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Vermeidbare Fehler bei Abschluss des Arbeitsvertrags

Durch Abschluss eines Arbeitsvertrags verpflichten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenseitig, einander bestimmte Leistungen zu gewähren: Der Arbeitnehmer wird seine Arbeitskraft nach Leitung und Weisung des Arbeitgebers erbringen; der Arbeitgeber zahlt ihm dafür die vereinbarte Vergütung.

Hierbei, so der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Freiherr Fenimore von Bredow, Vizepräsident des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V. mit Sitz in Stuttgart, werden von den Vertragsparteien jedoch häufig vermeidbare Fehler begangen. Was ist also bei Abschluss eines Arbeitsvertrags unbedingt zu beachten?

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Schriftliche Verträge dienen auch zur eigenen Sicherheit. Foto: Benjamin Thorn / pixelio.de [2]

Vertrag unbedingt schriftlich fassen
Dies gibt beiden Seiten ein hohes Maß an Sicherheit, falls es einmal zu Unstimmigkeiten über die vereinbarten Konditionen kommen sollte. Zwar sind Arbeitsverträge zunächst einmal grundsätzlich formfrei möglich, das heißt, sie können auch mündlich abgeschlossen werden. Wenn aber nach fünf- oder zehnjähriger Dauer des Arbeitsverhältnisses plötzlich Differenzen über die Zahlung von Zulagen oder über die Leistung von Überstunden entstehen, kommt man schnell in Beweisnöte, weil es keine schriftlichen Unterlagen gibt. Dies kann, je nach Sachlage, zu erheblichen finanziellen Nachteilen auf beiden Seiten führen.

Spätestens nachdem das Arbeitsverhältnis einen Monat besteht, ist der Arbeitgeber ohnehin aufgrund des Nachweisgesetzes (NachwG) gesetzlich verpflichtet, alle wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich zu fixieren, die Niederschrift zu unterzeichnen und sie dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Liegt bereits ein beiderseitig unterzeichneter vollständiger Arbeitsvertrag vor, entfällt diese gesonderte Nachweispflicht.

In der Praxis kommt es allerdings häufig vor, dass weder ein schriftlicher Vertrag noch ein solcher Nachweis existieren. Die Wirksamkeit des Arbeitsvertrags als solches wird hiervon nicht berührt; er ist weiterhin in der mündlich abgeschlossenen Form gültig. Allerdings können sich aus der Verletzung der Nachweispflicht fatale Folgen für den Arbeitgeber ergeben: Beruft sich ein Arbeitnehmer in einem Arbeitsgerichtsprozess beispielsweise darauf, dass der Arbeitgeber ihm neben dem Gehalt eine bestimmte Zulage versprochen hat, kann er dies mangels schriftlicher Unterlagen zunächst einmal nicht beweisen.

Im Normalfall könnte der Arbeitgeber vor Gericht eine unbewiesene Forderung des Arbeitnehmers einfach bestreiten, und das Gericht würde die Forderung dann mangels Beweises ablehnen. Tatsächlich aber haben sowohl Arbeits- als auch Landesarbeitsgerichte bereits mehrfach entschieden, dass den Arbeitnehmer in diesem besonderen Fall aufgrund des Nachweisgesetzes nicht mehr die volle Beweislast für die erhobene Forderung trifft. Das bedeutet konkret, dass sich im Prozess dann zwar immer noch beide Aussagen einander gegenüberstehen. Allerdings wird das Gericht der Forderung des Arbeitnehmers dann stattgeben, da der Arbeitgeber eine ihm obliegende gesetzliche Pflicht versäumt hat. Der Arbeitgeber verliert diesen Prozess also nur aufgrund seiner eigenen Nachlässigkeit, selbst wenn die tatsächliche Vereinbarung gar nicht so war, wie vom Arbeitnehmer behauptet – ein vermeidbarer und teurer Fehler des Arbeitgebers.
Ein Ausnahmefall von der grundsätzlichen Formfreiheit sind befristete Arbeitsverträge.

