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„Das Mindestlohngesetz kann zu Mehrkosten führen und den Papieraufwand steigern“ – Die Tücken stecken im Detail

Günter Balharek [1]

Günter Balharek

Mit Beginn des neuen Jahres 2015 tritt das Mindestlohngesetz in Kraft. Was es für Praxisinhaber bedeutet und warum die Tücken im Detail stecken, erläutert Dipl.-Finanzwirt und Steuerberater Günter Balharek, Geschäftsführer der Alpha Steuerberatungsgesellschaft mbH, einem Geschäftsbereich der Ärztlichen Unternehmensgruppe Büdingen (www.alpha-steuer.de [2]), im folgenden Interview.


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Ab dem 1. Januar 2015 gilt das sogenannte Mindestlohngesetz (MiLoG). Bitte erklären Sie, was es zum Gegenstand hat.
Günter Balharek: Mit Einführung dieses neuen Gesetzes hat der Staat einen Arbeitnehmermindestlohn pro Zeitstunde festgelegt. Mitarbeiter haben seit dem 1. Januar 2015 einen Anspruch auf Zahlung eines Mindestlohns von 8,50 Euro brutto pro Zeitstunde. Das neue Gesetz gilt steuer- und sozialversicherungsrechtlich für alle Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben oder wenn sie – auch unter 18 Jahren – eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können.

? Gibt es Ausnahmeregelungen?
Balharek: Ja, ausgenommen sind beispielsweise Praktikanten. Auch für Auszubildende generell und Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung gilt die Mindestlohnregelung nicht.

? Was sollten Praxisinhaber im Zusammenhang mit diesem Gesetz beachten?
Balharek: Jeder Zahnarzt ist gut beraten, seine bestehenden Arbeitsverträge mit Mitarbeitern zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Das gilt insbesondere für Verträge mit geringfügig Beschäftigten.

? Warum?
Balharek: Für Minijobber liegt der Mindeststundenlohn nun ebenfalls bei 8,50 Euro. Angenommen, die regelmäßige Höchstarbeitszeit im Rahmen der geringfügigen Beschäftigung liegt bei 52,9 Stunden (8,50 Euro mal 52,9 Stunden), dann entspricht dies einer Monatsvergütung von 449,65 Euro, was unterhalb der maximal sozialversicherungsfrei zulässigen Vergütung von 450 Euro pro Monat liegt. Sollte ein Zahnarzt mit einer Mitarbeiterin aus Vereinfachungsgründen 53 Monatsstunden vereinbart haben, würde die Vergütung diesen monatlich zulässigen Maximalbetrag überschreiten. Die Folge: Die Sozialversicherungsfreiheit der Vergütung wäre nicht mehr gegeben. Es käme zu einer finanziellen Mehrbelastung, da Sozialversicherungsbeiträge abzuführen wären.

? Gibt es auch Tücken bei kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern?
Balharek: Nein, zur allseitigen Überraschung verbessert das neue Mindestlohngesetz die derzeit gültigen Regelungen. So wird für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 die zulässige sozialversicherungsfreie Beschäftigung von bisher 50 Arbeitstagen oder längsten zwei Beschäftigungsmonaten auf 70 Arbeitstage oder alternativ drei Beschäftigungsmonate ausgeweitet.

? Offenbar erwägt der Gesetzgeber, die Aufzeichnungs- und Nachweispflichten für den Bereich der Minijobber und der kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmer zu verschärfen. Stimmt das?
Balharek: Es sieht tatsächlich so aus, dass der Gesetzgeber, quasi durch die Hintertür, den aus der Vergangenheit bekannten Einzelnachweis wieder einführen möchte. Kommt es dazu, müsste der Praxisinhaber für Minijobber und kurzfristig beschäftigte Arbeitnehmer Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzeichnen und die Nachweise mindestens zwei Jahre aufbewahren. Sofern diese Regelung nicht entschärft wird, droht den Praxisinhabern ein erheblicher Papierkrieg. Nur für geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten gilt diese Aufzeichnungspflicht gemäß Paragraf 8 a SGB IV nicht.

? Was passiert, wenn ein Zahnarzt weniger als den Mindestlohn zahlt?
Balharek: Zum einen drohen dem Praxisinhaber, falls er erwischt wird, drakonische Strafgelder, zum anderen ist der Differenzbetrag zwischen gesetzlichem Mindestlohn und dem tatsächlich gezahlten niedrigeren Stundensatz nach Paragraf 22 SGB IV sozialversicherungspflichtig. Ein nicht gezahltes Entgelt kann bei Betriebsprüfungen durch die Sozialversicherungen erhebliche Beitragsnachzahlungen sowie zusätzlich Säumniszuschläge auslösen. Dieses finanzielle Risiko sollte im Einzelfall nicht unterschätzt werden, da die Prüfungen üblicherweise mehrere Jahre umfassen. Das neue Mindestlohngesetz sollte daher unbedingt eingehalten werden.