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„Rückenerkrankungen vermeiden“ – Sportwissenschaftler Ulrich Kuhnt gibt Tipps

Ulrich Kuhnt [1]

Sportwissenschaftler Ulrich Kuhnt

Zahnärzte sind aufgrund ihrer Tätigkeit besonderen körperlichen Belastungen ausgesetzt. Lenden-, Nacken- oder Schulterschmerzen durch Zwangshaltungen oder Dauerstress sind typische Begleiterscheinungen im zahnärztlichen Arbeitsalltag. Zur Förderung und Bewahrung der Rückengesundheit ist eine intelligente Prävention erforderlich, die aus geeigneten Bewegungsübungen, physiotherapeutischen Maßnahmen oder der Einrichtung eines ergonomischen, rückenfreundlichen Arbeitsplatzes bestehen sollte.

Konkrete Empfehlungen hierzu gibt Sportwissenschaftler Ulrich Kuhnt, Leiter der Rückenschule Hannover.

 

? Herr Kuhnt, zu Ihrem Patientenkreis zählen Zahnärzte und deren Mitarbeiter. Sind Zahnmediziner nach Ihrer Erfahrung überdurchschnittlich oft mit Rückenproblemen konfrontiert? Und wie äußern sich solche Beschwerden?

Ulrich Kuhnt: Meine Erfahrungen zeigen deutlich: Zahnärzte und ihre Teams leiden überdurchschnittlich oft unter Rückenbeschwerden. Neben den Schmerzen im Lendenbereich klagen Zahnmediziner besonders häufig über Muskelverspannungen im Nacken- und Schulterbereich.

 

? Sind auch schon junge Zahnärzte davon betroffen?

Kuhnt: Ja. Berufsanfänger leiden oft unter Muskel- und Gelenkbeschwerden. Sicherlich spielt hier auch der Arbeitsstress, insbesondere bei Existenzgründern, eine erhebliche Rolle. Im fortgeschrittenen Alter gehören dagegen Haltungsschäden oder Gelenkverschleiß zu den Hauptverursachern von Rückenschmerzen. Somit gilt auch für die jungen Zahnärzte: heute bereits an morgen denken!

 

? Auf welche körperlichen Signale sollten Zahnärzte achten, um Beschwerden an Rücken und Bewegungsapparat möglichst frühzeitig begegnen zu können? Und wie sollte eine effektive Prävention aussehen?

Kuhnt: Erste Symptome sind Muskelverspannungen und Gelenksteifigkeit. Diese Warnsignale bedeuten, dass Muskeln und Gelenke unphysiologisch belastet werden. Eine wirksame Prävention beinhaltet rückengerechte Haltungs- und Bewegungsmuster mit häufig wechselnden Arbeitshaltungen. Ergänzend sollte man in den Berufsalltag auch eine Ausgleichsgymnastik einbinden. Natürlich ist Dauerstress zu vermeiden und idealerweise regelmäßig gesunder Sport zu treiben.

 

? Worauf sollten Zahnärzte bei ihrer Arbeitsposition und ihren Bewegungsabläufen besonders achten?

Kuhnt: Wichtig ist eine physiologische Haltung der Wirbelsäule: Verdrehungen und Seitneigungen im Oberkörper sollten möglichst reduziert werden. Kein Hochziehen der Schulter, kein Vorschieben des Kopfes – das sind weitere Verhaltensregeln, sowie ein häufiger Wechsel zwischen sitzender und stehender Position, und, wie gesagt: Ausgleichsübungen!

 

? Was empfehlen Sie zur Ergonomie am Behandlungsplatz?

Kuhnt: Bei der Anschaffung sollte auf eine ergonomisch gestaltete Kombination aus Patientenstuhl, Arztstuhl, Arzttisch und Fußanlasser geachtet werden. Diese Elemente bestimmen ganz wesentlich die möglichen Arbeitshaltungen des Zahnarztes und seiner Mitarbeiter und können Rückenprobleme verhindern oder reduzieren.

 

? Und wodurch zeichnen sich ergonomische Behandlungseinheiten aus?

Kuhnt:Rückengerechte BE-Konzepte bieten eine ergonomische, individuelle Lagerung des Patienten von Kopf bis Fuß, von Kindern bis zu großen Erwachsenen. Sie unterstützen den schnellen Wechsel von sitzender und stehender Arbeitshaltung und erlauben ein aufrechtes körpernahes Arbeiten am Patienten. Das gesamte zahnärztliche Team erhält bei solchen Systemen optimale Bewegungsfreiheit, sodass muskel- und gelenkschonend über Stunden gearbeitet werden kann.

