Studententag: Lückenfüller oder Alibiprogramm?

Wie bringt man junge Kollegen dazu, den Deutschen Zahnärztetag zu besuchen? Darüber macht man sich an führenden Stellen offensichtlich Gedanken, schließlich ist der Deutsche Zahnärztetag das Aushängeschild, die Referenz des Berufsstand und zwar auf standespolitischer wie auf wissenschaftlicher Ebene im gleichen Umfang. Und wenn sich nun die führenden Köpfe zusammentun, dann wird man davon ausgehen, dass Großes herauskommt. Könnte oder sollte man zumindest meinen.

Schaut man sich aber das Programm des diesjährigen Studententags an, so reibt sich der interessierte Betrachter verwundert die Augen: Und dies ist das Aushängeschild für den Nachwuchs? Hand auf Herz: Ob Beiträge wie „Composite leicht gemacht“ oder „Angstgegner Weisheitszahn“ oder ob gar die „Kieferrelationsbestimmung – ein Schlüssel zum Erfolg“ wahrhafte Impulse setzen? Man muss sich schon mühen, um das Konzept zu finden, das hinter diesem Programm steht. Immerhin soll damit ein repräsentativer Teil der mehr als 10.000 Studierenden unseres Fachgebiets nach Frankfurt gelockt werden.

Studententag: Lückenfüller oder Alibiprogramm

Gewünscht: Mehr Mut beim Studententag. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Bei allem Wohlwollen und positiver Grundhaltung gegenüber einem Studentenprogramm – eine Einstellung übrigens, die man nicht überall als gegeben voraussetzen kann –, ein bisschen mehr dürfte es schon sein. Ein bisschen mehr Mut, ein bisschen mehr Innovation vielleicht? Immerhin lassen sich die Fachgesellschaften einiges kosten, um die Studenten zum Veranstaltungsbesuch nach Frankfurt zu locken: Studentische Mitglieder einiger Fachgesellschaften bekommen gar einen Fahrtkostenzuschuss.

Grundsätzlich stellt sich aber die Frage, ob diese Maßnahme mit dem Selbstverständnis eines freiberuflichen Berufsstands in Einklang steht: Sollte nicht das Interesse an der Sache im Vordergrund stehen und nicht die Zugabe? Auch wenn es keinem Studenten zu verübeln ist, dass er einen Studentenbonus mitnimmt – schließlich war man selbst ja auch mal Student: Die Frage ist einfach, welche Signale damit ausgesandt werden. Denn der „arme Bettelstudent“, das war mal, vor allem in der Zahnmedizin, und die Frage, welche Konditionierung heute von führenden Organisationen mit auf den Weg gegeben wird, sollte vielleicht doch einmal kritisch hinterfragt werden.

Schaut man auf die Besucherstatistiken, dann ist das Interesse unter den jungen Kollegen am Zahnärztetag durchaus respektabel. Dabei steht jedoch das allgemeine Tagungsprogramm im Wettstreit zum Studentenprogramm, und so mancher wird sich der Anziehungskraft der Hauptpodien nicht entziehen können. Anders kann sich das Missverhältnis von angemeldeten studentischen Teilnehmern und denen, die tatsächlich am Studentenprogramm teilnehmen, nicht erklären lassen. Es dürften weniger als 10 Prozent sein, die sich tatsächlich beim Studentenprogramm einfinden. Schließlich will man nicht davon ausgehen, dass es nur die Party in edler Location ist, die die Studenten in Scharen – Fahrtkostenzuschuss inklusive – nach Frankfurt lockt.

Doch so gemütlich geräumig war es nicht immer: Vor einigen Jahren waren noch wesentlich größere Räume nötig, um die Zuhörer zu fassen. Vielleicht bedarf es einer Neuausrichtung des Konzepts, das nicht oder nicht mehr überall ankommt. Ansonsten wären Kommentare wie: „Warum wird da jedes Jahr immer nur Österreich vorgestellt? In dieses Land will ich auf keinen Fall!“ nicht nachzuvollziehen. Zudem trifft diese Kritik wohl kaum den Punkt, schließlich ist es der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, der regelmäßig bei dieser Veranstaltung Flagge zeigt, was man von Repräsentanten anderer, maßgeblich am Programm dieser Veranstaltung beteiligter Fachgesellschaften absolut nicht sagen kann. Dennoch sollte dies als dezenter Hinweis auf immer gleiche Programmabläufe nicht ganz unberücksichtigt bleiben. Auch die Beteiligung der studentischen Organisationen und Verbände soll durchaus mit Wohlwollen begleitet werden, wobei es durchaus ein Ansporn an die dieses Mal nicht beteiligen Organisationen, etwa den Zahnmedizinischen Austauschdienst, sein sollte, sich aktiv zu engagieren. Man kann sich kein besseres Forum für eine Präsentation, auch für junge Organisationen, vorstellen als den nationalen Zahnärztetag.

Mögen vielleicht heutige Generationen anspruchsvoller sein, und sich nicht mit einem Kongressprogramm „light“ abfinden, so steht es einem Berufsstand gut zu Gesichte, wenn der Nachwuchs angemessen behandelt wird. Und über das „etwas mehr“ müsste doch bei aller internen Fachkompetenz aller bundesweit maßgeblichen Organisationen etwas herauskommen. Andernfalls mag sich der eine oder andere Zweifler sich so seine Gedanken machen – etwa über fehlende Inspiration. Oder ist es gar einfach Lustlosigkeit, die da zum Ausdruck kommt?

Wenn es groß angekündigten Veranstaltungen für den Nachwuchs mit hohem Anspruch an selbigem mangelt, und es sich letztlich nur um verkappte Werbeveranstaltungen handelt, kann man nicht mehr davon ausgehen, dass dies einfach geschluckt wird. Wohl ist kein Aufbegehren zu erwarten, es ist nur die Reputation, die dahin ist. In Anbetracht dessen, dass heute nur noch Abiturienten mit Bestnoten Zugang zum Studium der Zahnheilkunde haben, kann man getrost davon ausgehen, dass jegliches Ansinnen dieser Art schnell durchschaut wird und die Abstimmung mit den Füßen eindeutige Ergebnisse liefert. Schließlich gibt es heutzutage eine ganze Reihe Veranstaltungen, die auf den zahnmedizinischen Nachwuchs ausgerichtet sind.

Aus unterschiedlichen Ansätzen kann man aber auch zu einem völlig anderen Schluss kommen: Etwa dass es letztlich die Kompetenz der Länder ist, sich um ihren Nachwuchs zu bemühen, und es letztlich auch die Aufgabe der Landesvertretungen ist, aktiv auf die Mitglieder von morgen zuzugehen und sie bereits in der frühen Phase ihrer beruflichen Laufbahn zu begleiten.

Ansonsten gilt auch hier der Grundsatz, der unseren Opinion Leadern der Maßstab sein sollte: Entweder gut oder gar nicht!

Tobias Bauer, Singen

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