Mehr Spaß an der Arbeit

Tanja Bipp ist neue Professorin am Institut für Psychologie der Universität Würzburg; die Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie bildet ihren Schwerpunkt. Dabei interessiert sie sich vor allem für die Frage, wie Menschen bei ihrer Arbeit motiviert, gesund und produktiv sein können.

Für jeden Menschen den geeigneten Arbeitsplatz finden: Dieses Ziel verfolgt Tanja Bipp in ihrer Forschung. Foto: Uni Würzburg/Daniel Biscan

Für jeden Menschen den geeigneten Arbeitsplatz finden: Dieses Ziel verfolgt Tanja Bipp in ihrer Forschung.
Foto: Uni Würzburg/Daniel Biscan

„Die Passung zwischen Individuum und Arbeitskontext erhöhen, um somit positive Effekte für den Arbeitnehmer, aber auch die Organisation zu realisieren.“ Mit diesen Worten beschreibt Tanja Bipp das zentrale Thema ihrer Forschung. Seit dem Sommersemester 2015 ist Bipp Professorin für Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie an der Universität Würzburg. Hier erforscht sie die Wechselbeziehungen zwischen Arbeits- und Organisationsbedingungen einerseits und menschlichem Erleben und Verhalten am Arbeitsplatz andererseits. Und dabei spielt die „Passung“ eine wichtige Rolle.

Die Suche nach dem passenden Arbeitsplatz

Nein, es gehe in ihrer Forschung nicht darum, den arbeitsplatzkompatiblen Arbeitnehmer zu entwickeln, erklärt die Professorin. Ziel sei es vielmehr, für jeden Menschen den geeigneten Platz zu finden. Oder nach Wegen zu suchen, wie sich ein Mensch an seinem Arbeitsplatz entwickeln kann, damit er dort zufrieden ist. Unzufriedenheit am Arbeitsplatz: Das lässt sich nach Bipps Worten eine Zeit lang ertragen. „Aber langfristig gesehen hat es sowohl für den Betroffenen als auch für seinen Arbeitgeber negative Folgen, wenn die Arbeit keinen Spaß macht“, sagt sie.

Konkrete Ziele und regelmäßiges Feedback

Konkrete Ziele und ein regelmäßiges Feedback sind zwei Faktoren für mehr Spaß an der Arbeit. Wobei unter Zielen nicht unbedingt der Vorsatz zu verstehen ist: „Ich werde im kommenden Jahr 10 Prozent mehr leisten.“ Aus Sicht der Wissenschaft sei es besser, wenn ein Arbeitnehmer sich vornimmt, neue Fähigkeiten zu erlernen und damit sich selbst zu verbessern. Das erhöhe zum einen die eigene Zufriedenheit und verringere auf der anderen Seite die Gefahr, an einem Burnout zu erkranken. Und dem Arbeitgeber nutze es auch, weil zufriedene Mitarbeiter in der Regel ein höheres Arbeitsengagement an den Tag legen.

Regelmäßiges Feedback ist wichtig

Das Feedback spielt dabei ebenfalls eine wichtige Rolle – allerdings nicht das in vielen Organisationen praktizierte Mitarbeitergespräch, das einmal im Jahr stattfindet. „Man muss regelmäßig miteinander reden und dabei der Frage nachgehen, wie sich das gesetzte Ziel erreichen lässt“, sagt Tanja Bipp. Auch die Überlegung, wie die Führungskraft auf diesem Weg helfen kann, gehöre in solche Gespräche.

Den eigenen Arbeitsplatz aktiv gestalten

Von „Job Crafting“ spricht die Wissenschaft, wenn Arbeitnehmer selbst aktiv ihren Arbeitsplatz gestalten. Tanja Bipp untersucht, welche förderlichen und welche hemmenden Auswirkungen dies für das Unternehmen hat. „Arbeitsplatzgestaltung“ meint übrigens nicht das Poster an der Wand und den Ficus in der Ecke. Vielmehr sind damit Initiativen gemeint, mit denen Menschen ihre Arbeit verändern – beispielsweise indem sie sich neue Aufgaben suchen, die Beziehungen zu ihren Kollegen neu regeln oder die Arbeit anders verteilen.

