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Freud und Leid mit Angestellten – der Zahnarzt als Arbeitgeber

RA Dr. Ralf Großbölting [1]

RA Dr. Ralf Großbölting

Bei der Beschäftigung von Arbeitskräften, sei es von Helferinnen oder von angestellten Zahnärzten, befindet sich der Zahnarzt in der Position eines Arbeitgebers. Dies bedeutet die Übernahme einer Fülle von Rechten, vor allem aber auch von Pflichten. Die wichtigsten Grundstrukturen sollten daher gerade dem jüngeren Zahnarzt geläufig sein.

1. Das Arbeitsverhältnis

Jeder Zahnarzt weiß, dass der Erfolg einer eigenen Praxis von qualifizierten angestellten Mitarbeitern abhängt. Die Schwierigkeit besteht darin, das geeignete Personal zu finden. Meist wird der Zahnarzt Anzeigen veröffentlichen und danach Bewerbungsgespräche führen, um sich ein genaues Bild von den Bewerbern zu machen.

Bereits im Bewerbungsverfahren hat der Arbeitgeber zahlreiche rechtliche Vorschriften zu beachten. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, etc. beim Abschluss und bei der Durchführung von Arbeitsverträgen verhindern beziehungsweise beseitigen soll. Bei einer Nichteinstellung eines Bewerbers aufgrund eines Verstoßes gegen das AGG kann der Bewerber zum Beispiel eine Entschädigung in Höhe von bis zu drei Monatsgehältern verlangen, selbst dann, wenn er bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Um diese Rechtsfolgen zu vermeiden, sollte der Zahnarzt Folgendes beachten:

Foto: Paul-Georg Meister, pixelio.de [2]

Auf die Formulierung kommt es an. (Foto: Paul-Georg Meister / pixelio.de [3])

 

 

a. Das Bewerbungsgespräch

Bewerbung (Foto: Benjamin Thorn, pixelio.de) [4]

Passt „die Neue“ sowohl fachlich als auch zum bestehenden Team? (Foto: Benjamin Thorn / pixelio.de [3])

Wesentlicher Bestandteil der Auswahl eines neuen Mitarbeiters ist das Bewerbungsgespräch. In diesem will der Zahnarzt erforschen, ob der Bewerber nicht nur fachlich, sondern auch menschlich in das Praxisteam „passt“.

Natürlich kann der Arbeitgeber zu diesem Zweck Fragen, zum Beispiel zum beruflichen Werdegang, stellen. Unzulässig sind allzu persönliche, mit dem Anstellungsverhältnis nicht in Verbindung stehende Fragen, etwa die Frage nach einer anstehenden Heirat. Fragen nach der körperlichen und gesundheitlichen Eignung können zulässig sein, wenn eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit in Betracht kommt (zum Beispiel Allergie gegen Desinfektionsmittel oder Latex). Gleiches gilt für Fragen nach ansteckenden Krankheiten, da eine Gefahr der Ansteckung für andere Mitarbeiter oder Patienten bestehen kann (zum Beispiel bei einer HIV-Infektion).

Da Zahnärzte überwiegend Helferinnen beschäftigen, ist die Frage nach dem Bestehen oder der Planung einer Schwangerschaft von besonderem Interesse, rechtlich allerdings höchst problematisch. Das Bundesarbeitsgericht sieht in dieser Frage eine unzulässige Diskriminierung der Bewerberin. Die Frage nach dem Bestehen einer Schwangerschaft ist somit grundsätzlich verboten und darf daher wahrheitswidrig beantwortet werden.

 

2. Der Arbeitsvertrag

Arbeitsvertrag (Foto: Thomas Siepmann, pixelio.de) [5]

Ein schriftlicher, klar formulierter Arbeitsvertrag bringt Rechtssicherheit für beide Parteien. (Foto: Thomas Siepmann / pixelio.de [3])

Ist die Auswahl unter den Bewerbern getroffen, steht der Abschluss des Arbeitsvertrages an. Oft treffen die Vertragsparteien aber keine oder nur ungenaue vertragliche Regelungen, was zu Streitigkeiten und damit zu einer erheblichen Belastung des Betriebsklimas führen kann. Arbeitsverträge sollten daher rechtlich einwandfreie, klare und präzise Formulierungen über die Rechte und Pflichten der Parteien enthalten und stets schriftlich abgeschlossen werden. Üblicherweise hat der Arbeitsvertrag folgende Regelungsinhalte:

Die Höhe des Gehalts kann frei vereinbart werden. Oftmals ist es in der Praxis auch üblich, Sonderzuwendungen an die Arbeitnehmer auszuschütten, etwa in Form von Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Gratifikation freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht für die Zukunft gezahlt wird. Ansonsten kann nach zwei bis drei Jahren regelmäßiger Zahlungen auch ohne explizite Vereinbarung ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf zukünftige Gratifikationszahlungen entstehen.

Der Zahnarzt kann seine Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen auf Vollzeitbasis (das heißt, mit einer werktäglichen Arbeitszeit von acht Stunden) einstellen.

