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Qualitätsmanagement in der Existenzgründerpraxis

Petra Karl [1]

Petra Karl ist QM-Auditorin und Senior Consult bei Prodent Consult.

Am 17. November 2006 wurden im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement (QM) definiert. Danach müssen alle Zahnarztpraxen ein Qualitätsmanagementsystem bis Ende 2010 einführen und es konsequent weiterentwickeln. Für Existenzgründer gilt, dass sie bereits vor der Praxiseröffnung ein QM-System etablieren müssen.

Schon die alten Chinesen kannten ein Qualitätsmanagement, das sie zum Beispiel bei der Produktion von Porzellan anwandten. Mithilfe dieses QMs steuerten sie die verschiedenen Prozesse bei der Erstellung vielteiliger Porzellanservices. So erzielten sie – ohne industrielle Hilfsmittel – gleichbleibende Formen, Größen und Wandstärken sowie eine gleichbleibende Glasur und Bemalung. Noch heute können wir über dieses Qualitätsniveau handwerklicher Kunst staunen.
Auch im Dienstleistungsunternehmen Zahnarztpraxis dient das QM-System dazu, ein gleichbleibend hohes Qualitätsniveau zu sichern: Qualität als Standard und nicht als Zufall. Ein QM-System berücksichtigt alle Praxis-Prozesse — angefangen bei der telefonischen Terminvergabe und dem Empfang der Patienten über die Diagnose, die Patientenaufklärung und Dokumentation, die Behandlung, die Verabschiedung der Patienten bis hin zur Abrechnung. Einen besonders wichtigen Part nimmt dabei die Sicherung der Hygienekette ein. Das Thema Hygiene wird durch Kammern und Gesundheitsämter inzwischen sehr sensibel behandelt und intensiv geprüft.
Ausgangspunkt eines jeden QM-Systems ist die jeweilige Praxisphilosophie des Zahnarztes beziehungsweise der Zahnärztin. Darin wird definiert, welche Ziele die Praxis zum Wohle des Patienten verfolgt. Das eigentliche Ziel des QM-Systems ist es dann, einen permanenten Verbesserungsprozess der einzelnen Dienstleistungsprozesse in der Praxis zu etablieren. Zur Kontrolle sollten die Patientenzufriedenheit und die Mitarbeiterzufriedenheit als Messwert laufend ermittelt werden.

Nutzen für die Praxis

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Ein QM-System regelt den Umgang mit den Ressourcen der Praxis. Foto: Monia Geitz

Eine wichtige Aufgabe des QMs ist es, den Umgang mit den wertvollen Ressourcen der Praxis – wie Zeit, Raum, Arbeitskraft, Materialeinsatz – möglichst ökonomisch zu regeln. So werden alltägliche Arbeitsabläufe optimal strukturiert sowie Zuständigkeiten klar geregelt: Jeder kennt seine Aufgaben. Zeitverzug und Zeitdruck entstehen erst gar nicht. Der Effekt ist verblüffend: Ein Praxisalltag ohne Stress und Hektik – es geht doch!
Das Resultat eines QM-Systems, das in dieser Form täglich gelebt wird, ist eine entspannte Atmosphäre in der Praxis, was vor allem die Patienten spüren. Sie geben ein positives Feedback, das sich in der Patientenzufriedenheit niederschlägt. Das wiederum erhöht die Motivation der Mitarbeiter und ihre Bindung an die Praxis. Sie identifizieren sich mit „ihrer“ Praxis. Sie fühlen sich mit ihr verbunden, weil sie gemeinsam mit „ihrem“ Team etwas erreichen wollen. So engagiert sich das Team für die Optimierung der Praxis.

Aufbau eines QM-Systems bei Praxisneugründung
Bei einer Praxisneugründung muss das QM-System von Grund auf neu aufgesetzt werden. Entsprechend den Ideen und der Behandlungsphilosophie des Praxisgründers werden Prozesse definiert. Dann können sie von Anfang an vom gesamten Praxisteam gelebt werden. Nicht zum Ziel führende Verhaltensweisen etablieren sich erst gar nicht.

AbrechnungsCheck
Ein besonders wichtiger Bereich ist der gesamte Komplex der Leistungsdokumentation im Rahmen der Abrechnungssystematik sowie die Abrechnung selbst. Eine fachliche Überprüfung der (etablierten) Abrechnungssystematik kann nach entsprechender Optimierung leicht zu steigenden Umsätzen in fünfstelligen Bereichen führen beziehungsweise zusätzlich vor hohen Regressansprüchen schützen. Gerade im Bereich Abrechnung gilt: Erfahrung schützt nicht vor Irrtümern, die sich dann als (teure) Fehler summieren. Weil sich im Bereich der Abrechnungsvorschriften permanent etwas ändert, ist ein regelmäßiges Know-how Update unumgänglich.

Das QM im Recall: Qualität sichern
Genauso wie ein Patient regelmäßig zur Kontrolle in die Praxis gehen sollte, sollte auch ein gelebtes QM alljährlich überprüft werden. Denn wie bei allem, was täglich im Gebrauch ist, zeigen sich mit der Zeit Abnutzungserscheinungen. Unbemerkt schleichen sich unerwünschte Verhaltensweisen ein. Um die Funktion des Systems zu sichern, wird das QM-System regelmäßig einem Recall unterzogen. Ist die Praxis sogar nach ISO 9001 zertifiziert, müssen jedes Jahr ein internes und alle drei Jahre ein externes Audit durchgeführt werden.
Die Erfahrung aus vielen durchgeführten QM-Projekten zeigt, dass die professionelle Begleitung bei der Einführung eins QM-Systems insbesondere für die ganz junge Zahnarztpraxis in höchstem Maße sinnvoll ist: Externe Experten kompensieren fehlende Erfahrung, wodurch teure Fehler vermieden werden. Die Mühe und Investition zahlen sich aus: Es läuft einfach alles viel besser und die Praxis kann sich im wirtschaftlichen Wettbewerb erfolgreich behaupten. Und was immer wieder bestätigt wird: Durch ein gutes Qualitätsmanagement haben alle einfach mehr Spaß an der Arbeit!
Petra Karl, Offenbach