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„Report 2015: Nachgefragt – Gesundheitsberufe im Wandel“

„Wie lassen sich Beruf und Privat- oder Familienleben miteinander vereinbaren?“ Diese Frage stellte die Hochschule Fresenius vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels im deutschen Gesundheitswesen. Das sind die Ergebnisse.

Rund die Hälfte der befragten Arbeitnehmer aus der Gesundheitsbranche finden ihre Work-Life-Balance „in Ordnung“. (© fotolia/pixelrohkost) [1]

Rund die Hälfte der befragten Arbeitnehmer aus der Gesundheitsbranche finden ihre Work-Life-Balance „in Ordnung“. (© fotolia/pixelrohkost)

Rund die Hälfte der befragten Arbeitnehmer aus der Gesundheitsbranche finden ihre Work-Life-Balance „in Ordnung“, während 5 Prozent beklagen, dass sie „eigentlich keine Zeit für Freizeitaktivitäten“ haben. Jeder Dritte hält das Verhältnis für „tolerierbar„, auch wenn nicht viel freie Zeit zur Verfügung steht. 16 Prozent der Teilnehmer am „Report 2015: Nachgefragt – Gesundheitsberufe im Wandel“1 bezeichnen das Verhältnis zwischen Privat- oder Familienleben und Beruf aktuell als „ideal“.

Wichtig: Zeit für sich selbst und nicht fremdbestimmt

„Zeit für sich selbst und nicht permanent das Gefühl der Fremdbestimmtheit zu haben, sind wichtig für geistige Frische, Motivation und damit auch für eine positive Einstellung dem Beruf und Arbeitgeber gegenüber“, sagt Prof. Dr. med. Achim Jockwig, Vizepräsident für den Fachbereich Gesundheit & Soziales an der Hochschule Fresenius. „Fehlen hier wichtige Faktoren, leidet die Attraktivität des täglich ausgeübten Berufs. Bei der Sicherung und Neugewinnung von Fachkräften im Gesundheitswesen müssen wir die Entwicklung im Auge behalten.“

Maßnahmen ergreifen, um den Fachkräftemangel in der Branche einzudämmen

Mehr Geld gleich mehr Zufriedenheit – auf diese einfache Formel lässt sich die Situation der Arbeitnehmer in der Gesundheitsbranche nicht reduzieren. Zwar sind etwa 86 Prozent der Teilnehmer der Ansicht, dass die Verdienstmöglichkeiten verbessert oder zumindest andere Maßnahmen etabliert werden sollten, um den Fachkräftemangel in der Branche einzudämmen. Knapp 62 Prozent2 sagen aber eben auch, dass angenehmere Arbeitszeiten und eine gute Atmosphäre am Arbeitsplatz Gesundheitsberufe attraktiver machen würden.

Angenehme Arbeitszeiten und gute Atmosphäre am Arbeitsplatz machen Gesundheitsberufe attraktiver

Ein denkbarer Ansatz steckt laut der Studie in der Schaffung neuer Berufe, die wichtige Schnittstellenfunktionen übernehmen könnten – diese Antwortmöglichkeit erreichte knapp 33 Prozent. Zusätzliche Weiterbildungsmöglichkeiten für bestehende Fachkräfte sehen 7 Prozent als geeignete Maßnahme an. Die Forderung nach einer besseren Atmosphäre und angenehmeren Arbeitszeiten führt zu der Frage: „Haben Sie das Gefühl, ausreichend Zeit in Ihrem Leben zu haben?“. „Natürlich empfindet das jeder subjektiv – ebenso wie Stress“, erläutert Jockwig. „Dennoch stimmen mich die Ergebnisse unserer Erhebung zumindest nachdenklich.“

„Immer abgehetzt“: Viele haben Schwierigkeiten mit der Erholung

Knapp ein Fünftel der Befragten steckt offenbar in einer prekären Situation und antwortet: „Ich bin immer abgehetzt und zeitlich verplant. Vieles bleibt auf der Strecke.“ Die große Mehrheit (74 Prozent) schafft zwar immer alles, was sie sich vornimmt, ist aber „oft sehr gestresst und ausgelaugt.“ Nur 8 Prozent kennen Stress und Zeitmangel nicht. Unter diesem Arbeitsalltag mit erhöhtem Druck leidet offensichtlich auch die schönste Zeit des Jahres.

