Auflösungsverträge und Kündigungen: Das sollten Arbeitnehmer beachten

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 2009 hat hohe Wellen geschlagen. Wegen des Verdachts, sie habe Pfandbons im Wert von 1,30 Euro für sich eingelöst und somit eine Unterschlagung begangen, hatte eine Kassiererin nach langjähriger Betriebszugehörigkeit eine außerordentliche Kündigung erhalten. Das höchste Arbeitsgericht befand die ausgesprochene außerordentliche Kündigung als wirksam.

Dieses Urteil reiht sich in die Kette einer durchgängigen Rechtsprechung ein, welche bereits den Diebstahl beziehungsweise die Unterschlagung von geringwertigen Sachen genügen lässt, dem Arbeitgeber nicht weiter zuzumuten, mit dem entsprechenden Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten. Die Vertrauensbasis sei mit so einem Vorgang unwiederbringlich zerrüttet.

Für den juristischen Laien sind diese Urteile schwer verständlich. Den Profi allerdings hat diese Entscheidung nicht überrascht. Außerordentliche Kündigungen wegen der Mitnahme von Werbegeschenken, ja sogar von Lebensmitteln, die bereits abgelaufen sind und entsorgt werden sollten, ließ die Rechtsprechung für eine außerordentliche Kündigung schon mehrfach genügen.

Auflösungsverträge und Kündigungen

Außerordentlich – das heißt fristlos – darf die Arbeitgeberseite kündigen, wenn es ihr aus wichtigen Gründen nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Foto: S. Hofschlaeger / pixelio.de

Die außerordentliche Kündigung
Außerordentlich – das heißt fristlos – darf die Arbeitgeberseite kündigen, wenn es ihr aus wichtigen Gründen nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Dies bejaht die Rechtsprechung bei gravierenden Verstößen gegen die Arbeitspflicht wie beispielsweise Arbeitsverweigerung, aber auch bei dem Verdacht oder dem Nachweis einer Straftat. In diesem Fall muss die Arbeitgeberseite binnen zwei Wochen nach Kenntnis des Vorwurfs die Kündigung ausgesprochen haben, ansonsten ist es ihr verwehrt, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Die ordentliche Kündigung aus demselben Vorwurf bleibt aber auch nach dem Versäumen dieser Frist möglich.

Die ordentliche Kündigung
Der häufigste Fall einer Kündigung ist die fristgemäße, ordentliche Kündigung. In diesem Fall handelt es sich um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist. Die Arbeitgeberseite muss dem Mitarbeiter schriftlich mitteilen, dass das Arbeitsverhältnis gekündigt werden soll. Die Kündigung muss von der Arbeitgeberseite richtig unterschrieben werden und dem Mitarbeiter zugehen.

Innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung kann der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben, um per Gerichtsbeschluss feststellen zu lassen, dass das bestehende Arbeitsverhältnis durch die ausgesprochene Kündigung nicht beendet wurde. Die Arbeitgeberseite muss im Prozess nachweisen, dass es Gründe für eine ordentliche Kündigung gibt, die der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen. Hier steht sie allein in der Darlegungs- und Beweislast, die Kündigung muss folglich hieb- und stichfest sein. Als Begründung kommen personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe in Betracht.

Die personenbedingte Kündigung
Bei der personenbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber nachweisen, dass der betreffende Arbeitnehmer seine Arbeit (nicht mehr) erfüllen kann, da ihm bestimmte Eigenschaften fehlen. Der klassische Fall ist hier die krankheitsbedingte Kündigung.

Die verhaltensbedingte Kündigung
Die verhaltensbedingte Kündigung betrifft steuerbares Verhalten, also die Arbeitspflichtverletzung. Hier kann es jedoch je nach Schwere des Vorwurfs notwendig sein, dass die Arbeitgeberseite vor Ausspruch einer Kündigung eine Abmahnung ausspricht. Darin formuliert der Arbeitgeber das vorwerfbare Verhalten sowie die Androhung, dass im Wiederholungsfalle der Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchten muss.

Aufhebungsverträge und Kündigungen

Klare Sache: Das Arbeitsverhältnis soll nicht weiter bestehen bleiben. Foto: Pauline / pixelio.de

Die betriebsbedingte Kündigung
Bei der betriebsbedingten Kündigung muss die Arbeitgeberseite nachweisen, dass der konkrete Arbeitsplatz weggefallen ist, es keine freien Stellen im Unternehmen gibt und eine Sozialauswahl zu Ungunsten des Arbeitnehmers ausfällt.

Die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung
Eine solche spricht der Arbeitgeber immer aus, wenn er zwar außerordentlich kündigen will, die Möglichkeit des Unterliegens jedoch mit einkalkuliert. In diesem Falle macht er deutlich, dass er jedenfalls das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung beenden möchte. Geht ein Arbeitnehmer im Wege der Kündigungsschutzklage erfolgreich gegen die außerordentliche Kündigung vor, kann es also sein, dass das Arbeitsverhältnis nichtsdestotrotz ordentlich endet. Das Arbeitsgericht prüft dann faktisch zwei Kündigungen.

