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„Dem Mutigen gehört die Welt“ — Zahnärztin Beate Slominski, Berlin, verrät ihr Erfolgskonzept

Slominski, Beate [1]

Zahnärztin Beate Slominski: "Man muss sich darüber klar werden, auf welche Zielgruppen das eigene Praxiskonzept zielt." (Foto: Beate Slominski)

Der bundesweite Ideenwettbewerb „Vorbilder 2012“, den die Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft gemeinsam mit Pluradent und der Deutschen Apotheker- und Ärztebank initiiert hat, sucht die Geschichten derer, die ihren Mut zusammen genommen haben und sich selbstständig gemacht haben. Mit diesem Mut machenden Beispielen wollen die Initiatoren jungen Gründern die Angst vor dem Schritt in die Selbstständigkeit nehmen.

Eine dieser Mutmacherinnen ist die Berliner Zahnärztin Beate Slominski, die auch schon als Gründerin des Instituts für zahnmedizinische Fortbildung „Wissenschaft und Kultur von sich Reden machte. Worauf es ihr bei ihrer Gründung ankam und welches Praxiskonzept sie umgesetzt hat, erzählt sie in ihrer Erfolgsgeschichte.

Ein Motto stand am Beginn meiner beruflichen Tätigkeit als Zahnärztin mit eigener Praxis: „Dem Mutigen gehört die Welt“, und sei’s eine kleine! Wer in jungen Jahren einen solchen Schritt unternimmt, muss seine Persönlichkeit kennen und realistisch einschätzen. Dazu gehört mehr als die adäquate Beurteilung der eigenen zahnärztlichen Kompetenz. Hier muss man wissen oder es möglichst schnell herausfinden, in welchen Feldern die eigene Begabungen und Fertigkeiten liegen. Davon hängt ab, welches die medizinischen Profile der eigenen Praxis sein können. Ein klares Dienstleistungsangebot der Praxis muss mit den eigenen Kompetenzen optimal abgestimmt werden. Auf dem harten Markt heute ist eine Profilierung der Praxis unbedingt erforderlich. Von dieser Profilierung wie auch dem Standort der Praxis im urbanen Raum hängt entscheidend das Sozialprofil der Patientenschaft ab. Man muss sich darüber klar werden, auf welche Zielgruppen das eigene Praxiskonzept zielt.

Ebenso wichtig ist es, die eigene kommunikative Kompetenz einzuschätzen und gegebenenfalls zu verbessern: Davon hängen das Wohlbefinden in der Patienten-Arzt-Beziehung und das Betriebsklima in der kleinen Welt der Praxis ab. Gerade auf kleine Einrichtungen wirken sich Störungen im Klima schnell und womöglich nachhaltig aus. Darum muss das soziale, psychologische und kommunikative Miteinander stimmen. Eine starke und stabile Selbsterfahrung, die die eigenen Stärken und Schwächen einzuschätzen weiß, erzeugt eine gut entwickelte Selbstaufmerksamkeit (für die Wirkung der eigenen Person auf andere) sowie eine sensible Aufmerksamkeit für Angestellte und Patienten (für deren Befindlichkeiten und für die Wirkung, die man selbst auf sie hat). Wer in diesem Feld keine Sicherheit hat, sollte Trainings absolvieren oder zeitlich vor der Neugründung einer Praxis längere Erfahrungen in Team-Praxen sammeln. Man sollte wissen oder wird es schmerzlich erfahren: Der dauerhafte Erfolg einer medizinisch noch so gut aufgestellten Praxis hängt entscheidend von der gebildeten Persönlichkeit des Arztes ab.

