Das gut eingespielte und motivierte Praxisteam ist ein wesentlicher Faktor für die Patientenbindung und somit für den wirtschaftlichen Erfolg der Praxis. Die Suche nach geeignetem Personal gestaltet sich aber gerade für die Zahnarztpraxis zunehmend schwieriger.
Gute und loyale Mitarbeiter zu finden und langfristig an die Praxis zu binden ist demnach eine der wesentlichen Kernaufgaben im unternehmerischen Kontext. Stellt sich die Frage, wie gute Mitarbeiter gehalten werden können. Und welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung für oder gegen den langfristigen Verbleib in einer Praxis – in einem Unternehmen?
Interessante Aspekte zu diesem Thema liefert die jährlich veröffentlichte Gallup-Studie. Das Unternehmen befragt Arbeitnehmer in einer repräsentativen Umfrage nach ihrer emotionalen Bindung an den Arbeitgeber. Seit Jahren wird dabei deutlich: Die Motivation in den deutschen Unternehmen sinkt kontinuierlich. Und Mitarbeiter, die sich emotional nicht an das Unternehmen gebunden fühlen, zeigen deutlich weniger Eigeninitiative, Verantwortungsbewusstsein und Leistungsbereitschaft.
Die Gruppe der Arbeitnehmer, die ihren Job innerlich gekündigt hat, liegt mittlerweile bei rund 25 Prozent. Eine Zahl, die sicher auch für die Zahnarztpraxen in Deutschland gültig ist. Warum ist das so? Warum gelingt es immer weniger Unternehmern, ihre Mitarbeiter zu binden und langfristig zu halten?
Auch hier gibt der „Gallup-Engagement-Index“ einige Aufschlüsse: Neben den bekannten Faktoren wie Lob und Anerkennung, erwarten Angestellte ein offenes Ohr für die eigenen Ideen, für ihre Bedürfnisse aber auch für Kritik an der Unternehmensführung. Ein vertrauensvolles Miteinander, das auch Fehler zulässt und vor allem nach Lösungen strebt, bietet Raum für Kreativität und Engagement. Wer sich eingebunden und beachtet fühlt, hat mehr Spaß bei seiner Arbeit und sehnt sich nicht schon am Montagvormittag nach dem nächsten Wochenende. Gerade in kleinen Arbeitsgruppen, wie sie in der Zahnarztpraxis ja eher die Regel sind, ist es wichtig, das Team als Ganzes in Entscheidungen zu involvieren und rechtzeitig über anstehende Veränderungen zu informieren.
„Die einzige Möglichkeit, Menschen zu motivieren, ist die Kommunikation.“ Die Aussage des amerikanischen Top-Managers Lee Iacocca (1979-1992 Vorstandsvorsitzender der Chrysler Corp.) beinhaltet viel Wahres. Ob man sie in Bezug auf die Zahnarztpraxis so absolut betrachten sollte, darüber lässt sich diskutieren. Aber eins ist sicher: In Unternehmen, die eine offene interne Kommunikations- und Informationskultur pflegen und leben, fühlen sich die Mitarbeiter wohl und emotional stark an den Arbeitgeber gebunden.
Informierte Mitarbeiter, denen die Unternehmensleitung das Gefühl gibt, ein wichtiger Teil des Ganzen zu sein, agieren auf Basis von Vertrauen und Offenheit. Fehlende Informationen – beispielsweise zu Personalentscheidungen in der Praxis – führen hingegen zu eigenständigen Interpretationen und Spekulationen aufseiten der Teammitglieder. Die Praxisleitung hat demnach die Aufgabe, Strukturen zu schaffen, in denen eine offene Kommunikation möglich und gewollt ist. Nachrichtenwege und Informationsfluss sollten dabei möglichst ungestört verlaufen können.
