Wie muss die Zukunft der Zahnmedizin aussehen, damit Zahnärztinnen sich frühzeitig mit dem Thema Praxisgründung beschäftigen, einen stärkeren Fokus auf unternehmerischen Erfolg legen, einen leichteren Zugang zur Implantologie erhalten und sich auch mit wenig Zeit standespolitisch engagieren können? Ideen und Lösungsansätze dazu diskutierten rund 40 Zahnärztinnen und Unternehmerinnen auf dem 2. Zukunftsgipfel von ladies dental talk und DZW/Chance Praxis in Kooperation mit der ApoBank, der Health AG und Dentsply Implants am 7. Februar in Frankfurt (Main) in den Räumen der ApoBank.
Ausbildung und Karriere
Dr. Silvia Brandt, Universitäts-Klinik Frankfurt, und Nadja Alin Jung, Bundesverband der zahnmedizinischen Alumni, erläuterten, welche Themen die zahnmedizinische Ausbildung sinnvoll ergänzen würden. An den Universitäten fehlten vor allem die Disziplinen BWL, Abrechnung, Management, Personalführung, Kommunikation sowie Kollaboration – eine Folge der veralteten Approbationsordnung von 1955. Auch werde Wissen infolge der Multiple-Choice-Prüfungen nur sehr punktuell aufgebaut, wissenschaftliche Zusammenhänge blieben den Studierenden häufig verborgen. Durch Praktika oder Hospitationen der Studenten in ausgesuchten Partnerpraxen könne bereits frühzeitig auf die Arbeit in der Praxis vorbereitet und die Lücke zwischen Ausbildung und späterer Tätigkeit geschlossen werden.
Auch die Deutsche Apotheker- und Ärztebank stellt sich in ihren Finanzierungsmodellen auf die Klientel der Zahnärztinnen ein, so Petra Knödler, Marktgebietsleiterin des Marktgebiets Mitte der ApoBank. So habe sich die Bank neu aufgestellt und eigene Berater für Studenten und Fachschaften ins Team geholt, die die Studierenden von Anfang an durch ihre unterschiedlichen Lebensphasen begleiten, sowie Berater, die sich mit den Fragen angestellter Zahnärzte beschäftigen. Familie und Existenzgründung schlössen sich nicht aus, so Knödler. Wichtig sei aber für eine erfolgreiche Gründung, dass die Familienplanung von Anfang an in der Finanzierung mit eingeplant wird – und nicht etwa aus Angst, von der Bank abgelehnt zu werden, verschwiegen wird.
Praxisführung
Dass Factoring ebenfalls zum unternehmerischen Erfolg beitragen kann, berichtete Sigrid Jürgensmann, Health AG. „Mit Factoring liegen Sie über Ihrer Kreditlinie, ohne darunter“, brachte sie es auf den Punkt. Das drohende Problem dabei sei die Insolvenz. Meist werde zunächst an der Kostenschraube gedreht und Personal entlassen, doch ohne Mitarbeiter sei wiederum die anfallende Arbeit mehr zu leisten. Eine Abwärtsspirale, bei der die Insolvenz unabwendbar sei. Deshalb solle Factoring bereits bei der Praxisgründung eingeplant werden. „Wir haben starke Modelle für die Praxisgründung und wollen künftig noch mehr auf die junge Zielgruppe eingehen“, so Jürgensmann.
Ein Arbeitsvertrag kann helfen, Konflikten mit Mitarbeitern vorzubeugen, schilderte Katri Helena Lyck, Fachanwältin für Medizinrecht aus der Bad Homburger Kanzlei Medizinanwälte Lyck und Pätzold. Weil immer weniger Zahnmedizinische Fachangestellte ausgebildet werden, gestalte sich die Suche nach guten Angestellten immer schwieriger. Umso wichtiger sei es, mit schriftlichen Arbeitsverträgen Sicherheit für Praxisteam und Chef zu schaffen.
„Das Durchschnittsalter einer Praxis liegt bei 57 Jahren, häufig gibt es gar keine Verträge“, so Lyck. Doch was früher oft mit Handschlag besiegelt wurde, ist heute ein unsicheres Vabanque-Spiel. Der Rat der Rechtsanwältin: Schriftliche Arbeitsverträge schaffen Klarheit für beide Seiten und eine Diskussionsgrundlage für Praxischef und Mitarbeiter, wenn sich Aufgaben verändern. Somit kann sich der Arbeitsvertrag sogar als ein Motivationsinstrument entpuppen.
Implantologie
Ein leichterer Zugang zur Implantologie für Zahnärztinnen wäre wünschenswert, so Dr. Karin Schnell, Zahnarztpraxis Schnell, Dr. Ricarda Jansen, Dentsply Implants, und Andrea Bauer, Dentallabor ZahnAkzente, Frankfurt. Denn die Implantologie gehöre zur Zukunft der Zahnmedizin, so die Referentinnen. Deshalb sollten junge Zahnmediziner hierzu motiviert werden. Das Zusammenspiel von Patient/Zahnarzt/Zahntechniker/Chirurg müsse reibungslos funktionieren und bilde ein eigenes kleines Netzwerk. Wichtig dabei sei die vertrauensvolle Beziehung zum Patienten – und dass der Zahnarzt sein Handwerk beherrscht und sich nicht allein auf die moderne Technik verlässt.
Standespolitik
Wie die Standespolitik aussehen müsste, damit Zahnärztinnen auch mit wenig Zeit Einfluss nehmen können, diskutierten Dr. Marion Marschall, Chefredakteurin DZW und Chance Praxis, Birgit Dohlus, Buena Vista Dentista Club e.V. und Dr. Tilli Hanßen, Zahnärzte für Niedersachsen e.V.
Lange Sitzungszeiten und Rangeleien halten bislang noch viele Frauen von einem Amt in der Standespolitik ab. Doch sei dies gefährlich, denn „alte Männer bestimmen darüber, was junge Frauen tun sollen“, so Marschall. Deshalb, so ihr Rat, sollten Zahnärztinnen die Chance nutzen und Themen aktiv mitbestimmen. Nur so könnten sie mitentscheiden, wie sich ihre Berufsausübung gestaltet. Auch handele es sich nicht immer um politische Ämter mit hohem Zeitfaktor, so Dohlus: „Es gibt verschiedene Ebenen in der Politik, man kann bei Fachgesellschaften oder Berufsverbänden anfangen, hier reichen bereits vier Sitzungen im Jahr.“
Eine weitere Möglichkeit sei es, sich für sachorientierte Themen wie Mitarbeiterführung, Ausbildung etc. einzusetzen – eine Arbeitsweise, die Frauen sogar grundsätzlich näher liegt, so Dohlus. In jeden Fall sollten Frauen selbstbe wusst für ihre Belange eintreten.
Trends erspüren und Bedingungen für Zahnmedizinerinnen optimieren – dass hier noch Bedarf herrscht, hat der Zukunftsgipfel in vielerlei Hinsicht gezeigt. Dass es auch noch Spaß macht, Zahnärztinnen in ihrem Unternehmertum zu stärken, hat das Ziel der Veranstaltung übertroffen.
Text: Monia Geitz, Fotos: Oliver Pick