Gemeinsam statt einsam – die Wünsche der neuen Zahnärztegeneration

„Immer weniger Zahnmediziner möchten eine Praxis neu gründen oder übernehmen“ – dies oder ähnliches hört man immer häufiger. Zu Recht, denn für viele junge Absolventen ist das Angestelltenverhältnis offensichtlich attraktiver als die Selbstständigkeit. Die Auswertung einer Befragung von 143 Studierenden – davon 35 Prozent männliche und 65 Prozent weibliche Teilnehmer – des Deutschen Zahnarzt Service (Bielefeld) Anfang 2014 im Zuge der Vergabe des Hochschulstipendiums zeigt diesen und andere relevante Trends.

Warum Zahnmedizin?
Unter anderem fragte der Deutsche Zahnarzt Service die Studierenden, warum sie Zahnmedizin studieren. Ungefähr 26 Prozent der Teilnehmer antworteten mit der Kombination aus medizinisch-theoretischem Wissen und der praktischen Tätigkeit, die sie fasziniere und es so in keinem anderen Studiengang gebe. Die Affinität zu filigranem und handwerklichem Arbeiten motivierte genauso viele Studierende, Zahnmedizin als Studienfach zu wählen – häufig wurde das Fach mit einer Art „Handwerk“ verglichen, das besonders viel Geschick erfordert.

Grafik: Deutscher Zahnarzt Service

Grafik: Deutscher Zahnarzt Service

Häufig genannt wurden auch der Kontakt zu den Patienten und das Gefühl, ihnen helfen und die Angst nehmen zu können. Viele Studierende berichteten von eigenen Erfahrungen und Behandlungen oder von Ärzten, die ihnen selbst die Angst vor dem Zahnarzt genommen haben. Diese Erlebnisse hätten sie enorm geprägt und in ihrem Berufswunsch beeinflusst.

Auch die Ästhetik des Berufs scheint für die Teilnehmer ein wichtiges Kriterium zu sein. So gaben ca. 18 Prozent aller Befragten an, dass es nichts Schöneres gebe, als einem Patienten ein schönes Lächeln ins Gesicht zaubern zu können und ihm somit ein Stück Lebensqualität zurückzugeben.

Dass der Beruf des Zahnarztes schon immer ihr Traumberuf gewesen sei, erklärten 17 Prozent. Viele der Befragten sind mit der Zahnmedizin aufgewachsen: Sie haben Familienmitglieder oder Bekannte, die einen zahnmedizinischen Beruf ausüben oder in der eigenen Praxis arbeiten. 10 Prozent bringen bereits Vorerfahrung mit, da sie vor ihrem Studium eine Berufsausbildung im zahnmedizinischen Bereich absolviert haben, sei es als Zahntechniker oder als zahnmedizinische Fachangestellte. Weder monetäre Aspekte noch der Wunsch zur Selbstständigkeit wurden bei der offenen Befragung als Grund für die Studienwahl genannt.

Wünsche für den Berufseinstieg
Des Weiteren wollte der Deutsche Zahnarzt Service wissen, was sich die Studierenden für ihren Berufseinstieg wünschen. Über ein Drittel der angehenden Zahnmediziner gab an, dass sie sich einen erfahrenen Zahnarzt an ihrer Seite erhoffen, von dem sie beim Berufsstart viel lernen können, der aber auch geduldig ist, sich an seine eigene Assistenzzeit erinnert und ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht.

Grafik: Deutscher Zahnarzt Service

Grafik: Deutscher Zahnarzt Service

In diesem Zusammenhang empfinden 21 Prozent der Befragten auch die Mitarbeiter in der Praxis als besonders wichtig, von denen sie sich ebenfalls Unterstützung und Ratschläge wünschen. Mit der gleichen Prozentzahl bewerteten die Studierenden die Tatsache, endlich Praxiserfahrung sammeln zu können. Nach etlichen Jahren Studium sehnen sie sich danach, ihr angesammeltes, theoretisches Wissen in die Tat umzusetzen.