Slominski, Collage [2]

Vom technisch-medizinischen Equipment bis zur Wandfarbe und der Warteraum-Ausstattung – Selbsterkenntnis ist wichtig. (Foto: Beate Slominski)

Keineswegs nachgeordnet ist die Praxiseinrichtung – vom technisch-medizinischen Equipment bis zur Wandfarbe und der Warteraum-Ausstattung. Auch hier ist Selbstkenntnis wichtig: wie sicher ist man in Fragen von Geschmack und Design? Man sieht heutzutage viele Praxen, die in ihrem hochgetunten Imponier-Chic vollkommen gesichtslos sind, das heißt: Sie geben die stilistische Unsicherheit des Arztes und die Design-Vorstellungen von durchschnittlichen Inneneinrichtern wieder. Die Praxiseinrichtung muss der Ausdruck der eigenen Persönlichkeit sein und zugleich abgestimmt werden auf erwartbare Bedürfnisse der Patientenschaft. Deswegen sind die Kenntnis der eigenen Person und die Einsicht in das Sozialklima des Stadtteils wichtig. Es ist provokativ, in „Neukölln“ mit dem dernier cri des italienischen Designs aufzuwarten, so wie es unmöglich wäre, sich in „Charlottenburg“ im Ikea-Style niederzulassen; das Umgekehrte ist auch falsch.

Slominski, Empfang [3]

Qualitätsmanagement und Fortbildung sind wichtige Säulen des Praxiserfolgs. (Foto: Beate Slominski)

So wie die Einrichtung ästhetisch abgestimmt sein sollte, so auch die Werbung. In den vergangenen Jahren ist die Werbung auch in der Zahnmedizin immer auffälliger geworden, zeigt aber zu oft krasse Fehlgriffe in Fragen des Geschmacks und Designs. Mit dem eigenen Team ständig am Qualitätsmanagement hinsichtlich der medizinischen wie sozialen Dimensionen der Praxisführung zu arbeiten, verlangt Selbstkritik und Verantwortungsfreude. Beides sind Voraussetzungen der ärztlichen Persönlichkeit. Und beides erhöht die Vertrauensbasis des Teams, die auch dann stabil bleibt, wenn starker Stress entsteht oder Dinge schief gelaufen sind. Kommunikative oder psychosoziale Unstimmigkeiten zwischen Arzt und Team wirken auf die Patienten irritierend und behindern womöglich die medizinische Qualität der Arbeit. Darum gehört zum Qualitätsmanagement stets auch die aufmerksame Beobachtung und Steuerung der sozialen Unit des Arzt-Team-Patienten-Gefüges. Weiterbildung ist das Zauberwort nachhaltigen Erfolgs! Auf allen Ebenen ist der Mut zur Verantwortung und Führung entscheidend. Das steht keineswegs im Widerspruch zu einer emotional entspannten wie leistungsorientierten, kooperativen und effektiven Organisation und Atmosphäre der Praxis. „Dem Mutigen gehört die Welt“ – das mag wohl stimmen; wer sich aber falsch einschätzt, scheitert am Mangel an Selbsterkenntnis. Darum ist das uralte „Gnothi sauton“, das „Erkenne dich selbst“, eine genauso wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Praxisgründung und die Verstetigung von Erfolg. Das Ergebnis davon ist: Die eigene, anstrengende Arbeit macht Freude, die medizinischen Ergebnisse werden verbessert, die Bindung der Patienten an die Praxis ist stabil, das Team fühlt sich wohl.

Slominski, Praxis [4]

"Mein Praxiskonzept: klein und fein!" (Foto: Beate Slominski)

Kurz: Wer die beiden Motti konsequent berücksichtigt und für sich selbst verwirklicht, dem wird schließlich auch die Praxisführung leichter. Die Energie, die man investiert, fließt zurück: Man wird frei für weitere Aktivitäten, die in meinem Fall dazu führten, eine neuartige Einrichtung für Zahnärztinnen und Zahnärzte zu gründen. Taten sagen mehr als Worte … und das ist mein persönliches Leitmotiv und mein politisches und parteiloses Statement: frei und unabhängig. Mein Praxismodell ist auf mich persönlich zugeschnitten: klein und fein! Diese kleine persönliche und „familiäre Einheit“ ist für den Patienten wohltuend und charmant. Ich setze in meiner Praxis auf private Atmosphäre und ein Dienstleistungskonzept, das sehr schnell auf die persönlichen Wünsche des Patienten reagiert. Unsere Praxis ist wie das erweiterte Wohnzimmer und damit ein Kontrapunkt zu den Großraumpraxen … mit dem Vorteil geringer Fixkosten und dadurch Freiräume jeglicher Art!

