- Chance Praxis - http://www.chance-praxis.de -

Neues Urteil zu Brancheneinträgen im Internet

Kazemi, Dr. Robert [1]

Dr. Robert Kazemi (Foto: privat)

In den letzten Jahren häufen sich Beschwerden über „versteckt“ kostenpflichtige Einträge in sogenannten Branchenbüchern, zumeist im Internet. Die Betroffenen erhalten eine meist „offziell“ wirkende Mitteilung darüber, dass ein Bracheneintrag aktualisiert werden soll. Viele der betreffenden Felder sind mit der Bitte um Korrektur und Ergänzung bereits vorausgefüllt. Gerade unter Medizinern machen derartige „Angebote“ der portugiesischen Firma „Temdi“ gerade die Runde.

Der gestresste Unternehmer denkt oftmals nicht nach, unterzeichnet das Formular in der „Gewissheit“ ein bestehendes Vertragsverhältnis zu aktualisieren oder zumindest ein kostenloses Angebot wahrzunehmen. Weit gefehlt, denn oft flattern kurz nach der Unterzeichnung Rechnungen von bis zu 1.500 Euro in Haus. Mit einem solchen Fall hatte sich aktuell das Landgericht (LG) Flensburg (Urteil vom 08.02.2012, Az.1 S 71/10 [2]) zu beschäftigen. Wie bereits andere Urteile, lässt auch diese Entscheidung die von der Zahlungsaufforderung Betroffenen aufatmen. Denn nach Ansicht des Gericht kann eine Entgeltklausel in einem Formular für einen Brancheneintrag im Internet als ungewöhnliche und überraschende Klausel nach Pragraf 305c Absatz 1 BGB unwirksam sein, wenn die Preisangabe im Formulartext „versteckt“ ist und die Gestaltung des Formulars ersichtlich darauf gerichtet ist, dass dem Adressaten verborgen bleiben soll, dass er mit seiner Unterschrift eine entgeltliche Leistung bestellt.

Rechnungen von bis zu 1.500 Euro sind keine Seltenheit bei betrügerischen Branchenbucheinträgen. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [3]

Rechnungen von bis zu 1.500 Euro sind keine Seltenheit bei betrügerischen Branchenbucheinträgen. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [4]

Nach Ansicht des Gerichts war die in dem Brancheneintrag enthaltene Klausel, dass die Daten zum Preis von jährlich 910 Euro im Internet-Verzeichnis veröffentlicht werden, objektiv ungewöhnlich, weil Grundeinträge im Internet, die sich auf die Kontaktdaten des Unternehmens beschränken und denen daher keine besondere Werbewirksamkeit zukommt, weitgehend unentgeltlich angeboten werden. Zwar sei im gewerblichen Verkehr im Allgemeinen von einer Entgeltlichkeit von Leistungen auszugehen. Hier brauchte der Betroffene mit der Entgeltklausel aber nicht zu rechnen, weil der Preis von 910 Euro zwischen anderen Angaben und Regelungen im Vertragstext so versteckt eingefügt worden ist, dass er – wie vom Verwender offenkundig beabsichtigt – übersehen werden sollte.

Um Wirksamkeit zu entfalten hätte das Formular die Entgeltklauseln leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar hervorheben müssen. Statt dessen zielte die Gestaltung bewusst darauf ab, dass die Preisangabe von den Interessenten übersehen wird. So erweckt das Formular den irreführenden Eindruck, als solle der Adressat nur die Richtigkeit der angegebenen Daten bestätigen. Die Aufmerksamkeit des Adressaten wird in erster Linie auf das Überprüfen und Ausfüllen des bereits vorformulierten Eintragungstextes gelenkt. Die Bezeichnung des Formulars als „Brancheneintragungsantrag Ort: „F.“, „Eintragungsantrag“ oder „Brancheneintrag premium“ zwingt nicht zur Annahme eines entgeltlichen Leistungsversprechens. Dass das Formular auf Abschluss eines Vertrages mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren für eine kostenpflichtige Eintragung in ein Branchenverzeichnis einer Internetdatenbank gerichtet ist, kann der Adressat erst durch eine äußerst sorgfältige Lektüre des nachfolgenden Textfeldes erkennen.

Auch die Einleitung des Textes „Prüfen Sie bitte die Angaben auf ihre Richtigkeit“, lenkt die Aufmerksamkeit des Anwenders auf die darüber befindlichen Angaben zum Inhalt des Brancheneintrages und nicht auf die später folgende Entgeltvereinbarung, die für den Kunden von zentraler Bedeutung ist. Der Betroffene musste daher nicht zahlen.

Bewertung:

Jedem Betroffenen ist mit Blick auf die aktuelle Entscheidung des LG Flensburg und weiterer Gerichte dringend anzuraten, nicht einfach und vorschnell zu bezahlen, sondern sich anwaltliche Unterstützung und Beratung zu suchen.

(Quelle: Kazemi & Lennartz Rechtsanwälte [5], Bonn, Newsletter I-02-12)