Auswirkungen des Patientenrechtegesetzes – das erwartet die Leistungserbringer im kommenden Jahr tatsächlich

Gesetz (Foto: Gerd Altmann, Pixelio.de)

Zum Patientenrechtegesetz gibt es Kritik und Lob. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de

Der Entwurf des bereits lange diskutierten Patientenrechtegesetzes (PRG) wird viel diskutiert. Es wurde umfangreich Kritik geübt, aber auch Lob ausgesprochen. Anlass für eine juristische Vorschau auf das PRG. Das Justiz- und das Gesundheitsministerium haben am 16. Januar 2012 gemeinsam den Gesetzesentwurf präsentiert. Die Justizministerin selbst stellt keine geringen Ansprüche an das eigene Gesetz. Sie erläutert: „Die Patientenrechte werden greifbar.“ Der Gesundheitsminister ergänzt: „Die Rechte von Patientinnen und Patienten (…) werden (…) gestärkt.“ Verbraucher- und Patientenschutzverbände hingegen halten das Gesetz für nicht weitgehend genug. In der Praxis stellt sich jedoch die Frage: Was erwartet die Leistungserbringer tatsächlich?

 

Gesetzessystematik
Der Referentenentwurf des PRG sieht eine Änderung mehrerer bereits geltender Gesetze vor. Neben den Änderungen im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB 5) dürften die Änderungen im BGB von größter Bedeutung sein. Der achte Titel enthält bislang ausschließlich Regelungen zum Dienstvertrag und soll nun umfassend ergänzt werden. Die Regelungen betreffen im Wesentlichen das Feld des Arzthaftungsrechts.

 

Behandlungsvertrag
Bislang wird das rechtliche Verhältnis zwischen Behandler und Patient als Dienstvertrag eingestuft. Nur in bestimmten Aspekten wie beispielsweise hinsichtlich einiger zahntechnischer Arbeiten kommen die Regelungen zum Werkvertrag zur Geltung. Durch die Neuregelung wird der Behandlungsvertrag zu einer gesetzlich normierten Vertragsart, auf den jedoch die Regelungen zum Dienstvertrag Anwendung finden. Unklar ist, ob auf zahntechnische Arbeiten weiterhin Werkvertragsrecht angewendet werden kann. Hierfür spricht zumindest das Fehlen einer klarstellenden Regelung.

Die Pflichten der Beteiligten – Leistungserbringer und Patient – werden kodifiziert. Auf Behandlerseite gehören dazu im Wesentlichen die Aufklärungs- und die Dokumentationspflichten. Das Gesetz beabsichtigt die umfassende Aufklärung des Patienten durch ein persönliches Gespräch vor der konkreten Behandlung. Die Pflicht zur Dokumentation wird verstärkt, indem der Patient ein gesetzliches Recht auf Akteneinsicht erhält. Aber auch die Mitwirkungspflicht des Patienten soll zukünftig gesetzlich normiert werden.

 

Haftungsfälle
Bereits die vorstehenden Pflichten der am Behandlungsvertrag beteiligten Parteien bezwecken mehr Transparenz im Behandlungsverhältnis. Darüber hinaus sollen die von der Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen ausdrücklich gesetzlich geregelt werden. Beabsichtig ist die umfassende Aufklärung des Patienten über den Problemkreis der Beweislast. Bei sogenannten einfachen Behandlungsfehlern verbleibt es dabei, dass der Patient den Behandlungsfehler sowie die Ursächlichkeit dieses Fehlers für die eingetretene Gesundheitsschädigung nachweisen muss. Für bestimmte Fallgruppen wie die „groben“ Behandlungsfehler sind Beweiserleichterungen zugunsten des Patienten vorgesehen. Hierbei handelt es sich um gravierende Fälle, die aus objektiver medizinischer Sicht schlechterdings nicht mehr verständlich erscheinen. Dann muss sich der Behandelnde seinerseits entlasten und beweisen, dass der nachgewiesene Behandlungsfehler nicht generell geeignet war, eine Gesundheitsschädigung der eingetretenen Art herbeizuführen.

Weitere Beweiserleichterungen betreffen etwa das sogenannte voll beherrschbare Risiko. So wird die Vermutung für einen Behandlungsfehler angenommen, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht, das der Behandelnde voll beherrscht – führt zum Beispiel ein defektes Narkosegerät während einer Operation des Patienten zu einer Sauerstoffunterversorgung, und dadurch bedingt zu Hirnschädigungen, so wird die Verantwortlichkeit des Behandelnden für diesen Fehler vermutet.

 

Krankenversicherungen
Neben dem Arzthaftungsrecht erhält auch das Verhältnis zwischen Patient und Krankenversicherung weitere Regelungen. Es werden Sanktionen bei Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie beispielsweise einer nicht fristgemäßen Entscheidung bei Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung, eingeführt: Die Versicherten können sich die Leistung selbst beschaffen und erhalten die entstandenen Kosten erstattet, wenn die Krankenkassen ohne hinreichenden Grund über einen Antrag auf eine Leistung nicht innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang beziehungsweise innerhalb von fünf Wochen, wenn von der Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme des MDK eingeholt wird, entscheiden.