Weitergabe von Wissen und Erfahrung: die Gründung des Instituts für zahnmedizinische Fortbildung „Wissenschaft und Kultur

Slominski, Wartebereich [5]

"Unsere Praxis ist wie das erweiterte Wohnzimmer und damit ein Kontrapunkt zu den Großraumpraxen." (Foto: Beate Slominski)

Im Jahr 2011 habe ich in den legendären Räumen N. Sombarts den Salon T-Kult in Berlin-Wilmersdorf und das Institut für zahnärztliche Fortbildung „Wissenschaft und Kultur“ gegründet. Ich leite Institut und Salon zusammen mit dem Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Hartmut Böhme. Zum Vorstand gehören auch Prof. Dr. med. dent. Thomas Attin, OA Dr. med. dent. Uwe Blunck und Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Bodo Hoffmeister sowie Marius Babias und Florian Waldvogel, Direktoren des Berliner und Hamburger Kunstvereins, für die kulturell-künstlerische Seite. Diese kompetenten und angenehmen Zeitgenossen überzeugte ich durch das neuartige und konsequente Konzept des „Hauses“! Ziel des Instituts ist es, die zahnmedizinische Fortbildung in einen interdisziplinären Rahmen zu stellen und mit humanmedizinischen, gesundheitspolitischen, juristischen, ökonomischen, aber auch mit wissenschaftshistorischen, kulturellen und künstlerischen Fragestellungen zu verbinden.

Fortbildung wird umfassend verstanden als Verbesserung der fachwissenschaftlichen Qualifikation, der sozialen beruflichen Kompetenz sowie der kulturellen Bildung, insofern sie im modernen zahnärztlichen Berufsfeld vorausgesetzt und vom Patienten heute mehr und mehr erwartet werden. Die zahnärztliche Fortbildung findet in den Räumen des 2008 verstorbenen Kulturphilosophen und Schriftstellers Nicolaus Sombart statt, der hier die traditionsreiche Berliner Salonkultur fortführte. In den von mir neu gestalteten Räumen, die zu wissenschaftlichen Veranstaltungen wie intellektueller Geselligkeit einladen, findet man alles, was der vom Berufsleben gestresste Arzt sucht: kultivierte Gastlichkeit, anspruchsvolle wissenschaftliche Veranstaltungen, anregende künstlerische Performances, interessante Zeitgenossen – und natürlich: ein informatives, kreatives und qualifiziertes Programm zahnärztlicher Fortbildung.

Slominski Behandlung [6]

Die Praxiseinrichtung muss der Ausdruck der eigenen Persönlichkeit sein und zugleich abgestimmt werden auf erwartbare Bedürfnisse der Patientenschaft. (Foto: Beate Slominski)

Neben den bewährten Formen der zahnärztlichen Fortbildungs-Seminare soll unser Motto „Zahnärzte für Zahnärzte“ stärker mit Leben gefüllt werden. Das Institut wird deswegen unter anderem ein ‚Neues Forum‘ einrichten. Insbesondere für frisch Examinierte und junge Praxisgründer sollen neue Formen der Qualifikation, der Beratung und des Erfahrungsaustauschs angeboten werden. Dabei treffen die jungen Kollegen und Kolleginnen auf erfahrene Inhaber von Einzel- und Gemeinschaftspraxen sowie auf Klinikmediziner, um die Probleme des Berufsbeginns, der Praxisgründung oder der beruflichen Neuaufstellung qualifiziert zu analysieren und Lösungspfade zu diskutieren. Es sind hierbei nicht nur medizinische Probleme zu bewältigen.

