Die lieben Kollegen – wie man als Assistent im Kollegendschungel überlebt

Mancher junge Zahnmediziner möchte sich nach abgeschlossenem Studium (noch) nicht auf eine Niederlassung im erlernten Beruf einlassen. Er denkt sich: An der Uni ist es doch ganz angenehm – gewohnte Umgebung, viele junge Kollegen, Hand in Hand zusammenarbeiten, sich austauschen, von einander profitieren. Was gibt es also Schöneres als eine angenehme Arbeitsatmosphäre unter „Gleichgesinnten“? Auch privat sieht sich der Jungassistent hier eher Kontakte knüpfen als regelmäßig mit einem Praxis-Chef nach Feierabend ein Bier trinken.

Konkurrenz im Assistentenalltag gibt es häufiger, als man denkt. Foto: ProDente e.V.

Konkurrenz im Assistentenalltag gibt es häufiger, als man denkt. Foto: ProDente e.V.

Prinzipiell stimme ich ihm da zu. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, unser Klinikassistent wird schnell merken, dass auch an der Universität nicht alles Gold ist, was glänzt. Im Assistentenalltag spielt nämlich ein Aspekt eine entscheidende Rolle: Konkurrenz.

Wie sich diese Konkurrenz zeigt, ist mannigfaltig und ein paar typische Spezies aus dem Kollegenbiotop seien hier vorgestellt:

  • Zur ersten Spezies gehören die jungen aufstrebenden Kollegen – meistens parallel noch in der Forschung tätig und erpicht, möglichst schnell möglichst hoch die Karriereleiter hinaufzusteigen. Deshalb versuchen sie einander auf dem Weg nach oben zu behindern wo es nur geht. Sie vereiteln Projekte der anderen und buhlen beim Chef – immer in der Hoffnung auf mehr Unterstützung ihrer Person in der Wissenschaft. Kollegialität verflüchtigt sich in diesem Klima ganz schnell.
  • Der zweite Kollegentypus versucht sich gern vor sämtlichen Aufgaben im Klinikalltag zu drücken. Deshalb übernimmt er freiwillig die Verantwortung für organisatorische Belange und kann sich so Freiräume schaffen – etwa indem er sich beim Erstellen der Dienstpläne über die Feiertage einfach mal außen vor lässt oder die angenehmsten Dienstzeiten für sich reserviert. Positiver Nebeneffekt: Auch der Chef ist begeistert von so viel Engagement seines Assistenten.
  • Unter Kategorie drei fallen Mitarbeiter, die ebenfalls Arbeit abwehren, allerdings indem sie betonen (oder auch vorschieben), wie viel sie bereits zu tun haben. Sie können unmöglich noch weitere Aufgaben übernehmen. Das gelingt dem einen besser, dem anderen schlechter. Entscheidend ist hier die Fähigkeit, wie glaubwürdig man sein Anliegen vertritt.
  • Die vierte Spezies und vielleicht die gefährlichste versucht die Sympathien der entscheidenden Kollegen zu gewinnen. Nicht die Gunst des Chefs ist an dieser Stelle gefragt, sondern die der genannten Dienstplaneinteiler und Oberärzte. Sie entscheiden über alle Anliegen aus dem Assistentenkreis. Eine gute und geschickte Vernetzung ist hier ganz klar das A und O. Man weiß also nie, ob der Kollege einfach nur nett und freundlich ist, oder ob er hauptsächlich im Hinterkopf hat, dass man ihm noch mal nützlich sein könnte.

Das soll nun nicht heißen, dass es nicht auch angenehme Abteilungen mit netten Kollegen und entspanntem Arbeitsklima gibt. Auch treffen vorgestellte Spezies selten alle zur gleichen Zeit in einer Abteilung aufeinander. Aber der Klinikassistent sollte sich beim Berufseinstieg nicht wundern, wenn ihm jemand aus diesem Biotop begegnet.

Ein paar Tipps von mir, um sich im Kollegendschungel an der Uni zurechtzufinden: Der entspannte Umgang mit genannten Spezies ist sicher das wichtigste – auch wenn man sich natürlich über sie aufregt. Gegen solche über die Jahre gewachsenen Klinikstrukturen kann ein Einzelner nicht angehen. Unser Jungassistent muss sehen, wie er sich in akzeptabler Form mit den Gegebenheiten arrangiert und entscheiden, ob auch er ein Biotopler werden will oder es besser macht – wenn er etwas ändern kann, dann nur so.
Dr. A. Watson

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