„Bildhübsche dynamische Mitarbeiterin gesucht …“ – Stellenanzeigen im Licht des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes

 

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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen. Ein Arbeitsplatz darf schon nicht unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ausgeschrieben werden. Deswegen ist es aus Arbeitgebersicht unerlässlich, den Wortlaut der Anzeige besonders sorgfältig zu wählen.

Eine Ungleichbehandlung kann im Einzelfall gerechtfertigt sein. Das Gesetz lässt dazu verschiedene Rechtfertigungsgründe zu, allerdings sind diese in der zahnärztlichen Praxis eher irrelevant. Praktische Relevanz kann (nicht muss) dagegen das Kriterium unzureichender Sprachkenntnisse haben. Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 26. September 2007, Az.: 14 Ca 10356/07) stellte fest, dass es gerechtfertigt sein kann, Bewerber wegen mangelnder Deutschkenntnisse nicht einzustellen, obwohl davon vorwiegend Menschen fremder ethnischer Herkunft betroffen seien.
Im Fall einer Diskriminierung hat der Bewerber unter anderem einen Entschädigungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Das Gesetz sieht im Fall einer Nichteinstellung wegen einer Diskriminierung eine Begrenzung der Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern nur vor, wenn der Bewerber auch ohne die Diskriminierung nicht eingestellt worden wäre. Der Bewerber hat jedenfalls keinen Anspruch auf Einstellung, Berufsausbildung oder beruflichen Aufstieg.

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„Wen haben Sie an meiner Stelle genommen?“

Wenn sich der Arbeitgeber nun für einen Bewerber entschieden hat, und den anderen eine Absage erteilen muss, empfiehlt es sich, keine Gründe in dem Ablehnungsschreiben zu nennen, um dem Arbeitnehmer möglichst wenig Angriffsfläche für einen AGG-Vorwurf zu geben.

Stattdessen sollte man ein standardisiertes Absageschreiben verwenden, das im Wesentlichen aussagt, dass man aus der Vielzahl der eingereichten Bewerbungen eine Entscheidung treffen musste und die Bewerbung des jeweiligen Absageempfängers nicht berücksichtigen konnte. Viele Bewerber fragen im Anschluss an ein solches Schreiben noch einmal nach den genauen Gründen. In diesem Fall sollte man dem Bewerber nicht jegliche Auskunft über die Gründe für die Absage verweigern, denn dies könnte nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 19. April 2012, Rs. Meister C 415/10) ein Indiz für eine unzulässige Benachteiligung sein, insbesondere dann, wenn der Bewerber für die Stelle hinreichend qualifiziert war. Vielmehr sollte man sich im Bewerbungsverfahren ausreichende Notizen machen, um im Fall einer konkreten Nachfrage eines Bewerbers objektive Gründe für die Absage nennen zu können. Diese wären zum Beispiel Noten, Qualifizierung, Berufserfahrung oder gegebenenfalls Mängel in den Bewerbungsunterlagen. Einen Auskunftsanspruch des Bewerbers dahingehend, welcher der anderen Bewerber aus welchen Gründen eingestellt wurde, verneinte der EuGH jedoch; erst recht sind dessen Bewerbungsunterlagen nicht offenzulegen.

 

Marketing mit Mitarbeitern

Mitarbeiter sind heute oft Bestandteil des Praxismarketings, sei es durch Bilder auf der Homepage oder durch das Erscheinen im Praxis-Imagefilm. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht am eigenen Bild erfordern dazu die vorherige Einwilligung des Mitarbeiters in die Veröffentlichung seiner Fotos/Videos.

Diese Einwilligung sollte schriftlich, bezogen auf den Einzelfall, und zeitlich unbefristet erteilt werden. Wenn das Arbeitsverhältnis endet, hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 19. Februar 2015, Az.: 8 AZR 1011/13) entschieden: Wenn das Bild/der Film reinen Illustrationszwecken dient und keinen auf die individuelle Person Bezug nehmenden Inhalt (zum Beispiel Position in der Praxis) transportiert, endet das unbefristet erteilte Einverständnis nicht automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern der Mitarbeiter muss seine Einwilligung ausdrücklich widerrufen.
Andererseits kann datenschutzrechtlich eine einmal erteilte Einwilligung nicht „jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen“ werden. Vielmehr muss eine Interessenabwägung im Einzelfall vorgenommen werden: Zugunsten des Praxisinhabers stehen sein Veröffentlichungs- sowie sein wirtschaftliches Interesse an einer zumindest kostendeckenden Verwertung der aufgewendeten Produktionskosten, für den Mitarbeiter spricht sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Soweit der Mitarbeiter keine Vergütung erhalten hat (was regelmäßig der Fall ist) und nicht identifizierbar ist, sondern er in einem allgemeinen Rahmen erscheint, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sein Persönlichkeitsrecht verletzt wird, sodass sein erklärter Widerruf nicht wirksam wäre.
RAin Julia Wörner, LL.M., Bad Homburg

 

Über unsere Autorin

Julia Wörner, LL.M., ist in der Kanzlei Lyck + Pätzold healthcare.recht insbesondere in den Bereichen Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Arbeitsrecht tätig. Zu ihren Mandanten zählen neben den (Zahn)Ärzten Medizinproduktehersteller und Unternehmen aus der Healthcare-Branche. Darüber hinaus begleitet sie Gründungen von (Zahn-)Medizinischen Versorgungszentren, hält regelmäßig Vorträge und publiziert in Fachzeitschriften.

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