Bei Behandlungsfehlern sind die Kranken- und Pflegekassen künftig verpflichtet, ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu unterstützen. Dies kann etwa durch Unterstützungsleistungen, mit denen die Beweisführung der Versicherten erleichtert wird, zum Beispiel medizinischen Gutachten, geschehen.

Im Gesetzentwurf ist außerdem die Förderung einer Fehlervermeidungskultur in der medizinischen Versorgung vorgesehen: Behandlungsfehlern möglichst frühzeitig vorzubeugen, hat höchste Priorität. Ein sachgerechtes Qualitätsmanagement im stationären Bereich umfasst zukünftig verpflichtend auch ein Beschwerdemanagement für die Belange insbesondere von Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen, das entsprechend patientenorientiert auszugestalten ist.

Um insgesamt mehr Transparenz über geltende Rechte von Patientinnen und Patienten herzustellen, erstellt der Patientenbeauftragte der Bundesregierung künftig eine umfassende Übersicht der Patientenrechte und hält sie zur Information der Bevölkerung bereit.

 

Fazit
Das PRG soll zum 1. Januar 2013 in Kraft treten. Auswirkungen werden für die Behandler jedoch kaum zu spüren sein. Das Gesetz führt zumindest für die Behandler keine Regelungen ein, die nicht ohnehin bereits durch die Rechtsprechung anerkannt waren. Es ist durchaus zu begrüßen, dass diese Regelungen nun ihre Verankerung im Gesetz finden. Eine Veränderung des Verhaltens im Schadensfall und zur Vermeidung desselben wird dadurch allerdings nicht erforderlich.

Umstrittene Fragen wie zum Beispiel die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines selbstständigen Beweisverfahrens bleiben leider unbeantwortet.

Das PRG bezweckt einen Ausgleich im Informationsgefälle zwischen Arzt und Patient. Es darf jedoch bezweifelt werden, dass der Patient seine Rechte aufgrund dieses Gesetzes besser kennt. Wie bereits jetzt obliegt es dem Behandler auch in Zukunft, den Patienten über die Behandlung und deren Konsequenzen aufzuklären. Eine Pflicht zur Aufklärung über seine weiteren Rechte begründet dieses Gesetz jedoch nicht.
RA Dr. Karl-Heinz Schnieder, Münster und RA Felix Ismar, Hamburg

RA Dr. Karl-Heinz Schnieder

RA Dr. Karl-Heinz Schnieder

RA Dr. Karl-Heinz Schnieder

Rechtsanwalt Dr. Karl-Heinz Schnieder war zwei Jahre lang Referatsleiter Recht bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe und ist seit 16 Jahren niedergelassener Rechtsanwalt und Partner und Mitinhaber der kwm, Kanzlei für Wirtschaft und Medizin, Münster, Berlin, Hamburg und Bielefeld. Er ist Fachanwalt für Medizinrecht sowie für Sozialrecht und ist seit seiner Promotion als Lehrbeauftragter der Universität Münster tätig.

Dr. Schnieder ist unter anderem Mitglied der Netzwerkpartnerschaft Neue Versorgungsstrukturen der Deutschen Apotheker- und Ärztebank sowie Initiator und Gründer der Gesundheitsregionen Münster, Ruhrgebiet, Osnabrück/Emsland, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Rheinland und Hamburg.

 

RA Felix Ismar

RA Felix Ismar

RA Felix Ismar

Rechtsanwalt Felix Ismar ist seit 2009 zur Anwaltschaft bei der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg zugelassen. Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt im Medizinrecht und Gesundheitsrecht.

 

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Eine Antwort auf Auswirkungen des Patientenrechtegesetzes – das erwartet die Leistungserbringer im kommenden Jahr tatsächlich

  1. Elke 16.2.2016

    Ach, da müssen sich die Zahnärzte doch im Moment keine Sorgen machen. Im Falle des Falles werden einfach die Patientenakten passend gemacht. Die teuersten Medizinanwälte ihrer Versicherung stehen schon in den Startlöchern.
    Oder wie bei mir, man behauptet einfach, man wäre es nicht gewesen, sondern der Patient wäre wahrscheinlich privat bei einem anderen Zahnarzt gewesen.

    Ihr jungen Zahnärzte wacht auf, die meisten wollten doch sicher mal den Patienten wirklich helfen und nicht nur Geld verdienen!
    Lasst es nicht zu, daß ihr im Laufe des Praktizierens immer mehr abstumpft, euch gottgleich fühlt, nur weil da immer wieder ängstliche Leute vor euch sitzen. Bleibt ehrlich, behandelt so, wie ihr auch behandelt werden wollt. Denkt selber über Behandlungsmethoden nach, vor allem über neue, noch nicht ausreichend bewährte. Die sind nicht immer gut., auch wenn es der Dentaldepotvertreter behauptet.
    Andererseits lohnt sich auch Nachdenken, ob das alles noch so stimmt, was euch die Profs im Studium beibringen. Von manchen wolltet ihr euch doch sicher nicht mal selber behandeln lassen? Von anderen schon?
    Bei der Zahnärzteschaft muss sich was ändern, das hoffe ich.

    Von einer Patientin, die von tiefgreifender Fehlbehandlung betroffen ist

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