Große Bedeutung messen die Befragten auch den Patienten zu. Die Studierenden wünschen sich zahlreiche, nette Patienten, zu denen sie als ihr Zahnarzt ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen können. Viele erhoffen sich natürlich auch interessante Fälle und Krankheitsbilder, um so den größtmöglichen Lerneffekt erzielen zu können. Für 18 Prozent spielt die Atmosphäre in der Praxis eine große Rolle. Die Studierenden möchten sich am Arbeitsplatz wohl und vor allem gut aufgehoben fühlen, da sie schließlich immer noch in der Ausbildung sind und noch viel lernen wollen. 14 Prozent der Befragten streben eine Weiterbildung zum Fachzahnarzt an, sei es in der Kieferorthopädie, Oralchirurgie oder Implantologie. Viele der Absolventen hoffen, dass sie durch ihr Studium, ihr theoretisches Wissen, aber auch durch ihre ersten praktischen Erfahrungen bereits gute Voraussetzungen für den Berufseinstieg haben und somit optimal vorbereitet sind für das, was in der Assistenzzeit auf sie wartet. Deutlich wird, dass sich die meisten Studierenden ein Angestelltenverhältnis für ihr späteres Berufsleben wünschen, da nur etwa 5 Prozent explizit angaben, eine eigene Praxis führen zu wollen.

Die Wunschpraxis
In einer weiteren Frage wurden die Zahnmedizin-Studierenden gebeten, eine Praxis zu beschreiben, in der sie gerne arbeiten möchten. Von den insgesamt knapp 150 Teilnehmern ist für etwa ein Drittel die Atmosphäre in der Praxis der wichtigste Punkt. Mit etwa 24 Prozent folgt das Arbeiten in einer Gemeinschaftspraxis auf dem zweiten Rang. Sich mit Kollegen auszutauschen und Patienten in einer Praxis eine ganzheitliche Behandlung bieten zu können, ist für die Zahnarztgeneration von morgen ein weiterer wichtiger Aspekt. Die Praxisausstattung, das heißt eine hochwertige und schicke Einrichtung einerseits und moderne Technologien und Arbeitsmethoden andererseits, schaffte es mit 22,5 Prozent auf den dritten Platz. Der Ort der Praxis ist für 19 Prozent entscheidend, dicht gefolgt von der Bedeutung der Mitarbeiter sowie dem Behandlungsspektrum.

Auffällig bei diesen Antworten ist, dass die Punkte Atmosphäre, Gemeinschaftspraxis und Mitarbeiter weitaus mehr Bedeutung für die weiblichen Befragten haben, im Gegensatz dazu lagen bei den männlichen Teilnehmern eine qualitativ hochwertige Praxisausstattung und ein attraktiver Standort auf den ersten beiden Plätzen. Der „Wohlfühl-Faktor“ und das Miteinander in der Praxis sind also für die Teilnehmerinnen von größerer Bedeutung als für die männlichen Teilnehmer. Dies ist vielleicht auch Gründen der Familienplanung geschuldet. Wie schon bei der Frage, was sich die Studierenden für ihren Berufseinstieg wünschen, schien auch hier der Wunsch nach einer eigenen Praxis bei männlichen und weiblichen Befragten nicht sehr groß zu sein: Nur vier Personen nannten ihn explizit. In der Forschung tätig zu werden oder in einer Zahn- bzw. Poliklinik zu arbeiten, konnten sich in der Umfrage nur insgesamt drei Teilnehmer vorstellen.

Fazit
Der Trend bei den künftigen Zahnärztinnen geht besonders in Richtung Gemeinschaftspraxis mit gutem Arbeitsklima, in der viel Wert auf die Mitarbeiter gelegt wird. Bei ihren männlichen Kollegen sind vielmehr eine moderne Ausstattung, neueste Technologien und Attraktivität des Standorts die ausschlaggebenden Kriterien. Etwas schwieriger wird es daher wohl für Einzelpraxen sein, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden, da beide Geschlechter eher zu einem Angestelltenverhältnis als zur Selbstständigkeit neigen. Doch mit einem qualifizierten Team, einer guten Atmosphäre, einer hochwertigen Praxisausstattung und Möglichkeiten zur Fortbildung werden auch diese Praxen die passenden Bewerber finden.
Alexander Bongartz, Bielefeld

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