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Grenzen zahnärztlicher Werbemaßnahmen

Ein professionelles Marketing ist für die meisten Zahnärzte heutzutage nicht mehr wegzudenken. Im Gegensatz zu Gewerbetreibenden müssen Zahnärzte jedoch bei Werbemaßnahmen stets auch die standesrechtlichen Werbebeschränkungen beachten, die deutlich engere Grenzen ziehen.

RAin Agnieszka Slusarczyk [1]

RAin Agnieszka Slusarczyk

So hatte das Landesberufsgericht für Heilberufe in München in seinem Urteil vom 11. Januar 2013 (Az.: LGB – Z 1/12) über die Grenzen zulässiger Radiowerbung eines Zahnarztes zu entscheiden. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der beklagte Zahnarzt die Ausstrahlung nachfolgender Werbung bei einem Radiosender beantragt:

„Es ist xxx Uhr. Zeit den Zahnarzt zu wechseln! In der zahnärztlichen Tagesklinik Dr. X bekommen Sie alle zahnmedizinischen Leistungen zu bezahlbaren Preisen. Infos unter www.xyz.de.“

Obwohl der Zahnarzt noch vor Ausstrahlung des Werbespots eine Änderung des Werbetextes bei dem Radiosender verlangte, da er zwischenzeitlich selbst Zweifel an der Vereinbarkeit der Werbemaßnahme mit dem zahnärztlichen Berufsrecht hegte, wurde die ursprüngliche Variante des Werbeslogans ausgestrahlt. Kenntnis darüber erlangte er allerdings erst, als ihn die ersten Beanstandungen des zahnärztlichen Bezirksverbands erreichten.

Unlauterer Wettbewerb
Nach Ansicht des Landesberufsgerichts für Heilberufe in München ruft der Werbeslogan des beklagten Zahnarztes zum Wechsel der Zahnarztpraxis auf und zielt somit auf den Wettbewerb mit anderen Zahnarztpraxen und deren Verdrängung ab. Dies sei jedoch ein Verstoß gegen das in Paragraf 8 Absatz 2 Berufsordnung (BO) für die bayerischen Zahnärzte verankerte Kollegialitätsprinzip.

Irreführende Werbung
Darüber hinaus erweckt der zweite Teil der Aussage „In der zahnärztlichen Tagesklinik Dr. X bekommen Sie alle zahnmedizinischen Leistungen zu bezahlbaren Preisen“ nach Ansicht des Gerichts den Eindruck, dass Leistungen anderer Zahnärzte nicht mehr bezahlbar sein könnten. Dies sei irreführend und somit berufswidrig und verstoße insofern gegen Paragraf 21 Absatz 1 Satz 3 BO für die bayerischen Zahnärzte. Denn nach der zahnärztlichen Gebührenordnung sind für zahnärztliche Leistungen sowohl die Höchst- als auch die Mindestpreise festgelegt, sodass der Zahnarzt entsprechend Paragraf 2 GOZ nur bedingten Einfluss auf die Preisbildung hat.

Paragraf (Foto: Gerd Altmann / pixelio.de) [2]

So klar die rechtlichen Vorgaben zu sein scheinen, ist dennoch Vorsicht geboten. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [3]

Die Entscheidung
Das Landesberufsgericht für Heilberufe in München hat in seiner Entscheidung erneut bestätigt, dass eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung berufsrechtswidrig und somit einem Zahnarzt bereits aus berufsrechtlicher Sicht untersagt ist. Zudem darf ein Zahnarzt eine berufswidrige Werbung durch Dritte weder veranlassen noch dulden und hat dieser entgegenzuwirken.

Dennoch wurde der beklagte Zahnarzt im vorliegenden Fall, trotz des Verstoßes gegen berufsrechtliche Bestimmungen, letztlich mangels Vorsatzes freigesprochen, da die Werbung ohne sein Wissen ausgestrahlt wurde. Auch eine fahrlässige Berufspflichtverletzung lehnte das Gericht ab, weil diese objektiv nicht vermeidbar war.

Fazit
Das Urteil des Landesberufsgerichts für Heilberufe in München zeigt, dass die konkrete Ausgestaltung zahnärztlicher Werbung nach wie vor besonderen, zum Teil engen Grenzen unterliegt. So klar die rechtlichen Vorgaben zu sein scheinen, ist dennoch Vorsicht geboten. Denn meist enthalten die Vorschriften unbestimmte Rechtsbegriffe, die ihre konkrete Ausfüllung erst durch die umfangreiche und uneinheitliche Rechtsprechung erfahren haben. So ist es oft nur ein schmaler Grat zwischen einer noch zulässigen oder bereits unzulässigen Werbemaßnahme. Daher gehört zu einem professionellen Marketing stets auch die Prüfung der geplanten Werbemaßnahmen auf ihre Vereinbarkeit mit den rechtlichen Vorgaben.

RAin Agnieszka Slusarczyk, LL.M., Köln

Unsere Autorin, Rechtsanwältin Agnieszka Slusarczyk, ist seit 2010 in der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke in Köln (www.wbs-law.de [4]) als Rechtsanwältin tätig. Ihr Tätigkeitsschwerpunkt umfasst unter anderem das Heilmittelwerberecht sowie das Ärztliche Berufsrecht. RAin Slusarczyk hat an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf den LL.M.-Studiengang „Medizinrecht“ absolviert.