Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft – ist doch egal? (1)

Die selbstständige ärztliche Tätigkeit in Kooperation mit Kollegen ist mittlerweile eine weit verbreitete Alternative zur Einzelpraxis oder Kliniktätigkeit. Die Entscheidung, in Kooperation mit anderen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Kollegen tätig zu werden, wirft die grundlegende Frage auf, in welcher Form dies erfolgen soll.

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Die selbstständige ärztliche Tätigkeit in Kooperation mit Kollegen ist mittlerweile eine weit verbreitete Alternative zur Einzelpraxis oder Kliniktätigkeit. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Die Frage der Kooperationsform wird gegenüber den anderen wichtigen zu treffenden Entscheidungen, wie der Auswahl der Beteiligten und die Festlegung der Standorte, allerdings häufig vernachlässigt, was insbesondere auch daran liegen dürfte, dass viele Zahnärzte die Unterschiede zwischen den einzelnen Kooperationsformen gar nicht kennen. Dies ist insoweit gefährlich, als dass für die unterschiedlichen Kooperationsformen auch unterschiedliche Regelungen und Anforderungen gelten, besonders im Hinblick auf Abrechnungsfragen, Personalangelegenheiten, Gewinnverteilungsfragen und datenschutzrechtliche Gesichtspunkte.

Bei Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften drohen berufs-, disziplinar- und sogar strafrechtliche Konsequenzen. Jeder, der mit dem Gedanken der Gründung einer ärztlichen Kooperation spielt, sollte sich daher zunächst eingehend über die unterschiedlichen Kooperationsformen und deren Vor- und Nachteile informieren. Aber auch bestehende Kooperationsverträge sollten auf ihre Richtigkeit im Hinblick auf die ausgewählte Kooperationsform überprüft werden. In der Praxis treffen wir immer wieder auf Praxisgemeinschaften, die wahrhaftige Gemeinschaftspraxen sind, oder auf die sogenannten „Schein“-Sozietäten. Die Folgen sind oft verheerend. Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über die wichtigsten Kooperationsmöglichkeiten.

1. Die Praxisgemeinschaft
Die Praxisgemeinschaft ist der Zusammenschluss von zwei oder mehreren Ärzten gleicher und/oder verschiedener Fachrichtung zwecks gemeinsamer Nutzung von Personal- und Sachmitteln bei sonst selbstständiger Praxisführung. Die Gründung einer Praxisgemeinschaft erfolgt in der Regel im Hinblick auf betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte. Wesentliches Ziel ist dabei die Einsparung von Kosten. Teure medizinische Geräte können gemeinsam angeschafft und genutzt werden.

Datenschutz in der Zahnarztpraxis

RA Dr. Karlheinz Schnieder

Aus berufs- und vertragsärztlicher Sicht führt jeder Partner einer Praxisgemeinschaft eine Einzelpraxis. Die Zahnärzte üben ihren Beruf daher nicht gemeinsam, sondern weiterhin selbstständig aus. Die Zahnärzte nutzen in der Regel die selben Praxisräume, die selben Gerätschaften und teilen sich das Personal. Sie schließen sich aber nicht zur gemeinsamen Berufsausübung zusammen. Im Gegensatz zur Gemeinschaftspraxis hat bei der Praxisgemeinschaft daher jeder Zahnarzt seinen eigenen Patientenstamm und führt seine eigene Patientenkartei. Alle an der Praxisgemeinschaft beteiligten Ärzte handeln selbstständig, sie schließen also sämtliche Verträge im eigenen Namen und für die eigene Praxis. Behandlungsverträge kommen daher ausschließlich zwischen dem jeweiligen Arzt und dem Patienten zustande. Die Gründung einer Praxisgemeinschaft muss gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) lediglich angezeigt werden. Sämtliche Leistungen werden durch den einzelnen Zahnarzt auf eigene Rechnung liquidiert. Die Betriebskosten der Praxisgemeinschaft werden nach einem definierten Verteilungsschlüssel auf die einzelnen Partner verteilt.