Der Aufhebungsvertrag
Risiken und Aufwand, die ein Kündigungsschutzprozess mit sich bringt, sind für den Arbeitgeber enorm. Hinsichtlich sämtlicher Begründungen ist er darlegungs- und beweispflichtig. Unterliegt er in der Kündigungsschutzklage, muss er sämtliche Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers nachzahlen, die dieser zwischen beabsichtigtem Ende des Arbeitsverhältnisses und rechtskräftig ergangenem Urteil verdient hätte. Hiervon muss sich der Arbeitnehmer zwar alles anrechnen lassen, was er anderweitig verdient hat. Erhaltenes Arbeitslosengeld wird aber nicht angerechnet, vielmehr muss dies der Arbeitgeber der Bundesagentur für Arbeit ersetzen.

Vor diesem Hintergrund gibt es ein starkes Interesse des Arbeitgebers, sich mit dem Arbeitnehmer gütlich – das heißt ohne Ausspruch einer Kündigung – über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einigen. Dies geschieht in Aufhebungsverträgen. Der Aufhebungsvertrag enthält die Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt endet. Üblicherweise bietet hier die Arbeitgeberseite die Zahlung einer Abfindungssumme an. Darüber hinaus werden Zeugnis, Urlaub und sonstige Ansprüche üblicherweise geregelt.

Eine solche Aufhebungsvereinbarung ist jedoch in vielerlei Fällen nicht im Interesse des Arbeitnehmers. Unterschreibt ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, geht er das Risiko ein, wegen schuldhaften Lösens seines Arbeitsverhältnisses bei der Bundesagentur für Arbeit eine Sperrzeit hinsichtlich des Arbeitslosengeldes zu bekommen. So manche ansehnliche Abfindungssumme schrumpft auf eine marginale Höhe, wenn die Einkommensteuer zugeschlagen hat und von dem Rest auch noch die Verluste beim Arbeitslosengeld ausgeglichen werden müssen.

Auch wird der Arbeitnehmer im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oft dem Überrumpelungseffekt ausgesetzt. Selbst wenn er sich im Rahmen des Aufhebungsvertrags inhaltlich von einem Rechtsanwalt beraten lässt, fehlen ihm oft wesentliche Informationen, die kündigungsrechtliche Situation vernünftig zu bewerten. Gerade im Wege der betriebsbedingten Kündigung ist es wichtig zu wissen, wie viele vergleichbare Positionen es im Unternehmen gibt und wie sich die Sozialauswahl darstellt. Die Sozialdaten der anderen Arbeitnehmer wird der betroffene Arbeitnehmer jedoch im Rahmen von Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag nicht verbindlich erfahren.

Aufhebungsverträge und Kündigungen

Der häufigste Fall einer Kündigung ist die fristgemäße, ordentliche Kündigung. Foto: Rainer Sturm / pixelio.de

Der Arbeitgeber kalkuliert die Höhe der angebotenen Abfindungssumme im Hinblick auf mögliche Risiken im Kündigungsschutzprozess. Der Arbeitnehmer jedoch trifft die Entscheidung zum Aufhebungsvertrag im Regelfall ohne Kenntnis der Tatsachengrundlage, auf der eine Prognose möglich wird, was noch „herauszuholen” ist. Auch zeigt die Erfahrung, dass in einer Vielzahl der Fälle allein durch die Bereitschaft, sich gegen die Kündigung im Wege der Kündigungsschutzklage zu wehren, die Arbeitgeberseite ihr ursprüngliches Angebot lediglich als Mindestangebot versteht. Eine Erhöhung im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses ist in aller Regel möglich.

Und schließlich mag sich nach reiflicher Überlegung und intensiver Beobachtung des Arbeitsmarkts herausstellen, dass der Arbeitsplatz keinesfalls aufgegeben werden kann, obwohl der Arbeitgeber gerne den „Scheidungsantrag“ stellen würde. Die Durchsetzung der Weiterbeschäftigung im Wege der Kündigungsschutzklage ist nach Unterzeichnung nicht mehr möglich.

Ist der Aufhebungsvertrag vorschnell geschlossen worden, stehen für den Arbeitnehmer einige wenige Möglichkeiten zur Verfügung, sich von diesem Vertrag zu lösen. Der Grundsatz – Verträge sind zu halten – gilt auch im Zusammenhang mit dem Aufhebungsvertrag, jedoch gibt es auch hier juristische Feinheiten. Hat der Arbeitgeber im Rahmen der Aufhebungsverhandlung beispielsweise mit Kündigung gedroht und hätte er dies nach verständiger Würdigung nicht tun dürfen, ist eine Anfechtung des Aufhebungsvertrags auf Grund rechtswidriger Drohung möglich. Auch im Rahmen von vorformulierten Aufhebungsverträgen kann es zur Unwirksamkeit kommen. Allein schon aus der Stellung der Unterschrift unter einen Klageverzicht kann sich die Unwirksamkeit eines Klageverzichts ergeben.
RA Dr. Norbert Pflüger, Frankfurt

Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. Für Rückfragen steht der Autor gerne zur Verfügung: www.k44.de, E-Mail: info@k44.de.

This page as PDF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*