Männer sind anders, Frauen auch –
Was die Körpersprache über uns verrät

Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat einmal gesagt, man könne nicht nicht kommunizieren. Und damit hat er vollkommen recht: Unsere Körpersprache gibt – selbst, wenn wir gar nichts sagen – viele Dinge über uns preis. Diese Informationen nehmen wir – oftmals unbewusst – wahr und können meist auf einen Blick diverse Details korrekt einschätzen: Ist unser Gegenüber gerade traurig oder fröhlich? Ist es gerade im Stress oder entspannt? Ist es gerade wütend oder freundlich?

Ist unser Gegenüber gerade traurig oder fröhlich? Ist es gerade im Stress oder entspannt? Ist es gerade wütend oder freundlich?

Ist unser Gegenüber gerade traurig oder fröhlich? Ist es gerade im Stress oder entspannt? Ist es gerade wütend oder freundlich? Foto: janews/Shutterstock.com

Doch in dem Moment, wenn wir das, was wir beobachten, auf uns beziehen, können sich Fehlinterpretationen einschleichen. Das liegt daran, dass wir die Welt viel zu sehr mit unseren Augen sehen und dabei übersehen, dass zum Beispiel Wut nicht gegen uns gerichtet sein muss, sondern auch vielfältige andere Ursachen haben kann: Wut auf sich selbst, weil unserem Gegenüber heute alles schiefgeht, Wut auf jemand anderen, mit dem es gerade einen heftigen Streit hatte, usw.

Insofern empfiehlt es sich, dem Rat des Kommunikationswissenschaftlers Friedmann Schulz von Thun zu folgen und Wahrnehmung sowie Interpretation immer sauber voneinander zu trennen und sich klarzumachen, dass die eigene Wahrnehmung auf vielfältige Weise interpretiert werden kann. Dies gilt auch und im Besonderen für körpersprachliche Signale. Denn mittlerweile sind 1:1-Interpretationen längst wiederlegt.
Ein Beispiel: Das vielfach zitierte „Arme verschränkt halten“ muss nicht zwingend „Ablehnung/Distanz halten“ bedeuten, sondern könnte auch einfach als „bequeme Haltung“, „schmerzvermeidende Haltung“, „Mir ist kalt“ oder ähnlich gedeutet werden. Im Zweifelsfall können wir nachfragen. Dies sollte idealerweise in Form einer „Ich-Botschaft“ erfolgen: „Ich habe den Eindruck, dass Du damit nicht einverstanden bist. Sehe ich das richtig?“ Wenn unser Gegenüber uns dann die Wahrheit sagt, wissen wir, ob wir mit unserer Interpretation richtiglagen.

Wir können aber auch einfach für uns beschließen, immer von der für uns positivsten Interpretation auszugehen und uns dadurch das Leben deutlich erleichtern. Dann werden wir nämlich völlig unbelastet von schlechten Gedanken das weitere Gespräch offen und unvoreingenommen führen können.

Spannend ist auch ein gezielter Abgleich von Selbst- und Fremdbild. Denn dabei werden wir oftmals feststellen, dass wir

  • Aspekte an uns viel schärfer wahrnehmen als andere das tun. Das liegt primär daran, dass wir uns selbst deutlich stärker im Fokus haben, als Dritte es tun. Wenn ich jemanden beobachte, habe ich gleichzeitig das Umfeld im Blick, mache mir meine eigenen Gedanken (zum Beispiel über das Niesen, das gerade in meiner Nase aufsteigt, die Sorge um eine erkrankte Freundin, den Streit, den ich mit meinem Kind hatte, meine To-do-Liste, die gerade sehr voll ist, usw.), sodass ich, selbst wenn ich mich voll auf mein Gegenüber fokussiere, dennoch weniger als 100 Prozent meiner Aufmerksamkeit auf es richte.
    Ein Beispiel: Mein Erröten in bestimmten Situationen wird von mir als viel unangenehmer wahrgenommen als es tatsächlich von jemand anderem wahrgenommen wird, was letztlich mein Erröten verstärkt. Es entlastet ungemein, wenn wir uns klarmachen, dass wir nicht der Nabel der Welt sind und es noch andere spannende Dinge um uns herum gibt.
  • mit uns selbst viel strenger sind als Dritte und unsere Schwächen überscharf zeichnen. Meist werden wir deutlich positiver wahrgenommen als wir uns selbst sehen (siehe dazu auch den Videoclip „You’re more successful than you realize“ auf www.youtube.com: https://www.youtube.com/watch?v=SPt5XnCUOvg).

Da unser Körper letztlich ein Spiegel unseres Innenlebens ist, geben wir – zumeist unbewusst – eine Vielzahl von Informationen über uns und unsere aktuelle Gemütslage preis. Insofern stellt sich die Frage, ob und wenn ja, wie wir unsere Wahrnehmung durch Dritte beeinflussen können.

Der wichtigste Tipp ist, als kongruente Persönlichkeit zu erscheinen. Dazu müssen das, was wir verbal von uns geben, und unsere Körpersprache übereinstimmen. Wir alle spüren intuitiv, wenn Inkongruenzen vorliegen. Das ist Teil unseres phylogentischen Erbguts. Schon ein Baby kann nur scheinbar wohlmeinende Menschen identifizieren und fängt an zu schreien, wenn sie sich über den Kinderwagen beugen.

Wie schaffen wir es, kongruent zu erscheinen? Ganz einfach: Wir müssen zu 100 Prozent hinter dem stehen, was wir sagen. Dazu müssen wir uns selbst darüber klar sein, für welche Werte wir stehen und wo unsere eigenen Grenzen sind. Jedweder Zweifel, der in uns steckt, wird sich durch inkongruente körpersprachliche Signale äußern. Schon Augustinus Aurelius (354 bis 430, Bischof von Hippo und Philosoph) hat gesagt: „Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen.“ Insofern ist das keine neue Erkenntnis.

Dr. Susanne Woitzik, Düsseldorf

Über unseren Autor:
Dr. Susanne Woitzik
Dr. Susanne Woitzik ist Mitglied der Geschäftsleitung der ZA – Zahnärztliche Abrechnungsgenossenschaft eG-Gruppe und Expertin für betriebswirtschaftliche Praxisführung.

Kontakt:
swoitzik@za-eg.de

Zum Thema Körpersprache und Selbstbewusstsein werden die Redaktion der Chance Praxis, Dentista und die ZA zwei Workshops anbieten:

  • am 4. Oktober 2017, 15 bis 18 Uhr für Zahnärztinnen und
  • am 15. November 2017, 15 bis 18 Uhr für Zahnärzte.

Die Workshops finden – moderiert durch die Autorin dieses Beitrags – in den Räumen der ZAeG statt. Um ein effizientes Arbeiten zu ermöglichen, ist die Teilnehmerzahl auf jeweils acht Personen begrenzt. Die Anmeldungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Der Workshop ist kostenfrei.

Information und Anmeldung über redaktion@chance-praxis.de

This page as PDF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*