Wer kennt das nicht – ein Neupatient stellt sich mit einer alten Wurzelfüllung vor und hat nach einem Jahr erneut eine Beschwerdesymptomatik, oder ein resezierter Zahn schmerzt wieder. Das Röntgenbild zeigt bei der alten Wurzelfüllung, dass die Aufbereitung und das Abfüllen gerade mal gut die Hälfte des Kanals bearbeitet zeigt, oder bei dem resezierten Zahn ist auf dem Röntgenbild zu erkennen, dass ein Hauch einer Wurzelfüllung zu erkennen ist und die retrograde Aufbereitung fehlt.
Nun kann man überlegen, welche Bedingungen dazu geführt haben, dass so ein Ergebnis einer endodontischen Therapie entsteht. Fehlte die ausreichende Zeit für die bestmögliche Behandlung? Fehlte das Equipment für ein besseres Ergebnis? Fehlte das Wissen um die Möglichkeiten – heute, im Jahr 2012? Oder fehlten die wirtschaftlichen Bedingungen, um ein bestmögliches Ergebnis hervorzubringen? Das Resultat ist jedenfalls, dass der Patient Schmerzen hat und möglicherweise eine apikale Parodontitis mit einhergeht (Abb. 1 bis 3).
Meine Erfahrung zeigt, dass die Patienten nach Aufklärung gerne bereit sind, Kosten selbst zu übernehmen, damit für den Zahnarzt wirtschaftliche Bedingungen gegeben sind, um eine bestmögliche endodontische Behandlung durchführen zu können. Denn weder die Schmerzen nach unvollständiger Wurzelkanalbehandlung oder Wurzelspitzenresektion bei insuffizienter Wurzelkanalbehandlung ohne retrograde Füllung sind die Ergebnisse, die sich ein Patient wirklich wünscht. Es geht schließlich um die Erhaltung seines eigenen Zahns bei bestmöglicher Vermeidung von Komplikationen.
In diesem Beitrag möchte ich aufzeigen, wie durch einfache, exakte Befundung und ein stringentes endodontisches Vorgehen Patienten an die Praxis gebunden werden und durch die gemachten Erfahrungen neue Patienten in die Praxis finden.
Grundsätzlich wissen wir, dass die Prognose einer Erstbehandlung immer besser ist als die der Revisionsbehandlung, und dass, nach den Empfehlungen der zahnärztlichen Gesellschaften, eine Revisionsbehandlung – wenn möglich – der Wurzelspitzenresektion vorzuziehen ist.
Gehen wir einmal in uns und überlegen, wie oft wir die Sensibilitätskontrolle bei der Erstbefundung oder der Recall-Untersuchung ausführlich durchführen; ist doch der Sensibilitätstest mit einem Kälteschwämmchen eine sehr günstige und relativ schnelle Vorgehensweise, um einen Überblick über die Zahngesundheit und die Beschaffenheit der Pulpa zu bekommen.
Eine nicht festgestellte negative Sensibilität an einem Zahn lässt zu, dass sich die Bakterien im Zahn weiter ausbreiten können, was im chronischen Verlauf, vom Patienten unbemerkt, zu einer apikalen Parodontitis in nicht unerheblichen Ausmaß führen kann. Die endodontische Erstbehandlung hat, wie wir wissen, ohne apikale Beteiligung eine bessere Prognose.
Wird der Patient über diese Zusammenhänge aufgeklärt, stimmt er einer Wurzelkanalbeandlung in den meisten Fällen zu. Und sollte der Patient weniger einsichtig sein, wird er nach kurzer Zeit zur erneuten Sensibilitätskontrolle einbestellt. Das Ergebnis wird allerdings weiter eine negative Sensibilitätskontrolle sein, und der Patient hatte Zeit, darüber nachzudenken, ob er das Risiko einer apikalen Osteolyse mit einhergehender schlechterer Prognose bei der Erstbehandlung eingehen möchte.
Stellen wir ihm dann in Aussicht, mit den heutigen technischen Möglichkeiten in einer Sitzung das Wurzelkanalsystem erfolgreich zu reinigen und mit anschließender Obturation eine bestmögliche Prognose zu bekommen, ist er in der Regel bereit, die wirtschaftlichen Bedingungen für den Zahnarzt zu akzeptieren, um eine Wurzelspitzenresektion oder die Zahnextraktion zu vermeiden und den Zahn zu erhalten.
Der Patient wird dann in der Behandlung sehr schnell merken, dass diese einen wesentlichen Unterschied zu schon durchgemachten Wurzelkanalbehandlungen darstellt und die Prognose besser sein muss. Schon der Beginn der Behandlung durch einen kariesfreien Aufbau und das Anlegen von Kofferdam vermitteln das professionelle Vorgehen (Abb. 4).