Für die Gründung einer Praxisgemeinschaft bietet sich die Rechtsform der GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) in Form der Innengesellschaft an. Die Gesellschafter haften als Gesamtschuldner für diejenigen Rechtsgeschäfte, die zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks vorgenommen werden. Dies bedeutet, dass sich der Gläubiger aussuchen kann, gegen welchen der Gesellschafter er etwaige Ansprüche geltend macht. Eine Ausgleichspflicht unter den Gesellschaftern kann lediglich für das Innenverhältnis vertraglich geregelt werden. Möglich ist auch die Gründung einer GmbH, die beispielsweise medizinische Geräte ankauft und den Gesellschaftern diese gegen Bezahlung eines Nutzungsentgelts überlässt.

Die Apparategemeinschaft
Die Apparategemeinschaft ist eine Unterform der Praxisgemeinschaft. Die Kooperation ist auf die gemeinsame Nutzung von medizinisch-technischen Geräten und Einrichtungen beschränkt und erfolgt auf betriebswirtschaftlichem Hintergrund. Durch die gemeinsame Nutzung kann eine optimale Auslastung der Geräte und Einrichtungen sichergestellt und eine Kostenreduzierung erreicht werden. Die Kosten werden anhand eines Verteilungsschlüssels auf die einzelnen Gesellschafter umgelegt.

Die Apparategemeinschaft wird meist in der Rechtsform einer GbR betrieben. Es ist aber auch die Gründung einer Kapitalgesellschaft möglich, da nicht die gemeinsame Berufsausübung, sondern die gemeinsame Nutzung von Geräten und Einrichtungen im Vordergrund steht. Die Apparategemeinschaft muss gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung angezeigt werden.

Die Laborgemeinschaft
Auch die Laborgemeinschaft ist eine Unterform der Praxisgemeinschaft. Sie bezeichnet einen Zusammenschluss von Ärzten gleicher oder verschiedener Fachrichtungen zur gemeinsamen Nutzung von Laboreinrichtungen und Personal innerhalb oder außerhalb der eigenen Praxisräume zwecks Erbringung der in der eigenen Praxis anfallenden Laboruntersuchungen. Der Betrieb einer Laborgemeinschaft ist ebenso wie die Apparategemeinschaft betriebswirtschaftlich motiviert. Durch die höhere Auslastung und die Teilung der Kosten kann eine Kostenminimierung erreicht werden. Die Laborgemeinschaft ist gegenüber der KZV ebenfalls anzeigepflichtig.

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Auch die Laborgemeinschaft ist eine Unterform der Praxisgemeinschaft. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

2. Die Berufsausübungsgemeinschaft (früher Gemeinschaftspraxis)
Die Berufsausübungsgemeinschaft in Form der Gemeinschaftspraxis ist eine häufige Form zahnärztlicher Zusammenarbeit. Sie ist gekennzeichnet durch die gemeinsame Berufsausübung mehrerer Zahnärzte in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, gemeinsamer Patientenkarteiführung und Abrechnung sowie gemeinsamem Personal auf gemeinsame Rechnung. Bei der Berufsausübungsgemeinschaft schließt der Patient im Gegensatz zur Praxisgemeinschaft keinen Behandlungsvertrag mit einem einzelnen Zahnarzt, sondern mit der Gesellschaft.

Dementsprechend haften alle der Berufsausübungsgemeinschaft angehörenden Zahnärzte dem Patienten gesamtschuldnerisch für die Erfüllung des Behandlungsvertrags. Die Berufsausübungsgemeinschaft muss durch den Zulassungsausschuss bei der zuständigen KZV genehmigt werden. Die Abrechnung der erbrachten ärztlichen Leistungen erfolgt nicht gegenüber den einzelnen Zahnärzten, sondern gegenüber der Berufsausübungsgemeinschaft; sie verfügt bei der KZV daher über eine eigene Abrechnungsnummer. Die Berufsausübungsgemeinschaft kann in Form einer GbR oder Partnerschaftsgesellschaft geführt werden.