KaVo_Estetica (Foto: KaVo) [2]

Die KaVo Estetica E80 wurde nach ergonomschen Gesichtspunkten gestaltet. (Foto: KaVo)

? Können Sie Beispiele guter BE-Konzepte geben? Welche Entwicklungstrends sehen Sie hier?

Kuhnt: Die Schwebestühle von KaVo sind hierfür ein gutes Beispiel und geben Zahnarzt und Assistenz mehr Bein- und Fußfreiheit. Mit ihrer großen Spanne zwischen der Höchst- und Tiefstposition ermöglichen sie sogar stehendes Arbeiten am Patienten. Aber auch von anderen Firmen, beispielsweise Morita und Mikrona, gibt es BE-Konzepte mit ausgefeilter Ergonomie. Weiterentwicklungen sehe ich ebenfalls bei den funkgesteuerten Fußanlassern: Sie bieten eine ergonomische Horizontal-Bewegung zur Drehzahlsteuerung; das klassische „Gaspedal“ mit Vertikalbewegung ist abzulehnen. Auch eine Wechselmöglichkeit des Rückenpolsters ist vorteilhaft: Ein schmales Polster unterstützt das patientennahe Arbeiten; der Zahnarzt muss sich weniger stark nach vorn beugen. Diese Arbeitshaltung entlastet seine Rücken-, Nacken- und Schultermuskulatur. Ein breites Polster bietet dagegen für den Patienten einen größeren Liegekomfort.

? Zwei herausragende Behandlungseinheiten sind jüngst auch von der „Aktion Gesunder Rücken e.V.“ (AGR) anerkannt und nach deren strengen Vergabekriterien mit dem AGR-Gütesiegel prämiert worden – ein Novum für dentale Produkte überhaupt. Was zeichnet Ihrer Meinung nach diese beiden KaVo-Einheiten aus?

Kuhnt: Die Estetica E70 und Estetica E80von KaVo wurden wegen ihres exzellenten Schwebestuhls mit der einstellbaren Tiefstposition von 35 Zentimetern und einer Höchstposition von 90 Zentimetern prämiert. Mit ihrer Synchronbewegung und der stufenlos verstellbaren Kopfstütze sind sie richtungweisend für ergonomische, rückenschonende Behandlungseinheiten.

Gütesiegel AGR [3]

Das Gütesiegel der AGR

 

? Sie selbst sind förderndes Mitglied in der bereits seit 1993 bestehenden AGR, sowie im Bundesverband der Rückenschulen (BdR) e.V. organisiert. Was können diese Institutionen beitragen, um Zahnmediziner und Praxismitarbeiter vor Rückenleiden zu bewahren?

Kuhnt: Diese Organisationen engagieren sich dafür, die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Rückengesundheit in den Zahnarztpraxen umzusetzen. Dieses Wissen wird etwa im Rahmen von speziellen Schulungen vermittelt. Darüber hinaus haben wir in meiner Rückenschule Hannover eine Broschüre zur Erhaltung der Rückengesundheit speziell für das zahnärztliche Team verfasst. Auf 35 Seiten werden eine Menge Tipps und Hinweise zur Prävention geboten, die von interessierten Teams mit Erfolg angewendet werden können, wie unsere langjährige Erfahrung mit dieser Berufsgruppe zeigt.

 

? Welches Fazit ziehen Sie persönlich aus Ihrer therapeutischen Arbeit mit Zahnärzten? Und welche ergonomischen Entwicklungen für das zahnärztliche Arbeitsumfeld halten Sie für besonders begrüßenswert?

Kuhnt: Die typischen Rückenbeschwerden von Zahnärzten und Mitarbeitern können durch intelligente Prävention vermieden oder gelindert werden. Die innovative Schwebestuhltechnologie, der Funk-Fußanlasser sowie der ergonomische Zahnarztstuhl für das dynamische Sitzen unterstützen dies besonders wirkungsvoll.

 

1 Kommentar (Öffnen | Schließen)

1 Kommentar Empfänger "„Rückenerkrankungen vermeiden“ – Sportwissenschaftler Ulrich Kuhnt gibt Tipps"

#1 Kommentar von Thorsten Wollner am 17.02.2012 @ 5:24 pm

Ein wichtiges Thema, das leider oft vernachlässigt wird!