„Fachliche Kompetenz, unternehmerisches Geschick und klare Zielvorstellungen“ – Praxisgründer Dr. Stefan Thomas, Hannover, verrät seine Erfolgsgeschichte

Praxisgründungen in Zeiten von Deregulierung und Konkurrenzdruck, zunehmender Bürokratie und gestiegenen Anforderungen ans Praxismanagement werden für junge Zahnärztinnen und Zahnärzte mehr und mehr zur Herausforderung und persönlichen Mutprobe. Die Geschichten derer, die ihren Mut zusammen genommen haben und sich selbstständig gemacht haben, sucht der bundesweite Ideenwettbewerb „Vorbilder 2012“, den die Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft gemeinsam mit Pluradent und der Deutschen Apotheker- und Ärztebank initiiert hat. Sie sollen anderen jungen Gründern die Angst vor dem Schritt in die Selbstständigkeit nehmen.

Einer dieser Mutmacher ist Dr. Stefan Thomas aus Hannover. Im folgenden Interview mit Dr. Susanne Woitzik von der Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft in Düsseldorf verrät er sein Erfolgrezept.

Mutmacher_Thomas1

Passen Berufsleben und Privatleben gut zusammen, ist das ein Grundstein für Erfolg.

Dr. Susanne Woitzik: Warum haben Sie sich für ein Zahnmedizin-Studium entschieden?
Dr. Stefan Thomas: Dafür gab es viele Gründe. Zunächst einmal hat mich die Kombination aus Studium und manuellem Arbeiten gereizt. Ein weiterer Aspekt war die Überschaubarkeit des Studiums im Vergleich zur Humanmedizin. Darüber hinaus wusste ich eigentlich schon immer, dass ich gerne selbstständig sein wollte. Mir ist es wichtig, eigenständig und vor allem eigenverantwortlich – ohne Vorgaben anderer – agieren zu können. Nicht zuletzt war mir klar, dass ich nur als selbstständiger Zahnarzt die Freiräume haben würde, die ich heute auch tatsächlich genieße.
Ich arbeite im Schichtdienst mit einer Entlastungsassistentin zusammen: Montags und mittwochs habe ich die Spätschicht von 13 bis 20 Uhr und Dienstag und donnerstags die Frühschicht von 8 bis 13 Uhr. Freitags habe ich komplett frei. In der übrigen Zeit hält meine Assistentin die Stellung in der Praxis. Dadurch und natürlich durch die Prophylaxe sind die vier Behandlungszimmer optimal genutzt und immer gut ausgelastet.

Woitzik: Welche Erfahrungen aus Ihrer Assistenzzeit waren rückblickend für Sie besonders wertvoll?
Thomas: Meine Wehrpflicht habe ich als Bundeswehr-Zahnarzt absolviert. Da mein Vorgesetzter im Nachbarort stationiert war, hatte ich zwar die Möglichkeit, mit ihm Fälle zu besprechen, war aber dennoch vielfach gezwungen, auftretende Probleme allein zu lösen. Natürlich hätte ich auch zu meinem Vorgesetzten überweisen können, aber, ehrgeizig wie ich bin, habe ich davon fast nie Gebrauch gemacht. Das hat mir zu viel Selbstsicherheit verholfen und mir den Weg in die Selbstständigkeit eindeutig geebnet.
Anschließend war ich in drei oder vier Praxen, teilweise als Vertretung, tätig, und habe parallel dazu angefangen, mich auf meine Wunschbehandlungsschwerpunkte KfO, Chirurgie, Implantologie vorzubereiten. Dadurch bin ich heute weitgehend autark und muss nur selten zu Kollegen überweisen.
In den Praxen habe ich übrigens festgestellt, dass sie alle stark durch die Inhaber geprägt und dominiert sind. So habe ich viele unterschiedliche Facetten zum Umgang mit dem Personal und den Patienten kennengelernt, die mir heute nützlich sind und helfen, richtig zu agieren.
Leider habe ich in der Assistenzzeit viel zu wenig Einblick in die kaufmännischen Aspekte der Praxisführung gewonnen. Dies habe ich versucht, durch die Lektüre von Fachliteratur zu diesen Themenbereichen zu kompensieren.
In der letzten Praxis, in der ich vertretungsweise tätig war, habe ich nach ein paar Wochen das Angebot erhalten, die Praxis zu einem günstigen Preis zu übernehmen. Obwohl ich mir noch nicht sicher war, ob ich dort bleiben wollte, nahm ich es – damals war ich Ende 20 – an.