Enger Bezug zur Praxis

Theorien und Modelle spielen im Alltag von Tanja Bipp eine wichtige Rolle. Sie bilden die Basis für die Suche nach Lösungen für die Praxis. Der Bezug zum Alltag ist dennoch eng: „Da sich unsere Forschung mit dem Erleben und Verhalten von Arbeitnehmern in unterschiedlichsten Bereichen beschäftigt, realisieren wir Forschungsprojekte in enger Kooperation mit Unternehmen und Organisationen“, sagt sie. Schließlich gehe es ja auch darum, Forschungsergebnisse effektiv in Organisationen umzusetzen, um so den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis zu gewährleisten.

Frühzeitige Festlegung auf Arbeits- und Organisationspsychologie

Tanja Bipp wurde 1975 in Karlsruhe geboren. Von 1994 bis 2001 studierte sie Psychologie an der Universität Mannheim – schon damals mit dem Schwerpunkt auf Arbeits- und Organisationspsychologie und Methodenausbildung. Ihr Interesse habe vom ersten Semester an der Anwendung in der Wirtschaft gegolten. „Mir war von Anfang an klar, dass ich nicht in den Bereich ‚Klinische Psychologie‘ gehen würde“, sagt sie. Im Herbst 2006 wurde sie am Institut für Psychologie der Universität Dortmund promoviert mit einer Arbeit zum Thema „Persönlichkeit – Ziele – Leistung: Der Einfluss der Big Five Persönlichkeitseigenschaften auf das zielbezogene Leistungshandeln“. Für diese Arbeit erhielt sie den Dissertationspreis der zuständigen Fakultät.

Weitere Stationen ihrer wissenschaftlichen Laufbahn waren der Lehrstuhl für Angewandte Organisationspsychologie der Universität Dortmund, wo sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt war, gefolgt von gut acht Jahren in den Niederlanden, zunächst als Assistant Professor an der Eindhoven University of Technology sowie anschließend als Associate Professor an der Open University.

Die Trennung von Arbeit und Privatleben

Die Zeit dort habe ihr geholfen, die Balance zwischen Arbeit und Privatleben zu finden, berichtet Tanja Bipp. „In Holland achtet man sehr auf die Gleichverteilung zwischen den Geschlechtern und die Trennung von Arbeit und Privatleben“, sagt sie. Selbst an der Universität sei in vielen Büros spätestens um 18 Uhr Schluss, weil es dann zum Abendessen mit der Familie geht. Viele Arbeitnehmer, gerade auch an der Universität, arbeiten dort nicht immer Vollzeit, sondern reduzieren ihre wöchentlichen Arbeitsstunden, um sich verstärkt auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen zu engagieren.

Dieses „Switching Off“ hofft Tanja Bipp auch an der Würzburger Universität beibehalten zu können, wo sie seit Mai 2015 als Professorin forscht und lehrt. Was im Übrigen auch gut zu ihrer Forschung passt. Schließlich ist dort der „Arbeitsplatz im 21. Jahrhundert“ ebenfalls ein wichtiges Thema. Dabei geht es um Fragen zu Autonomie und Feedback, aber auch um die Frage, wie es Arbeitnehmer unter dem Vorzeichen der ständigen Erreichbarkeit heutzutage schaffen, sich im Privatleben geistig von der Arbeit zu lösen. „Ein ganz spannendes neues Feld“, findet die Psychologin.

Hoch engagierte Studierende

Was ihr in Würzburg besonders gefällt ist – nach zwei Jahren an der Fernuniversität der Niederlande – die enge Zusammenarbeit mit hoch motivierten und engagierten Studierenden. Auch wenn sie dabei das Gefühl hat: „Die sind teilweise so engagiert, da muss man bisweilen ein bisschen bremsen.“ Sie muss es wissen, schließlich erforscht sie auch Bedingungen für hohe akademische Leistungen, Gründe für Studienabbrüche sowie die Unterstützung von Selbstregulationsstrategien für effektives Studieren.

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