Daneben besteht die Möglichkeit der Anstellung auf Teilzeitbasis, etwa durch Verkürzung der täglichen Arbeitszeit um einige Stunden, oder der Vereinbarung einer Tätigkeit nur an bestimmten Tagen in der Woche. Darüber hinaus können Mitarbeiter (zum Beispiel Reinigungskräfte) im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses (maximal 400 Euro/Monat) angestellt werden.

 

3. Mutterschutzvorschriften und Elternzeit

Schwangerschaft Foto: (JMG, pixelio.de) [6]

Ist eine Mitarbeiterin schwanger, ergeben sich zahlreiche Pflichten für den Arbeitgeber. (Foto: JMG / pixelio.de [3])

Ist eine der Angestellten des Zahnarztes schwanger, ergibt sich hieraus eine Vielzahl von Pflichten, die der Arbeitgeber zwingend zu beachten hat.

Besondere Schutzvorschriften gelten dabei im Bereich des Kündigungsrechts. Während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Geburt des Kindes ist eine Kündigung grundsätzlich unzulässig und somit unwirksam, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung von der Schwangerschaft wusste oder ihm dies innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wurde. Auch in den acht Wochen vor Beginn der Elternzeit und währenddessen darf der Arbeitgeber keine Kündigung aussprechen.

Ist eine Arbeitnehmerin schwanger, hat der Arbeitgeber das Gewerbeaufsichtsamt beziehungsweise das Staatliche Amt für Arbeitsschutz unverzüglich nach Kenntniserlangung von der Schwangerschaft zu informieren. Insbesondere hat er dafür zu sorgen, dass die Schwangere keinen Gesundheits- oder Infektionsgefahren ausgesetzt ist. Eine schwangere Zahnärztin darf also keine invasiven Tätigkeiten (chirurgische Eingriffe, Zahnextraktionen und Injektionen) ausführen. Sonstige schwangere Mitarbeiterinnen dürfen ebenfalls nicht in Kontakt mit infektionsträchtigen Stoffen oder Patienten kommen; so sind zum Beispiel Blutabnahmen, die Gabe von Spritzen, die Versorgung offensichtlich infizierter Wunden oder der Kontakt mit kontaminierten verletzungsträchtigen Instrumenten oder mit gesundheitsgefährdenden Stoffen verboten. Erlaubt wiederum sind Verwaltungstätigkeiten, der Umgang mit Sterilgut oder Patientenkontakt im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen, Zahnsteinentfernung oder Ähnliches. Die letzten sechs Wochen vor der Geburt hat die werdende Mutter einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit. Nach der Geburt besteht ein achtwöchiges (bei Mehrlingsgeburten zwölfwöchiges) Beschäftigungsverbot.

 

4. Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Beendigung Arbeitsverhältnis (Foto: s.media, pixelio.de) [7]

Kommt manchmal schneller, als man denkt: Die Mitarbeiterin ist „futsch“. (Foto: s.media / pixelio.de [3])

Ein Anstellungsverhältnis zwischen einem Zahnarzt und einem Angestellten, sei es eines anderen angestellten Zahnarztes oder einer Helferin, ist zwar grundsätzlich „auf Dauer“ angelegt. Beide Vertragsparteien können allerdings ein Interesse daran haben, das Arbeitsverhältnis – aus vielerlei Gründen – zu beenden.

 

a. Aufhebungsvertrag

Eine Beendigung ist zunächst möglich durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages, in dem die Parteien übereinstimmend erklären, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet werden soll. Diesen Vertrag muss der Zahnarzt schriftlich mit dem gekündigten Angestellten abzuschließen und bedarf keiner Begründung.

 

b. Kündigung

Kündigung (Foto: Thorben Wengert, pixelio.de) [8]

Auch bei der Kündigung gibt es klare Vorgaben, damit sie wirksam ist. (Foto: Thorben Wengert / pixelio.de [3])

In aller Regel wird ein Arbeitsverhältnis allerdings durch Kündigung seitens des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers beendet. Unter welchen Umständen diese möglich ist, ergibt sich zum Teil aus dem Arbeitsvertrag, zum Teil aus den gesetzlichen Vorschriften. Für die Wirksamkeit jeder Kündigung ist Folgendes zu beachten:

 

Eine außerordentliche (fristlose) Kündigung ist zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden (Praxisinhaber oder Angestellten) die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Sie hat innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis von dem Kündigungsgrund zu erfolgen. Als wichtiger Grund, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, gelten erhebliche Pflichtverletzungen, so etwa die Verweigerung oder Schlechterfüllung der Arbeit, eigenmächtiger Urlaubsantritt oder mehrfaches ungerechtfertigtes und unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit (zum Beispiel wegen vorgetäuschter Krankheit oder der Arbeitsunfähigkeit durch Trunkenheit). Dieser Grund muss dem Gekündigten unverzüglich mitgeteilt werden.