Berufseinstieg und Qualitätssicherung sind ein multidimensionaler komplexer Prozess. Darum steht für Beratung und Coaching bei Bedarf auch ein Team von Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und vor allem auch von Experten für Dentaltechnik und Laborpraxis zur Verfügung, mit denen ich gute Erfahrungen machte und die ich dementsprechend empfehlen kann. Wir vertreten den Anspruch, zahnmedizinische Fortbildung mit kulturellen Angeboten auf eine neuartige und anregende Weise zu integrieren. Im Unterschied zu vergleichbaren Veranstaltungen an anderen Berliner Orten sollen hier neben der im Zentrum stehenden Fortbildung auch die Begegnung und das Gespräch mit Kollegen und Kolleginnen stehen.

Slominski, Neue Wege [7]

Insbesondere für frisch Examinierte und junge Praxisgründer sollen neue Formen der Qualifikation, der Beratung und des Erfahrungsaustauschs angeboten werden. (Foto: Beate Slominski)

Wir bieten Beratung, die unabhängig und ohne Verkaufsinteressen ist. Somit kann jeder aus dieser kollegialen Informationsquelle sein individuelles Profil entwickeln und ohne Fehlinvestitionen eine klare Sicht auf „Neue Ufer“ gewinnen! Vorbilder sind Zukunftsbilder, schreibt der Kulturwissenschaftler Thomas Macho in seinem Buch „Vorbilder“ (München 2011), der sein Werk in unserem Institut vorstellen und diskutieren wird. Vorbilder dürfen nicht weit entfernte, unerreichbare Ideale sein, also zu Idolen werden, die für die Praxisfragen, an denen wir interessiert sind, nicht weiterhelfen. Vorbilder sind „Vorahmungen“ (H. Blumenberg), die in praktische Motive und erreichbare Zielen übersetzt werden können.

Jede Orientierung auf Zukunft enthält dennoch Unsicherheit. Man unterscheidet deswegen risikoaverses und risikoaffines Handeln. Risikoaverses Verhalten hat viel mit Angst und starkem Sicherheitsbedürfnis zu tun: Das behindert den unternehmerischen Geist, der heutzutage von den jungen Zahnmedizinern verlangt wird. Ein zu radikales Risikoverhalten wiederum verliert seinen Gegenhalt in Sicherheiten, die immer auch eingehalten werden müssen, um erfolgreich und zukunftsfähig zu agieren. Zwischen Risiko und Sicherheit besteht also eine schwierig zu findende Balance. Vorbilder sind nur dann tauglich, wenn sie zwischen beiden Seiten vermitteln. Sie sind am besten dann, wenn sie praxisnah bleiben, plurale Modelle und Pfade enthalten, also flexibel auf die eigene Situation und Person anwendbar sind.

Vorbilder sollten motivierend und orientierend wirken und stets zu reflexiver Selbstkontrolle einladen. Es geht nicht um Rezeptwissen und Erfolgsgarantien, sondern um Bildungs- und Persönlichkeitsprozesse, durch die es leichter wird, Grenzen zu überschreiten, Risiken bewusst und abwägend einzugehen, neue Formen und Praktiken zu erproben, – aber auch: die Lebensfreude zu erhöhen. Wir wollen nach dem Motto „Kollegen für Kollegen“ eine Form des Netzwerks bieten: aus der Theorie in die Praxis – und das im doppelten Sinne!

Noch bis zum 29. Juni 2012 können Ideen, Lösungen, Tipps oder strategische Konzepte aus der eigenen Praxis eingereicht werden. Informationen und Anmeldeformular zum Wettbewerb gibt es auf www.za-vorbilder-gesucht.de [8]. Nach den Kriterien Originalität, Umsetzbarkeit und „Ermutigungsfaktor“ werten die Initiatoren die eingereichten Beiträge aus. Den Teilnehmern winken Geld- und Sachpreise im Gesamtwert von rund 10.000 Euro. Die Sieger werden auf dem Deutschen Zahnärztetag 2012 ausgezeichnet.