisation der Investitionen in einen Mitarbeiter sicherstellen lässt. Zudem bietet eine strategische Anwendung des Arbeitsrechts, neben Risiken und Pflichten, auch Chancen und Rechte.
Mit der Nutzung durchdachter und individueller Arbeitsverträge bietet sich insbesondere die Chance, eine Praxis hochwertig und stabil zu positionieren, was aufgrund des hohen Wettbewerbs notwendiger geworden ist denn je. Wenn Sie sicher gehen wollen, alle Möglichkeiten zu nutzen, die Ihnen das Arbeitsrecht bietet, lassen Sie sich fachmännisch beraten.
RA Jens Pätzold, Bad Homburg