Die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft
Bei der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (ÜBAG) schließen sich mindestens zwei an verschiedenen Praxis- bzw. Vertragsarztsitzen tätige Zahnärzte zur gemeinsamen Berufsausübung zusammen. Eine überörtliche Gemeinschaftspraxis kann daher auch innerhalb einer Stadt, innerhalb oder auch außerhalb eines KZV-Bezirks und sogar KZV-bezirksübergreifend gegründet werden. Es handelt sich bei ihr um einen Unterfall der Berufsausübungsgemeinschaft. Zu ihrer Gründung bedarf es ebenfalls eines Gesellschaftsvertrags. Als Rechtsformen kommen sowohl die GbR als auch die Partnerschaftsgesellschaft in Betracht. Aus dem Gesellschaftervertrag muss ersichtlich sein, dass die Zahnärzte tatsächlich eine gemeinsame Berufsausübung anstreben.

Scheinzusammenschlüsse sind rechtswidrig. Die Beteiligten der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft müssen zudem sicherstellen, dass die Versorgung an ihrem jeweiligen Vertragszahnarztsitz gewährleistet ist. Der Zahnarzt muss seine berufliche Tätigkeit zumindest schwerpunktmäßig weiterhin an seinem Hauptsitz haben. Es ist aber nicht erforderlich, dass jeder Gesellschafter auch an jedem Praxisstandort tätig wird. Die ÜBAG rechnet ebenfalls unter einer einheitlichen Abrechnungsnummer gegenüber der KZV ab. Die Gewinnverteilung erfolgt entsprechend den vereinbarten Regelungen im Gesellschaftsvertrag. Es besteht die Möglichkeit, die Verteilung der Gewinne unter Berücksichtigung der Umsätze und Kosten der einzelnen Standorte vorzunehmen. Die ÜBAG wird künftig erheblich an Bedeutung gewinnen, da es vermehrt „lokale Praxisketten“ geben wird.

Die Teilberufsausübungsgemeinschaft
Die Teilberufsausübungsgemeinschaft zeichnet sich dadurch aus, dass bestimmte Behandlungsaufträge oder Teile des zahnärztlichen Leistungsspektrums gemeinsam erbracht werden. Gleichzeitig sind die Ärzte der Teilberufsausübungsgemeinschaft in den weiteren Bereichen ihrer zahnärztlichen Tätigkeit voneinander unabhängig und auf eigene Rechnung tätig. Bei der Teilberufsausübungsgemeinschaft handelt es sich ebenfalls um eine Unterform der Berufsausübungsgemeinschaft. Im zahnärztlichen Bereich ist die klassische Form eine Kooperation zwischen Zahnarzt und Implantologen in Form einer Teilberufsausübungsgemeinschaft für implantologische Leistungen.

Zu beachten ist allerdings das in Paragraf 33 Absatz 2 Satz 3 der Zulassungsverordnung für Zahnärzte geregelte Verbot, die Teilberufsausübungsgemeinschaft zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern zu bilden (etwa Laborleistungen). Gemäß Paragraf 8 Absatz 5 der Musterberufsordnung Zahnärzte ist es dem Zahnarzt zudem nicht gestattet, sich für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Verboten sind also „Kick-Back“-Konstellationen, bei denen einem Zahnarzt allein für die Zuweisung von Patienten an einen Kollegen von diesem ein Entgelt gezahlt wird. Kooperationen, die allein aus dem vorgenannten Zwecken gegründet werden, sind damit unzulässig und der entsprechende Gesellschaftsvertrag nichtig. Daneben drohen zudem berufsrechtliche Sanktionen.

Die Teilberufsausübungsgemeinschaft kann ebenfalls entweder als GbR oder als Partnerschaftsgesellschaft gegründet werden. Sie muss vom Zulassungsausschuss bei der zuständigen KZV genehmigt werden.

Rechtsanwalt Dr. Karl-Heinz Schnieder, Münster

(wird fortgesetzt)

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