Die Regeln der Dokumentation verstehen – leicht und haftungssicher dokumentieren

Dokumentation (Foto: Gerd Altmann, pixelio.de)

Lästig, aber extrem wichtig: Sind in einer Dokumentation nicht alle dokumentationspflichtigen Fakten schriftlich erfasst, wirkt sich dies zum Nachteil des Zahnarztes aus. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Für den jungen Praxisgründer ist die Dokumentation nicht mehr als eine lästige Pflicht. Dementsprechend ist das Ergebnis. In der Regel werden nur die einzelnen Gebührenziffern (GOZ, BEMA-Z) notiert. Wenn es hochkommt, findet sich noch der ein oder andere kleine Satz. Mit einer derartigen Dokumentation hält der Praxisgründer seine eigenen Behandlungsfehler und Aufklärungsversäumnisse schriftlich fest. Davon ist dringend abzuraten. Gerät der Praxisgründer in eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, was theoretisch bereits nach dem ersten abgerechneten Quartal denkbar ist, oder wird er von einem Patienten wegen eines Behandlungsfehlers in Anspruch genommen, so entscheidet sich das Schicksal dieser Verfahren überdurchschnittlich oft nach Einsichtnahme in seine Dokumentationen. Sind bestimmte, dokumentationspflichtige Fakten nicht schriftlich erfasst, wirkt sich dies zu seinem Nachteil aus.

 

Die wichtigsten Dokumentationsregeln sind die folgenden:
Regel 1
Hat der Zahnarzt in einer – ordentlich geführten – Dokumentation eine dokumentationspflichtige Maßnahme beziehungsweise Tatsache dokumentiert, so darf ein Gericht oder ein Prüfungsausschuss davon ausgehen, dass diese Maßnahme erfolgt ist und die Tatsache existiert.

Regel 2
Hat der Zahnarzt eine dokumentationspflichtige Maßnahme beziehungsweise Tatsache nicht dokumentiert, dürfen vorerwähnte Institutionen – bis zum Beweis des Gegenteils – davon ausgehen, dass diese Maßnahme unterblieben ist beziehungsweise die Tatsache nicht existiert.

Regel 3
Werden zweifelsfrei medizinisch gebotene Befunde nicht dokumentiert, gilt Folgendes: Zunächst wird entsprechend der Regel 2 davon ausgegangen, dass eine Befundung nicht stattgefunden hat. Die Nichtvornahme einer zweifelsfrei gebotenen Befundung kann zu Beweiserleichterungen für den Patienten oder den Prüfungsausschuss dergestalt führen, dass nicht nur die Unterlassung der Befundung, sondern ein aus Sicht des Patienten/Ausschusses günstiger und aus Sicht des Zahnarztes ungünstiger Befund vermutet wird.

 

Dokumentation_2 (Foto: Gerd Altmann, pixelio.de)

Fehlt eine Dokumentation, gehen Gerichte davon aus, dass eine Aufklärung des Patienten nicht stattgefunden hat. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Entsprechend dieser Regeln geht also ein Gericht/Ausschuss davon aus, dass der Zahnarzt den Patienten aufgeklärt hat, wenn sich in der Dokumentation ein entsprechender ausführlicher Aufklärungshinweis befindet. Fehlt eine solche Dokumentation (obwohl eine Aufklärung tatsächlich stattgefunden hat), wird davon ausgegangen, dass diese nicht stattgefunden hat. Überkront der Zahnarzt einen parodontal stark vorgeschädigten Zahn, ohne die parodontalen Verhältnisse und die Festigkeit des Zahns zu befunden und zu dokumentieren, so darf man davon ausgehen, dass die Überkronung eines nicht überkronungsfähigen Zahns stattgefunden hat.

Allein diese Beispiele zeigen, dass sich der Zahnarzt fragen muss, was wirklich dokumentationspflichtig ist. Dazu lässt sich sagen, dass die Dokumentationspflicht vorrangig zum Zweck der Therapiesicherung besteht. Der Umfang der Dokumentation ergibt sich also daraus, dass der Behandler selbst, ein Nachbehandler oder ein Krankenhaus wissen muss, was in welcher Weise bei einem Patienten bereits veranlasst wurde. Die sichere Weiterbehandlung des Patienten ist davon abhängig, dass Befunde gesichert und gewonnene Erkenntnisse festgehalten werden. Der Mindestumfang der Dokumentationspflicht ergibt sich somit aus dringenden medizinischen Gründen. Diese dringenden medizinischen Gründe sind wiederum dem zahnärztlichen Standard zu entnehmen. Eine Dokumentation ist aber auch obligat, wenn sich dies aus dem Gesichtspunkt der Rechenschaftspflicht ergibt. Der BGH (Bundesgerichtshof) meint, dass der Zweck der Dokumentationspflicht es rechtfertigt, dem Zahnarzt die Dokumentation als eine Art Rechenschaftspflicht aufzuerlegen, ähnlich der, die bei der Verwaltung fremden Vermögens selbstverständlich ist.

Ganz besonders wichtig ist dieser Gesichtspunkt bei der Bestimmung der Dokumentationspflicht gegenüber der KZV und den Krankenkassen. Diese wollen zum Beispiel wissen, ob der Zahnarzt wirklich das Zahnfleisch aufgeklappt und am Knochen gefräst hat (Ost1), oder was er konkret als Nachbehandlungsmaßnahme nach einem chirurgischen Eingriff (N) veranlasst hat. Die Dokumentationspflicht erschöpft sich somit keineswegs nur in der Nennung der einzelnen Bema-Positionen. Aus den Krankenunterlagen müssen sich somit alle relevanten Punkte der Anamnese, Befundung, Diagnose, Therapie und sonstigen Behandlungsmaßnahmen ergeben. Zusätzlich muss der Zahnarzt den Tatbestand der Aufklärung sowie Zahnbezug bei allen Positionen des Bema sowie der GOZ dokumentieren.
Im Einzelfall ist vieles streitig. Der Praxisanfänger sollte sich nicht davor scheuen, in schwierigen Fällen rechtlichen Rat einzuholen.
RA Frank Ihde, Rechtsanwalt und Notar, Hannover

Unser Autor RA Frank Ihde

Ihde, RA Frank

Rechtsanwalt Frank Ihde

Rechtsanwalt und Notar Frank Ihde, Hannover, Jahrgang 1954, studierte Rechtswissenschaften in Berlin und Göttingen. Seit fast 20 Jahren ist er praktizierender Rechtsanwalt auf dem Gebiet des Arzt- und Medizinrechts. Neben seiner Tätigkeit als Anwalt hat er jahrelange Erfahrung als Geschäftsführer des Berufsverbands der Augenoptiker im Umgang mit Krankenkassen und auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts gesammelt. Seit 1996 hat er sich auf dem Gebiet des Zahnarztrechts durch viele Publikationen und Seminare einen Namen gemacht. Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein sowie seit 2004 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kassenarztrecht e.V. Die Notarbestellung erfolgte im Jahr 2002. Zum Mandantenstamm der Kanzlei zählen neben Zahnärzten und Humanmedizinern auch verschiedene Kliniken.

This page as PDF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*