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Millerpreis-Trägerin PD Dr. Amelie Bäumer stellt ihre Arbeit vor

PD Dr. Amelie Bäumer erhält den Millerpreis 2016 der DGZMK. Über zehn Jahre hinweg hatte die Implantologin und Parodontologin Patienten untersucht, die wegen einer aggressiven Parodontitis therapiert wurden. Hier stellt sie ihre Arbeit „Langzeitergebnisse bei aggressiver Parodontitis“ vor.

Millerpreisträgerin PD Dr. Amelie Bäumer (Foto: Michelle Spillner)

Millerpreisträgerin PD Dr. Amelie Bäumer (Foto: Michelle Spillner)

PD Dr. Amelie Bäumer: „Während für die chronische Parodontitis (ChP) Langzeitergebnisse nach Therapie über zehn und mehr Jahre vorliegen (Faggion et al. 2007, Eickholz et al. 2008), wurden bisher keine Langzeitdaten über diesen Zeitraum für Patienten mit aggressiver Parodontitis (AgP) erhoben. Daher war das Ziel der vorliegenden Studienreihe, Zahnverlust, Auftreten von Rezidiven und Kariesinzidenz über zehn Jahre nach Therapie bei Patienten mit AgP zu untersuchen sowie mögliche Risikofaktoren zu identifizieren, um die Prognosestellung und somit auch Therapieentscheidungen bei diesen Patienten auf eine breitere Basis zu stellen.

Dr. PD Dr. med. dent. Amelie Bäumer, Bielefeld, MSc.,
Implantologin und Parodontologin

  • 2002 Studium der Zahnmedizin an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg
  • 2007 Examen
  • Im Anschluss Ausbildung zur„Spezialistin für Parodontologie der DGP“ (Deutsche Gesellschaft für Parodontologie) an der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde (Sektion Parodontologie) des Universitätsklinikums Heidelberg
  • 2011 Ernennung zur Oberärztin. In dieser Funktion tätig an der Universität Heidelberg
  • 2011 „Master of Science für Parodontologie und Implantattherapie“

Zahnverlust, Auftreten von Rezidiven und Kariesinzidenz nach zehn Jahren 

Um nach Durchführung der aktiven Parodontitistherapie (APT) die UPT-Intervalle risikoorientiert festlegen zu können und somit eine Über- oder Unterversorgung zu verhindern, wurde zudem die Parodontitis-Risiko-Bestimmung (PRB) nach Lang und Tonetti (2003) erstmalig für dieses Patientenklientel validiert.

 

Miller-Preisträgerin PD Dr. Amelie Bäumer, M.Sc., stellt im Video ihre Forschungsarbeit vor. (© DZW-TV)

 

Stabile parodontale Verhältnisse

Im Rahmen unserer Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Patienten mit AgP nicht nur kurzfristig sondern auch über zehn Jahre nach APT stabile parodontale Verhältnisse vorweisen. Mit einer Zahnverlustrate von 0,13 Zähnen/Patient/Jahr und einer Zehn-Jahres-Überlebensrate von 94,8 Prozent tritt Zahnverlust insgesamt selten bei Patienten mit AgP ein und unterscheidet sich nicht von Zahnverlusten bei Patienten mit ChP.

Mehr als 50 Prozent der Probanden erlitten keinen Zahnverlust

Mehr als 50 Prozent der Probanden erlitten keinen Zahnverlust und nur wenige verloren mehr als drei Zähne. Zahnverlust tritt demnach auch bei der AgP vor allem bei sogenannten Hochrisikopatienten ein. Auf Patientenebene konnten die Faktoren niedriger Ausbildungsstand, Alter und Abwesenheit des IL-1-Polymorphismus als signifikante Risikofaktoren für Zahnverlust festgestellt werden. Signifikante zahnbezogene Faktoren für Zahnverlust stellten die Punkte hoher initialer Knochenabbau, Lokalisation im Oberkiefer, Zahntyp ‚Molar’ und Pfeilerzahn dar.

Risikofaktoren: niedriger Ausbildungsstand, Alter und Abwesenheit des IL-1-Polymorphismus a

Bei etwa einem Viertel der Patienten lag bei Reevaluation ein Rezidiv vor. Als Risikofaktoren für das Auftreten eines Rezidivs konnten Rauchen, ein hoher mittlerer Gingival Bleeding Index (Ainamo & Bay 1975) und hohe nachweisbare Mengen der Parodontalpathogene T. forsythia und T. denticola festgehalten werden. Patienten, die regelmäßig zur UPT erschienen waren hingegen vor Rezidiven geschützt. Ebenso zeigte die Compliance zur UPT einen signifikant positiven Einfluss auf die Kariesinzidenz.

Der Deutsche Millerpreis ist der wichtigste wissenschaftliche Preis der DGZMK.

Die prognostische Aussagekraft der modifizierten PRB nach Lang & Tonetti (2003) im Rahmen der UPT konnte für die AgP nicht bestätigt werden. Die Anwendung der PRB scheint durch Überschätzung des individuellen Risikoprofils bei Patienten mit AgP zu einer Überversorgung zu führen. Durch Herausnahme des Faktors IL-1ß-Polymorphismus steigt jedoch die Voraussagekraft des PRB-Models und ist in der Lage, Patienten nach ihrem Risikoprofil eindeutig zu klassifizieren. Um Zahnverlust und Rezidive zu vermeiden sowie das Auftreten einer Karies gering zu halten, sollten Patienten mit AgP regelmäßig an der UPT teilnehmen, wobei das UPT-Intervall anhand der vorgeschlagenen modifizierten PRA ohne Einschluss des IL-1ß-Polymorphismus festgelegt werden sollte.

Stabilen klinischen Parameter und stabile Mikroflora

Neben stabilen klinischen Parametern konnten wir zehn Jahre nach APT ebenfalls eine stabile orale Mikroflora mit geringen Leveln der Parodontalpathogene A.actinomycetemcomitans, P.gingivalis, T.forsythia und T.denticola bei Patienten mit AgP vorfinden. Es zeigte sich, dass die adjuvante Antibiotikagabe parallel zur APT A.actinomycetemcomitans langfristig supprimieren kann. Dies muss jedoch aufgrund der geringen Fallzahl in weiteren Studien untersucht werden.“