- Chance Praxis - http://www.chance-praxis.de -

Datensicherung und Dokumentation: Neue Anforderungen an die digitale Praxis

Foto: Gerd Altmann/pixelio.de [1]

Digitale Kommunikation erleichtert die Praxisabläufe erheblich. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de [2]

Die digitale Praxis bietet nicht nur dem „jungen“ Zahnmediziner erhebliche Chancen. Der Zugriff von jedem Computer in der Praxis und die damit verbundene schnelle digitale Kommunikation erleichtern die Praxisabläufe erheblich; sie bringen aber zugleich zahlreiche Verpflichtungen für Zahnarzt und Praxisteam mit sich, die in der täglichen Praxis allzu oft stiefmütterlich behandelt werden. Wer als Zahnärztin oder Zahnarzt den Schritt hin zur digitalen Praxis geht, sollte die mit dem digitalen Datenverkehr einhergehenden Verpflichtungen daher frühzeitig in seine IT-Planungen aufnehmen; diejenigen, die den Schritt bereits gegangen sind, sollten ihre Systeme einer kritischen Überprüfung unterziehen. Dies nicht zuletzt, weil auch der Bundesgesetzgeber mit der Verabschiedung des neuen Patientenrechtegesetzes und den zum 1. Januar 2013 in Kraft getretenen neuen Bestimmungen in den Paragrafen 630a bis 630h Bürgerliches Gesetzbuch (BGB; Untertitel 2 – Behandlungsvertrag) seinerseits den Schritt hin zu einer (teilweisen) Regelung der digitalen (Zahn-)Arztpraxis vollzogen hat.

Dr. Robert Kazemi [3]

Dr. Robert Kazemi

I. (Neue) Anforderungen an die Datensicherung und Dokumentation
Die Komplexität der Medizin und die Vielfalt von Behandlungsmöglichkeiten verlangen aus Sicht des Gesetzgebers „nach Regelungen, die Patientinnen und Patienten und Behandelnde auf Augenhöhe bringen“. Mit Einführung der neuen Regelungen in den Paragrafen 630a ff BGB hat der deutsche Gesetzgeber zum 1. Januar 2013 diesem Gedanken Rechnung getragen und die Grundsätze des Arzthaftungs- und Behandlungsrechts erstmals in einem neuen Untertitel „Behandlungsvertrag“ gesetzlich kodifiziert. Die neuen Regelungen normieren umfassende Informations- und Aufklärungspflichten gegenüber den Patienten, eine Pflicht zur Dokumentation der Behandlung und ein Akteneinsichtsrecht der Patienten; gleichsam werden (erstmals) die Grundzüge der Beweislast bei Fehlern (in der Dokumentation) festgelegt. Ein wichtiges Element der Neuregelung betrifft dabei die Regelungen über die Einwilligung und über die Informations- und Aufklärungspflichten des Zahnarztes. Nunmehr ist ausdrücklich festgeschrieben, dass Patienten verständlich und umfassend über erforderliche Untersuchungen, Diagnosen und beabsichtigte Therapien, aber auch darüber informiert werden müssen, dass Kosten für besondere Behandlungen erkennbar nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen oder von der Privaten Krankenversicherung erfasst werden. Die Anforderungen an den Zahnarzt sind mithin erheblich gestiegen.

Wo kein Kläger, da kein Richter, könnte man sagen und die neuen gesetzlichen Verpflichtungen beiseiteschieben. Eine derartige Vorgehensweise wäre aber sicherlich vorschnell und nicht empfehlenswert. Denn das Gesetz verlangt nunmehr ausdrücklich eine hinreichende Dokumentation dieser Vorgänge und knüpft an ihr Fehlen erhebliche Rechtsfolgen für den Behandler. Die Pflicht zur Dokumentation ist nunmehr in Paragraf 630f BGB normiert. Wird gegen diese Pflicht verstoßen, so wird vermutet, dass eine nicht dokumentierte Maßnahme auch tatsächlich nicht erfolgt ist. Diese Vermutung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Abrechenbarkeit der jeweiligen Leistung und kann im Einzelfall auch bei aufkommenden Haftungsprozessen erhebliche Bedeutung erlangen.

Die Dokumentation kann dabei sowohl analog als auch digital vollzogen werden und muss in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung erfolgen. Der Behandelnde ist verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe sind in die Patientenakte aufzunehmen. Nachträgliche Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte müssen neben dem Inhalt der Änderung auch den Zeitpunkt der Veränderung erkennen lassen. Die Gewährleistung dieser Revisionssicherheit ist erforderlich, um auch nach Abschluss einer Behandlung im Einzelnen nachvollziehen zu können, wann welche Behandlungsschritte eingeleitet und schließlich auch dokumentiert worden sind. Diese neue Verpflichtung ist insbesondere für elektronisch geführte Patientenakten von Bedeutung, da hier nachträgliche Änderungen nicht ohne Weiteres als solche zu erkennen sind. In diesen Fällen bedarf es daher von vornherein geeigneter Software, um die gebotene Revisionssicherheit der elektronischen Dokumentation zu gewährleisten.