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz schreibt zwingend vor, dass befristete Verträge schriftlich abgeschlossen werden müssen. Setzt sich der Arbeitgeber über dieses Formerfordernis leichtfertig hinweg, so führt dies dazu, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich unbefristet ist. Dies könnte der betroffene Arbeitnehmer – gegebenenfalls auch klageweise – geltend machen. Diese Klage muss der Arbeitnehmer allerdings spätestens drei Wochen nach Ablauf der ursprünglich angenommenen Befristung eingereicht haben. Versäumt er diese Frist, so bleibt es bei der Befristung. In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Arbeitgeber den befristet eingestellten Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis antreten lassen, ohne dass zuvor ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, weil „… die in der Personalabteilung da immer etwas länger für den Papierkram brauchen …“. Und schon wird aus der Schwangerschaftsvertretung ein neuer dauerhafter Mitarbeiter – ein weiterer vermeidbarer Fehler. Unterliegt dieser Mitarbeiter dann noch dem Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes, so wird es in aller Regel schwierig und teuer, das Arbeitsverhältnis wieder zu beenden.

Weitere Ausnahmen von der Formfreiheit können sich im Einzelfall aus Tarifverträgen beziehungsweise Betriebsvereinbarungen ergeben. Dies ist in jedem Einzelfall gesondert zu überprüfen.
Folgende neun Regelungstatbestände sollte der Arbeitsvertrag mindestens enthalten:
• Name und Anschrift der Vertragsparteien,
• Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses (bei Befristungen auch der Endzeitpunkt),
• gegebenenfalls der Arbeitsort,
• eine Beschreibung der zu leistenden Tätigkeit,
• die Zusammensetzung, Höhe und Fälligkeit der Vergütung einschließlich eventueller Zulagen beziehungsweise Zuschläge sowie Prämien und Sonderzahlungen,
• die vereinbarte Arbeitszeit,
• die einzuhaltende Kündigungsfrist,
• gegebenenfalls einen Hinweis auf die einschlägigen Tarifvorschriften und Betriebsvereinbarungen und die
• Urlaubsdauer

Selbstverständlich können noch weitere, zusätzliche Dinge arbeitsvertraglich geregelt werden, wie etwa ein Wettbewerbsverbot, Nebenbeschäftigung, Frist zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung etc. Bei den aufgelisteten neun Regelungstatbeständen handelt es sich aber um die Mindestangaben, die im Rahmen des Nachweisgesetzes gefordert werden.

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Das Minenfeld AGB ist ständigen Wandlungen und Weiterungen durch die Rechtsprechung unterworfen. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [2]

Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) beachten
In der Praxis werden Arbeitsverträge vom Arbeitgeber in aller Regel in vorformulierten Fassungen verwendet, bei denen lediglich einige wenige Vertragsklauseln – etwa die Höhe des Gehalts – offen gelassen und im Einzelfall individuell anzupassen sind. Echte Vertragsverhandlungen über jede einzelne Klausel des Vertrags finden aber in aller Regel nicht statt. Der Gesetzgeber hat daher festgelegt, dass dieses Ungleichgewicht in der Verhandlungsposition nachträglich korrigiert werden kann: Seit dem Jahr 2002 findet auch im Bereich des Arbeitsrechts eine inhaltliche Kontrolle des Arbeitsvertrags nach dem Standard des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) Anwendung.
Bildhaft gesprochen stellt sich das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Arbeitsrecht gewissermaßen als ein Minenfeld dar, das ständigen Wandlungen und Weiterungen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung unterworfen ist. Vertragsklauseln, die jahrelang unbeanstandet allgemeine Verwendung fanden, werden plötzlich von der Rechtsprechung für unwirksam erklärt und durch neue, für den Arbeitgeber oft teurere Regelungen ersetzt. Es ist für Arbeitgeber daher lohnenswert, die alten Vertragsmuster überprüfen zu lassen und jedenfalls bei Neueinstellungen moderne Fassungen zu verwenden. Bei als gefährlich erkannten Formulierungen ist in jedem Einzelfall zu überlegen, ob mit dem Arbeitnehmer eine einvernehmliche Vertragsanpassung erreicht werden kann.
Was regelt nun das AGB-Recht im Einzelnen?
Nach AGB-Recht sind sogenannte überraschende Klauseln im Arbeitsvertrag unwirksam. Als „überraschend“ gilt eine Klausel dann, wenn sie objektiv ungewöhnlich ist und der Vertragspartner nicht mit ihr rechnen muss. Es kommt also immer auf den konkreten Einzelfall und dessen Gesamtumstände an. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits konkret entschieden, dass beispielsweise Ausschlussfristen zur Geltendmachung von Arbeitnehmeransprüchen überraschend im Sinne des AGB-Rechts und damit unwirksam sind, sofern sie im Text versteckt und nicht drucktechnisch hervorgehoben sind.