Teams im digitalen Miteinander
Die digitale Kommunikationswelt bietet Menschen überall die Möglichkeit, sich zu vernetzen und auszutauschen. Sicher nutzen viele Praxen schon heute QM- und Praxisprogramme, mit denen Nachrichten verschickt und Aufgaben delegiert werden können. Aber warum sollten sie nicht auch die Werkzeuge digitaler Kommunikation anwenden und sich ihr eigenes „soziales Netzwerk“ oder „Intranet“ schaffen? Für viele Unternehmen wird die Integration von Enterprise 2.0 (Andrew McAfee, 2007) in die Arbeitswelt ihrer Organisation immer mehr zu einem der zentralen Zukunftsprojekte. Enterprise 2.0 setzt auf die Integration sozialer Software oder sozialer Portale. Das „Wissen oder die Weisheit der Masse (Wisdom oft he Crowds)“ wird hier zur zentralen Philosophie bei der Organisation von Projekten und Arbeitsabläufen.
Mit Blogs, Wikis oder Microblogging werden Teams auch virtuell vernetzt und der freie Austausch von Informationen gefördert. Mit dieser Form des Miteinanders gehen Unternehmen aber auch einen völlig neuen Weg in der Unternehmenskultur. Statt Wissen und Information zentral und streng hierarchisch zu vermitteln, wird den Teams ein Freiraum zur eigenen kreativen Gestaltung überlassen, der vom Management verantwortungsvoll moderiert wird. Tradiertes Führungsdenken, das Wissen als Machtkapital sieht und Informationen möglichst nicht weitergibt, ist in solchen Organisationen hemmend.
Gefragt sind hingegen Mitarbeiter, die Verantwortung übernehmen und bereit sind, ihre Ideen und Gedanken mit anderen zu teilen. Auch auf die Gefahr hin, dass sie mehr negative Kritik als Lob und Anerkennung ernten – aber das ist ja wieder eine grundsätzliche Frage der Unternehmenskultur. Sicher ist das Ganze nicht eins zu eins auf die Zahnarztpraxis zu übertragen. Aber es gibt Ansätze der Enterprise-2.0-Philosophie, die durchaus ihren Platz zwischen Patientenkarte, GOZ-Ordner und Faxgerät finden könnten – oder sollten.
Soziale Netzwerke
Immer mehr – auch kleine und mittelgroße – Unternehmen nutzen beispielsweise die Gruppenfunktion, die das soziale Netzwerk Facebook bietet. Hier können die Teammitglieder Nachrichten austauschen, Dokumente hochladen oder auch Veranstaltungen erstellen. Business-Plattformen wie Yammer oder Bitrix sind weitaus mehr, als reine Mail- und Chatprogramme. Sie bieten dem Praxisteam die Möglichkeit miteinander zu kommunizieren, mit ähnlichen Funktionen wie Facebook und Co. Zudem können Projekt- und Themengruppen gebildet werden, in denen Aufgaben erstellt, delegiert und kontrolliert werden können.
Ob und in welchem Umfang Zahnärzte auf die Möglichkeiten der vernetzten, digitalen Kommunikation zurückgreifen – das bleibt natürlich jedem Praxisinhaber selbst überlassen. Auf jeden Fall sollten auch hier einige Aspekte bedacht werden, damit aus der eigentlich guten Idee kein Eigentor wird.
So sollten neue Ansätze in der Teamkommunikation nicht einfach von oben bestimmt und als gesetzte Organisationform eingeführt werden. Auch hier ist es wieder sehr wichtig, das Team mit einzubeziehen. Gemeinsam getroffene Entscheidungen werden von allen Beteiligten mit mehr Engagement umgesetzt. Mögliche Vorbehalte und kritische Stimmen seitens des Teams sollten ernst genommen und diskutiert werden. Und natürlich darf der Einsatz digitaler Kommunikation nicht dazu führen, dass Mitarbeiter nun permanent erreichbar sein müssen und die Arbeitswelt zu einem Teil des Privatlebens wird.
Die Einführung und die Umsetzung neuer Kommunikationsprozesse mag für manchen Zahnmediziner mit Skepsis und möglicherweise auch mit anfänglicher Ablehnung verbunden sein. Aber warum sollten Fortschritte und Innovationen, die im Bereich der Behandlung und der zahnmedizinischen Technologie zur Normalität gehören, nicht auch im Bereich der Praxisführung möglich sein?
Hilke Höfchen, Magdeburg