Da sich die meisten Bakterien im koronalen Anteil der profunden Karies befinden, sind diese durch die neue Aufbaufüllung entfernt, und durch die Trepanation und das Ausräumen der Pulpakammer sind die Eingänge der Wurzelkanäle freigelegt. Obliterationen und Pulpasteine können grazil unter Sicht mit den Ansätzen eines Ultraschallgeräts beseitigt werden (Abb. 5).
Die eigentliche Wurzelkanalaufbereitung ist heute auch unter wirtschaftlichen Aspekten mit einem System wie dem Reciproc-Ein-Feilen-Aufbereitungssystem (Abb. 6) suffizient und schnell möglich, welches dem Behandler durch die maschinelle Vorgehensweise in reziproker Instrumentenbewegung ein Maximum an Sicherheit und Schnelligkeit gewährleistet. Röntgenaufnahme und Sondieren des Kanals mit einer C-Pilot-Feile liefern die Information zur Auswahl der richtigen Feilengröße. In jedem Fall sollte die komplette Aufbereitung unter ständiger Zuführung von NaOCl stattfinden und die Reciproc-Feile in tupfender Weise in den Kanal Richtung Apex gebracht werden.
Durch das anfängliche Röntgenbild kann die Länge der Zahnwurzel geschätzt werden und, nachdem die oberen zwei Drittel des Kanals so aufbereitet wurden, mithilfe der elektrometrischen Längenmessung die exakte Länge ermittelt werden.
Wieder unter ständiger Zufuhr von NaOCl-Lösung wird dann der Wurzelkanal mit der gleichen Reciproc-Feile auf die ermittelte Arbeitslänge aufbereitet. Mit der 25-Taper-8- Reciproc-Feile ist der Kanal in der Regel suffizient erweitert und kann optimal mit NaOCl gespült werden. Ultraschallaktivierung bringt die Spüllösung auch in Seitenkanäle, Isthmen und apikale Ramifikationen (Abb. 6 und 7).
Durch eine Messaufnahme mit passenden Guttaperchaspitzen, abgestimmt auf das Feilensystem, wird die aufbereitete Länge röntgenologisch überprüft. Anschließend kann das Wurzelkansystem dann thermoplastisch (BeeFill 2in1) dreidimensional obturiert werden und gegebenenfalls mithilfe eines Faserstiftes wie DT Light Post für die prothetische Versorgung vorbereitet werden. Falls der Zahn nach den heutigen Empfehlungen keinen adhäsiven Stiftaufbau benötigt, reicht auch das sofortige adhäsive Verkleben der Aufbaufüllung.
Auch bei Revisionsfällen ist die Vorgehensweise ähnlich. Das Erneuern der koronalen Füllung ist ein Muss, wenn sie ein Leakage oder Karies zeigt. Ist der Zahn mit einer Krone versorgt, kann durch diese trepaniert werden, wenn sie keine Undichtigkeiten zeigt. Das Reciproc-System eignet sich bei Revisionsbehandlungen gut zum Entfernen der Guttapercha und Nachbereiten der Wurzelkanäle.
Eine erfolgreiche Schmerzbehandlung und eine am Optimum orientierte Wurzelkanalbehandlung mit bestmöglicher Prognose gibt dem Patienten das gute Gefühl, in der richtigen Praxis zu sein. Ein wirtschaftliches Vorgehen mit erfolgreicher Therapie spricht sich bei den Patienten herum, und das Empfehlungsgeschäft läuft von selbst.
Die Altersklasse der Patienten mit einer Erstbehandlung oder einer Revisionsbehandlung hat in der Regel noch weitere therapiebedürftige Befunde. Ein offenes Wort über Kosten und das Abwägen der Alternativen lässt die meisten Patienten heute zu dem Ergebnis kommen, ihren eigenen Zahn zu erhalten.
Zusammengefasst ist eine am Optimum orientierte Behandlung mit den heutigen technischen Möglichkeiten eine sehr gute Empfehlung der Praxis.
Dr. med. dent. Anselm Brune, Münster
Dr. med. dent. Anselm Brune
Nach seiner Promotion 1995 in Münster hat Dr. Brune seine Ausbildung mit Konzentration auf Endodontologie in Europa und USA fortgesetzt und ist seit 2002 für den Tätigkeitsschwerpunkt „Endodontologie“ DGZ/APW-zertifiziert und Master of Science Endodontie/Donau Universität Krems. Er ist seit 1998 in eigener Praxis tätig, die er seit 2002 als Überweisungspraxis für Endodontie führt. International hat sich Dr. Brune einen Namen als Referent und Fachautor in zahlreichen Publikationen gemacht. Er ist 1. Vorsitzender der Gesellschaft der Master für Endodontie, Gründungsmitglied des Verband deutscher zertifizierter Endodontologen (VDZE), Mitglied der Deutschen Gesellschaft Endodontie und Traumatologie (DGET) und seit 2007 Mitglied im Beirat der Zeitschrift Endodontie.