Unklarheiten im Vertragstext gehen nach AGB-Recht immer zu Lasten desjenigen, der den Text vorgibt, in aller Regel also des Arbeitgebers. Ob im Einzelfall eine Unklarheit vorliegt, richtet sich nach dem Verständnis eines redlichen Vertragspartners unter Abwägung der beiderseitigen Interessen und dem von den Vertragspartnern gewollten Regelungszweck. Auch hierbei kommt es also auf die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls an. Führt eine solche Auslegung zu einem mehrdeutigen Ergebnis, so gilt die unklare Klausel nicht. Bedeutung hat die Unklarheitenregel insbesondere im Zusammenhang mit der Inbezugnahme und Verweisung auf Tarifverträge und -normen: Ist die Tragweite der Verweisung nicht eindeutig, geht dies zu Lasten des Verwenders.

Die im Arbeitsvertrag verwendeten Klauseln dürfen den Arbeitnehmer auch nicht unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt immer dann vor, wenn eine Bestimmung mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Beispielsweise hat das BAG hierzu aktuell entschieden, dass eine Klausel, wonach ein Arbeitnehmer monatlich im Durchschnitt 150 Stunden arbeiten muss, diesen unangemessen benachteiligt, weil sich aus der verwendeten Klausel nicht ergebe, innerhalb welchen Rahmens sich der Durchschnitt errechnet – ob der Durchschnitt aus sechs Monaten, aus einem Jahr oder gar aus noch größeren Zeiträumen zu ermitteln ist, ließ der Vertrag offen (BAG, Urteil vom 21. Juni 2011, Az.: 9 AZR 236/10).

An diesen Beispielen wird deutlich, dass die klare und präzise Formulierung eines Arbeitsvertrags nicht so einfach ist, wie manch einer sich das landläufig vorstellen mag. Schnell wird aus einer unbedachten Formulierung ein richtig teurer Stolperstein, der den Arbeitgeber unnötig viel Zeit und Geld kosten kann: In dem zuletzt genannten Beispielsfall beschäftigt der Arbeitgeber rund 460 Mitarbeiter, die mehrheitlich alle die „monatliche Durchschnittsklausel“ in ihrem Arbeitsvertrag stehen haben. Etwa 200 Mitarbeiter haben den Arbeitgeber – erfolgreich – auf Anhebung ihrer monatlichen Arbeitszeit wegen unangemessener Benachteiligung vor den Arbeitsgerichten verklagt. Allein in der ersten Instanz fielen hierfür Gerichts- und Anwaltskosten von mindestens 300.000 Euro an. Ein Großteil der Fälle wurde dann in der zweiten Instanz überprüft, wofür noch einmal mindestens 500.000 Euro anfielen, da nun auch noch die Anwaltskosten der Arbeitnehmeranwälte zu übernehmen waren. Eine unbedachte Formulierung verursachte auf diese Weise Kosten von rund 800.000 Euro, die mit richtiger und rechtzeitiger Beratung durch einen arbeitsrechtlich versierten Rechtsanwalt zu einem Bruchteil dieser Kosten zu vermeiden gewesen wären.

Von Bredow riet daher, die Empfehlungen zu beachten und in Zweifelsfällen sowie bei sonstigen Fragen zum Arbeitsrecht unbedingt Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er unter anderem auch auf den VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de [4] – verwies.