Die meisten Arbeitsverhältnisse werden allerdings ordentlich gekündigt. Grundsätzlich kann dies mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats erfolgen. Diese vierwöchige Frist verlängert sich mit der Dauer des Arbeitsverhältnisses in Schritten von zwei, fünf, acht, zehn, zwölf, 15 beziehungsweise 20 Jahren. Hat das Arbeitsverhältnis zwei Jahre bestanden, beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Ende eines Kalendermonats. Bei Erreichen der vorgenannten weiteren zeitlichen Grenzen verlängert sich die Frist um jeweils einen weiteren Monat.

Genervt (Foto: Rolf van Melis, pixelio.de) [9]

Ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar, kann fristlos gekündigt werden. (Foto: Rolf van Melis / pixelio.de [3])

Ein Beispiel: Kündigt der Zahnarzt seiner Helferin (34 Jahre alt), die seit zweieinhalb Jahren bei ihm angestellt ist, beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Ende des Kalendermonats. War die Helferin sechs Jahre in der Praxis tätig, beträgt die Frist zwei Monate zum Ende des Kalendermonats.

Der Zahnarzt kann mit seinen Angestellten auch längere Kündigungsfristen vereinbaren. Kürzere Fristen hingegen sind nur unter engen Voraussetzungen möglich. Wird die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist nicht eingehalten, hat dies allerdings nicht die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge; in diesem Fall gilt der nächste zulässige Termin.

Im Gegensatz zur außerordentlichen Kündigung muss hier kein Grund für die Kündigung angegeben werden. Der Praxisinhaber kann also grundsätzlich frei und ohne Angabe von Gründen kündigen. Ausnahmen bestehen nur in den Fällen, in denen der Praxisbetrieb unter das Kündigungsschutzgesetz fällt; nach dem derzeit geltenden Recht gilt dies für Betriebe, in welchen regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer angestellt sind, sofern das Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begründet wurde. In diesem Fall ist stets eine „soziale Rechtfertigung“ der Kündigung erforderlich, die sich aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen ergeben kann.

 

c. Abfindung

Abfindung (Foto: Rainer Sturm, pixelio.de) [10]

Häufig erwarten Arbeitnehmer eine Abfindung – aber die gibt es nur unter bestimmten Umständen. (Foto: Rainer Sturm / pixelio.de [3])

In der Praxis besteht oftmals Unsicherheit im Hinblick auf die Frage, ob der Zahnarzt bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet ist. Dies ist grundsätzlich nicht der Fall. Die Pflicht zur Zahlung einer Abfindung besteht nur dann, wenn dies vertraglich vereinbart wurde (etwa im Arbeits- oder auch im Aufhebungsvertrag), oder – wenn der Zahnarzt denn überhaupt unter das Kündigungsschutzgesetz fällt – im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vom Gericht festgestellt wird, dass die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt war, dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aber nicht zuzumuten ist (Paragraf 9 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz). Dasselbe gilt für den Fall, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Praxisinhaber und Arbeitnehmer nicht zu erwarten ist.

 

Sonderfall: Praxiserwerb

Hauskauf (Foto: Benjamin-Thorn, pixelio.de) [11]

Beim Praxiserwerb übernimmt der neue Eigentümer zwar die Rechte, aber auch die Pflichten des Vorgängers. (Foto: Benjamin Thorn / pixelio.de [3])

Häufig kommt es vor, dass Zahnarztpraxen in ihrer Gesamtheit übertragen, das heißt, käuflich erworben werden. Dabei sollte bedacht werden, dass es hierdurch zu einem sogenannten Betriebsübergang kommt, nach welchem der Praxiserwerber sinngemäß in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt. Durch den Erwerb einer Praxis kommt es somit automatisch zu einem Übergang der bestehenden Arbeitsverhältnisse, so dass diese fortzusetzen sind und nicht allein aufgrund des Praxisübergangs gekündigt werden können. Hierunter fallen alle Anstellungsverhältnisse, also nicht nur die des Praxispersonals, sondern auch die angestellter Zahnärzte.

Das Arbeitsrecht ist ein Feld, wo Freud und Leid dicht beieinander liegen. Der Zahnarzt als „Chef“ muss daher mit vielen Dingen umgehen können, sowohl dem „Haben Sie mal fünf Minuten Zeit“ der Helferin (häufig = mehr Lohn oder schwanger), aber auch den gemeinsamen Erfolgen in der täglichen Arbeit. Eine gute Mitarbeiterauswahl und -führung macht sich zweifellos – in mehrfacher Hinsicht – bezahlt.
RA Dr. Ralf Großbölting, Berlin

Zu unserem Autor:
Der Autor dieses Beitrags, Dr. jur. Ralf Großbölting, studierte Jura in Münster und Düsseldorf und promovierte im Vertragszahnarztrecht. Er ist seit dem Jahr 2000 als Partner in der Kanzlei kwm – kanzlei für wirtschaft und medizin (Berlin, Hamburg, Münster) tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen ausschließlich im Medizin- und Gesellschaftsrecht. Bei Rückfragen ist er unter der E-Mail grossboelting@kwm-rechtsanwaelte.de [12] zu erreichen.