II. Revisionssicherheit

Mit der richtigen Verschlüsselungstechnik ist ein elektronisches Dokument nicht mehr veränderbar. [4]

Mit der richtigen Verschlüsselungstechnik ist ein elektronisches Dokument nicht mehr veränderbar. Foto: Kazemi

Anders als die klassische Karteikarte auf Papier ist die elektronische Dokumentation nachträglich einfach veränderbar, ohne Spuren zu hinterlassen, sowohl in Bezug auf die Daten selbst, also den Inhalt, als auch bezüglich des Alters der Dokumente. Problematisch ist auch das Merkmal der Originalität bei eingescannten Objekten.

Allein die Datensicherung in regelmäßigen Abständen ist hierfür keinesfalls ausreichend. Die Gegenseite, also Patient oder Krankenversicherer, wird sich im Prozess sowohl bei Fragen der Begründung des Honoraranspruchs als auch bei Haftungsfragen immer darauf berufen, dass die angeführte Dokumentation nachträglich erstellt oder geändert wurde, um die entscheidenden Punkte einzuführen oder zu löschen. Die Beweisfunktion wird damit vollständig infrage gestellt. Wie also kann dem geringeren Beweiswert entgegengetreten und eine revisionssichere elektronische Dokumentation sichergestellt werden? Der Gesetzgeber gibt hierauf leider keine Antwort.

Eine Möglichkeit bietet der Einsatz qualifiziert elektronischer Signaturen mit qualifiziert elektronischen Zeitstempeln. Hierunter versteht man mit elektronischen Informationen verknüpfte Daten, mit denen der Unterzeichner/Signaturersteller identifiziert und die Integrität der signierten elektronischen Information überprüft werden kann. Die technische Umsetzung stellt sich dabei wie folgt dar (Abb.):
Wegen der begrenzten Gültigkeitsdauer muss in logischer Konsequenz ein einmal „gestempeltes“ Dokument für die gesetzlich vorgeschriebene zehnjährige Aufbewahrungsdauer in regelmäßigen Abständen erneut signiert und gestempelt werden. Einfacher ist die Umgehung dieses Aufwands über das Forschungsprojekt Archi-Soft. Dieses hat eine an Gerichten erprobte Simulationsstudie gestartet, die eine rechtlich anerkannte Langzeitaufbewahrung ermöglicht. Weitergehende Informationen können hierbei durch die entsprechenden Fachhändler erfolgen.

Bei der Benutzung elektronischer Akten ist zu beachten, dass eine regelmäßige Sicherung der Daten, vorzugsweise auf einen externen Datenspeicher, mit der qualifizierten Signatur mit entsprechendem Stempel zu erfolgen hat. Idealerweise sollte dies mindestens einmal im Monat durchgeführt werden. Ebenso sind die Signaturen regelmäßig durch entsprechende Fachleute überprüfen zu lassen.

Ein weiteres, aber lösbares Problem besteht in den eingehenden Papierkorrespondenzen. Diese Dokumente könnten theoretisch vor der Digitalisierung bearbeitet worden sein. Vorgeschlagen wird, einen wiederum selbst qualifiziert signierten und mit Zeitstempel versehenen Vermerk zu erstellen, der besagt, wer das Originaldokument zu welchem Zeitpunkt digitalisiert hat. Dieser soll bekunden, dass die Wiedergabe auf dem Bildschirm mit dem Originaldokument inhaltlich und bildlich übereinstimmt, also nach der Übertragung eine Vollständigkeitsüberprüfung erfolgt ist. Eine Gleichstellung bezüglich des Beweiswerts kann zwar nicht erreicht werden; sie stellt aber zumindest ein Indiz für die Fälschungssicherheit des digitalen Dokuments dar, sodass immerhin eine starke Annäherung zur Dokumentsqualität stattfindet.

III. Fazit
Zahnärzten ist daher dringend anzuraten, mit dem Hersteller Ihrer Praxissoftware über die Revisionssicherheit der Daten zu sprechen. Spätestens seit dem 1. Januar 2013 ist diese Anforderung gesetzlich normiert und muss daher beachtet werden. Wer hier den Kopf in den Sand steckt, kann schnell böse Überraschungen erleben.

RA Dr. Robert Kazemi, Bonn

Zur Person
Dr. Robert Kazemi, ist Rechtsanwalt und Partner der auf die Beratung von Heilberufen spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei Kazemi & Lennartz Rechtsanwälte in Bonn (www.medi-ip.de [5]). Er ist Autor zahlreicher Fachpublikationen zu Fragen des Datenschutzrechts, unter anderem des 2011 im Deutschen Anwaltverlag (Bonn) erschienen Werks Datenschutz in der anwaltlichen Beratung.

1 Kommentar (Öffnen | Schließen)

1 Kommentar Empfänger "Datensicherung und Dokumentation: Neue Anforderungen an die digitale Praxis"

#1 Kommentar von Dirk Küpper am 28.02.2013 @ 6:59 pm

Nicht nur eMails kann man mit PGP verschlüsseln um dem Datenschutz zu entsprechen. Das Programm kann auch signieren, ohne Informationen zu verschlüsseln. Wer mehr wissen möchte , kann sich gerne an mich per eMail wenden. [6]