Woitzik: Was würden Sie jungen Berufskollegen auf dem Weg in die Selbstständigkeit raten?
Thomas: Jeder sollte sich darüber im Klaren sein, ob er an dem Ort der Niederlassung auch langfristig bleiben möchte. Passt alles zu den eigenen (privaten) Lebensgewohnheiten und Wünschen? Sie sollten ferner überlegen, wie sie Arbeit und Privatleben möglichst optimal gestalten können, um noch genügend Zeit für Hobbys zu haben.
Darüber hinaus ist jedem nur zu empfehlen, die Existenzgründung mit finanziellem Augenmaß anzugehen und bei der Investitionsentscheidung die weitere Entwicklung der Einnahmen realistisch einzuschätzen. Inwieweit ist man in der Lage, die Einnahmen des Vorgängers zu erreichen, vielleicht sogar zu übertreffen? Ich möchte nachts ohne Albträume über rote Zahlen schlafen können.
Wichtig ist auch, sich Mitarbeiter, die mitdenken, zu suchen. Nur mit tatkräftiger Unterstützung ist es möglich, sich der eigenen Profession, der Behandlung der Patienten, in vollem Umfang widmen zu können und dabei noch genügend Freiräume für die eigene Freizeit zu behalten. Daher sollte bei der Übernahme auch gezielt der Status-Quo im Mitarbeiterstamm betrachtet werden: Welches Personal kaufe ich mir da ein?
Ideal ist übrigens eine schrittweise Übernahme. Da wächst man quasi in die eigene Praxis hinein und kann dadurch auch die finanzielle Last deutlich besser schultern.
Zu guter Letzt kann ich jedem nur raten, sich mit Kollegen zusammenzusetzen, die schlechte Erfahrungen mit der eigenen Praxisgründung und den begleitenden Beratern gemacht haben. Denn sie haben am eigenen Leib erfahren, was falsch und was richtig ist. Von ihnen kann man unglaublich viel lernen. Es lohnt sich, genau hinzuschauen, wer einem warum Ratschläge geben möchte und welche eigenen Interessen oftmals dahinter stehen.

Woitzik: Was ist Ihr ganz persönliches berufliches Erfolgsrezept?
Thomas: Obwohl ich mich nicht für einen guten Kommunikator halte, bemühe ich mich darum, vor allem authentisch, offen und ehrlich zu sein und meinen Patienten den Sachstand jeweils so zu erklären, wie ich es gerne selbst erklärt haben möchte.
Vermutlich ist mein Erfolgsrezept jedoch einfach ein Mix aus fachlicher Kompetenz und unternehmerischem Geschick. Ich habe immer schon ganz genau gewusst, was ich will und klare Zielvorstellungen gehabt.

Woitzik: Und ihr privates Erfolgsrezept?
Thomas: Mir war es immer wichtig, mir genügend Zeit zum Regenerieren zu lassen. Dadurch habe ich nicht nur nach mittlerweile 20 Jahren eigene Praxis immer noch Montagmorgen Freude daran, in meine Praxis zu gehen, sondern vor allem auch viel Zeit für meine Hobbys – wie Lesen, Klavier spielen und Tanzen.

Mutmacher_Thomas_2

Auch für Familie und Hobbys bleiben Dr. Stefan Thomas noch genügend Zeit.

Woitzik: Würden Sie sich wieder selbstständig machen, wenn Sie erneut vor dieser Wahl stünden?
Thomas: Ja, keine Frage. Mein Beruf bietet mir so viele Quellen der Freude, dass es die Mühen, die damit verbunden sind, definitiv wert sind. Wo sonst gibt es solch vielschichtige und attraktive Aufgaben? Woanders diese Freiheitsgrade? Nur in der eigenen Praxis kann ich die diversen Konzepte, die die Zahnmedizin bereithält, auch vollumfänglich und nach eigenem Gusto einsetzen. Als Angestellter ist man da deutlich eingeschränkter. Und den Lebensstandard, den ich jetzt habe, hätte ich als Angestellter sicher niemals erreicht.

 

Noch bis zum 29. Juni 2012 können Ideen, Lösungen, Tipps oder strategische Konzepte aus der eigenen Praxis eingereicht werden. Informationen und Anmeldeformular zum Wettbewerb gibt es auf www.za-vorbilder-gesucht.de. Nach den Kriterien Originalität, Umsetzbarkeit und „Ermutigungsfaktor“ werten die Initiatoren die eingereichten Beiträge aus. Den Teilnehmern winken Geld- und Sachpreise im Gesamtwert von rund 10.000 Euro. Die Sieger werden auf dem Deutschen Zahnärztetag 2012 ausgezeichnet.

This page as PDF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*