Dauernd an die Arbeit denken

Mehr als die Hälfte der Befragten hat Schwierigkeiten, sich richtig zu erholen: Knapp 5 Prozent kommen nicht dazu, Urlaub zu machen, rund 2 Prozent können nicht abschalten, denken dauernd an die Arbeit und haben ihr Laptop stets bei sich. 46 Prozent brauchen zumindest einige Tage, bis sich das erste Erholungsgefühl einstellt. Fast die gleiche Zahl kann „relativ schnell“ abschalten, auch wenn es vorher stressig war, knapp fünf Prozent haben keinerlei Probleme.

Technischer Fortschritt ist nicht immer hilfreich

Stichwort Erreichbarkeit: Der technische Fortschritt sorgt dafür, dass ein Arbeitnehmer permanent erreichbar ist – wenn er nicht selbst Vorsorgemaßnahmen ergreift – indem etwa das Smartphone zu Hause oder unterwegs weitgehend abgeschaltet bleibt. Das macht aber nur eine Minderheit, lediglich ein Fünftel der im Rahmen des Reports Befragten gab zu Protokoll, dass sie ausschließlich während der Arbeitszeit erreichbar seien. Gut die Hälfte steht komplett freiwillig auch außerhalb der Arbeitszeit zur Verfügung, und weitere 19 Prozent finden die Erreichbarkeit an jedem Ort und zu jeder Zeit zumindest in Ordnung.

Fixierung auf mobile Endgeräte füht zur permanenten Verfügbarkeit

Knapp 10 Prozent gaben aber auch an, dass sie „gezwungenermaßen“ permanent verfügbar seien. „Das zeigt, dass Arbeitgeber natürlich darauf achten müssen, dass Mitarbeiter die Möglichkeit bekommen, für bestimmte Zeiten vom Job Abstand zu nehmen. Es ist aber auch so, dass zumindest zum Teil die ‚Unmöglichkeit des Abschaltens‘ selbst verschuldet ist: Die Fixierung auf mobile Endgeräte führt mittlerweile dazu, dass Menschen überall und permanent auf ihre E-Mails und Nachrichten zugreifen. Das ist der Erholung auch nicht förderlich“, kommentiert Jockwig abschließend.

1 Information zur Studie:

  • Daniela Hog und Andrea Donat aus dem Dekanat des Fachbereichs Gesundheit & Soziales an der Hochschule Fresenius in Idstein führten über einen Zeitraum von zwölf Wochen (Dezember 2014 bis Februar 2015) die Studie „Nachgefragt – Gesundheitsberufe im Wandel“ durch.
  • An der Befragung, die ausschließlich online durchgeführt wurde, nahmen 96 Vertreter der Gesundheitsbranche aus unterschiedlichen Berufen teil
  • Insgesamt wurden zehn Fragen gestellt. Zentrales Thema der Umfrage war die „Work-Life-Balance“ von Menschen, die im deutschen Gesundheitswesen tätig sind.
  • Daneben wurde auch auf den Fachkräftemangel in der Branche eingegangen.
  • Das Konzept der Work-Life-Balance betrachtet die Komponenten Arbeits-/Berufsleben („Work“) sowie Privat-/Familienleben („Life“) und deren Zusammenspiel sowie Integration.
  • Insgesamt geht es darum, welchen Erlebenszustand die Befragten haben und ob dieser unter Zugrundelegung von Aspekten aus beiden Bereichen positiv oder negativ ist.

2 Mehrfachnennungen waren ausdrücklich erwünscht.

Die Studie erhebt keinerlei Anspruch auf Repräsentativität, spiegelt aber Meinungstendenzen in der Gesundheitsbranche wider.