Wenn sich Zahnärzte zusammenschließen hat das viele Vorteile. Es gibt aber auch erhebliche Risiken – das größte ist Streit unter den Partnern. Unser Autor Dr. med. dent. Wieland Schinnenburg ist Zahnarz t, Rechtsanwalt und Mediator und beschäftigt sich viel mit der Gründung von zahnärztlichen Gemeinschaftspraxen – und dem Streit unter den Partnern. Beim Experten-Talk der DZW auf der IDS steht er Rede und Antwort.
Rund 70 Prozent der deutschen Zahnärzte sind immer noch in einer Einzelpraxis niedergelassen. Der Anteil nimmt jedoch laufend ab und manche halten die Einzelpraxis schon für ein Auslaufmodell. Tatsächlich bietet eine Gemeinschaftspraxis eine ganze Reihe von Vorteilen: Man kann längere Sprechzeiten anbieten, die Partner können sich spezialisieren, die Kosten können gesenkt werden und mehr Freizeit und Urlaub sind auch drin.
Seit einigen Jahren gibt es auch eine große Zahl an Formen der Zusammenarbeit: Örtliche Berufsausübungsgemeinschaft, überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft, Zweitpraxis, Praxisgemeinschaft. Oder es bleibt bei einem Chef, der aber einen oder mehrere Zahnärzte anstellt. Im Grunde ist heute für fast jedes Bedürfnis eine Gestaltungsform dabei.
Allerdings gibt es auch einige Nachteile: In einer Gemeinschaft muss ein Zahnarzt Rücksicht auf Kollegen nehmen statt wie in der Einzelpraxis alleine entscheiden zu können. Auch in Bezug auf seine Arbeitszeiten und seinen Urlaub kann er nicht mehr allein entscheiden. Hinzu kommt einiger Aufwand für die Abstimmung untereinander: Das beginnt bereits mit der nicht ganz einfachen Abfassung des Praxisvertrags an endet noch längst nicht bei der gemeinsamen Entscheidung über die Einstellung von Mitarbeitern oder Anschaffungen.
Die größte Gefahr ist aber der Streit unter den Partnern. Es wird wenig darüber geredet, doch tatsächlich ist Streit unter den Partnern sehr verbreitet. Nicht selten eskaliert ein solcher Streit zu schweren Auseinandersetzungen unter Einschaltung von Rechtsanwälten und Gerichten. Dies kann schwere wirtschaftliche Folgen haben, denn der Streit als solcher kostet nicht selten viel Geld und vor allem bemerken die Patienten die Spannungen in der Praxis und bleiben weg.
Ein typischer Fall eines Streits unter Zahnärzten
Dr. C und Dr. D sind etwa gleich alt und arbeiten seit vielen Jahren erfolgreich in einer Gemeinschaftspraxis zusammen. Sie haben durch längere Sprechzeiten und innovative Behandlungskonzepte ihren Patientenstamm deutlich vergrößert. Außerdem haben sie es durch Schichtbetrieb erreicht, dass sie nicht mehr als ca. sechs Stunden pro Tag in der Praxis verbringen müssen. Allerdings führt der Schichtbetrieb dazu, dass sich die Zahnärzte nur selten persönlich sehen.
Dr. C sieht gute Chancen, den finanziellen Ertrag aus der zahnärztlichen Tätigkeit weiter zu steigern. Entsprechend einer Empfehlung eines Dentalberaters will er auch am Samstag Sprechstunden abhalten und außerdem eine überörtliche Gemeinschaftspraxis mit Dr. E bilden, der eine Einzelpraxis rund 50 Kilometer von Sitz der bisherigen Gemeinschaftspraxis betreibt. Dr. C möchte dann sowohl am Standort als auch am neuen Standort arbeiten.
Dr. D, der anders als Dr. C verheiratet ist und Kinder hat, möchte an seinem bisherigen Arbeitseinsatz festhalten. Außerdem will er nicht einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis angehören und so unabsehbare Haftungsrisiken eingehen. Zwar will er Dr. C es grundsätzlich nicht verwehren, auch an einem anderen Standort zu arbeiten, jedoch fürchtet er, dass Dr. C dies nicht nur während der freien Zeit am bisherigen Standort tut und außerdem eventuell wegen Verkehrsstaus entlang des langen Weges nicht rechtzeitig wieder da ist. Dann stünde er – Dr. D – vor der Wahl, entweder seine eigene Behandlungszeit zu verlängern oder Patienten lange warten zu lassen.
Als Dr. D auch nach längeren Gesprächen nicht einlenkt, droht Dr. C ihm mit Kündigung und harter Konkurrenz. Außerdem teilt er mit, dass er entsprechend der Empfehlung seines Dentalberaters schon an einem weiteren Standort für mehrere Hunderttausende Euro eine exklusive Privatpraxis eröffnet habe, in der er nun arbeiten werde. Entweder solle Dr. D am gemeinsamen Sitz mehr arbeiten oder man könne einen Zahnarzt anstellen. Dr. D lässt sich anwaltlich beraten und verlangt von Dr. C mit einer einstweiligen Verfügung, seine anderweitige zahnärztliche Tätigkeit zu unterlassen.
Es kommt zu abfälligen Bemerkungen über den jeweils anderen gegenüber Mitarbeitern und Patienten sowie den entsprechenden Folgen.
Wie dieser Fall ausging, können Sie in dem Buch Gemeinschaftspraxis und Co. von Dr. Wieland Schinnenburg erfahren. Oder Sie kommen zum Experten-Talk auf den DZW-Stand und stellen Dr. Schinnenburg persönlich Ihre Fragen.
Der Expertentalk der DZW findet auf der IDS am Freitag, 15. März 2013, von 15 bis 17 Uhr statt. Sie finden die DZW – Die ZahnarztWoche und den Zahnärztlichen Fach-Verlag auf dem Stand der Dr. –Hinz-Unternehmensgruppe in Halle 11.2, Stand N 48, O 49.
Vorschaubild: Oliver Pick